TE OGH 1987/11/25 8Ob2/87

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Veröffentlicht am 25.11.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** S***

W*** Versicherungsanstalt, 1010 Wien, Ringturm, vertreten durch Dr. Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Maria D***, Hausfrau, Kellertal 91, 6020 Pettnau, vertreten durch DDr. Hubert Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 209.533,88 und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 7. Oktober 1986, GZ 1 R 142/86-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Februar 1986, GZ 16 Cg 68/83-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das erstinstanzliche Urteil in der Hauptsache wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen an Prozeßkosten erster Instanz den Betrag von S 21.171,48 (darin S 3.207,80 an Umsatzsteuer), an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 4.249,08 (darin S 386,28 an Umsatzsteuer) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 5.097,51 (darin S 463,41 an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 1. Oktober 1974 kam es in Pettnau auf dem parallel zur Bundesstraße 1 verlaufenden den Ortsteil Kellertal mit dem Ort Pettnau verbindenden Wirtschaftsweg zu einem Zusammenstoß zwischen dem von der am 19. September 1968 geborenen Angelika D***, der Tochter der Beklagten, gelenkten Kinderfahrrad und dem bei der Klägerin haftpflichtversicherten von Norbert W*** gelenkten Moped des Thomas S*** (T 2.591). Angelika D*** war mit ihrer um 3 Jahre älteren Schwester Christine auf dem Weg zum Kindergarten bzw. zur Schule, und zwar ohne Begleitung einer Aufsichtsperson. Während sich ihre Schwester ganz am rechten Fahrbahnrand hielt, fuhr Angelika D*** etwas hinter ihrer Schwester, mehr in der Fahrbahnmitte. Zur selben Zeit fuhr Norbert W*** mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h auf dem 3,55 m breiten Wirtschaftsweg, auf dem eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h gilt, in entgegengesetzter Richtung. Auf eine Entfernung von etwa 50 m sah er die beiden radfahrenden Kinder. Als er sich den beiden Mädchen näherte, fuhr Angelika D*** - in ihrer Fahrtrichtung gesehen - auf die linke Fahrbahnseite und fuhr zunächst dort am nördlichen Fahrbahnrand weiter. Norbert W*** beschloß, zwischen den beiden Kindern durchzufahren. Er ging nur etwas vom Gas weg, bremste das Moped jedoch nicht ab und verminderte seine Geschwindigkeit nicht wesentlich. Noch bevor er zwischen den Kindern durchfahren konnte, fuhr Angelika D*** plötzlich wieder nach rechts und schnitt seine Fahrlinie, wodurch es zur Kollision kam. Angelika D*** wurde vom Moped niedergestoßen und auf die Fahrbahn geschleudert. Dabei erlitt sie schwerste Verletzungen. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 21. Jänner 1975, 8 U 2189/84-6, wurde Norbert W*** des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 4 StGB rechtskräftig schuldig erkannt.

Zur Unfallszeit befanden sich auf der asphaltierten Fahrbahn des gerade und übersichtlich verlaufenden Wirtschaftsweges mehrere große Wasserlachen. Norbert W*** durchfuhr ca. 20 m vor der Kollisionsstelle, deren Lage nicht genau erwiesen ist, eine ca. 13 m lange über die gesamte Fahrbahnbreite sich erstreckende Wasserlache. Norbert W*** konnte unter den gegebenen Verhältnissen klar erkennen, daß ihm zwei kleinere Kinder auf Fahrrädern entgegen kamen. Der neue Wirtschaftsweg wurde insbesondere deshalb angelegt, damit die Schulkinder die Bundesstraße nicht mehr als Schulweg und die Bevölkerung die Straße nicht mehr als Weg zur Kirche und zum Einkaufen benützen müssen. Auf dem Wirtschaftsweg waren auch immer wieder Mopeds und PKWs unterwegs, das Verkehrsaufkommen war allerdings gering, weil sich damals in Kellertal nur etwa 8 Häuser befanden.

Mit der am 28. Jänner 1983 erhobenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung von S 209.533,88 s.A. und die Feststellung deren Verpflichtung, der Klägerin ein Drittel der von ihr in Zukunft im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 1. Oktober 1974 der Geschädigten Angelika D*** zu erbringenden Leistungen im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages über das Moped T 2.591 bis zur Höhe der Versicherungssumme zu ersetzen, jedoch nur insoweit, als die Solidarverpflichtung der Beklagten gegenüber Angelika D*** reiche. Im Verfahren 6 Cg 558/76 des Landesgerichtes Innsbruck sei Angelika D*** mit ihrer gegen Norbert W***, Thomas S*** und die nunmehrige Klägerin als Haftpflichtversicherer des unfallsbeteiligten Mopeds gerichteten Leistungs- und Feststellungsbegehren zur Gänze durchgedrungen. Ein Mitverschulden Angelika D***'s sei verneint worden. Die Beklagte habe als Mutter Angelika D***'s ihre Aufsichtspflicht gemäß § 1309 ABGB schuldhaft verletzt; sie hafte daher für den eingetretenen Schaden. Die Klägerin habe als Haftpflichtversicherer des am Unfall mitschuldigen Norbert W*** die Forderungen Angelika D***'s befriedigt und Leistungen von insgesamt S 628.601,65 erbracht. Die Beklagte habe diese Aufwendungen zumindest zu zwei Drittel zu ersetzen, wobei "aus prozeßökonomischen Gründen derzeit lediglich ein Drittel der Aufwendungen ersetzt begehrt würde": Der Rückgriffsanspruch der Klägerin unterliege der 30-jährigen Verjährung. Da bei Angelika D*** Spätfolgen nicht

ausgeschlossen werden könnten, habe die Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung. Bereits mit Schreiben vom 8. Jänner 1982 habe die Klägerin die Beklagte unter Setzung einer Frist von drei Wochen zur Zahlung der von ihr gestellten Forderungen aufgefordert. Die Klagsforderung sei daher seit längstens 1. Februar 1983 fällig.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie treffe kein Mitverschulden an dem Unfall ihrer Tochter, weil sie ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt habe. Der Unfall sei ausschließlich auf die Unvorsichtigkeit und Rücksichtslosigkeit des Mopedfahrers zurückzuführen. Schließlich wendete die Beklagte noch Verjährung ein; bei dem behaupteten Anspruch handle es sich nämlich um einen solchen aus dem Titel des Schadenersatzes. Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin den Betrag von S 42.663,24 s.A. zu bezahlen und gab dem Feststellungsbegehren hinsichtlich der Haftung für ein Viertel der in Zukunft zu erbringenden Leistungen statt. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 166.870,64 s.A. sowie das Feststellungsbegehren in Ansehung einer über ein Viertel hinausgehenden Haftung wies es ab. Dieses Urteil wurde von beiden Teilen bekämpft. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin keine Folge; hingegen gab es der Berufung der Beklagten dahin Folge, daß es das Klagebegehren zur Gänze abwies, wobei es aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, hinsichtlich des abändernden Teiles der Entscheidung S 15.000,--, hinsichtlich des bestätigenden Teiles S 60.000,--, insgesamt jedoch nicht S 300.000,-- übersteigt und die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, und teilweise auch berechtigt. Die von den Vorinstanzen über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus getroffenen Feststellungen lassen sich, soweit diese für das Revisionsverfahren noch bedeutsam sind, im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Angelika D*** besuchte im Unfallszeitpunkt noch den Kindergarten. Sie wurde allerdings von ihren Eltern schon seit 2 Jahren zu einem verkehrsgerechten Verhalten im Straßenverkehr erzogen. Sie wurde insbesondere darauf vorbereitet, mit dem Fahrrad auf dem gegenständlichen Wirtschaftsweg in den Kindergarten bzw. später in die Schule zu fahren. Angelika D*** lernte zunächst mit einem Kinderfahrrad mit Stützrädern fahren und erhielt später das von ihr am Unfallstag benützte Kinderfahrrad ohne Stützräder. Sie ist ein recht "vifes" Kind und hat sich bis zum Unfall auch stets verkehrsgerecht verhalten. Sie wäre auch schon reif für die Schule gewesen. Angelika D*** ist auch schon vor dem Unfall sehr viel um das Haus herum Rad gefahren; dabei ist es auch vorgekommen, daß sie manchmal unbeaufsichtigt den Wirtschaftsweg benützte. Die Beklagte hat ihre Tochter Angelika manchmal auch ihrer älteren (1963 geborenen) Tochter Barbara anvertraut und gestattet, daß die beiden zusammen auf den Rädern von Kellertal nach Pettnau und wieder zurück gefahren sind. Die Beklagte wußte zwar, daß nach der Straßenverkehrsordnung eine erwachsene Aufsichtsperson mitfahren müßte, sie vertraute aber ihrer älteren Tochter, auch weil sie wußte, daß auf dem Wirtschaftsweg wenig Verkehr war. Auch machte Barbara D*** zu dieser Zeit gerade in der Schule einen Radfahrkurs mit und erzählte ihren Geschwistern zu Hause davon. Rudolf D***, der Gatte der Beklagten, war von 1970 bis Ende 1976 beim Postamt Hall dienstzugeteilt. Er kam in der Regel nur an Wochenenden und Feiertagen nach Pettnau, und wohnte sonst in Hall. Am Unfallstag machte die Beklagte zunächst ihre beiden älteren Kinder fertig, die dann das Haus verließen und mit dem Bus nach Telfs zur Schule fuhren. Danach machte sie ihre jüngeren Töchter Angelika und Christine für die Schule bzw. den Kindergarten fertig. Der Kindergarten befindet sich in Pettnau im Schulgebäude, so daß beide Kinder denselben Weg hatten. Nicht erwiesen ist, ob die Beklagte die Kinder in der Folge verabschiedet hat und ihnen erlaubte, mit den Fahrrädern wegzufahren, oder ob die Kinder - ohne daß es die Beklagte bemerkt hätte - früher als gewohnt aus dem Haus gingen und mit den Fahrrädern weggefahren sind.

Angelika D*** hat beim Landesgericht Innsbruck zu

6 Cg 558/76 Norbert W***, Thomas S*** und die nunmehrige Klägerin auf Zahlung von S 334.994,-- samt Zinsen und auf Feststellung der Haftung für alle zukünftigen Schäden geklagt. Sie ist mit dieser Klage im vollen Umfang durchgedrungen. Es wurde ein Verschulden des Norbert W*** bejaht, während ein Mitverschulden der Angelika D*** nicht angenommen wurde.

Insgesamt hat die Klägerin im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Unfall Zahlungen von S 628.601,65 geleistet. Davon entfallen S 511.958,89 auf Zahlungen für Schmerzengeld, Heilungskosten und damit verbundene Kosten, während S 116.642,76 Kosten des Verfahrens 6 Cg 558/76 des Landesgerichtes Innsbruck und S 200,-- (richtig: S 220,--) für eine Abschrift des Gendamerieprotokolles betreffen.

Nicht erwiesen ist, daß die Klägerin der Beklagten ihre Forderung bereits mit Schreiben vom 8. Jänner 1982 unter Setzung einer Frist von drei Wochen bekanntgegeben hat.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß nach § 65 StVO Aufsichtspflichtigen verboten sei, Kinder unter 12 Jahren auf öffentlichen Verkehrswegen ohne Aufsicht Erwachsener radfahren zu lassen. Die Beklagte habe es vor dem Unfall immer wieder geduldet, daß die 6-jährige Angelika D*** auf dem öffentlichen Wirtschaftsweg allein oder in Begleitung ihrer älteren, jedoch auch erst 1963 geborenen Schwester Barbara Rad fahre. Dabei seien die Kinder auch bis Pettnau und zurück gefahren. Zugunsten der Beklagten sei davon auszugehen, daß die Kinder in einem unbemerkten Augenblick weggefahren seien. Dennoch stellte aber das Verhalten der Beklagten eine schuldhafte Handlung dar. Durch die Duldung des vorschriftswidrigen und gefährlichen Alleinfahrens der Kinder auf dem Wirtschaftsweg habe die Klägerin die vorhersehbare Gefahr geschaffen, daß die mj. Angelika D*** auch einmal in einem unbemerkten Augenblick allein oder mit ihrer 8-jährigen Schwester Barbara mit dem Rad auf dem öffentlichen Wirtschaftsweg fahre, wie es am Unfallstag auch geschehen sei. Eine Vernachlässigung der Aufsichtspflicht im Sinne des § 1309 ABGB sei sohin der Beklagten vorzuwerfen. Diese Vernachlässigung sei auch kausal für den Schadenseintritt gewesen, da bei ordnungsgemäßer Beaufsichtigung der 6-jährigen Angelika durch eine erwachsene Person der Unfall wohl hätte dadurch vermieden werden können, daß ein Erwachsener durch geeignete Anweisungen das Kind Angelika D*** zum Verbleiben am rechten Fahrbahnrand verhalten hätte, wodurch der Unfall vermieden worden wäre. Das Verschulden des Mopedlenkers Norbert W*** überwiege allerdings weit, weshalb das Erstgericht zu einer Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu Lasten Norbert W*** und damit zu Lasten der Klägerin gelangte.

Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede erachtete das Erstgericht als unbegründet. Nach § 67 VersVG sei ein Ausgleichsanspruch auf die Klägerin übergegangen. Dieser unterliege der 30-jährigen Verjährungsfrist. Überdies beginne die Verjährung nach den §§ 896, 1302 ABGB nicht schon mit der Kenntnis des Schadens oder der Geltendmachung durch den geschädigten Dritten, sondern erst dann und insoweit, als der Solidarschuldner über den von ihm im Innenverhältnis endgültig zu tragenden Anteil hinaus dem Geschädigten Ersatz geleistet habe.

Bei der Aufteilung sei davon auszugehen, daß die klagende Partei zwar erkennbar eine Teileinklagung vorgenommen habe, dies jedoch ohne Einräumung eines Mitverschuldens. In einem solchen Fall sei nach der nunmehr herrschenden Judikatur der eingeklagte Teilschade um die Mitverschuldens- bzw. Ausgleichsquote zu kürzen. Eine Ausgleichspflicht reiche nur soweit, als die Solidarverpflichtung gegenüber der Geschädigten Angelika D*** reiche. Der Ersatz der Kosten des Vorprozesses gehöre nicht zu diesen Verpflichtungen. Diese Kosten seien nicht durch das gemeinschaftliche schuldbare Verhalten der Schädiger entstanden. Sie seien auch nicht Teil des Angelika D*** zugefügten Schadens, weil sie nicht dieser, sondern den für den Schadenseintritt mitverantwortlichen und rückgriffsberechtigten Norbert W***, bzw. der Klägerin entstanden seien. Nach Ausklammerung der der Klägerin entstandenen Verfahrenskosten ergebe sich ein Gesamtschade von S 511.958,89,--. Der von der Klägerin eingeklagte Teilschade von einem Drittel (S 170.652,96) sei damit noch um die Mitverschuldens- bzw. Ausgleichsquote von einem Viertel zu kürzen, so daß sich ein Betrag von S 42.663,24 als berechtigter Anspruch der Klägerin ergebe. Eine Fälligkeit vor dem Tag der Klagszustellung sei nicht erwiesen, weshalb Zinsen erst ab dem Tag der Klagszustellung zuzusprechen seien. Entsprechend der Verschuldens- und Haftungsteilung gab das Erstgericht dem Feststellungsbegehren zu einem Viertel Folge. Das Gericht zweiter Instanz übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis einer unbedenklichen Würdigung der aufgenommenen Beweise. Von dieser Sachverhaltsgrundlage ausgehend erachtete es sowohl die von der Klägerin erhobene, als auch die von der Beklagten hinsichtlich der ihr wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht angelasteten Mithaftung ausgeführte Rechtsrüge als nicht berechtigt; das Berufungsgericht griff jedoch im Rahmen seiner Verpflichtung zur allseitigen Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch das Erstgericht die im Berufungsverfahren nicht mehr relevierte Frage der Verjährung auf, erkannte der erhobenen Verjährungseinrede Berechtigung zu und gelangte damit zu Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens.

Bei der Erledigung der erhobenen Rechtsrügen ging das Berufungsgericht davon aus, daß sich die Schutzvorschrift des § 65 StVO hinsichtlich radfahrender Kinder an die aufsichtspflichtigen Personen richte, deren Verschulden sich auf die Übertretung der Schutznorm im engeren Sinn beziehen müsse, daß also die Übertretung verschuldet sein müsse, wobei der Übertreter den Beweis der Schuldlosigkeit zu erbringen habe. Nach den getroffenen Feststellungen habe die Beklagte ihre beiden Töchter im Alter von 6 und 9 Jahren zur Abfahrt mit dem Rad "fertiggemacht" und dann (zumindest) allein gelassen. Daß die Beklagte ihren Kindern ausdrücklich verboten hätte, allein loszufahren, sei weder behauptet worden, noch durch die Aussage der Beklagten erwiesen. Da sogar die jüngere Angelika bereits früher mit einer älteren, ebenfalls noch nicht 12 Jahre alten Schwester, mit Wissen der Mutter auf öffentlichen Wegen Rad gefahren sei, sei das Erstgericht zutreffend zu der Ansicht gelangt, daß die Beklagte ihrer Aufsichtspflicht, die auch ein Verbot des Fahrens der Kinder ohne Begleitung Erwachsener, umfaßt hätte, nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sei. Dies ergäbe sich bereits aus den positiven Feststellungen des Ersturteils. Eine wesentliche Steigerung erfahre der Schuldvorwurf gegen die Beklagte deshalb auch nicht mehr, daß man ihr - ausgehend von der sie treffenden Notwendigkeit der Erbringung eines Entlastungsbeweises - auch noch anlasten müsse, sie habe den Kindern erlaubt, ohne Aufsicht mit den Rädern loszufahren. Die vom Erstgericht vorgenommene Aufteilung der Haftung im Rahmen des Regreßverfahrens sei entsprechend den Bestimmungen der §§ 1302, 896 ABGB und dem in letzterer Gesetzesbestimmung vorgesehenen "besonderen Verhältnis" erfolgt, wobei über die Aufteilung der Verursachungs-, Schuld- und Rechtswidrigkeitsanteil entscheide. Die Beklagte habe dabei die Verletzung ihrer Aufsichtspflicht zu verantworten, weil die Beaufsichtigung der mj. Angelika durch ihre nur um weniges ältere Schwester unzureichend gewesen sei, anderseits aber Angelika bereits auch wiederholt mit ihrer auch nur (damals) 11-jährigen Schwester unbeanstandet nach Pettnau gefahren sei, damit also eine gewisse Gewandtheit im Radfahren besessen habe. Es möge sein, daß sie als "aufgewecktes" Kind damit vielleicht sogar die Begegnung mit einem Mopedfahrer problemlos geschafft hätte, wenn dieser nur die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h eingehalten und nicht unmittelbar vor dem Unfall - eine Wasserfontäne hochwirbelnd - durch eine Wasserlache gefahren wäre und wenn er seine Geschwindigkeit bei Annäherung von zwei radfahrenden Kleinkindern, von denen das jüngere Kind noch dazu über die Fahrbahnmitte nach links (gesehen in seiner Fahrtrichtung) ausgewichen sei, angemessen vermindert hätte. Die Gesamtschau ergäbe damit ein deutliches Übergewicht an schuldhaftem, rechtswidrigen Verhalten des Mopedfahrers W***, für welches die Klägerin als Haftpflichtversicherer einzustehen habe, gegenüber der Beklagten, deren leichtsinnige Verhaltensweise allerdings auch nicht vernachlässigt werden könne. Die Kausalität des Fehlverhaltens der Beklagten erachtete das Berufungsgericht ebenfalls als gegeben. Es dürfe doch erwartet werden, daß die 6-jährige Angelika hinter einem Erwachsenen besser beaufsichtigt und auch folgsamer am rechten Fahrbahnrand gefahren wäre, als hinter ihrer nur wenig älteren Schwester. Bei Annäherung des Mopedfahrers wäre dann wohl auch die Ausweichbewegung vorerst zum linken und dann wieder zurück zum rechten Fahrbahnrand unterblieben, die ja eben durch das Fahren mehr in Fahrbahnmitte als am rechten Fahrbahnrand bei Annäherung des Mopedfahrers verständlich werde. Daß nach der Lebenserfahrung Kinder in Begleitung und in unmittelbarer Nähe von Erwachsenen auch ein Gefühl größerer Geborgenheit besäßen und entsprechend weniger zu Schreckreaktionen neigten, sei noch ergänzend zu erwähnen. Überdies hätte die Beklagte das Fehlen der adäquaten Kausalität beweisen müssen, weil deren Vorhandensein bei Übertretung eines Schutzgesetzes vermutet werde. Nach den getroffenen Feststellungen ließe sich jedenfalls sicher sagen, daß die Beklagte nicht den Beweis erbracht habe, der Schade wäre auch ohne Verstoß gegen § 65 StVO durch sie eingetreten. Es komme damit also - entgegen der in der Berufung der Beklagten vertretenen Meinung - nicht auf den Beweis der Schadenskausalität durch die Klägerin an, sondern auf die Erbringung eines Entlastungsbeweises durch die Beklagte selbst. Zu den in der Berufung der Klägerin weiters erhobenen Rechtsrügen nahm das Berufungsgericht im wesentlichen wie folgt Stellung:

1.) Zum Umfang des geltend gemachten Rückgriffsanspruches:

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung komme bei Rückgriffsansprüchen im Sinne des § 1302 letzter Halbsatz ABGB nur der Rückgriff bezüglich des von einem Solidarschuldner geleisteten Unfallschadens in Betracht, nicht aber auch hinsichtlich Anwaltskosten des Geschädigten oder Kosten, die der belangte Solidarschuldner zur Abwehr der gegen ihn erhobenen Forderung aufgewendet habe, weil in Ansehung dieser Kosten kein Solidarschuldverhältnis bestehe. Allerdings sei für einen Regreßanspruch der Rechtsweg auch dann zulässig, wenn er aufgewendete Prozeßkosten zum Gegenstand habe. Das Erstgericht habe damit zutreffend in diesem Umfang das Begehren ab- und nicht zurückgewiesen.

2.) Zu der vom Erstgericht vorgenommenen Schadensteilung:

Soweit die Klägerin meine, sie habe ein Verschulden des Mopedlenkers in der Höhe von einem Drittel anerkannt, und zwar sowohl im gegenständlichen Verfahren, wie auch im Vorprozeß 6 Cg 558/76 des Landesgerichtes Innsbruck, weshalb auch nunmehr nur eine Teileinklagung vorgenommen worden sei, und soweit sie damit letztlich auf einen Widerspruch im Ersturteil dahingehend verweise, daß beim Feststellungsbegehren sehr wohl vom Gesamtschaden bei der Teilung ausgegangen worden sei, nicht nur von der eingeklagten Quote, sei ihr zu entgegnen, daß sich die Frage, ob eine Kürzung des eingeklagten Teilschadens um die Mitverschuldensquote zu Recht erfolgt sei oder nicht, als Geltendmachung einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens, nämlich eines Verstoßes gegen § 405 ZPO darstelle. Diese Mangelhaftigkeit könne nur dann vom Rechtsmittelgericht wahrgenommen werden, wenn sie im Rechtsmittel (unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit) geltend gemacht werde. Da in der Berufung der Klägerin eine Mängelrüge nicht erhoben werde, könnte das Berufungsgericht einen allfälligen Verfahrensverstoß gar nicht überprüfen. Selbst wenn man in großzügiger Auslegung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 die Geltendmachung dieses Mangels unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung tolerierte, weil eine unrichtige Benennung des Berufungsgrundes ja nicht schade, sei für die klagende Partei nichts gewonnen. Sie habe nämlich ein Mitverschulden, das von ihr für den versicherten Lenker zu vertreten sei, nie ausdrücklich zugestanden. Sie habe vielmehr geltend gemacht, daß ihre Gesamtaufwendungen zumindest zu 2/3 zu ersetzen seien, wobei vorerst lediglich 1/3 der Aufwendungen "aus prozeßökonomischen Gründen" begehrt werde. Es entspräche der ständigen Rechtsprechung, daß im Falle der Teileinklagung eines Schadens ohne Einräumung eines Mitverschuldens dann, wenn der Schadensanteil unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens festzusetzen sei, der eingeklagte Teilschade um die Mitverschuldensquote zu kürzen sei. Im vorliegenden Fall sei es offen geblieben, ob die Klägerin in dem "prozeßökonomischerweise" eingeklagten Drittel ihrer Aufwendungen auch Abstriche der Höhe nach vorsichtshalber habe unterbringen wollen. Diese Unbestimmtheit habe nur zu der vom Erstgericht vorgenommenen Vorgangsweise der Teilung des eingeklagten Betrages im Verhältnis der Mitverschuldensanteile führen können, um einen Verstoß gegen § 405 ZPO zu vermeiden. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens (wobei die Klägerin hier durch einen Zuspruch im Umfang von einem Viertel der künftigen Gesamtaufwendungen ja nicht beschwert erscheine), stelle sich die Situation rechtlich insoferne anders geartet dar, als hier ja Abstriche der Höhe nach nicht denkbar seien, die Entscheidung also nur dem Grunde nach ergehen könne und auch ergangen sei und daher auch in diesem Umfang des Begehrens der "prozeßökonomisch" geltend gemachte Teil sich nur aus einem eingeräumten Mitverschulden ableiten lasse.

Bei Lösung der von Amts wegen erörterten Frage der Verjährung schloß sich das Berufungsgericht der Ansicht Koziols (Haftpflichtrecht2 I 302) an, wonach in den Fällen einer Gesamtschuld nach § 1302 ABGB mit Rückgriffsansprüchen nach § 896 ABGB der interne Ausgleich zwischen mehreren Schuldnern im Wege einer Legalzession durchgeführt werde. Der Sonderfall eines Ausgleichsanspruches nach § 11 EKHG, für den die Rechtsprechung eine Verjährungsfrist von 30 Jahren bejaht habe, liege jedenfalls hier nicht vor. Es sei damit nicht einzusehen, warum die Beklagte bezüglich der Verjährungszeit schlechter gestellt sein sollte, weil die Klägerin vor ihr gezahlt habe (Reischauer in Rummel, § 1302 Rdz 9). Der Schadenersatzanspruch, der auf die Klägerin übergegangen sei, verjähre damit in drei Jahren gemäß § 1489 ABGB. Diese Frist sei bei Klagsführung bereits abgelaufen gewesen, weil die Klage am 28. Jänner 1983 eingebracht worden sei. Der Unfall habe sich aber am 1. Oktober 1974 ereignet. Dies gelte auch dann (bis auf die Teilbeträge von S 49.145,-- und Kosten von S 2.260,-- auf Grund des Verfahrens 6 Cg 330/81 des Landesgerichtes Innsbruck, welche erst 1981 geleistet worden seien), wenn man der Ansicht folge (4 Ob 72/75 in JBl. 1977, 49), daß der Rückersatzanspruch der Klägerin erst dann entstanden sei, als und soweit sie als Versicherer für den Lenker und Halter des Mopeds über den sie im Innenverhältnis selbst zu tragenden Anteil hinaus als Solidarschuldner den Geschädigten Ersatz geleistet habe. Es seien nämlich auch die Zahlungen (im wesentlichen) mehr als drei Jahre vor Prozeßbeginn geleistet worden. Im gegenständlichen Fall sei aber die Meinung zu vertreten, daß durch die Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Verfahren 6 Cg 558/76 des Landesgerichtes Innsbruck Mitte Juli 1979 (Zahlung der Kosten an Dr. W*** am 23. August 1979 !), mit dem die Haftung der Klägerin auch für künftige Schäden bereits festgestellt worden sei, spätestens die Verjährungsfrist auch für diese künftigen Schäden, die teils im Verfahren 6 Cg 330/81 des Landesgerichtes Innsbruck geltend gemacht worden seien, zu laufen begonnen habe, sodaß im Jänner 1983 Ansprüche weder dem Grunde, noch der Höhe nach hätten geltend gemacht werden können. Würde man sich strikt an den Gesetzeswortlaut der §§ 1302 und 896 ABGB halten ("ersetzt hat" und "abgetragen hat") und daraus ableiten, daß die Verjährung nicht vor tatsächlicher Ersatzleistung der Klägerin an den Geschädigten beginnen könne, dann wäre zwar der Anspruch hinsichtlich S 49.145,--, der zu 6 Cg 330/81 des Landesgerichtes Innsbruck geltend gemacht worden sei, nicht verjährt (zum Kostenteilbetrag von S 2.260,-- werde auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen), weil die Leistung am 2. Juli 1981 durch die Klägerin erbracht worden sei. Dieser Betrag wäre dann freilich noch anteilig zu kürzen. Es würde aber in diesem Fall an jedem Rechtsschutzinteresse hinsichtlich des Feststellungsbegehrens fehlen, wie ja auch von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren eingewendet worden sei, da vor tatsächlicher Ersatzleistung die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB nicht zu laufen beginnen könnte und damit also jederzeit innerhalb von drei Jahren nach Ersatzleistung neuerlich von der Klägerin gegenüber der Beklagten Ersatzansprüche geltend gemacht werden könnten, ohne daß dagegen mit Erfolg eine Verjährungseinrede erhoben werden könnte. Daß die Hemmung der Verjährung nach § 1495 ABGB mit dem Übergang der Ersatzforderung auf die Klägerin nicht mehr geltend gemacht werden könne, weil es hier an einem familienrechtlichen Verhältnis zur Beklagten fehle, sei nur ergänzend erwähnt (in diesem Sinne auch Schubert in Rummel zu § 1495 Rdz 3, wo bei Herstellung einer Eltern-Kind-ähnlichen Rechtsbeziehung und Übertragung der Elternrechte an Großeltern für eine Verjährungshemmung zwischen Kindern und Großeltern eingetreten werde. Damit sei aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei die angefochtene Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung zufolge des Eintritts der Verjährung abzuändern gewesen. Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß es einerseits von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei, anderseits eine Rechtsprechung zur Frage des Beginnes der Verjährung nach Rechtskraft des Feststellungsurteils im Vorprozeß fehle. Dementsprechend wendet sich die Klägerin in ihrer Revision in erster Linie gegen die Annahme der Verjährung des Klagsanspruches durch das Berufungsgericht. Die Klägerin mache keinen Schadenersatzanspruch, sondern einen nach § 67 VersVG auf sie übergegangenen Rückgriffsanspruch geltend, der ähnlich jenem nach § 1042 ABGB, der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliege. Die Rechtsnatur des Regreßanspruches nach den §§ 1301, 1302 ABGB wird in Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Nach der weit überwiegenden Lehre und ständigen (grundsätzlichen) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes handelt es sich dabei um keinen Schadenersatzanspruch im Sinne des § 1489 ABGB, sondern um einen dem Aufwandersatz nach § 1042 ABGB ähnlichen, selbständigen Anspruch, der vom Ersatzanspruch des Geschädigten verschieden ist und daher auch nicht der im § 1489 ABGB normierten kurzen dreijährigen, sondern der ordentlichen 30-jährigen Verjährung (§ 1479 ABGB) unterliegt (Klang in Klang2 VI 633; Wolff in Klang2 VI 56; Weiß, JBl. 1947, 529 ff; Fenzl, ÖJZ 1949, 416;

SZ 28/52; ZVR 1963/66; SZ 37/182; SZ 43/15 = ZVR 1971/232,

ZVR 1974/38; SZ 52/91 = JBl. 1980, 370). Nach der neueren

Rechtsprechung erfuhr diese Beurteilung allerdings eine Einschränkung dahin, daß auf die Beschaffenheit des Innenverhältnisses Rücksicht genommen und ausgehend von der Annahme einer Anwendbarkeit des § 896 ABGB auch auf schadenersatzrechtliche Regreßansprüche das "besondere Verhältnis" (§ 896 S. 1 ABGB) zwischen den Solidarschuldnern geprüft wurde. Bestehen zwischen den Solidarschuldnern besondere Rechtsbeziehungen (wie etwa ein Arbeitsverhältnis oder ein Werkvertrag (vgl. SZ 39/82 = ZAS 1969/16 mit Anm. Edelbacher; SZ 44/48, EvBl. 1976/178; SZ 51/97 u.a.), wurde die kurze Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB angewendet. In jenen Fällen, in welchen ein solches besonderes Innenverhältnis nicht gegeben ist, hielt die Rechtsprechung aber an dem Grundsatz fest, daß der Regreßanspruch der langen Verjährung unterliegt (vgl. Schubert in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1489; Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 11 zu § 896; Schwimann, Praxiskommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch V Rz 18 zu § 1489). Der vom Berufungsgericht im Sinne Koziols (JBl. 1964, 311 und Haftpflichtrecht I2 302; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 9 zu § 1302; vgl, auch Huber, JBl. 1985, 395, 467) vertretenen Rechtsansicht ist zu entgegnen, daß es beim Regreß unter Gesamtschuldnern nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auf das Innenverhältnis ankommt, bei Anwendung des § 1358 ABGB aber die Fiktion unveränderten Überganges der Gläubigerrechte weitgehend beschränkt werden müßte, § 896 ABGB somit eine Sonderregelung darstellt, auf die - von der Mitbürgen betreffenden, zufolge der im § 1359 ABGB ausdrücklich normierten Anwendbarkeit des § 896 ABGB bestehenden Ausnahme abgesehen - § 1358 ABGB nicht anwendbar ist (Gamerith, aaO, Rz 5 zu § 896 unter Hinweis auf Gschnitzer in Klang2 IV/1 316; JBl. 1957, 452). Der erkennende Senat findet daher keinen Anlaß, von dem bisherigen grundsätzlichen Leitsatz in Verbindung mit der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abzugehen. Da die Klägerin einen Rückgriffsanspruch im Sinne obiger Ausführungen geltend macht, für den kein besonderes "Innenverhältnis" besteht, auf das die dreijährige Verjährung gegründet werden könnte, verjährt der von der Klägerin hier geltend gemachte Regreßanspruch in 30 Jahren. Der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede kommt daher keine Berechtigung zu. Insoweit ist der Revision ein Erfolg zuzuerkennen.

Die Revisionswerberin bekämpft weiters die Ansicht der Vorinstanzen, daß hinsichtlich der geltend gemachten Prozeßkosten kein Solidarschuldverhältnis bestehe, der Rückgriffsanspruch somit die Prozeßkosten nicht umfasse. Da die Beklagte ein adäquates Verhalten für das Entstehen der Kosten des Vorprozesses 6 Cg 558/76 gesetzt habe, habe sie diese jedenfalls im Ausmaß ihres Verschuldens zu tragen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die Vorinstanzen sind mit Recht davon ausgegangen, daß ein Gesamtschuldner einem anderen nur so weit ausgleichspflichtig ist, als die Solidarverpflichtung gegenüber dem Geschädigten reicht. Als gemeinsame Verpflichtung kommt nur die im gemeinschaftlichen schuldbaren Verhalten der Ersatzpflichtigen begründete Verpflichtung zum Ersatz des Schadens in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (unter Berufung auf Wolff in Klang2 VI 56 und Ablehnung der Ansicht Koziols in Haftpflichtrecht2 I 306) gehört dazu nicht die einen Schädiger gegenüber dem Beschädigten treffende Verpflichtung zum Ersatz der Kosten des Vorprozesses, und zwar sowohl der Kosten des Gegners als auch der eigenen Rechtsanwaltskosten (EvBl. 1975/44; ZVR 1976/237;

SZ 54/119 = JBl. 1982, 656 = ZVR 1982/142; ZVR 1983/72;

6 Ob 630/83 ua). Das Erstgericht ist daher ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin nicht berechtigt ist, gegen die Beklagte hinsichtlich der von ihr bezahlten Prozeßkosten in dem im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Ausmaß von S 116.642,76 s.A. (vgl. Ersturteil S. 12) Regreß zu nehmen. In ihrer Rechtsrüge erachtet sich die Revisionswerberin außerdem noch durch die von den Vorinstanzen vorgenommene Aufteilung der Haftung im Verhältnis 1 : 3 zu Lasten der Klägerin beschwert.

Richtigerweise hätten die Vorinstanzen zu einer solchen von 2 : 3 zu Lasten der Beklagten gelangen müssen. Die Beklagte habe nämlich gewußt, daß die mj. Angelika mit dem Rad ohne geeignete Aufsichtsperson die Unfallstrecke befahren habe und der Unfall geradezu vorhersehbar gewesen sei. Dieses grobe Verschulden lasse die gewünschte Verschuldensteilung gerechtfertigt erscheinen. Demgegenüber wiederholt die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung ihren bisherigen Rechtsstandpunkt, wonach ihr überhaupt keine Mithaftung an dem Unfall anzulasten sei, weil es sich um eine reflexartige Handlungsweise des Kindes gehandelt habe, die auch von einer erwachsenen Begleitperson nicht hätte verhindert werden können. Im Hinblick auf die ungewöhnlich rücksichtslose Fahrweise W*** würde die Verletzung ihrer Aufsichtspflicht aber keinesfalls ins Gewicht fallen. Diese Ausführungen beider Teile vermögen jedoch die zutreffend begründeten Einschätzungen der Vorinstanzen nicht in Frage zu stellen.

Mit Recht ist das Berufungsgericht von der Annahme ausgegangen, die sechsjährige Angelika hätte von einem Erwachsenen besser beaufsichtigt werden können und wäre auch folgsamer am rechten Fahrbahnrand gefahren, als dies bei ihrer Begleitung durch ihre nur geringfügig ältere Schwester der Fall war. Es entspricht durchaus den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß Erwachsene im Bewußtsein ihrer Pflichten bei der Beaufsichtigung von Kindern diesen auch verbal Hilfestellungen leisten und in Gefahrensituationen durch Ratschläge oder Anordnungen den Kindern bei der Bewältigung von unvorhergesehenen Situationen helfen und dabei auf die Kinder beruhigend einwirken, sodaß mit Schreckreaktionen der Kinder, wie etwa der hier gesetzten, in weit geringerem Ausmaß gerechnet werden muß. Im übrigen hat das Berufungsgericht auch zutreffend darauf hingewiesen, daß es im Hinblick auf die hier gegebene Schutzgesetzverletzung (§ 65 StVO) Sache der Beklagten gewesen wäre, nachzuweisen, daß der Schade ohne die Schutzgesetzverletzung in gleicher Weise eingetreten wäre, ein Beweis, den die Beklagte nicht erbracht hat. An der Zurechenbarkeit des Fehlverhaltens der Beklagten für die Unfallsfolgen kann daher nicht gezweifelt werden. Stellt man nun bei der von den Vorinstanzen mit Recht entsprechend den Bestimmungen der §§ 1302, 896 ABGB vorgenommenen Aufteilung der Haftung die der Beklagten anzulastende, in der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht liegende Sorglosigkeit dem vom Mopedfahrer anzulastende Fehlverhalten, für das die Klägerin einzustehen hat, gegenüber, so zeigt sich, daß unter Berücksichtigung der Verursachungs-, Schuld- und Rechtswidrigkeitsanteile die Zurechnungsmomente beim Mopedfahrer doch eindeutig überwiegen, zumal die den Unfall auslösende Gefahr vom Mopedfahrer ausgegangen ist, dessen Fahrverhalten unter den gegebenen Umständen als in hohem Maße verkehrswidrig und rücksichtslos bezeichnet werden muß.

Der Oberste Gerichtshof billigt daher die von den Vorinstanzen übereinstimmend vorgenommene Haftungsaufteilung.

Schließlich wendet sich die Beklagte zu Unrecht auch noch gegen die Ansicht der Vorinstanzen, ihrem Klagebegehren habe nur im Ausmaß des durch die "Mitverschuldensquote" gekürzten Leistungsbetrages stattgegeben werden können. Entgegen den Revisionsausführungen trifft es nicht zu, daß die Klägerin einen bestimmten, von ihr tatsächlich zu vertretenden Haftungsanteil des Mopedfahrers der Beklagten gegenüber anerkannt hätte. Im vorliegenden Verfahren hat sie eine solche Erklärung nicht abgegeben, weil sie - wie das Berufungsgericht auch aktengetreu dargestellt hat - bloß ausgeführt hat, die Beklagte habe ihre Aufwendungen "zumindest" zu 2/3 zu ersetzen, wobei aus prozeßökonomischen Gründen "derzeit vorerst lediglich 1/3 der Aufwendungen - vorbehaltlich weiterer Ausdehnung - ersetzt begehrt werde". Ein von der Klägerin im Vorprozeß dazu eingenommener Rechtsstandpunkt ist im vorliegenden Verfahren rechtlich unerheblich, weil die Beklagte an jenem Prozeß als Partei nicht beteiligt war, dem Vorprozeß damit auch keine für das vorliegende Verfahren bindende Wirkung zukommt. Die Klägerin hat damit eindeutig bloß eine Teileinklagung ihres Anspruches ohne Einräumung einer Mithaftung vorgenommen. In einem solchen Fall ist aber nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes der eingeklagte Teilanspruch dann, wenn der Anspruch nach der Sachlage unter Berücksichtigung einer Mithaftung festzusetzen ist, um den sich ergebenden Haftungsanteil zu kürzen (8 Ob 141/80, 8 Ob 195/80, 8 Ob 279/81 uva). Das Erstgericht hat daher der Klägerin entsprechend ihrer Mithaftung im Regreßprozeß mit Recht nur ein Viertel des als geltend gemachten Drittels der für berechtigt angesehenen Regreßforderung zugesprochen.

Die Revision erweist sich somit insgesamt nur insoweit als berechtigt, als sie sich gegen die vom Berufungsgericht angenommene Verjährung wendet.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes mußte daher im Rahmen der Anfechtung im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils abgeändert werden.

Bei der Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung war jedoch auf den in der Berufung der klagenden Partei erhobenen Kostenrekurs Bedacht zu nehmen. Richtig ist, daß dem Erstgericht bei seiner Kostenentscheidung ein Rechenfehler unterlaufen ist, allerdings nicht in dem von der klagenden Partei dargestellten Sinn. In dem gemäß § 43 Abs. 1 ZPO der Kostenentscheidung zugrunde gelegten Betrag von S 32.078,-- (richtig wären S 32.078,50) ist nämlich die Umsatzsteuer nicht enthalten. Die mit S 3.207,80 angeführte Umsatzsteuer ist daher der Nettoverdienstsumme zuzuschlagen. Von dem sich daraus ergebenden Betrag von S 35.285,80 - da die Beklagte den Kostenzuspruch nicht bekämpft hat, hat es bei diesem Betrag zu verbleiben - hat die klagende Partei der Beklagten - der vom Erstgericht angenommenen Kostenteilung entsprechend drei Fünftel zu ersetzen. Dies ergibt somit einen Ersatzbetrag von S 21.171,48. Gegen das vom Erstgericht angenommene Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen der Streitteile bestehen jedoch entgegen den Ausführungen im Kostenrekurs keine Bedenken. Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 43 Abs. 1 und 50 ZPO. Entsprechend dem jeweiligen Teilerfolg der Parteien im Berufungs- und Revisionsverfahren von rund 4/5 für die Beklagte und 1/5 für die Klägerin hat letztere der Beklagten jeweils drei Fünftel ihrer (notwendigen) Kosten der Rechtsmittelverfahren zu ersetzen.

Anmerkung

E13035

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0080OB00002.87.1125.000

Dokumentnummer

JJT_19871125_OGH0002_0080OB00002_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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