TE OGH 1987/11/26 6Ob18/87

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Veröffentlicht am 26.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Handelsregistersache der unter der Firma Erich M*** Gesellschaft m.b.H. zu HRB 13.805 a des Handelsgerichtes Wien eingetragenen Rechtsverhältnisse infolge Revisionsrekurses 1.) des Erich M***, Färbermeister, Wien 23., Maurer Langegasse 126, und

2.) der Helga M***, kaufmännische Angestellte, Wien 23., Maurer Langegasse 126, beide vertreten durch Dr. Leopold Wiedermann, öffentlicher Notar in Wien 12., Vivenotgasse 1, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 25. September 1987, GZ 6 R 8/87-14, womit in Stattgebung des Rekurses der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien gegen die Eintragungsverfügung des Handelsgerichtes Wien vom 28. November 1986, 7 HRB 13.805 a-11, die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens aufgetragen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und der angefochtene Beschluß derart abgeändert, daß dem Rekurs gegen die erstinstanzliche Eintragungsverfügung nicht stattgegeben, die angefochtene Eintragungsverfügung vielmehr mit der Berichtigung bestätigt wird, daß es in der Einlage Nr. 13.805 a der Abteilung B des vom Erstgericht geführten Handelsregisters in Spalte 6 anstelle der Worte:

"Die Generalversammlung vom 19. Juni 1986 hat die Umwandlung der Gesellschaft durch Übertragung des Unternehmens auf eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht beschlossen." richtig heißen soll:

"Die Generalversammlung vom 19. Juni 1986 hat die Umwandlung der Gesellschaft durch Übertragung des Unternehmens auf den Gesellschafter Erich M*** beschlossen."

Text

Begründung:

Aufgrund der Eintragungsverfügung vom 4. Oktober 1979 waren seit 10. Oktober 1970 die einzutragenden Verhältnisse der mit Gesellschaftsvertrag vom 24. September 1979 gegründeten Gesellschaft m.b.H. in dem vom Erstgericht geführten Handelsregister eingetragen. Gesellschaftsvertraglich festgelegter Gesellschaftszweck war ausschließlich die Fortführung der vom Hauptgesellschafter betriebenen Färberei. Dieses Unternehmen brachte der Gewerbetreibende auch in Anrechnung auf die von ihm übernommene Stammeinlage in die Gesellschaft ein. Das Stammkapital betrug S 125.000,--, die Stammeinlage des Hauptgesellschafters S 124.000,--, die seiner Tochter und einer weiteren Gesellschafterin betrugen je S 500,--. Nachdem die Tochter des Hauptgesellschafters ihren Geschäftsanteil an die weitere Gesellschafterin abgetreten und gleichzeitig an ihrer Statt zur alleinigen Geschäftsführerin bestellt worden war, bestand die Gesellschaft nur noch aus dem Hauptgesellschafter mit einem Geschäftsanteil im Ausmaß von 99,2 % und der weiteren Gesellschafterin mit einem Geschäftsanteil von 0,8 %.

In der außerordentlichen Generalversammlung vom 19. Juni 1986 beschlossen die beiden Gesellschafter die Gesellschaft durch Übertragung ihres Vermögens auf den Hauptgesellschafter im Sinne der GmbHG-Novelle 1980, BGBl. Nr. 320, umzuwandeln. Die zweite Gesellschafterin wurde einvernehmlich mit dem Nominalbetrag ihrer Stammeinlage abgefunden. Die Geschäftsführerin erteilte namens der Gesellschaft die Einwilligung zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes des Nachfolgeunternehmers an der Betriebsliegenschaft.

Die Geschäftsführerin meldete den Umwandlungsbeschluß zur Eintragung in das Handelsregister an. Nach der Stellungnahme der Handelskammer habe die Gesellschaft bereits im Jahre 1982 ihre betriebliche Tätigkeit eingestellt und seit dem Jahre 1984 nur noch Einnahmen aus der Vermietung ihres Unternehmens bezogen. Daraus folgerte die Handelskammer die Unzulässigkeit der beschlossenen Umwandlung.

Das Registergericht verfügte die Eintragung der angemeldeten Umwandlung. Dabei unterlief ihm der offenkundige Fehler, entgegen dem auch in der Begründung richtig wiedergegebenen Generalversammlungsbeschluß die Eintragung zu verfügen, daß das Unternehmen von einer Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht übernommen werde. Das Registergericht erachtete eine Umwandlung nach Art. III § 10 GmbHG-Novelle 1980 gesellschaftsrechtlich unabhängig davon als zulässig, daß auch ein Betrieb im Sinne der abgabenrechtlichen Regelungen nach Art. IV der genannten Novelle übertragen werde.

Das Rekursgericht schloß sich der von der Handelskammer vertretenen Ansicht an, daß eine gesellschaftsrechtliche Umwandlung nach Art. III § 10 GmbHG-Novelle 1980 (zumindest) die Übertragung eines vorhandenen Unternehmens an den Nachfolgeunternehmer oder an das Nachfolgeunternehmen vorausetze. In Stattgebung des von der Handelskammer gegen die registergerichtliche Eintragungsverfügung erhobenen Rekurses trug das Rekursgericht dem Erstgericht die Einleitung des Amtslöschungsverfahrens bezüglich der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses unter Löschung der Gesellschaft auf. Die Geschäftsführerin, die den Umwandlungsbeschluß zur Eintragung angemeldet hatte und auch der Nachfolgeunternehmer fechten die abändernde Rekursentscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung der erstinstanzlichen Eintragungsverfügung zielenden Abänderungsantrag an.

Das Anfechtungsrecht steht nicht nur der anmeldepflichtigen Geschäftsführerin zu, es ist mit Rücksicht auf die Regelung nach § 5 Abs 1 UmWG 1954 auch dem Nachfolgeunternehmer als einem Beteiligten zuzubilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat im Falle der Umwandlung einer reinen Komplementärgesellschaft erkannt, die Auslegung des Art. III § 10 GmbHG-Novelle 1980, daß nach dieser Gesetzesstelle auch bloße Mantel-, Holding-, Besitz- oder Komplementärgesellschaften einer Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf einen Nachfolgeunternehmer oder auf ein Nachfolgeunternehmen zugänglich seien, weil die Führung des Betriebes für das Vorliegen eines Unternehmens nicht wesentlich sei, sei nicht offenbar gesetzwidrig im Sinne des § 16 Abs 1 AußStrG (GesRZ 1987, 150 = RdW 1987, 160). Die im Gegensatz zu der von der Handelskammer vertretenen Auffassung dargelegte Auslegung stimmt mit der im Schrifttum nahezu einhellig geäußerten Ansicht überein (Arnold, GmbH-Handbuch, 10 und 69; Kostner, GmbH-Handbuch3, 212; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 779;

Gassner in Arnold/Gassner/Meinhart, Die GmbH Neuregelungen 1980, 76;

Helbich, Neuerungen im Strukturverbesserungsrecht2, 52 f). Der Oberste Gerichtshof pflichtet der im zitierten Schrifttum vertretenen Ansicht bei. Die in der zitierten Vorentscheidung als nicht offenbar gesetzwidrig erkannte Auslegung ist richtig. Mag auch der Beweggrund für die gesellschaftsrechtliche Regelung nach Art. III § 10 GmbHG-Novelle 1980 darin gelegen gewesen sein, ein Tatbestandsmerkmal für die abgabenrechtlichen Regelungen nach Art. IV GmbHG-Novelle 1980 zu schaffen, besteht jedoch kein hinreichender Grund, die Möglichkeit der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung in teleologischer Reduktion auf die Fälle ihrer abgabenrechtlichen Erheblichkeit einzuschränken, weil einerseits das Interesse der Gesellschafter einer dem novellierten Recht nicht angepaßten Gesellschaft am Unterbleiben der Abwicklung unabhängig von abgabenrechtlichen Begünstigungen einer Betriebsübernahme anzuerkennen ist und andererseits auf Gläubigerinteressen beim Fehlen eines von der Gesellschaft im Rahmen ihres Unternehmens geführten Betriebes keinesfalls in weiterreichender Weise Bedacht genommen werden müßte als beim Vorhandensein eines solchen Betriebes. In Stattgebung des Revisionsrekurses war die angefochtene Rekursentscheidung in dem Sinne abzuändern, daß dem Rekurs gegen die erstinstanzliche Eintragungsverfügung nicht stattgegeben werde. Gleichzeitig war aber auch die offenbare Unrichtigkeit der verfügten Eintragung in der Weise zu berichtigen, daß die Umwandlung nicht durch Übertragung auf eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht, sondern durch Übertragung auf den Hauptgesellschafter beschlossen wurde.

Anmerkung

E12589

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00018.87.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19871126_OGH0002_0060OB00018_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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