TE OGH 1987/11/30 6Ob549/86

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Veröffentlicht am 30.11.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T*** Gesellschaft mbH, Hasnerstraße 127a, 1160 Wien, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Adele K***, Geschäftsfrau, Kaasgraben 19, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Fritsch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 386.914,91 sA und Feststellung (Streitwert S 300.000,-) infolge Revision beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 30. Oktober 1985, GZ 41 R 399/85-41, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 2. Februar 1985, GZ 46 C 9/81-29, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird hinsichtlich eines Betrages von 53.734,02 samt 4 % Zinsen seit 9.1.1981 nicht Folge gegeben und das Urteil des Berufungsgerichtes insoweit als Teilurteil bestätigt, daß die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei den Betrag von S 53.734,02 samt 4 % Zinsen seit 9.1.1981 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Hingegen wird ein Mehrbegehren von S 4.977,- samt 4 % Zinsen seit 9.1.1981 abgewiesen.

Insoweit bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.

2. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Im übrigen, also hinsichtlich des Zuspruches eines weiteren Betrages von S 36.197,62 s.A. und der weiteren Abweisung von S 292.006,27 s.A. sowie der Abweisung des Feststellungsbegehrens wird beiden Revisionen Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden in diesem Umfang aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Insoweit sind die Kosten der Rechtsmittelverfahren weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte war Hauptmieterin, die Klägerin Untermieterin des Geschäftslokales in Wien 9., Servitengasse 24 top 5 und 6 (Hahngasse 27). Der Hauptmietvertrag sah die Einhaltung einer vierteljährlichen Kündigungsfrist zum Ende eines jeden Kalendermonates vor. Der Untermietzins, der dem Hauptmietzins entsprach, betrug 1980 S 2.446,69 monatlich. Die Klägerin betrieb als Nachfolgerin der K*** & Co. Gesellschaft mbH in diesen Räumlichkeiten ein Handelsunternehmen. 1976/1977 übersiedelte die Klägerin ihr bis dahin auch im Untermietobjekt betriebenes Büro nach 1160 Wien, Hasnerstraße 127 a. An den Schaufenstern und an der Eingangstüre im alten Geschäftslokal wurde ein Hinweis, daß das Büro übersiedelt sei, angebracht. Das Objekt wurde aber nicht gänzlich geräumt, sondern diente der Klägerin weiterhin als Lager für Musterkollektionen, abgelegte Buchhaltungsunterlagen, Möbel und Regale. Es wurde von einer Dienstnehmerin der Klägerin wiederholt gereinigt. Die Schaufenster wurden von einem Reinigungsunternehmen in größeren Intervallen geputzt. Dazwischen waren die Fenster oft längere Zeit verschmutzt. Im Lokal waren zum Großteil die in der Zwischendecke eingebaut gewesenen Leuchtstofflampen entfernt worden. Es wurden aber wiederholt Gegenstände von Lieferwagen der klagenden Partei aus dem Lokal geholt und andere in dieses gebracht. Der Stromverbrauch betrug im Jahr 1977 noch 1.449 kWh und 1978 38 kWh. Am 28.4.1977 brachte der Hauseigentümer, Wilhelm R***, zu 46 C 21/79 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien gegen die Beklagte als Hauptmieterin unter Anführung einer einmonatigen Kündigungsfrist eine Aufkündigung, gestützt auf § 19 Abs.2 Z 14 und Z 3 MG ein, weil die Klägerin das Lokal bereits geräumt habe und dieses, insbesondere die Auslagenscheiben, nicht gereinigt würden.

Die Aufkündigung wurde der Beklagten am 12.5.1977 zugestellt, sie verständigte hievon die Klägerin. Die Klägerin erhob als Nebenintervenientin im Prozeß Einwendungen gegen die Aufkündigung, in welchen sie unter anderem nicht nur auf die weiterhin gegebene Verwendung des Lokales zu Geschäftszwecken, sondern auch auf die verfehlte Kündigungsfrist hinwies. Mit Schriftsatz vom 6.7.1977 sprach sich die beklagte Partei gegen die Zulassung der Nebenintervention aus und erklärte, auf die Erhebung von Einwendungen verzichtet zu haben. Allein aus diesem Grund wurde schließlich mit Berufungsurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 30.4.1980, 46 C 21/79-39, die Aufkündigung für wirksam erklärt. Die Beklagte hatte schon anläßlich der Verständigung der Klägerin von der Aufkündigung dieser und auch dem Hauseigentümer bekanntgegeben, daß ihrer Meinung nach die Kündigungsgründe tatsächlich gegeben seien, dies jedoch, ohne sich zu überzeugen oder auch nur zu erkundigen, ob das Lokal nicht tatsächlich noch für Geschäftszwecke verwendet werde.

Noch während des Berufungsverfahrens bot der Hauseigentümer der Klägerin das strittige Geschäftslokal um einen monatlichen Hauptmietzins von S 5.000 in Hauptmiete an. Im Hinblick auf den bis dahin tatsächlich bezahlten Zins von nur S 2.446,69 und weil die Klägerin mit einer Wirksamerklärung der Kündigung überhaupt nicht rechnete, kam es zu keiner Einigung.

Das die Aufkündigung für rechtswirksam erklärende Berufungsurteil wurde dem Vertreter der Beklagten am 12.8.1980, dem Vertreter der Klägerin (als Nebenintervenientin) am 14.8.1980 zugestellt. Der Geschäftsführer der Klägerin wurde von seinem Rechtsfreund darauf hingewiesen, daß er sich unverzüglich um ein Ersatzlokal umsehen müsse. Nach mehreren Anboten - infolge der 14-tägigen Leistungsfrist blieb nicht viel Zeit - fand er bei der Firma F. u. W. M*** Gesellschaft mbH ein ihm geeignet erscheinendes Lokal. Dieses mietete die Klägerin am 20.8.1980 beginnend ab diesem Tage, kündbar zum Ende eines jeden Monates um einen monatlichen Mietzins von S 10.000 netto.

Mit Beschluß vom 2.9.1980 wurde der Exekutionsantrag des Hauseigentümers wider die Beklagte auf zwangsweise Räumung des Geschäftslokales Wien 9., Servitengasse 24, top 5 und 6, bewilligt. Erst mit Schreiben vom selben Tag bot der Vertreter der Beklagten der Klägerin ein Ersatzlokal in gleicher Lage, zum gleichen Bestandzins wie bisher, beziehbar ab Ende 1980, an. Die Klägerin lehnte ab, weil sie bereits ein Ersatzlokal angemietet hatte. Für die Übersiedlung hatte die Klägerin S 6.491 netto, inklusive 18 % Umsatzsteuer S 7.659,38 brutto zu zahlen.

Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die Firma K*** & Co. Gesellschaft mbH hatten zahlreiche Investitionen im Geschäftslokal getätigt. Die Klägerin benützte das Ersatzlokal, das monatlich um S 8.353,31 mehr an Mietzins erforderte als das aufgekündigte vom 20.8.1980 bis 31.5.1982.

Im Kündigungsprozeß sind der Klägerin an Verfahrenskosten insgesamt S 46.074,64 erwachsen.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten, die rechtswidrig und schuldhaft nicht nur im Einvernehmen mit dem Vermieter die Aufkündigung des Hauptmietverhältnisses veranlaßt habe, nachdem ein von ihr angestrengter Prozeß zur Aufkündigung des Untermietvertrages mit der Klägerin fehlgeschlagen sei, sondern auch den Prozeßverlust ausschließlich durch ihren bewußten Verzicht auf Einwendungen herbeigeführt habe, Schadenersatz für dadurch aufgelaufene Prozeßkosten von S 46.074,64, Übersiedlungskosten von S 12.636,38, die Differenz des der Beklagten bezahlten Mietzinses zu jenem des Ersatzlokales vom 20.8.1980 bis 31.5.1982, das sind S 178.203,59, für frustrierte Investitionskosten den Zeitwert von S 150.000 und schließlich die Feststellung, daß die Beklagte ihr für alle aus der Auflösung des Mietverhältnisses im Geschäftslokal Wien 9., Servitengasse 24, top 5 und 6, künftig entstehenden Schäden zu haften habe.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei mit Teil- und Zwischenurteil schuldig, S 88.763,26 samt Anhang (das sind die Prozeßkosten, die Mietzinsdifferenz vom 20.8.1980 bis 31.12.1980 und die nachgewiesenen Übersiedlungskosten ohne Umsatzsteuer) zu zahlen, wies das Mehrbegehren von S 148.151,65 s.A. (Mietzinsdifferenz ab 1.1.1981 und Transportmehrkosten) ab, sprach aus, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, für frustrierte Investitionen im aufgekündigten Bestandobjekt dem Grunde nach zu Recht bestehe und wies schließlich das Begehren auf Feststellung, daß die Beklagte für alle künftigen Schäden aus der Auflösung des Bestandverhältnisses zu haften habe, ab.

Die Beklagte habe ihr Bestandrecht entgegen ihrer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Klägerin freiwillig aufgegeben, die Einwendungen der Klägerin als Nebenintervenientin im Kündigungsprozeß hätten wegen der verfehlten Kündigungsfrist jedenfalls zum Erfolg führen müssen. Daß die Beklagte trotzdem der Kündigung durch ihre Verzichtserklärung zum Erfolg verholfen habe, sei grob fahrlässig. Sie habe den Verfahrensaufwand von S 46.074,64 ebenso zu ersetzen wie die nachgewiesenen Übersiedlungskosten ohne Umsatzsteuer. Die Klägerin habe eine Schadenminderungspflicht erst nach Zustellung des Berufungsurteiles im Kündigungsprozeß getroffen. Das schon vorher erstellte Anbot des Vermieters habe sie daher nicht annehmen müssen. Wegen der kurzen Leistungsfrist habe ihr auch nicht zugemutet werden können, besonders günstige Anbote für Ersatzlokale abzuwarten. Sie hätte jedoch wegen der sie treffenden Schadenminderungspflicht das Anbot der Beklagten, Ende 1980 ein gleichwertiges Ersatzlokal zur Verfügung zu stellen, annehmen müssen, höhere aufgelaufene Mietzinse seien daher nur bis zu diesem Zeitpunkt zu ersetzen. Weil Investitionen im aufgekündigten Lokal jedenfalls getätigt worden seien, bestehe der Anspruch auf deren Abgeltung dem Grunde nach zu Recht. Weitere Schadenersatzansprüche seien nicht mehr zu erwarten, das Feststellungsbegehren daher nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die beklagte Partei schuldig erkannte, S 89.931,64 (das sind die Verfahrenskosten im Kündigungsprozeß, die Übersiedlungskosten einschließlich Umsatzsteuer und die Mietzinsdifferenz bis 31.12.1980) zu bezahlen, wies das Mehrbegehren der klagenden Partei von S 296.983,27 s.A. (nicht nachgewiesene Übersiedlungskosten, Mietzinsdifferenz ab 1.1.1981 sowie die gesamten begehrten frustrierten Investitionskosten von S 150.000) ab und bestätigte die Abweisung des Feststellungsbegehrens. Es traf aus dem Schreiben des damaligen Vertreters der beklagten Partei vom 2.9.1980, Beilage 3 "das in dieser Richtung nicht bestritten sei", die zusätzliche Feststellung, daß die Beklagte der Klägerin ein Geschäftslokal in der gleichen Lage (9.Bezirk) zum gleichen Benützungsentgelt wie bisher, zu dem gleichen Zweck (wie das aufgekündigte Geschäftslokal zuletzt benützt wurde) geeignet, ab Anfang 1981 zur Verfügung gestellt hat.

Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung aus dem Untermietvertrag, die schon damit erfüllt gewesen wäre, hätte sie der Klägerin als Nebenintervenientin die Möglichkeit gegeben, im Kündigungsverfahren des Hauseigentümers die Aufhebung der Aufkündigung zu erwirken, durch ihren Verzicht auf Einwendungen nicht nachgekommen. Damit sei sie zum Ersatz der Prozeßkosten ebenso verpflichtet wie zu jenem der nachgewiesenen Übersiedlungskosten, bei welchen aber auch für Vorsteuerabzugsberechtigte die Umsatzsteuer miteinzubeziehen sei. Der Klägerin sei wegen der Kürze der Räumungsfrist nicht zumutbar gewesen, umfangreiche Erhebungen über günstige Ersatzlokale anzustellen. Ausgehend von den zusätzlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes aus Beilage 3 wäre es der Klägerin aber schon aufgrund der monatlich vereinbarten Kündigungsfrist für das gefundene Ersatzlokal möglich und im Rahmen der Schadenminderungspflicht auch zumutbar gewesen, das neue Mietverhältnis zum 31.12.1980 aufzukündigen und in das von der Beklagten angebotene Ersatzlokal zu übersiedeln. Die Kosten einer neuerlichen Übersiedlung wären, gehe man von den aufgelaufenen ersten Übersiedlungskosten aus, in keinem Verhältnis zu den ersparten Mietzinsen gestanden. Es wäre der Klägerin freigestanden, diese weiteren Übersiedlungskosten von der Beklagten zu verlangen. Gehe man davon aus, daß das von der Klägerin ausgeschlagene Ersatzobjekt in gleicher Lage zum gleichen Bestandzins wie bisher angeboten, und für den gleichen Zweck wie zuletzt das aufgekündigte Geschäftslokal verwendet worden sei und daher als Ersatzlokal geeignet gewesen wäre, so seien Aufwendungen der Klägerin im aufgekündigten Geschäftslokal, welche sie nicht ausnützen habe können und die nicht auch durch das Ersatzobjekt abgedeckt gewesen wären, nicht denkbar. Diese begehrten Kosten seien daher jedenfalls abzuweisen. Weitere Schäden seien auszuschließen.

Gegen dieses Berufungsurteil richten sich die Revisionen beider Streitteile, jene der klagenden Partei im klagsabweisenden Teil, jene der Beklagten, soweit dem Klagebegehren stattgegeben wurde, wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind entgegen der Ansicht der klagenden Partei ohne Ausspruch nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zulässig:

Ein solcher Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision ist nur erforderlich, wenn die Revision gegen das Berufungsurteil nicht schon nach § 502 Abs.4 Z 2 ZPO - wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 300.000 übersteigt - jedenfalls zulässig ist. Der Streitgegenstand übersteigt hier, selbst ohne Bewertung des Feststellungsbegehrens allein an Geld S 300.000, so daß ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nicht erforderlich war.

Beide Revisionen sind begründet.

Der Rechtsansicht der Untergerichte, daß die beklagte Partei als Vermieterin ihre vertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin als Untermieterin grob verletzt und dieser daher grundsätzlich für den daraus entstandenen Schaden ersatzpflichtig ist, ist zuzustimmen. Die Klägerin meint, sie habe als juristischer Laie auf die Richtigkeit der ihr von einem Rechtsanwalt erteilten Rechtsauskunft (daß die Aufkündigung berechtigt sei) vertrauen können und habe darüber hinaus keine weiteren Überprüfungen vornehmen müssen. Wer behauptet, an der Erfüllung seiner vertragsgemäßen Verbindlichkeit ohne Verschulden verhindert worden zu sein, ist dafür gemäß § 1298 ABGB beweispflichtig. Er muß daher den Nachweis erbringen, daß die Nichteinhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt auf nicht zu vertretende Gründe zurückzuführen ist. Von der Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt durch die Beklagte kann hier keine Rede sein. Diese hat, ohne vorher Erkundigungen über die Geschäftstätigkeit der Klägerin einzuholen (aus dem Akt ergibt sich, daß ihr Ehemann seine Geschäftsräumlichkeiten unmittelbar gegenüber dem aufgekündigten Lokal hatte) oder auch nur vorher Kontakt mit der Klägerin aufzunehmen, auf Einwendungen gegen die Aufkündigung verzichtet. Bedenkt man noch, daß die Beklagte nach ihren Behauptungen die Auskunft über die Berechtigung der Aufkündigung von Dr. T*** erhielt, dem Rechtsvertreter des Vermieters und damit Gegners im Kündigungsstreit (ON 28 Seite 144 f), wird ihr "Vertrauen in dessen Auskunft" vollends unverständlich. Die Klägerin hat daher jedenfalls Anspruch auf Ersatz der ihr erwachsenen Kosten im Kündigungsverfahren von S 46.074,64 s.A. sowie der mit S 7.659,38 (inklusive Umsatzsteuer) festgestellten Übersiedlungskosten. Die Abweisung des Anspruches auf Ersatz von weiteren S 4.977,- an Übersiedlungskosten wird in der Revision der klagenden Partei nicht bekämpft. Der Revisionsantrag umfaßt zwar sämtliche abgewiesenen Beträge, doch enthält die Revision keine Ausführungen zu den abgewiesenen Mehrkosten der Übersiedlung, weshalb das Urteil des Berufungsgerichtes auch in diesem Punkt zu bestätigen war. Insoweit war das Berufungsurteil daher als Teilurteil zu bestätigen. Im übrigen aber reichen die Feststellungen zu einer abschließenden rechtlichen Beurteilung nicht aus. Zu Recht hat die klagende Partei schon in ihrer Berufung gerügt, daß aufgrund der nur in der teilweisen Wiedergabe des Schreibens der beklagten Partei, Beilage 3, bestehenden "Feststellung" des Erstgerichtes, die beklagte Partei habe mit Schreiben vom 2.9.1980 ein Ersatzlokal in gleicher Lage zum gleichen Bestandzins wie bisher, beziehbar ab Ende 1980, angeboten, mangels jeden Feststellungssubstrates, wie das aufgekündigte Objekt und wie jenes beschaffen war, das als Ersatzlokal angeboten wurde (Größe, Lage, Ausstattung, Dauer des Mietvertrages, Kündigungs- und Benützungsmöglichkeiten) eine rechtliche Beurteilung, ob tatsächlich ein gleichwertiges Ersatzobjekt angeboten wurde, nicht möglich sei. Das Berufungsgericht versuchte, diesen Feststellungsmangel dadurch zu beheben, daß es ohne Beweiswiederholung, Beweisergänzung und ohne auch nur die Urkunde Beilage 3 in der mündlichen Berufungsverhandlung zu verlesen, aus dieser hinsichtlich ihrer Richtigkeit von der klagenden Partei ausdrücklich bestrittenen Beilage (vgl. AS 104) weitere, durch den Inhalt der Urkunde überdies nicht zur Gänze gedeckte Feststellungen traf und dabei bereits in erster Instanz vorliegende Beweisergebnisse, mit denen sich das Erstgericht in seinem Urteil überhaupt nicht auseinandersetzte, gänzlich außer acht ließ. Eine solche, den Unmittelbarkeitsgrundsatz völlig negierende Vorgangsweise stellt allein schon eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens dar. Aber selbst wenn man von der Ernsthaftigkeit und Richtigkeit dieses Anbotes ausginge, stünde auch nicht fest, wie dies das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung ohne Grundlage unterstellt, daß dieses angebotene Ersatzlokal im Dezember 1980 noch immer zur Verfügung gestanden wäre.

Der Geschädigte ist verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten. Es ist Sache des Schädigers, zu behaupten und zu beweisen, daß der Geschädigte den eingetretenen Schaden hätte mindern können. Der Geschädigte verstößt dann gegen seine Schadenminderungspflicht, wenn er Handlungen unterlassen hat, die geeignet gewesen wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern, die - objektiv beurteilt - von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären, um eine nachteilige Veränderung des eigenen Vermögens hintanzuhalten (ZVR 1980/153; ZVR 1979/304; vgl. auch SZ 55/104). Zur Beurteilung, ob und inwieweit die Klägerin die sie treffende Schadenminderungspflicht verletzt hat, reichen die Feststellungen bisher nicht aus. Zutreffend haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß der klagenden Partei nach Zustellung des Berufungsurteiles im Kündigungsprozeß wegen der nur sehr kurzen zur Verfügung stehenden Leistungsfrist eine Verzögerung der Räumung durch zeitraubende Marktstudien, um das günstigste Anbot eines Ersatzlokales ausfindig zu machen, nicht zumutbar war. Ebensonwenig mußte die Klägerin ihren Prozeßgegner, der ihr zu einem Zeitpunkt, als sie noch mit dem Prozeßgewinn rechnen konnte, ein finanziell gegenüber dem damals bestandenen Zustand ungünstiges Anbot gemacht hatte, nach dem aus Verschulden der Beklagten erfolgten Prozeßverlust neuerlich kontaktieren, sondern vielmehr, wie dies auch tatsächlich geschehen ist, mit dessen Antrag auf Räumungsexekution rechnen. In dieser Situation konnte die Klägerin ohne Verletzung ihrer Schadenminderungspflicht auch ein Ersatzlokal zu ungünstigeren Konditionen als bisher anmieten und die Mehrkosten der Beklagten anlasten. Diese hätte aber die aufgelaufenen Mehrkosten zur Gänze nur dann zu ersetzen, wenn das von der klagenden Partei gewählte Ersatzlokal wenigstens annähernd nur zu den gleichen Zwecken geeignet war. Sollte die Klägerin aber, etwa wegen der Größe, Ausstattung und Lage dieses Lokal deshalb gewählt haben, weil sie es auch zu Zwecken benützen wollte, die über die Benützung des aufgekündigten Geschäftslokales hinausgingen, müßte sie sich solche zusätzlichen Vorteile als forderungsmindernd anrechnen lassen. Aber auch wenn der Klägerin keine zusätzlichen Vorteile aus der Benützung des gewählten Ersatzlokales erwuchsen, kann die beklagte Partei nicht verpflichtet werden, ohne jede zeitliche Begrenzung eine Mietzinsdifferenz zu ersetzen, wenn diese nur deshalb entstanden ist, weil die klagende Partei einen Mietvertrag abgeschlossen hat, der gegenüber dem 1980/1981 auf dem Immobilienmarkt für gleichartige Geschäftslokale zu Lagerzwecken gezahlten Preis wesentlich ungünstiger war. Wenn der Klägerin auch zuzugestehen ist, daß sie wegen des Zeitdruckes auch einen objektiv gesehen ungünstigen Vertrag abschließen durfte, so muß andererseits doch verlangt werden, daß sie innerhalb angemessener Frist, wie dies objektiv beurteilt jeder vernünftige Geschäftsmann in eigener Sache tun würde, in ein günstigeres Lokal übersiedelt wäre. Hat sie dies unterlassen, so sind die nachteiligen Folgen jedenfalls nicht mehr von der Beklagten zu vertreten. Sollte die beklagte Partei der Klägerin tatsächlich ein gleichwertiges Ersatzlokal zu den bisherigen Konditionen angeboten haben, dieses zum Jahresende 1980 tatsächlich auch noch verfügbar und nach dem Mietvertrag über das Ersatzlokal eine Aufkündigung zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen sein, dann ist den Unterinstanzen zuzustimmen, daß die Forderung der klagenden Partei auf Zahlung der Mietzinsdifferenz mit Jahresende 1980 zu begrenzen ist. Andernfalls wird unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Immobilienfach zu klären sein, wie die Marktsituation für gleichartige Geschäftslokale im Jahre 1980/81 beschaffen war, welche Zeitspanne zur Auffindung und zum Abschluß eines Mietvertrages dafür durchschnittlich erforderlich und welche Konditionen nach der Marktlage angemessen waren. Erst dann wird beurteilt werden können, ob und inwieweit die Klägerin gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen hat.

Ohne diese zusätzlichen Feststellungen kann daher noch nicht abschließend beurteilt werden, ob künftige Schäden aus der Auflösung des Untermietverhältnisses zwischen den Streitteilen nicht mehr zu erwarten sind. Solange die Möglichkeit offen bleibt, daß das schädigende Ereignis einen künftigen Schadenseintritt verursachen könnte, kann dem Geschädigten das Feststellungsinteresse noch nicht abgesprochen werden.

Hinsichtlich der begehrten "frustrierten Investitionskosten" wird zu klären und festzustellen sein, welcher Art diese Investitionen waren, ob sie nicht ohnedies anläßlich der Räumung entfernt werden konnten und ob und warum sie durch ein gleichwertiges Ersatzobjekt (das ja annähernd in der gleichen Weise ausgestattet und benützbar sein muß) nicht ausgeglichen werden könnten.

Da die abschließende Prüfung der Berechtigung der von der klagenden Partei erhobenen Ansprüche nur hinsichtlich eines Teiles, nämlich der Übersiedlungskosten sowie der Prozeßkosten im Kündigungsstreit möglich war, es im übrigen aber einer Ergänzung des Verfahrens erster Instanz bedarf, war spruchgemäß zu entscheiden. Die Entscheidung über die Prozeßkosten einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens war gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 ZPO der Endentscheidung vorzubehalten.

Anmerkung

E12583

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00549.86.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19871130_OGH0002_0060OB00549_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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