TE OGH 1987/11/30 10ObS98/87

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Veröffentlicht am 30.11.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Johann Reiterer und Mag. Robert Renner als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna W***, Pensionistin, 6272 Stummerberg 9, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier und Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei P*** DER A***,

1092 Wien, Roßauer Lände 3 (Landesstelle Salzburg), wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Juni 1987, GZ 5 Rs 1076/87-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 13. März 1987, GZ 44 Cgs 12/87-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich Verfahrenskosten erster Instanz Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Mit Übergabsvertrag vom 29. Mai 1974 hat Johann W***, der verstorbene Gatte der Klägerin, seinen Töchtern Margarethe H*** und Anna S*** die Liegenschaften EZ 20 II, 163 II und (richtig die in seinem Eigentum stehenden 10/49 Anteile an der Liegenschaft) 96 II je KG Stummerberg je zur Hälfte ins Eigentum übergeben. Die beiden Übernehmerinnen verpflichteten sich in diesem Übergabsvertrag, den Übergeber und dessen Ehegattin in gesunden und kranken Tagen voll und ganz zu erhalten, ihnen entweder am gemeinsamen Familientisch oder über ihr Verlangen in ihrem Zimmer die ortsübliche, im Krankheitsfalle die vom Arzt verordnete Verpflegung zu verabreichen, die notwendige Bekleidung beizustellen, die Ärzte- und Medikamenten-, Krankenhausaufenthalts-, Warte- und Pflegekosten insoweit zu tragen, als sie nicht von einer Krankenkasse getragen werden. Weiters verpflichteten sie sich im Ablebensfall des Übergebers und dessen Ehegattin die Auslagen für ein ortsübliches Begräbnis und einer ordentlichen Grabstätte zu übernehmen. Schließlich räumten sie dem Übergeber und dessen Ehegattin das lebenslängliche unentgeltliche licht- und heizungsfreie Wohnrecht im Haus Stummerberg Nr. 9 auf Baufläche 674, und zwar im bisherigen Umfang ein und verpflichteten sich weiters, die Räume ordentlich zu warten. Die Klägerin wohnt in dem auf EZ 163 II der KG Stummerberg errichteten Wohnhaus.

Die Klägerin begehrte, die beklagte Partei zur Leistung einer Ausgleichszulage zur Witwenpension unter Anrechnung lediglich des von ihr ausgeübten Wohnrechtes zu verpflichten; die Übernehmerinnen der Liegenschaft seien einkommenslos und nicht in der Lage, die Ausgedingsleistungen zu erbringen. Aus diesem Grund nehme die Klägerin nur das Wohnrecht in Anspruch. Eine weitergehendere Anrechnung von Leistungen aus dem Übergabsvertrag habe zu unterbleiben.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. die Klägerin habe nach dem Inhalt des Übergabsvertrages Anspruch auf volles Ausgedinge; bei der Ermittlung der Ausgleichszulage sei daher der Wert der vollen Station zu berücksichtigen. Die bescheidmäßig zuerkannte Ausgleichszulage von 1.096,80 S entspreche daher dem Gesetz.

Das Erstgericht wies das Begehren der Klägerin auf Leistung einer Ausgleichszulage ab 1. Mai 1986 lediglich unter Berücksichtigung des Wohnrechtes ab. Dabei legte es seiner Entscheidung über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus nachstehende Feststellungen zugrunde:

In dem Haus in Stummerberg 9 wohnt außer der Klägerin noch ihre Tochter Margarethe H*** geborene W*** mit ihrem Gatten. Dieser ist Rentner und bezieht eine Rente von etwas über 8.000 S der Ehe Margarethe H***s entstammen keine Kinder.

Die zweite Tochter der Klägerin, Anna S***, ist bereits im Jahr 1970 aus dem Haus Stummerberg 9 ausgezogen und nach Strengen am Arlberg übersiedelt. Ihr Gatte ist 1983 verstorben und sie bezieht eine Witwenrente (offenbar richtig Witwenpension) in der Höhe von monatlich rund 5.000 S netto.

Außer dem im Übergabsvertrag vom 29. Mai 1974 eingeräumten Wohnrecht hat die Klägerin von ihren Töchtern keine weiteren Leistungen in Anspruch genommen. Sie hat zwar auf ihre Ausgedingsansprüche nicht verzichtet, sie allerdings auch nicht in Anspruch genommen, da "es die beiden Töchter nicht leicht hatten". Es ist im Gegenteil so, daß die Klägerin ihrer Tochter H*** für die Beheizung des Hauses Stummerberg 9 einen Betrag von 2.000 S pro Jahr sowie als Kostenbeitrag für das Essen 500 S pro Monat übergibt. Die Liegenschaft EZ 163 II KG Stummerberg ist durch Hypotheken nicht belastet, im Haus befindet sich eine zweite Wohnung, die leer steht. Diese gehört Margarethe S***, die auch noch Mobiliar dort hat. Sie benützt diese Wohnung allerdings nicht.

Die Töchter der Klägerin sind aufgrund des erwähnten Übergabsvertrages überdies Eigentümer der Liegenschaft EZ 20 II KG Stummerberg (sowie offenbar Eigentümer von 10/49 Anteilen an der Liegenschaft EZ 96 II KG Stummerberg). Es handelt sich dabei um eine Almfläche. Diese Alm ist nicht verpachtet, sondern wird von Margarethe H*** und deren Mann bewirtschaftet. Die beiden treiben kein eigenes Vieh auf die Alm, sondern haben etwa 30 Stück sogenanntes "Pensionsvieh". Sie erhalten in der Almzeit die Milch dieser Tiere. Für die Erhaltung der Alm laufen Ausgaben auf und zwar mußte Margarethe H*** einen Betrag von 60.000 S für die Errichtung einer Straße auf die Alm in 20 Halbjahresraten bezahlen. Ebenso muß für die Benützung des Weges ein Weggeld bezahlt werden und es müssen auch Beträge für Reparaturarbeiten auf der Alm aufgewendet werden.

Dazu führte das Erstgericht aus, daß die festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Töchter der Klägerin die Erfüllung der Ausgedingsleistungen nicht unmöglich oder unzumutbar machen. Wenn die Klägerin, wenn auch aus beachtenswerten Motiven, auf die ihr nach dem Übergabsvertrag zustehenden Leistungen verzichtet habe, so könne dies bei Prüfung des Anspruches auf Ausgleichszulage nicht berücksichtigt werden. Es sei davon auszugehen, daß die Klägerin ein realisierbares Recht auf Gewährung der vollen freien Station habe, sodaß der hiefür im Gesetz vorgesehene Betrag in Anschlag zu bringen sei. Es bestehe daher lediglich Anspruch auf Ausgleichszulage im Betrag von 1.096,80 S. Dem darüber hinausgehenden Begehren der Klägerin komme keine Berechtigung zu.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es führte dazu aus, bei Bemessung der Ausgleichszulage sei ein Ausgedingsrecht, wie es im vorliegenden Fall formuliert sei, als Recht der "vollen freien Station" im Wert von 2.040 S zu berücksichtigen. Ein Verzicht auf die Geltendmachung zustehender Einkünfte könne im Ausgleichszulagenrecht nur dann Berücksichtigung finden, wenn er in der Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Erbringung der Leistung durch den dazu Verpflichteten begründet sei. Wohl schränkten die Bestimmungen der Sozialversicherungsgesetze den Versicherten in ihren privatrechtlichen und privatwirtschaftlichen Dispositionen nicht ein, doch sei der Sozialversicherungsgesetzgeber, wo sich mißbräuchliche Auswirkungen auf dem Bereich der Sozialversicherung zeigen, bemüht, privatrechtliche Dispositionen zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern bzw. der Gemeinschaft der Versicherten durch entsprechende gesetzliche Regelungen selbst auf die Gefahr individuellen Unrechts hintanzuhalten. Auch die Rechtsprechung habe wegen des fürsorgeähnlichen Charakters der Ausgleichszulage den Grundsatz entwickelt, daß ein gegen den Sinn der Bestimmungen über die Ausgleichszulage und damit gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten zum Nachteil des Versicherungsträgers bzw. der öffentlichen Hand nicht leistungsbegründend sein könne. Bloße Rücksichtnahmen auf wirtschaftliche Schwierigkeiten der zur Ausgleichszulage Verpflichteten würden in diesem Sinn nicht als leistungsbegründend zum Nachteil des Versicherungsträgers angesehen. Es treffe wohl zu, daß die ausgedingsverpflichteten Töchter der Klägerin selbst nur schwer in der Lage seien, ihrer Ausgedingsverpflichtung voll nachzukommen. Anna S*** beziehe zwar nur ein Einkommen, mit dem schwer das Auslangen gefunden werden könne, doch sei zu berücksichtigen, daß die ihr zukommende Wohnung im übergebenen Haus unverwertet leer stehe. Aus der Vermietung dieser Wohnung könnte sie ein zusätzliches Einkommen erzielen, das sie in die Lage versetzen würde, zumindest zur Hälfte ihrer Verpflichtung gegenüber der Klägerin nachzukommen. Margarethe H*** verfüge entgegen den Behauptungen der Klägerin über eigenes Einkommen. Die Benützung der Wohnung im übernommenen Haus stelle ein Naturaleinkommen dar, das entsprechend zu bewerten sei und überdies ziehe sie Nutzungen aus der Bewirtschaftung der übernommenen Alm; diese Einkünfte seien primär zur Deckung der Ausgedingsverpflichtungen heranzuziehen. Mit Rücksicht auf diese Umstände sei die Leistung der Ausgedingsverpflichtungen durch die Übernehmer nicht unmöglich oder unzumutbar. Dafür, daß die Leistung teilweise nicht erbracht werden könne, wäre die Klägerin beweispflichtig gewesen; sie habe jedoch nicht nachgewiesen, in welchem Ausmaß die Erbringung der Ausgedingsleistungen durch die Übernehmer unmöglich sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus den Rechtsmittelgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinn des Eventualantrages berechtigt. Die Mängelrüge der Revision macht ausschließlich sekundäre Verfahrensmängel geltend; sie ist daher unter einem mit der Rechtsrüge zu behandeln, die berechtigt ist.

Einleitend sei darauf verwiesen, daß die pauschale Ermittlung des Einkommens aus einem übergebenen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinn des § 292 Abs 8 ASVG hier schon deshalb nicht vorzunehmen ist, weil die Klägerin nicht Eigentümerin der übergebenen Liegenschaften war. Gemäß § 292 Abs 1 ASVG hat der Pensionist, solange er sich im Inland aufhält, Anspruch auf eine Ausgleichszulage, sofern die Pension zuzüglich eines aus den übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des Richtsatzes (§ 293 ASVG) erreicht. Nettoeinkommen im Sinn dieser Bestimmung ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten, vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Stehen einem Pensionsberechtigten auf vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage Ansprüche mit Einkommenscharakter zu, so ist grundsätzlich davon auszugehen, daß diese Ansprüche tatsächliches Einkommen darstellen und daher bei Prüfung des Anspruches auf Ausgleichszulage zu berücksichtigen sind. Der subsidiäre, fürsorgeähnliche Charakter der Ausgleichszulage verbietet im allgemeinen die Berücksichtigung der Tatsache, daß der Berechtigte von sich aus auf derartige Leistungen verzichtet. Ein Grundsatz dem für Unterhaltsansprüche vom Gesetzgeber im § 294 (1) ASVG ausdrücklich Rechnung getragen wurde, und der auch für Einkünfte aus übergebenen land(forst)wirtschaftlichen Betrieben nunmehr Geltung hat. Ein Verzicht auf die Geltendmachung zustehender Einkünfte ist nur dann beachtlich, wenn er in der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Erfüllung der Leistung durch den dazu Verpflichteten begründet wäre.

Zu prüfen sind in Fällen, in denen sich der Versicherte darauf beruft, daß vertragliche oder gesetzliche Ansprüche nicht realisierbar seien, die genauen Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Person, der die Verpflichtung zur Erbringung der fraglichen Leistung obliegt. Nur wenn diese außerstande sein sollte, ihren Verpflichtungen zu entsprechen, wäre die Durchsetzung der Ansprüche tatsächlich unmöglich oder zumindest unzumutbar. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß eine Person, die, soweit sie nicht anderweitig etwa durch Unterhaltsansprüche gegenüber einem Ehegatten, versorgt ist, jedenfalls dann nicht in der Lage sein wird, eine vertragliche Verpflichtung zur Erbringung geldwerter Leistungen zu erfüllen, wenn sie selbst nur über ein Einkommen verfügt, daß die Höhe des Richtsatzes (§ 293 ASVG) - es handelt sich dabei um einen Betrag, der vom Gesetzgeber als das für eine bescheidene Lebensführung unbedingt erforderliche Minimum anerkannt wird - nicht übersteigt. Dieser Grundsatz ist aus § 294 (1) letzter Satz ASVG allgemein abzuleiten. Auch die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sind von Bedeutung. Wenn auch eine Veräußerung des Vermögens insbesonders in Fällen, wo das Vermögen selbst die Existenzgrundlage des Verpflichteten bildet, nicht verlangt werden kann, sind doch mögliche Einkünfte ebenso zu berücksichtigen wie die Tatsache, daß jemand dadurch, daß er über Vermögen verfügt, sonst regelmäßig erwachsende Aufwendungen erspart. Den Ausführungen des Berufungsgerichtes ist daher grundsätzlich beizutreten.

Die vorliegenden Feststellungen reichen allerdings für eine abschließende Entscheidung nicht aus, da die Einkommensverhältnisse der nach dem Übergabsvertrag zur Ausgedingsleistung verpflichteten Töchter der Klägerin nicht ausreichend genau erhoben wurden; die Entscheidungen der Vorinstanzen gründen sich - etwa bezüglich der Vermietbarkeit der Wohnung Anna S***s - auf Vermutungen und gehen im übrigen von groben Schätzungen aus.

Der Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende Personen beträgt derzeit 4.868 S (1986 4.672 S), wobei es sich jeweils um Bruttobeträge handelt; bezüglich des Pensionsbezuges der Tochter Anna S*** steht lediglich die Nettohöhe mit einem Zirkabetrag fest. Erforderlich ist die Ermittlung des genauen Brutto- und Nettobetrages. Nur dann ist ein Vergleich mit dem Ausgleichszulagenrichtsatz möglich. Wohl trifft es zu, daß nach den Feststellungen eine Wohnung im Haus Stummerberg 9 über die Anna S*** verfügungsberechtigt ist, leer steht. Allfällig mögliche Einkünfte wären ihrem Einkommen zuzuzählen, zumal nicht davon ausgegangen werden könnte, daß ihr die vertraglich übernommene Leistung unmöglich ist, solange sie verwertbare Einkommensquellen brach liegen läßt. Allerdings wird zu prüfen sein, ob eine Vermietung dieser Wohnung (insbesonders auch im Hinblick auf ihre Ausstattung) möglich ist und welche Einkünfte hieraus erzielbar wären.

Margarthe H*** bewohnt mit ihrem Ehegatten eine Wohnung in dem von ihr übernommenen Haus, wobei ihre für die Lebensführung erforderlichen Bedürfnisse durch den Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Ehegatten gedeckt sind. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf verwiesen, daß die Möglichkeit der unentgeltlichen Benützung der Wohnung als Einkommen ihrerseits zu qualifizieren ist. Mit diesem hatte sie zwar - in der Höhe des sich hieraus ergebenden Nettoerlöses - zum Unterhalt ihrer Familie beizutragen (§ 94 Abs 2 ABGB). Das Eigentum an dem Haus, aus dem sie das Recht zur Benützung der Wohnung ableitet, ist jedoch durch die Ausgedingsverpflichtung belastet, sodaß der hieraus erspringende Vorteil in der Höhe des Mietwertes der Wohnung primär zur Deckung der Ausgedingsverpflichtung heranzuziehen ist. Dieser Mietwert wird ebenso zu erheben sein wie die Nettoeinkünfte, die Margarethe H*** durch die Bewirtschaftung der weiteren Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile (EZ 20 II und 96 II) bezieht.

Erst wenn genaue Feststellungen über die Höhe der Nettoeinkünfte der Übernehmerinnen vorliegen, wird entschieden werden können, ob im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Verhältnisse die Durchsetzung des Ausgedingsanspruches gegen sie tatsächlich unmöglich oder unzumutbar wäre.

Hingewiesen sei darauf, daß der Spruch der Entscheidung des Erstgerichtes nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Zu beachten ist, daß gemäß dem hier anzuwendenden § 384 Abs 1 ASVG (entsprechend nunmehr § 71 Abs 1 ASGG) durch die rechtzeitige Einbringung der Klage der Bescheid des Versicherungsträgers im Umfang des Klagebegehrens außer Kraft getreten war. Es war zum § 384 Abs 1 ASVG herrschende Auffassung, daß das Ausmaß, in dem der Bescheid außer Kraft tritt, verhältnismäßig weit anzunehmen ist, und daß bei Erhebung der Klage nur jener Teil des Bescheides rechtskräftig wird, der sich inhaltlich vom angefochtenen Teil trennen läßt (Oberndorfer in Tomandl System, 2. ErgLfg. 649 f; OLG Wien SVSlg. 22.325; vgl. auch SVSlg. 26.239, 28.087 uva; ähnlich zum § 71 Abs 1 ASGG nunmehr Fasching in Tomandl System,

3. ErgLfg. 728/5 und Kuderna, Kommentar, 382). Im vorliegenden Fall wurde durch den angefochtenen Bescheid einerseits über den Anspruch auf Witwenpension und andererseits über den Anspruch auf Ausgleichszulage entschieden. Gegenstand der Klage war ausschließlich der Anspruch auf Ausgleichszulage; dieser läßt sich vom Pensionsanspruch inhaltlich trennen. Die Entscheidung über den Pensionsanspruch wurde daher durch die Klageeinbringung nicht berührt. Soweit der Bescheid jedoch die Entscheidung über den Ausgleichszulagenanspruch betraf, ist er zur Gänze auch im stattgebenden Teil außer Kraft getreten. Daher wäre der Klägerin auch dann, wenn ihr nur die dem außer Kraft getretenen Bescheid entsprechende Leistung zustünde, diese Leistung im Urteil neuerlich zuzusprechen gewesen, weil das Urteil an die Stelle des Bescheides tritt; andernfalls fehlte die Grundlage für die Erbringung der dem Bescheid entsprechenden Leistung, weil der Versicherungsträger nur bei Zurücknahme der Klage einen neuerlichen Bescheid zu erlassen hat. Diese Grundsätze werden bei der neuerlichen Entscheidung zu berücksichtigen sein.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E12916

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:010OBS00098.87.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19871130_OGH0002_010OBS00098_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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