TE OGH 1987/12/10 7Ob56/87

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Veröffentlicht am 10.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*** A*** Versicherungs-Aktiengesellschaft, Wien 1., Brandstätte 7-9, vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wider die beklagte Partei Ing. Josef W*** KG, Salzburg,

Itzlinger Hauptstraße 21, vertreten durch Dr. Eckhart Fussenegger und Dr. Alexander Hacker, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 451.946,-- s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 14. April 1987, GZ 4 R 225/86-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Mai 1986, GZ 12 Cg 308/84-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 16.659,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.920,-- Barauslagen und S 1.339,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Herta K*** ist Eigentümerin des Hauses Salzburg, Eberhard Fuggerstraße 11, dessen Keller aus 5 Räumen (Vorraum, technischer Raum, Heizraum, Computerraum I und Computerraum II) und einem Gang besteht. Die K*** Datensysteme GesmbH (mit folgenden nur Firma K***) ist Mieterin dieses Hauses mit Ausnahme des technischen Raumes, in dem sich die Pumpen- und Filteranlage für ein im Freien befindliches Schwimmbad befindet. Im Mai 1982 beauftragte die Hauseigentümerin die beklagte Partei mit der Reparatur der Schwimmbadanlage. Aufgrund eines Fehlers eines Monteurs der beklagten Partei (Nichtverwendung der für die Anschlüsse im technischen Raum unbedingt erforderlichen Bundbüchsen) kam es in der Nacht vom 24. auf den 25. Mai 1982 im technischen Raum zu einem Wasseraustritt, wobei der Wasserbestand eine Höhe von 65 cm erreichte. Der im technischen Raum befindliche, nur 5 cm breite Ablauf konnte die Wassermenge nicht ableiten, sodaß es trotz verschlossener Tür zum Wasseraustritt aus dem technischen Raum kam. Ein im Vorraum vorhandener Wasserabfluß und ein auf dem Gang befindlicher 50 x 50 cm großer Kanaldeckel waren im Zeitpunkt des Wasseraustrittes mit Siliconmasse und Klebestreifen abgedichtet, sodaß auch an diesen Stellen das Wasser nicht abfließen konnte. Diese Abdichtungen waren von der Hauseigentümerin im Jahre 1978, als die Firma K*** in das Haus einzog, veranlaßt worden, weil aus diesen Öffnungen starker Fäkaliengeruch aufgestiegen war und dies von den Mitarbeitern der Firma K***, die in den Kellerräumen zeitweise auch arbeiteten, beanstandet worden war. Es kam zu einer Überflutung der übrigen Kellerräume mit einem Wasserstand von 12 cm in den Computerräumen. Nachdem die Kellerräume bereits einige Stunden unter Wasser standen, wurde das Ereignis am Morgen des 25. Mai 1982 entdeckt. Im Computerraum II ist in einem Abstand von etwas mehr als 12 cm zum Boden ein Holzboden eingezogen, sodaß dort der Wasserstand den Doppelboden nicht erreichte. Außerhalb des Computerraumes II kam es jedoch zu Feuchtigkeitsschäden an den dort gelagerten Sachen. Die Firma K*** hatte in den Kellerräumen Computerteile zum Teil auf Regalen, zum Teil auch auf dem Boden gelagert. Auf dem Boden standen zumindest 6 Koffer unterschiedlicher Größe, die Computerersatzteile und Kleinteile für EDV-Anlagen enthielten. Die Koffer waren mit Schaumstoff ausgepolstert, der das eindringende Wasser ähnlich wie ein Schwamm aufsaugte. Auf dem Boden standen aber auch andere technische Geräte. Durch die Einwirkung des chemisch aufbereiteten Schwimmbadwassers entstand der Firma K*** an Elektronikbauteilen und Platinen ein Schaden von zumindest S 451.946,--.

Die Firma K*** hat mit der klagenden Partei eine Versicherung gegen Leitungswasserschäden abgeschlossen, der die Allgemeinen Bedingungen für Versicherungen gegen Leitungswasserschäden (AWB) zugrunde liegen. Nach Art. 3 lit. f der AWB erstreckt sich die Versicherung nicht auf Schäden an in Keller- oder Souterrainräumen aufbewahrten versicherten Waren, die nicht mindestens 20 cm über dem Fußboden lagern, sofern nichts anderes vereinbart ist. Die Firma K*** begehrte von der klagenden Partei eine Versicherungsleistung von S 646.709,58. Nach dem Gutachten des von der klagenden Partei zur Feststellung der Schadenshöhe beauftragten Sachverständigen Prof. Dipl.Ing. Herbert S*** stellt dieser Betrag die obere Höchstgrenze des Schadens dar. Unter Berücksichtigung eines für Arbeitszeit nicht anerkannten Betrages von S 3.150,--, eines Schadensanteiles von S 172.095,14 für die unterhalb des Mindestabstandes von 20 cm vom Fußboden gelagerten Sachen und von S 19.518,36 für die Sachen, die nicht besichtigt werden konnten, ermittelte der Sachverständige eine Schadenshöhe von S 451.946,--. Die klagende Partei bezahlte diesen Betrag der Firma K*** und begehrt, gestützt auf § 67 VersVG, Ersatz von der beklagten Partei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, das Berufungsgericht bestätigte.

Nach der Rechtsansicht der Vorinstanzen habe der Vertrag zwischen der Hauseigentümerin und der beklagten Partei auch vertragliche Schutzwirkungen zugunsten der Firma K*** als der Mieterin des Hauses entfaltet. Die beklagte Partei habe daher für die Pflichtverletzung ihrer Gehilfen einzustehen und sei auch der Firma K*** zum Ersatz des dieser durch den Fehler der Monteure verursachten Schadens verpflichtet. Der Anspruch auf Ersatz des Schadens der Firma K*** gegen die beklagte Partei sei gemäß § 67 VersVG im Umfang der erbrachten Versicherungsleistung auf die klagende Partei übergegangen. Ein Mitverschulden der Firma K*** verneinten die Vorinstanzen, weil die Abdichtung der Bodenabläufe von der Hauseigentümerin veranlaßt worden und hiefür auch ein zureichender Grund vorhanden gewesen sei.

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor

(§ 510 Abs3 ZPO).

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß eine aus einem Werkvertrag abzuleitende Haftung des Unternehmers für das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen nicht bloß gegenüber dem unmittelbaren Vertragspartner, sondern auch gegenüber den der Vertragsleistung nahestehenden dritten Personen bestehe und daß eine derartige Stellung insbesondere dem Mieter eines Hauses gegenüber dem Unternehmer zukomme, der an bzw. in diesem Haus aufgrund eines Vertrages mit dem Hauseigentümer Reparatur- oder Renovierungsarbeiten ausführe, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (MietSlg. 28.186, 27.229) und wird von der Revision auch nicht bekämpft. Demgemäß wird auch nicht in Zweifel gezogen, daß der Firma K*** ein Anspruch auf Ersatz ihres Schadens gegen die beklagte Partei zusteht. Steht dem Versicherungsnehmer ein Anspruch auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zu, so geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt (§ 67 VersVG). Geht man davon aus, daß der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Bestimmung den Normalfall einer auf einer Rechtspflicht beruhenden Entschädigungsleistung des Versicherers im Auge hatte, obwohl dies im Wortlaut der Bestimmung nicht zum Ausdruck kommt, müßte der Dritte im Regreßprozeß auch geltend machen können, daß eine auf einer Rechtspflicht des Versicherers beruhende Versicherungsleistung nicht vorliege (vgl. Bruck-Möller VVG8 II 731). Damit würde aber in das Massengeschäft der Versicherung eine dem Zweck der Regelung nicht entsprechende Unsicherheit hineingetragen werden. Es ist daher einhellige Meinung, daß der Forderungsübergang nach § 67 VersVG nicht von einer Leistungspflicht des Versicherers abhängt und der Regreß auch dann gegeben ist, wenn der Versicherer bei zweifelhafter Deckung den Versicherungsnehmer entschädigt hat

(Bruck-Möller aaO 732; Prölss-Martin, VVG23 410 mwN; ZVR 1986/7; EvBl. 1965/262). Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei nach der allgemeinen Risikoumschreibung des Art. 1 der AWB eine in den Rahmen des versicherten Risikos fallende Versicherungsleistung erbracht. Zweifelhaft könnte sein, wie die Rechtsmittelwerberin richtig erkannt hat, ob hinsichtlich der in den auf dem Boden gelagerten Behältnissen, jedoch innerhalb der Behältnisse 20 cm über dem Fußboden befindlichen Sachen mit Rücksicht auf die Bestimmung des Art. 3 lit. f AWB eine Deckungspflicht der klagenden Partei bestand. Diese Frage ist aber im Regreßprozeß nicht zu prüfen, weil der Forderungsübergang nach § 67 VersVG im Sinne der obigen Darlegungen auch dann eintrat, wenn die klagende Partei trotz zweifelhafter Deckungspflicht geleistet hat.

Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht auch eine Mitverantwortlichkeit der Firma K*** für den Schaden verneint. Eine Schadensteilung im Sinne des § 1304 ABGB käme nur in Betracht, wenn der Firma K*** der Vorwurf der Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten gemacht werden könnte. Als Sorgfaltsmaßstab gilt hiebei der § 1297 ABGB, wobei es darauf ankommt, ob der Geschädigte jene Sorgfalt außer acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch (der maßstabgerechte Durchschnittsmensch) in der konkreten Lage zur Vermeidung des Schadens anzuwenden pflegt (Schlegelmilch in Geigel19 311; Reischauer in Rummel ABGB Rz 2 zu § 1297). Der Revision ist lediglich darin beizupflichten, daß die Abdichtung der Bodenabläufe zwar im Auftrag der Hauseigentümerin, aber über Veranlassung der Firma K*** erfolgte. Bei der zu beurteilenden Frage fällt jedoch zugunsten der Firma K*** ins Gewicht, daß der Kanaldeckel überhaupt nicht zur Wasseraufnahme aus den Kellerräumen vorgesehen ist und die Wasserabläufe regelmäßig nur dazu dienen, das bei Arbeiten in den Kellerräumen, insbesondere bei Reinigungsarbeiten, anfallende Wasser abzuleiten. Die Schadensursache trat auch nicht in den von der Firma K*** gemieteten Räumen, sondern in dem vom Bestandvertrag ausgenommenen technischen Raum auf, in dem sich zwar die Pumpen- und Filteranlage für das Schwimmbad befand, in dem aber der Ablauf ohnedies nicht abgedichtet war. Dieser Ablauf war wegen seiner geringen Dimensionierung (nur 5 cm Durchmesser) nur nicht in der Lage, die innerhalb weniger Stunden anfallenden Wassermengen abzuleiten. Es steht jedoch nicht fest und wurde auch nicht behauptet, daß der Firma K*** der geringe Durchmesser dieses Ablaufes bekannt war. Schon aus diesem Grunde ist es ihr daher nicht als Sorglosigkeit anzulasten, daß sie in den übrigen Räumen die Abdichtung der Abläufe veranlaßte. Es kann auch unerörtert bleiben, ob ein derart starker Wassereinbruch innerhalb kurzer Zeit in Betracht gezogen werden mußte.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12863

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00056.87.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19871210_OGH0002_0070OB00056_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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