TE OGH 1987/12/10 6Ob20/87

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Veröffentlicht am 10.12.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Firmenanfallssache der "A*** Mag. pharm. Peter B*** Gesellschaft mbH" mit dem Sitz in Unterach am Attersee, infolge Revisionsrekurses der Handelskammer Oberösterreich, Linz, Hessenplatz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 24.September 1987, GZ 6 R 205/87-17, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 9.Juli 1987, Fa 100/86-13, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und der angefochtene Beschluß im Sinne einer Wiederherstellung der die Eintragung ablehnenden Entscheidung erster Instanz abgeändert.

Text

Begründung:

Der gesellschaftsvertraglich zum alleinigen Geschäftsführer bestellte Minderheitsgesellschafter meldete die mit dem Gesellschaftsvertrag vom 11.April 1986 gegründete Gesellschaft mbH zur Eintragung in das Handelsregister an.

Gründungsgesellschafter sind eine Arzneimittelgesellschaft mbH und deren Geschäftsführer. Von dem mit dem Mindestbetrag von 500.000 S bestimmten Stammkapital übernahm die Gesellschaft eine Stammeinlage von 90 %, der Geschäftsführer eine solche von 10 %. Gesellschaftsvertraglich umschriebener Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung und der Vertrieb chemischer, pharmazeutischer, diätetischer, kosmetischer und hygienischer Produkte sowie von Krankenhausbedarfsartikeln und medizinisch-technischen Geräten sowie Wartung dieser Geräte, ferner der Handel mit diesen Produkten und Artikeln und die Schulung von Angehörigen der Heilberufe in Belangen der Fort- und Weiterbildung sowie des Marketings und die Beteiligung an anderen Firmen und Geschäftsführung anderer Unternehmungen. Nach der während des Firmenanfallsverfahrens beschlossenen Abänderung des Gesellschaftsvertrages lautet die Firma:

"A*** Mag.pharm. Peter B*** Gesellschaft mbH".

Das erste Firmenwort ist eine für das Unternehmen der Hauptgesellschafterin registrierte Wortmarke, die nach einem ergänzenden Anmeldungsvorbringen der einzutragenden Gesellschaft zur Verfügung gestellt werde. Akademischer Grad, Vor- und Familienname bezeichnen den Minderheitsgesellschafter.

Nach der Stellungnahme der Handelskammer habe ein "bundesweites Begutachtungsverfahrens" ein "negatives Ergebnis" erbracht. Nach der Ansicht der Handelskammer bestehe durch die Verwendung der erwähnten Wortmarke im Firmenwortlaut der Eindruck, es handelte sich um ein Exportunternehmen, das für die gesamte österreichische Pharmawirtschaft, zumindest jedoch für ein überragendes Unternehmen, auf diesem Sektor tätig werden soll.

Die Hauptgesellschafterin behauptete dazu, sie selbst erzeuge als inländisches Pharma-Unternehmen 98 % ihrer Produkte im Inland; von dem für das Jahr 1986 erwarteten Gesamtumsatz von 260 Mio. S entfiele ein Anteil von 80 Mio. S auf den Exportumsatz; um diesen zu steigern, habe sie die Exportsparte ausgegliedert und der einzutragenden Gesellschaft zugedacht.

Das Registergericht lehnte die Eintragung der Gesellschaft mbH wegen Täuschungsfähigkeit ihrer Firma ab.

Das Rekursgericht trug in Abänderung dieses Beschlusses dem Erstgericht die Vornahme der Protokollierung auf.

Das Erstgericht hatte das aus der Wortfirma bestehende erste Firmenwort als einen nach § 18 Abs 2 HGB unzulässigen, zur Täuschung geeigneten Firmenbestandteil gewertet, weil ein nicht unbeträchtlicher Teil der betroffenen Verkehrskreise aus dem Wortteil A*** auf eine dem Unternehmen der einzutragenden Gesellschaft tatsächlich nicht zukommende Bedeutung für die inländische Wirtschaft zu schließen geneigt wäre. Dem Unternehmen der einzutragenden Gesellschaft, deren Stammkapital die gesetzlich vorgeschriebene Mindesthöhe von 0,5 Mio. S nicht überschreite, komme keine derartige Überragende Stellung in seiner Branche zu, die allein die Verwendung des den Gesamtstaat bezeichnenden geographischen Hinweis A*** rechtfertigen könnte.

Das Rekursgericht teilte zwar die grundsätzliche Ansicht, daß die Firma einer Gesellschaft mbH nicht nur den positiven Voraussetzungen nach § 5 GmbHG entsprechen müsse, sondern gleichzeitig auch den negativen Voraussetzungen nach § 18 Abs 2 HGB nicht zuwiderlaufen dürfte, nach welcher Gesetzesstelle nicht nur Täuschung geeignete Zusätze, sondern auch ein solcher Ausdruck im Firmenkern verpönt sei. Das Rekursgericht bekannte sich auch zu der in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht, daß ein auf Österreich hinweisender Firmenbestandteil nur dann gerechtfertigt wäre, wenn das unter der Firma betriebene Unternehmen von größerem Umfang und Bedeutung für Österreich sei oder Erzeugnisse typischer österreichischer Eignart oder besonders hoher Qualität herstelle. Das Rekursgericht bejahte aber im Gegensatz zum Registergericht diese Voraussetzung, weil es aktenkundig sei,daß die einzutragende Gesellschaft für ihre Hauptgesellschafterin im Export tätig sein solle und diese bei einem Stammkapital von 14,4 Mio. S, einen Jahresumsatz von 260 Mio. S erziele, wobei 80 Mio. S auf den Exportumsatz entfielen, und weil die Hauptgesellschafterin mit dem Recht zur Führung des österreichischen Staatswappens ausgezeichnet sei. Diese Umstände rechtfertigten die Annahme einer hervorragenden wirtschaftlichen Bedeutung des von der Hauptgesellschafterin geführten Unternehmens; in der durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages nunmehr festgelegten Form einer gemischten Firma würden die mit dem geographischen Hinweis "A***" zu verbindenden Vorstellungen insofern wesentlich abeschwächt, als der in die Gesellschaftsfirma aufgenommene Name des Minderheitsgesellschafters eine klärende Aussage über die Stellung des Unternehmens in der Branche und im inländischen Wirtschaftsleben enthalte.

Die Handelskammer ficht die abändernde Rekursentscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf Wiederherstellung der ablehnenden Entscheidung erster Instanz zielenden Abänderungsantrag an.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Die einzutragende Gessellschaft mbH soll als 90 %ige Tochter einer Handelsgesellschaft, die Arzneimittel erzeugt und vertreibt, mit dem Recht zur Führung des Staatswappens im Sinne des 68 GewO ausgestattet ist und Inhaber der Wortmarke "A***" ist, vor allem den Auslandsvertrieb der Erzeugnisse der Hauptgesellschafterin besorgen. Ihr eigenes Unternehmen ist aber nach ihrer Konzeption mit einem Stammkapital in der Höhe des gesetzlichen Mindestbetrages gemessen an artähnlichen inländischen Unternehmen nach Größe oder sonstiger Wichtigkeit nicht als hervorragend zu erkennen. Solche etwa der Hauptgesellschafterin zukommende Eigenschaften kann sich die einzutragende Gesellschaft nicht selbst zugute halten, will sie doch ungeachtet des von ihr behaupteten Weltrufes ihrer Hauptgesellschafterin nicht mit einer deren Firma entlehnten Bezeichnung, sondern unter einer mit deren Wortmarke gebildeten Firma in das Wirtschaftsleben treten. Die Aufnahme des vom Minderheitsgesellschafters geführtren Namens in die Firma schwächt entgegen dem Standpunkt der einzutragenden Gesellschaft die nach dem großbuchstabig geschriebenen Firmaschlagwort mit dem Wortteil A*** zu erwartenden Vorstellungen eines nicht unbeträchtlichen Teiles der angesprochenen Verkehrskreise nicht entscheidend ab. In Stattgebung des Rekurses der Handelskammer war daher die ablehnende Entscheidung des Registergerichtes

wieder herzustellen.

Anmerkung

E12588

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00020.87.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19871210_OGH0002_0060OB00020_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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