TE OGH 1987/12/10 7Ob54/87

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Veröffentlicht am 10.12.1987
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Fritz B***, Angestellter, Breitenfurt, Johann Sammer-Gasse 8, vertreten durch Dr. Michael Gabler u.a., Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei V*** DER Ö*** B***,

Versicherungs-AG, Wien 2., Praterstraße 1-7, vertreten durch Dr. Peter Karl Wolf u.a., Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 75.400 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. Juli 1987, GZ 1 R 128/87-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 2.April 1987, GZ 28 Cg 390/86-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 385,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger hat mit der Beklagten eine Haushaltversicherung

abgeschlossen, der die Allgemeinen Bedingungen  für

Haushaltsversicherung 1976 (ABH) zugrundeliegen. Nach deren Art.1 I

Ad bietet der Versicherer Versicherungsschutz gegen Schäden durch

vollbrachten oder versuchten Einbruchsdiebstahl, einfachen Diebstahl

und Beraubung. Gemäß Art.4 (1) Abs 1 ABH sind der gesamte

Wohnungsinhalt sowie die Einrichtung von Gästezimmern bei nicht

gewerbsmäßiger Fremdenbeherbergung versichert. Zum Wohnungsinhalt

gehört alles, was in einem Haushalt zur Einrichtung, zum Gebrauch

oder zum Verbrauch dient... Als mitversichert gelten auch die nicht

in Benützung stehende und in versperrten Räumen aufbewahrte

Bereifung samt Felgen, der dem privaten Gebrauch dienenden

Kraftfahrzeuge des Versicherungsnehmers.... Nach Art.4 Abs.7 ABH

sind auf dem Dachboden bzw. im Kellerabteil oder in einem Ersatzraum (Schuppen) nur folgende Gegenstände versichert: minderwertige Gegenstände des Haushaltes (sogenannter Bodenkram), Fahrräder, Ersatzbereifung samt Felgen der privaten Kraftfahrzeuge des Versicherungsnehmers, Reise- und Sportutensilien u.dgl., ferner getragene Kleider (ausgenommen Pelze), Lebensmittel, Wirtschaftsvorräte, Waschgeräte und Heizmaterial sowie Wäsche während des Trocknens.

In der Nacht vom 10. auf 11.10.1985 wurde aus der Garage des Hauses Wien 12., Marschallplatz 23-26, in dem sich auch die Wohnung des Klägers befindet, eine Surfausrüstung des Klägers im angeblichen Wert von 75.400 S gestohlen. Die Wohnanlage besteht aus mehreren fünfgeschossigen Wohnblöcken mit eigenen Eingängen, deren Keller untereinander verbunden sind. Auf der Ebene der Keller befindet sich in deren Mitte unter der Grünanlage eine Sammelgarage, die eine einzige Zufahrt, bestehend aus einer asphaltierten Ab- und Auffahrt mit je einem Garagentor, hat. Die Rollbalkentore öffnen sich automatisch und zwar das Einfahrtstor nach dem Auslösen des Öffnungsmechanismus mit dem Garagen- bzw. Haustorschlüssel, das Ausfahrtstor vom Garageninneren über einen Zugschalter. Nach dem Öffnen bleibt dieses Tor etwa eine Minute offen und schließt sich dann automatisch.

Der vorne offene Garagenabstellplatz Nr.63 des Klägers befindet sich links nach der Einfahrt.

Von den Abstellplätzen gelangt man durch selbstschließende Brandschutztüren, die garagenseitig durch Klinken, kellerseitig jedoch nur durch Schlüssel zu öffnen sind, in die untereinander verbundenen Keller und von dort durch weitere Fluchttüren in die Gänge der einzelnen Wohnhäuser. In den Kellern gibt es versperrbare Abteile, wobei auch der Kläger über ein derartiges Abteil verfügt. Ein Dachboden ist nicht vorhanden.

Die Surfausrüstung des Klägers befand sich in einer Kiste aus vier bis fünf Millimeter dicker, seewasserfester Spezialkartonage, die innen durch einen Holzrahmen verstärkt war. Die Kiste stand an der Wand des Garagenplatzes des Klägers vor dessen Auto und war mit einem Stahlseil an den Belüftungsschächten befestigt. Sie wurde von unbekannten Tätern gestohlen. Die polizeilichen Erhebungen blieben erfolglos. Spuren von Gewaltanwendung wurden nicht festgestellt. Stahlseil und Sicherheitsschloß sind nicht gefunden worden. Nach dem Polizeibericht kommen auch hausfremde Personen als Täter in Frage, weil die Garagentore nach der automatischen Öffnung ca. eine Minute offen bleiben.

Die Vorinstanzen haben das auf Deckung aus der Haushaltsversicherung gerichtete Klagebegehren sowie das Eventualbegehren auf Zahlung von 75.400 S s.A. mit der Begründung abgewiesen, die Verwahrung der Surfausrüstung sei auf eine Art erfolgt, die eine Deckung durch die Haushaltsversicherung ausschließe.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und die Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Fest steht, daß dem Versicherungsverhältnis die ABH 1976 und nicht die späteren ABH 1984 zugrunde liegen. Demnach erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den späteren Bedingungen. Deren Inhalt kann hier auch nicht hilfsweise herangezogen werden, weil der Kläger übersieht, daß einer durch die späteren Versicherungsbedingungen allfälligen zusätzlichen Begünstigung des Versicherungsnehmers auch höhere Versicherungsprämien gegenüberstehen. Hat also der Versicherer in späteren Versicherungsbedingungen besseren Versicherungsschutz gegen erhöhte Prämien geboten, so kann daraus nicht abgeleitet werden, daß auch im Geltungsbereich der alten Versicherungsbedingungen, denen noch die geringeren Prämien zugrundeliegen, der den höheren Versicherungsprämien entsprechende erweiterete Versicherungsschutz gewährt werden soll. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob es sich um einen Einbruchsdiebstahl gehandelt hat oder nicht. Nach Art.5 Abs.1 der ABH 1976 gilt die Versicherung innerhalb der Republik Österreich in der jeweiligen Wohnung und beim Wohnungswechsel auch während des Umzuges. Versichert ist nach Art.4 (1) Abs 1 ABH 1976 der gesamte Wohnungsinhalt sowie die Einrichtung von Gästezimmern bei nicht gewerbsmäßiger Fremdenbeherbergung. Daß zum Wohnungsinhalt nicht auch die außerhalb der versperrten Wohn- und anderen Räume oder Flächen der vom Vermieter mitbenützten Räumlichkeiten gehören, ergibt sich sowohl aus dem nächsten Absatz der ABH 1976, als auch aus deren Art.4 Abs.7. Diese beiden Bestimmungen wären nämlich überflüssig, würden auch solche Räume oder Flächen zur Wohnung im Sinne des Art.4 (1) Abs.1 ABH 1976 gehören. Richtig hat also das Berufungsgericht erkannt, daß die Haushaltsversicherung grundsätzlich Versicherungsschutz für die Wohnung im engeren Sinn, also jene Räume, die der Versicherungsnehmer durch Versperren von der allgemeinen Benützung ausschließt, bietet. Nur ausnahmsweise sollen auch an anderer Stelle verwahrte Gegenstände in die Versicherung einbezogen werden. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, daß bestimmte Gegenstände üblicherweise auch außerhalb der Wohnung im engeren Sinn untergebracht werden. Dies ist jedoch eine Ausnahme, weshalb die diesbezüglichen Bestimmungen einschränkend und nicht ausdehnend auszulegen sind. Es kommt also bei der Auslegung nicht darauf an, welche Möglichkeiten der Versicherungsnehmer im einzelnen hat, sondern nur darauf, was außerhalb der Wohnung im allgemeinen untergebracht wird. Nur mit einer solchen Unterbringung muß der Versicherer bei Abschluß der Versicherung rechnen. Dem Sinn der Ausnahmebestimmungen würde es dagegen widersprechen, würde man besonders wertvolle Gegenstände, die nicht in der Wohnung im engeren Sinn untergebracht sind, nur deshalb in die Versicherung einbeziehen, weil der Versicherungsnehmer in seinem Privatinteresse Gegenstände anschafft, für die er über keine entsprechenden Unterbringungsmöglichkeiten verfügt. Dies kann nicht zu Lasten des Versicherers gehen, der sich nicht im Interesse des Versicherungsnehmers ein größeres als das bei Abschluß der Versicherung in Aussicht genommenes Risiko aufdrängen lassen muß. Betrachtet man die wesentlichen Bestimmungen der ABH 1976 unter dem aufgezeigten Gesichtspunkt, so erweist sich die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen als richtig.

Art.4 (1) Abs.1 ABH 1976 hat nur zwei ganz spezielle Arten von Gegenständen zum Inhalt. In ihrem Zusammenhang und Ausbau ist diese Bestimmung als abschließende Regelung anzusehen, weshalb deren Anwendung auf andere Gegenstände ausgeschlossen ist. Was Art.4 Abs.7 ABH 1976 anlangt, kann dahingestellt bleiben, ob eine teure Surfausrüstung überhaupt unter diese Bestimmung fällt. Dort ist zwar die Rede von Sportutensilien, doch ergibt sich aus der Aufzählung sämtlicher dort genannter Gegenstände, daß diese Ausnahmsbestimmung nur Gegenstände geringeren Wertes im Auge hat. Der Sinn dieser Bestimmung liegt darin, daß Wohnungsinhaber im allgemeinen ihre Wohnung nicht mit solchen Gegenständen belasten wollen und daher die Übung besteht, sie außerhalb der eigentlichen Wohnung unterzubringen. Die Versicherungswirtschaft trägt diesem Umstand deshalb Rechnung, weil im Hinblick auf den geringen Wert solcher Gegenstände mit der weniger abgesicherten Lagerung kein allzu großes Risiko für sie verbunden ist. Es ist daher zweifelhaft, ob man diese Bestimmung dahin auslegen könnte, daß unter den Sportutensilien auch Geräte zu verstehen sind, deren Wert einer jüngsten Entwicklung folgend, bei weitem das übersteigt, was bei Herausgabe der ABH 1976 darunter zu verstehen war.

Selbst wenn man aber den gegenteiligen Standpunkt vertreten und eine Surfausrüstung unter Art.4 Abs.7 ABH 1976 einreihen würde, wäre die Rechtsansicht des Klägers nicht zutreffend. Daß gänzlich im Freien gelagerte Gegenstände nicht unter diese Bestimmung fallen, ergibt sich schon aus deren Wortlaut. Es ist nun zweifelsohne richtig, daß sich das Wort "Dachboden" im Hinblick auf zum Trocknen aufgehängte Wäsche nicht auf ein einzelnes Dachbodenabteil beziehen kann. Demgegenüber spricht aber die fragliche Bestimmung ausdrücklich von einem Kellerabteil und nicht vom Keller schlechthin. Ein Abteil ist aber ebenso ein für sich abgeschlossener Raum, wie ein Schuppen. Da das Wort "Schuppen" in der Klammer als Erläuterung des Begriffes "Ersatzraum" steht, kann auch der vorgenannte Begriff (Kellerabteil) nur im Sinne eines abgeschlossenen Raumes verstanden werden. Man wird daher sicher eine gegenüber anderen Räumen abgeschlossene Garage des Versicherungsnehmers unter diese Bestimmung subsumieren können, keinesfalls aber eine Sammelgarage, in der dem Versicherungsnehmer nur ein nicht gänzlich gegenüber anderen Räumen abgeschlossener Platz zur Verfügung steht. Hiebei spielt es keine Rolle, ob auf einem solchen Platz gelagerte Gegenstände nur mit größerer Schwierigkeit entfernt werden können als Gegenstände, die sich in einem Kellerabteil oder in einem Schuppen befinden. Ob mit Ausnahme der zum Trocknen aufgehängten Wäsche der Versicherungsschutz bei Lagerung auf dem Dachboden nur im Falle eines versperrten Dachbodenabteiles oder auch im Falle der Lagerung in einem allen zugänglichen Dachboden besteht, muß hier nicht geklärt werden, weil im vorliegenden Fall keine Lagerung auf einem Dachboden stattgefunden hat. Immerhin wäre es denkbar, die Lagerung auf dem Dachboden deshalb weniger streng zu behandeln, weil erfahrungsgemäß auf einem allgemein zugänglichen Dachboden nur Gegenstände geringen Wertes gelagert werden. Vor allem ist aber zu bedenken, daß der Dachboden eines Hauses von hausfremden Personen so gut wie nie betreten wird und daß auch Einbrecher oder Einschleichdiebe ihre Diebstahlsversuche wegen der dort kaum ins Gewicht fallenden Beute nicht auf den Dachboden erstrecken werden. Die Ansicht, Versicherungsschutz bestünde auch dann, wenn Sachen auf einem nicht versperrten Dachboden gelagert sind, findet im Wortlaut der ABH 1976 keine Deckung.

Auch was das Kellerabteil und sonstige Ersatzräume (Schuppen) anlangt, mag der Bestimmung des Art.4 Abs.7 ABH 1976 der Gedanke zugrundeliegen, daß solche Räume nur selten von hausfremden Personen betreten werden. Wie bereits oben dargelegt wurde, haben die ABH 1976 aber hier nur vom Versicherungsnehmer abgeschlossene Räume zum Gegenstand. Sammelgaragen werden dagegen von hausfremden Personen wesentlich häufiger betreten als die eben aufgezählten Nebenräume. Vor allem ist aber, wie gerade der vorliegende Fall zeigt, die Möglichkeit des Betretens von außen her viel größer als bei Keller- oder Dachbodenabteilen. Eine Einbeziehung derartiger offener Garagen in die Bestimmung des Art.4 Abs.7 ABH 1976 scheidet demnach aus, weil einer solchen Einbeziehung der Zweck dieser Ausnahmebestimmung entgegensteht.

Geht man davon aus, daß auf dem Garagenplatz untergebrachte Gegenstände nicht versichert im Sinne des Art.4 ABH 1976 sind, so kommt es auf die Art der Verwahrung auf solchen Plätzen nicht an. Es ist dann auch unerheblich, ob diese Gegenstände durch Einbruchsdiebstahl oder durch einfachen Diebstahl entfernt worden sind. Infolge grundsätzlichen Fehlens des Versicherungsschutzes hat der Versicherer bei Abhandenkommen solcher Gegenstände keinen Versicherungsschutz zu leisten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E13030

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0070OB00054.87.1210.000

Dokumentnummer

JJT_19871210_OGH0002_0070OB00054_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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