TE OGH 1987/12/15 4Ob396/87

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Veröffentlicht am 15.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** K***

Gesellschaft mbH & Co KG, Schwertberg, Josefstal 10, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und Dr. Dieter Natlacen, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. G. F***

Gesellschaft mbH, Hochwolkersdorf 37, 2. Heinz Peter S***, Angestellter, ebendort, beide vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 18. September 1987, GZ 4 R 167/87-10, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt vom 25. Juni 1987, GZ 1 Cg 411/87-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sache an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen, dem eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Kosten des Prosvisorialverfahrens.

Text

Begründung:

Die Klägerin befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb sogenannter Polylein-Mappen, das sind aus Pappe gefertigte Heftmappen, die mit einer Kunststoffolie überzogen sind. Die Oberfläche der Mappe wird jeweils nach den Wünschen des Kunden bedruckt; dabei werden Firmenaufdrucke und Embleme verwendet. Die Firma S*** aus Linz hat derartige Ringbücher ausschließlich bei der Klägerin bezogen; ihre Mappen waren mit ihrem Firmenwortlaut und einem Firmenemblem bedruckt.

Die Erstbeklagte, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, vertreibt gleichartige Waren und steht daher mit der Klägerin im Wettbewerbsverhältnis.

Ambros S*** hatte - als der im Bereich der Hausverwaltung des Wirtschaftförderungsinstitutes der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich (im folgenden kurz: WIFI) in Linz für den Einkauf Verantwortliche - am 25. März 1987 die Lieferung von 3.000 Polymerck-Ringbüchern ausgeschrieben und sowohl die Klägerin als auch die Erstbeklagte zur Offertlegung eingeladen. Daß auch die Erstbeklagte als Lieferantin in Frage kam, wußte S*** vom Zweitbeklagten, den er noch von dessen Tätigkeit bei der Klägerin her kannte.

Das Offert der Erstbeklagten, das auf "Cellolein-Ringbücher" lautete, war billiger als das Offert der Klägerin, die "Polymerck-Ringbücher" angeboten hatte. Vor Erteilung des Auftrages forderte S*** bei der Erstbeklagten ein Muster des angebotenen Produktes an und erhielt darauf ein Ringbuch mit dem Firmenaufdruck und dem Emblem der Firma S***, Linz. Im Hinblick auf die Qualität des Musters und den angebotenen Preis erhielt die Erstbeklagte den Auftrag und die Klägerin eine Absage. Als S*** im nachhinein bei Kontakten mit Herren der Klägerin erfuhr, daß das von der Erstbeklagten übersandte Muster (Ringbuch) ein Erzeugnis der Klägerin war, telefonierte er mit dem Zweitbeklagten. Dieser gab zu, daß das übersandte Muster kein Erzeugnis der Erstbeklagten sei und die Übersendung auf einem Irrtum beruhe. Vereinbarungsgemäß übersandte sodann der Zweitbeklagte ein neues Ausführungsmuster, und er überbrachte persönlich zwei weitere Muster. Da S*** bei der Überprüfung feststellte, daß die nunmehr übergebenen Muster der Qualität entsprachen, bestand für ihn kein Anlaß, von dem erteilten Auftrag zurückzutreten. Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung bis zur Rechtskraft des Urteils zu verbieten, Heftmappen, die tatsächlich nicht von der Erstbeklagten vertrieben werden, wie "Polymerck-Mappen" der Klägerin, als Muster für von der Erstbeklagten zu liefernde Heftmappen zu begeben (ON 4). Der Zweitbeklagte habe die von der Klägerin stammende Mustermappe ausdrücklich als Erzeugnis der Erstbeklagten bezeichnet; diese Behauptung sei als zu Zwecken des Wettbewerbes gemachte irreführende Angabe über Beschaffenheit und Ursprung (einer Ware) anzusehen. Daß die Beklagten dies später als "Versehen" gerechtfertigt hätten, sei wettbewerbsrechtlich ohne Bedeutung, weil für den Unterlassungsanspruch Verschulden nicht erforderlich sei; auch die Wiederholungsgefahr werde dadurch nicht ausgeschlossen. Der Zweitbeklagte sei für sein Verhalten selbst in Anspruch zu nehmen, da ihm als ehemaligem leitenden Mitarbeiter der Klägerin der Wettbewerbsverstoß habe bewußt sein müssen; außerdem habe er im Interesse des Wettbewerbs der Erstbeklagten gehandelt. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrages. Der Besuch des Zweitbeklagten bei S*** und die Offertlegung seien zunächst ohne Präsentation eines Musters erfolgt. Die Mustermappe mit dem Firmenaufdruck der Firma S*** sei erst auf telefonische Anforderung des Einkäufers S*** ohne Einflußmöglichkeit des Zweitbeklagten oder der Erstbeklagten von einer Angestellten übermittelt worden. Davon hätten beide Beklagten erst durch S*** Kenntnis erlangt. Die Beklagten hätten keine bewußten Handlungen zwecks Übersendung eines unrichtigen Musters vorgenommen, sondern nach Kenntnis aufgetretener Fehler sofort eine richtige Mustermappe übergeben. Der Zweitbeklagte habe von der Übersendung nichts gewußt; er habe den Sachverhalt nachher sofort aufgeklärt und für die Übermittlung richtiger Mustermappen gesorgt. Die bloße Übersendung einer unrichtigen Mappe durch eine Angestellte ohne Wissen des Geschäftsführers sei keine Handlung zu Zwecken des Wettbewerbes und keine Irreführung über geschäftliche Verhältnisse; auch fehle jede Wiederholungsgefahr. Alle Ringbücher und Mappen, aus welcher Produktion in Europa auch immer sie stammten, sähen völlig identisch aus. Keine der Mappen trage irgendwelche Herkunftsbezeichnungen; ihre Herkunft sei nicht einmal für einen Fachmann bei eingehender Besichtigung feststellbar. Aus diesem Grund sei eine Irreführung durch Übersendung der von der Klägerin herrührenden Mappe gar nicht möglich; jedenfalls werde kein relevanter Irrtum hervorgerufen.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen, von ihm als bescheinigt erachteten Sachverhalt rechtlich wie folgt:

Die Beklagten hätten im Rahmen ihres Anbotes auf Lieferung von Mappen ein Muster übersandt, das weder auf ihrer Erzeugung noch aus ihrem Betrieb gestammt habe, sondern ein Erzeugnis der Klägerin für ihren Kunden S*** gewesen sei. Im Hinblick auf § 18 UWG sei es unerheblich, ob diese Mustermappe nur irrtümlich von einer Angestellten der Erstbeklagten übersandt worden war; für den Unterlassungsanspruch sei es ohne Bedeutung, ob die Übersendung mit oder ohne Wissen der Beklagten geschehen sei, weil die Unternehmerhaftung für die Unterlassung eine Erfolgshaftung sei. Da das von der Erstbeklagten zu ihrem Offert übersandte Muster nicht aus ihrer Erzeugung oder ihrem Vertrieb gestammt habe, hätte sie eine diesem Muster genau entsprechende Ware gar nicht liefern können. Die Beklagten hätten demnach gegen § 2 UWG verstoßen. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige; in der Begründung seines Beschlusses führte es hingegen aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof nicht zuzulassen gewesen sei, weil keinerlei Rechtsfragen des materiellen Rechtes oder des Verfahrensrechtes von erheblicher Bedeutung zu lösen gewesen seien. Die Klägerin habe ausdrücklich behauptet, der Zweitbeklagte habe bei seiner Vorsprache im WIFI Linz eine Mustermappe präsentiert und als Erzeugnis der Erstbeklagten bezeichnet, obgleich sie von der Klägerin gestammt habe. Die Klägerin habe aber niemals vorgebracht, daß die Mustermappe nachträglich auf Verlangen S*** übersandt worden sei; zur Begründung der Haftung des Zweitbeklagten habe sie lediglich darauf verwiesen, daß er Geschäftsführer der Erstbeklagten sei. Demgegenüber habe das Erstgericht unter anderem festgestellt, daß S*** vor der Auftragserteilung bei der Erstbeklagten ein Muster des angebotenen Produktes angefordert habe und daraufhin ein Ringbuch mit dem Firmenaufdruck und dem Emblem der Firma S*** bekommen habe. Diese Feststellung habe die Klägerin nicht bekämpft. nach § 389 Abs 1 EO habe die Klägerin im Sicherungsantrag den von ihr behaupteten Anspruch genau zu bezeichnen und die den Anspruch begründenden Tatsachen im einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen und zu bescheinigen. Voraussetzung dafür, daß ein Gericht zu der Frage, ob ein Anspruch ausreichend bescheinigt sei, Stellung zu nehmen habe, sei, daß die Klägerin überhaupt die erforderlichen Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin ihre konkrete Tatsachenbehauptung - daß nämlich der Zweitbeklagte selbst die von der Klägerin stammende Mustermappe als solche der Erstbeklagten ausgegeben habe - nicht bescheinigt; das Erstgericht habe dies auch nicht festgestellt. Bei dieser Situation sei es dem Gericht verwehrt, einen anderen Sachverhalt festzustellen, der im Vorbringen der Klägerin keine Grundlage finde, und sodann eine einstweilige Verfügung zu erlassen; der Sicherungsantrag müsse vielmehr abgewiesen werden, weil die Behauptungen der Klägerin die Grenzen seien, in deren Rahmen zu prüfen sei, wie weit eine einstweilige Verfügung erlassen werden könne. Eine richterliche Anleitungspflicht bestehe im Provisorialverfahren nicht. Schon aus diesem Grunde sei dem Rekurs der Beklagten Folge zu geben und der angefochtene Beschluß im Sinn einer Abweisung des Sicherungsantrages abzuändern gewesen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt wird; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten beantragten, den "außerordentlichen" Revisionsrekurs zurückzuweisen, allenfalls ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Das Gericht zweiter Instanz hat im Spruch seiner Entscheidung den von der Abänderung betroffenen Streitgegenstand mit mehr als S 300.000,-- bewertet; folgerichtig (§ 502 Abs 4 Z 2, § 528 Abs 2 ZPO, §§ 78, 402 Abs 2 EO) hat es - im Spruch seines Beschlusses - einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rekurses nach § 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO, §§ 78, 402 Abs 2 EO unterlassen. Auf die demnach überflüssige Begründung für den - in Wahrheit gar nicht vorhandenen - Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ist nicht Bedacht zu nehmen; das Rechtsmittel der Klägerin ist vielmehr als ein mit Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes unbedingt zulässiger Revisionsrekurs zu behandeln (Fasching, LB Rz 2025). Den Rechtsmittelausführungen der Klägerin ist darin beizupflichten, daß der vom Rekursgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht vorliegt:

Der vom Erstgericht als bescheinigt angenommene Sachverhalt widerspricht dem Tatsachenvorbringen der Klägerin nur in einem Punkt: Die Klägerin hat behauptet, der Zweitbeklagte habe nach der Ausschreibung des Ankaufs von Ringbüchern durch das WIFI Linz bei dessen Einkäufer, Ambros S***, vorgesprochen und dabei eine Mustermappe präsentiert, die den Aufdruck und die Embleme der Firma S*** getragen habe (ON 1 S. 2); das Erstgericht hat hingegen als bescheinigt angenommen, daß S*** nach dem Empfang des Offerts der Erstbeklagten und vor der Auftragserteilung bei der Erstbeklagten ein Muster des angebotenen Produktes angefordert und darauf die Mappe mit dem erwähnten Aufdruck erhalten habe (ON 6 S. 29).

Die Frage, bei welcher Gelegenheit vor der Auftragserteilung diese Mustermappe dem Einkäufer des WIFI Linz zugekommen ist, hat jedoch keinerlei rechtliche Bedeutung; auch die Haftung des Zweitbeklagten hängt nicht davon ab, ob er das von der Klägerin stammende Muster bei einer persönlichen Vorsprache übergeben oder später übersandt hat. Weicht der festgestellte Sachverhalt in einem unerheblichen Punkt von den Behauptungen der Partei ab, welche die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrt, so rechtfertigt dies nicht die Abweisung ihres Antrages. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung geht im übrigen auch nicht über das Vorbringen der Parteien hinaus, sondern entspricht in diesem Belang den Behauptungen der Beklagten (ON 3 S. 10 und 11). Darüber, mit wem S*** telefoniert hat, als er ein Muster der Erstbeklagten anfordern wollte, und wer dann das Muster mit dem Aufdruck der Firma S*** an das WIFI Linz übersandt hat, hat das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, weil es der Rechtsmeinung war, im Hinblick auf §§ 2 und 18 UWG komme es nicht darauf an, ob die Übersendung - wie die Beklagten behauptet hatten (ON 3 S. 11) - irrtümlich durch eine Angestellte der Erstbeklagten oder - wie es dem Standpunkt der Klägerin entspräche - vorsätzlich durch den Zweitbeklagten selbst, zumindest aber mit seinem Wissen und Willen geschehen sei.

Dem Rekursgericht kann auch darin nicht gefolgt werden, daß die Klägerin die Haftung des Zweitbeklagten ausschließlich damit begründet hätte, er sei Geschäftsführer der Erstbeklagten, hat doch die Klägerin vorgebracht, der Zweitbeklagte habe selbst dem WIFI Linz die in Wahrheit von der Klägerin herrührende Mappe übergeben, was ihm als Wettbewerbsverstoß habe bewußt sein müssen (ON 1 S. 3). Daß der Zweitbeklagte diese Mappe nicht selbst dem WIFI übersandt oder einer Angestellten den Auftrag zur Übersendung erteilt hätte, hat das Erstgericht - wie schon erwähnt - nicht als bescheinigt angenommen. Der Sicherungsantrag ist daher auch in Ansehung des Zweitbeklagten noch nicht zur Entscheidung im Sinne der Abweisung reif. Selbst wenn das Erstgericht festgestellt hätte, daß nicht der Zweitbeklagte, sondern eine Angestellte der Erstbeklagten dem WIFI Linz die Mustermappe mit dem Aufdruck der Firma S*** übermittelt hat, könnte auch das noch nicht die Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung rechtfertigen, weil dies - wie das Erstgericht zutreffend erkannt

hat - grundsätzlich noch keinen rechtlichen Unterschied ausmachen würde. Die Klägerin hat im übrigen noch im Provisorialverfahren klargestellt, daß sie ihren Anspruch nicht nur aus einer Handlung des Zweitbeklagten persönlich abgeleitet wissen will, sondern ihn auch dann aufrechthält, wenn die Tatsachenbehauptungen der Beklagten zutreffen sollten (ON 4).

Die Rechtssache ist aber auch nicht im Sinne der Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung spruchreif:

Die Beklagten haben sich damit verantwortet, daß die Angestellte Sabine S*** - auf deren Vernehmung sie sich berufen haben (ON 3 S. 12) - die mehrfach erwähnte Mappe auf Grund der telefonischen Anforderung des Einkäufers Ambros S*** ohne Einflußmöglichkeit beider beklagter Parteien übermittelt habe; davon hätten sie erst durch den Hinweis S*** erfahren. Es fehle die Wiederholungsgefahr (ON 3 S. 13). Diesem Vorbringen kommt - entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichtes und der Klägerin - rechtliche Bedeutung zu: Es trifft zwar zu, daß der Inhaber eines Unternehmens - wie die Erstbeklagte - wegen einer (ua) nach § 2 UWG unzulässigen Handlung auch dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn die Handlung im Betrieb des Unternehmens von einer anderen Person - wie etwa einer Angestellten - begangen worden ist. Richtig ist auch, daß der Unterlassungsanspruch nach § 2 Abs 1 UWG ein Verschulden dessen, der die zur Irreführung geeigneten Angaben gemacht hat, nicht voraussetzt. Zu beachten ist aber, daß bei Unterlassungsklagen gegen den Unternehmensinhaber wegen Handlungen anderer in seinem Betrieb die Anforderungen an den Nachweis der Beseitigung der Wiederholungsgefahr minder streng sein können (SZ 13/73); die Wiederholungsgefahr kann hier unter Umständen auch schon dann verneint werden, wenn der Wettbewerbsverstoß bloß auf einem Irrtum beruht (4 Ob 345/85, vgl. Schönherr, Grundriß Rz 507.5). Nach dem Vorbringen der Beklagten ist aber die Übersendung der von der Klägerin erzeugten Mustermappe auf einen Irrtum einer Angestellten der Erstbeklagten zurückzuführen. Sollte dies zutreffen, dann wäre angesichts des weiteren vom Erstgericht festgestellten Verhaltens des Zweitbeklagten die Wiederholungsgefahr zu verneinen: Der Zweitbeklagte hat vom Irrtum der Angestellten in Kenntnis gesetzt, sogleich erklärt, daß das übersandte Muster nicht von der Erstbeklagten stamme und die Übersendung irrtümlich erfolgt sei; überdies übersandte er dem WIFI ein neues Ausführungsmuster und überbrachte zwei weitere persönlich. Andere Aufklärungsmaßnahmen waren in dieser Lage nicht notwendig, zumal weder behauptet noch bescheinigt wurde, daß jemand anderer als der Einkäufer S*** durch die Übersendung der Mustermappe mit dem Aufdruck der Firma S*** in Irrtum geführt worden wäre. Daß sich ein gleichartiger Irrtum - allenfalls durch eine Angestellte - wiederholen könnte, ist äußerst unwahrscheinlich.

Auch der Umstand, daß die Beklagten nicht nur das Fehlen der Wiederholungsgefahr geltend gemacht, sondern auch andere Einwände erhoben haben, könnte in diesem Fall die Annahme der Wiederholungsgefahr nicht rechtfertigen: Zwar gibt derjenige, der seine Handlung im Prozeß verteidigt und weiterhin ein Recht zu diesem Verhalten behauptet, in der Regel schon dadurch zu erkennen, daß es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (ÖBl. 1982, 24; ÖBl. 1985, 140 uva). Die Behauptung der Beklagten, das von der Klägerin erwähnte österreichische Patent sei gelöscht worden (ON 3 Punkt 4.), ist aber ebenso wie jene, daß die von ihrer Angestellten an das WIFI übersandte Mappe nicht von der Klägerin erzeugt worden sei (ON 3 Punkt 7.), rechtlich unerheblich; sie sollte offenbar nur der Abwehr des eingeklagten Unterlassungsanspruches dienen, nicht aber das Verhalten der Beklagten rechtfertigen. Diese Absicht haben die Beklagten auch nicht mit ihrem Einwand verfolgt, daß alle Ringbücher und Mappen völlig identisch aussähen und ihre Herkunft auch für den Fachmann nicht erkennbar sei (ON 3 Punkt 5.); auch in diesem Zusammenhang lag das Schwergewicht ihrer Ausführungen dem Hinweis darauf, daß nicht bewußt ein unrichtiges Muster übersandt worden sei

(ON 3 Punkt 6. u. 8.).

Die Vorinstanzen haben auch darüber keine ausdrückliche Feststellung getroffen, ob die Mappen beider Streitteile tatsächlich völlig identisch und ununterscheidbar sind, wenngleich die Rechtsausführungen des Erstgerichtes offenbar davon ausgehen, daß sich die Ringbücher der Streitteile sehr wohl unterscheiden. Sollte die Behauptung der Beklagten aber zutreffen, dann könnte durch die von der Klägerin beanstandete Übersendung tatsächlich kein beachtlicher Irrtum - dh ein Irrtum, der geeignet ist, den Entschluß des angesprochenen Interessenten, sich mit dem Angebot näher zu befassen, irgendwie zugunsten des Angebotes zu beeinflussen (MuR 1987, 181 mwN) - hervorgerufen worden sein.

Nur der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, daß die Übersendung eines Musters als Ergänzung zu einem Angebot eine Angabe im Sinne des § 2 Abs 1 UWG enthält, wird doch damit schlüssig zum Ausdruck gebracht, daß eine Ware, die dem Muster entspricht, geliefert werden könne (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht14 Rz 18 zu § 3 dUWG).

Da sohin nicht alle für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen getroffen wurden, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und dem Erstgericht unter Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse die Ergänzung des Verfahrens sowie die Fällung einer neuen Entscheidung aufzutragen. Das Gericht erster Instanz wird - neben der Berücksichtigung der Urkunden- und Augenscheinsgegenstände - vor allem auch die Zeugin Sabine S*** (ON 3 S. 12) und den Zweitbeklagten (ON 3 S. 13) zu vernehmen haben. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf

§ 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 2 EO.

Anmerkung

E12801

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0040OB00396.87.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19871215_OGH0002_0040OB00396_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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