TE OGH 1987/12/18 6Ob690/87

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Veröffentlicht am 18.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei

R*** T***, reg. Genossenschaft mbH, 5660 Taxenbach, Markt 119, vertreten durch Dr. Franz Linsinger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wider die beklagten Parteien 1) Jakob P***, Schul- und Objekteinrichtungen, 2) Christine P***, Angestellte, beide 5660 Taxenbach, Taxenberg Nr. 33, beide vertreten durch Dr. Fritz Krissl, Rechtsanwalt in Bischofshofen, wegen 955.521,97 S sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23. Juni 1987, GZ 2 R 29/87-11, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 21. Oktober 1986, GZ 13 Cg 210/86-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 18.702,26 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.700,20 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin räumte dem Erstbeklagten am 3. September 1981 einen von ihr am 6. Oktober 1981 bewilligten Geschäftskredit in Höhe von 250.000 S ein. In der Folge teilte der Erstbeklagte der Klägerin mit, daß er einen Großauftrag im Rehabilitationszentrum Großgmain (West) erhalten habe. Voraussetzung für die endgültige Auftragszusage der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** an den Erstbeklagten war aber, daß dieser eine Bankgarantie zu erbringen hatte, weil ihn die Auftraggeberin mit einer Akontozahlung von 900.000 S bevorschußte und daher eine Bankgarantie als Sicherheit für die ordnungs- und auftragsgemäße Arbeitsdurchführung benötigte. Die Klägerin erklärte sich gegenüber dem Erstbeklagten bereit, die von seiner Auftraggeberin geforderte Bankgarantie zu übernehmen. Auf Grund eines Haftungsantrages des Erstbeklagten vom 6. Dezember 1983 wurde am 9. Mai 1984 zwischen ihm und der Klägerin ein von dieser am 27. Juni 1984 bewilligter (weiterer) Kreditvertrag mit einem Höchstbetragshaftungsrahmen von 1,4 Mio S abgeschlossen. Die Zweitbeklagte trat beiden Kreditverträgen als Bürge und Zahler bei.

Die Klägerin stellte der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** mit Schreiben vom 6. Dezember 1983 ein Anbot für die Übernahme der Bankgarantie wie folgt:

"...... Im Auftrag der genannten Firma" (gemeint nach dem vorangehenden Text: jene des Erstbeklagten) "übernehmen wir hiemit diese Haftung und verpflichten uns, Ihnen im Rahmen des vorerwähnten Höchstbetrages" (nach dem vorangehenden Text: 900.000 S) "und innerhalb der Haftungsdauer alle Beträge, welche Sie gegen obige Firma aus dem genannten Titel" (nach dem vorangehenden Text: "Auftrag am BV Rehab Großgmain") "geltend machen sollten, ohne Prüfung des Rechtsgrundes und ohne Einwände binnen acht Tagen zu vergüten. Die Auszahlung des angeforderten Betrages erfolgt unter Ausschluß jeder Barzahlung durch Überweisung."

Die Haftung der Klägerin sollte spätestens bis einschließlich 31. Dezember 1984 erlöschen.

Nachdem dieses Bankgarantieanbot an die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** übermittelt worden war, überwies diese an die Klägerin auf das Geschäftskreditkonto des Erstbeklagten einen Betrag von 810.810 S, welcher auf diesem Konto vereinbarungsgemäß verbucht wurde. Somit war die Bankgarantie, welche für diese Überweisung die Bedingung darstellte, für die Klägerin perfekt. Die Klägerin setzte sich sodann ständig mit der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** in Verbindung und informierte sich hinsichtlich des Baufortschrittes. Gegen Ende 1984 geriet der Erstbeklagte mit seinen Arbeiten in Verzug. Dipl.Ing. W*** von der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** war der Ansicht, daß diese Verzögerung unerheblich sei, da "14 Tage keine erhebliche Rolle spielten". Mit einem weiteren Anruf machte Dipl.Ing. W*** der Klägerin von der Feststellung Mitteilung, daß die Arbeiten des Erstbeklagten mangelhaft durchgeführt worden seien. Für die Klägerin war nun klar, daß sie auf Grund der Bankgarantie die Haftsumme leisten müsse. Die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** entzog dem Erstbeklagten den Auftrag zur Gänze.

In weiterer Folge erreichte die Klägerin folgendes Fernschreiben

(der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A***) vom 21. Dezember 1984:

"Wir nehmen die oben genannte Garantie interessewahrend in Anspruch, bitten sie jedoch, vorläufig nicht Zahlung zu leisten. Sollte bis zum 4. Jänner 1985 ...... eine Verlängerung nicht vorliegen, so ersuchen wir Sie, den Betrag von 900.000 S auf unser Konto Nr. 213100800/00 bei der O*** L*** zu

überweisen.

Hochachtungsvoll

Der Oberbuchhalter

i.V. K***".

Der Erstbeklagte wurde von diesem Fernschreiben verständigt. Die Klägerin führte daraufhin Verhandlungen mit der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** und versuchte, sowohl eine Stundung der Forderung als auch eine Reduktion der Haftsumme zu erreichen, was beides gelang. Dabei telefonierte die Klägerin mit Dipl.Ing. W***, der sie zum Teil auf andere Angestellte (der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A***) verwies, mit denen dann Gespräche geführt wurden. Möglicherweise sprach die Klägerin auch mit dem Oberbuchhalter (zu ergänzen wohl: und/oder) K***. Die Forderung wurde gestundet und die Haftsumme um ca. 90.000 S plus 25.000 S an Zinsen (im Berufungsurteil offenbar irrig: "25 S") gekürzt. Die Klägerin hoffte, daß eine Abrechnung zwischen dem Erstbeklagten und der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** zustandekommen werde, da der Erstbeklagte wegen bereits geleisteter Arbeiten eine Gegenforderung geltend machen könne und sie dann nur mehr einen Restbetrag an die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** zu zahlen hätte.

Eine Verlängerung der Garantiefrist erfolgt jedoch nicht. Der Klägerin gelang es immer nur, die Zahlungsfrist Monat für Monat hinauszuschieben. Am 13. März 1985 überwies sie schließlich einen Betrag von 810.810 S als Haftung aus der Bankgarantie, da die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** einer weiteren Stundung nicht mehr zustimmte.

Der Erstbeklagte legte der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** gegenüber eine mit 1. März 1985 datierte Rechnung, die jedoch nach der erfolgten Außerstreitstellung der Klägerin nicht bekanntgegeben wurde, welcher er bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Bankhaftung seinen (gemeint wohl: künftigen Anspruch auf) Auftragserlös gegenüber der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** urkundlich zediert hatte (ON 6; AS 36). Die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** leistete keine Zahlung. Der Erstbeklagte wurde mehrmals von der Klägerin zur Zahlung gemahnt. Es wurde ihm auch das Geschäftskreditkonto aufgekündigt und der Kredit zur Zahlung fällig gestellt. Die Klägerin begehrte mit der Behauptung, durch die Leistung aus der von ihr auftragsgemäß übernommenen Bankgarantie an die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** seien die beiden dem Erstbeklagten gewährten Kredite passiv geworden, dieser habe trotz mehrmaliger Mahnungen und erfolgter Fälligstellung des Kredites keine Zahlungen geleistet, die Zahlung von letztlich 955.521,97 S sA. Die beiden Beklagten stellten das Klagebegehren samt Zinsen der Höhe nach außer Streit (ON 6; AS 34), hielten diesem aber dem Grunde nach entgegen, die Klägerin habe den Haftbetrag aus der Bankgarantie vertrags- und vereinbarungswidrig an die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** ausgezahlt. Der Abruf der Bankgarantie durch ein bloßes Fernschreiben sei unwirksam gewesen, weil die Garantieerklärung der Klägerin hiefür ausdrücklich die Schriftform als Erfordernis postuliert habe. Weiters habe dieses Fernschreiben offensichtlich nur von einem Angestellten der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** und nicht von einem "firmenmäßig Zeichnungsberechtigten" gestammt. Schließlich sei mit diesem Fernschreiben die Garantiesumme gar nicht rechtsverbindlich abberufen worden, weil in der Bankgarantie die Haftung der Klägerin mit 31. Dezember 1984 befristet gewesen sei, im Fernschreiben aber auf eine solche Zahlung innerhalb der Garantiefrist ausdrücklich verzichtet worden sei.

Demgegenüber verwies die Klägerin darauf, daß für die Anforderung der Garantiesumme weder zwischen den Streitteilen noch zwischen ihr und der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** Schriftlichkeit vereinbart worden sei. Ebensowenig habe der Garantievertrag eine Regelung darüber enthalten, wer seitens des Begünstigten abrufen dürfe. Zu einer späteren Auszahlung der Garantiesumme sei es nur deshalb gekommen, weil zwischen der Klägerin und der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** im Interesse der Beklagten Verhandlungen zwecks Reduktion der Garantiesumme stattgefunden hätten. Die Klägerin habe aber keine Wahl gehabt und nur entweder zahlen oder sich unter Verzicht auf die Verfristungseinrede auf Verhandlungen einlassen müssen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und folgerte daraus in rechtlicher Hinsicht, die Bankgarantie der Klägerin sei mit dem Fernschreiben vom 21. Dezember 1984 formgerecht und rechtzeitig abberufen worden. Die begünstigte PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** habe darin lediglich eine "Gnadenfrist" eingeräumt, was aber nichts an der Fälligkeit der abberufenen Garantiesumme ändere. Von dem Fernschreiben sei auch der Erstbeklagte als Garantieauftraggeber verständigt worden. An diesem Ergebnis ändere es auch nichts, daß das Fernschreiben nur vom Oberbuchhalter der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** gezeichnet gewesen sei, weil die Garantiesumme dieser Begünstigten tatsächlich zugekommen und daher von der Klägerin keine Schutznorm verletzt worden sei. Darüber hinaus sei ihre Inanspruchnahme auch durch die folgenden Telefongespräche bestätigt worden. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und erachtete auch dessen rechtliche Beurteilung im wesentlichen als zutreffend. Es führte aus, entgegen den Prozeßbehauptungen der Beklagten sei für den Abruf der Bankgarantie keineswegs die Schriftform vereinbart worden. In einem solchen Fall genüge auch die telefonische oder sonstige mündliche Inanspruchnahme der Bankgarantie. Der garantierenden Bank obliege im Rahmen ihrer Prüfungspflicht über das Vorliegen der Voraussetzungen der Inanspruchnahme neben der Prüfung der Form des Abrufes auch dessen Legitimationsprüfung. Da auch hierüber die Garantieurkunde keinerlei Einschränkungen enthalte, sei für die Vertretungsbefugnis der begünstigten juristischen Person des öffentlichen Rechtes die Bestimmung des § 436 ASVG maßgeblich. Die Streitteile hätten aber insbesondere Dipl.Ing. W*** als vertretungsbefugt angesehen. Eine mangelnde Vertretungsmacht des Oberbuchhalters bzw. dessen Vertreters (K***) sei daher entweder durch Dipl.Ing. W*** schlüssig genehmigt und damit saniert worden, oder dadurch, daß sich die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** durch die Annahme des überwiesenen Haftbetrages den Vorteil zugewendet habe. Im übrigen sei das Fernschreiben vom 21. Dezember 1984 als Abruf mit der Aufforderung zur Zahlung oder zur rechtzeitigen Verlängerung der Garantiefrist ("extend or pay") zu verstehen. Da die anschließenden Verhandlungen mangels Zustimmung des Erstbeklagten zu keiner Verlängerung der Garantiefrist geführt hätten, habe die Klägerin den abgerufenen (richtig wohl: den durch die nachfolgenden Verhandlungen der Klägerin verminderten) Garantiebetrag an den Begünstigten bezahlen müssen.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung.

Die Klägerin stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagten kommen auf den von ihnen in erster Instanz erhobenen Einwand, das Fernschreiben der PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** vom 21. Dezember 1984 habe der in der Garantieerklärung der Klägerin vorgesehenen Schriftform für den Abruf der Bankgarantie nicht entsprochen, nicht mehr zurück. Es genügt daher, zu diesem Punkt auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteiles zu verweisen, denen zufolge den Beklagten der Beweis für die behauptete Vereinbarung der Schriftform des Abrufes im Garantievertrag nicht gelungen ist, weshalb jedenfalls auch ein fernschriftlicher Abruf ausreichend und wirksam erfolgen konnte. Die Beklagten beharren jedoch weiterhin auf ihrer Rechtsmeinung, das Abruf-Fernschreiben sei schon deshalb unwirksam gewesen, weil es von keiner für den begünstigten Sozialversicherungsträger vertretungsbefugten Person stamme und eine allfällige Genehmigung durch diesen erst nach dem kalendermäßig mit 31. Dezember 1984 bestimmten Verfalldatum der Bankgarantie erfolgt sei. Da in dem Fernschreiben der Klägerin für die Beibringung einer verlängerten Bankgarantie eine Frist bis 4. Jänner 1985 und damit eine solche über das Verfalldatum der ursprünglichen Bankgarantie hinaus gesetzt worden sei, könne auch weder von einem rechtzeitigen Abruf noch von einer Aufforderung zu einer rechtzeitigen Verlängerung der Garantiefrist die Rede sein.

Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß die Garantieerklärung der Klägerin bis (einschließlich) 31. Dezember 1984 befristet war. Da die Inanspruchnahme der Garantie, die hier bereits mit der Überweisung der Akontozahlung von 810.810 S auf das Geschäftskonto des Erstbeklagten bei der Klägerin durch die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** von dieser angenommen worden war, eine Willensmitteilung ist, bedurfte sie zu ihrer Wirksamkeit des Zuganges (§ 862 a ABGB). Für die Fristwahrung

war demnach der Zugang beim Garanten (= der Klägerin) maßgebend

(RdW. 1987, 123 = WBl 1987, 63 = BankArch. 1987, 263 mwN), welcher

mit dem Fernschreiben vom 21. Dezember 1984 an diesem Tage - und damit noch innerhalb der Garantiefrist - erfolgte. Die vorliegende Bankgarantie enthält zwar nicht die Klausel der "Zahlung auf erstes Anfordern", doch die ihr gleichzuhaltenden Zusätze der Vergütung aller vom Begünstigten geltend gemachten Beträge "ohne Prüfung des Rechtsgrundes und ohne Einwände" (vgl. Zahn-Eberding-Ehrlich, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel6 Rz 9/19). Damit wurde deutlich hervorgehoben, daß der Begünstigte im Garantiefall der Bank gegenüber sein auf die Garantie gestütztes Zahlungsverlangen nur unmißverständlich zum Ausdruck bringen muß, um die Fälligkeit der Leistung aus der Bankgarantie herbeizuführen. Eine darüber hinausgehende Erklärungspflicht bestand jedoch mangels dahingehender Vorschrift im Garantietext für den Begünstigten nicht. Er war insbesondere nicht gehalten, etwa substantiiert die Gründe darzulegen, die ihn dazu bewogen haben, auf die Bankgarantie zurückzugreifen (Zahn-Eberding-Ehrlich aaO Rz 9/20; Canaris, Großkomm. HGB3 III/3, 2. Bearbeitung, Rz 1126; Graf von Westphalen,

Die Bankgarantie im internationalen Handelsverkehr, 123 f). Für die ordnungsgemäße Inanspruchnahme jeder Bankgarantie ist es aber nicht nur ein unerläßliches Erfordernis, daß diese fristgerecht erfolgt, sondern daß sie auch vom Begünstigten herrührt. Insoweit besteht grundsätzlich eine Verpflichtung der garantierenden Bank zur Vornahme einer Legitimationsprüfung (Zahn-Eberding-Ehrlich aaO Rz 9/108; Graf von Westphalen aaO, 110 ff). In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht zutreffend erkannt, daß die hier begünstigte PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** als Sozialversicherungsträger zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechtes gehört (Koziol-Welser, Grundriß, I8 64; Korinek in Tomandl, System des Österreichischen Sozialversicherungsrechts 4. 1. 3./A). Soweit sie mit dem Erstbeklagten einen Werkvertrag betreffend das Bauvorhaben Rehabilitationszentrum Großgmain und mit der Klägerin den Garantievertrag geschlossen hat, fiel dies ebenso in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung wie ein allfälliger Abruf der Bankgarantie (vgl. Korinek aaO 4. 1. 5./C). Gesetzlicher Vertreter eines Sozialversicherungsträgers ist gemäß § 436 Abs 2 ASVG der Vorstand, welcher jedoch einzelne seiner Agenden engeren Ausschüssen oder dem Obmann allein, sowie die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten auch dem Büro des Versicherungsträgers übertragen kann (Tomandl, Grundriß des Österreichischen Sozialversicherungsrechts Rz 251). Neben dieser organschaftlichen Vertretung eines Sozialversicherungsträgers besteht aber wie bei anderen juristischen Personen auch hier die Möglichkeit der Vertretung durch sonstige Personen, die von den satzungsgemäß berufenen Organen dazu rechtsgeschäftlich bevollmächtigt wurden (Koziol-Welser, Grundriß, I8, 157 f). Daraus folgt für den vorliegenden Fall bereits die Unbeachtlichkeit des von den Beklagten erhobenen Einwandes:

Diese haben weder behauptet, der Abruf der Bankgarantie sei etwa im Hinblick auf den zwischen dem Erstbeklagten und dem begünstigten Sozialversicherungsträger abgeschlossenen Werkvertrag rechtsmißbräuchlich erfolgt, noch, daß dieser Abruf gar nicht dem wahren Willen des begünstigten Sozialversicherungsträgers entsprochen hätte, sondern einzig und allein, er sei deshalb nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil er nicht von einem "firmenmäßig Zeichnungsberechtigten" des Begünstigten gestammt habe. Selbst wenn der den fernschriftlichen Abruf vom 21. Dezember 1984 im Namen der begünstigten PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** veranlassende "Oberbuchhalter" bzw. in dessen Vertretung der im Fernschreiben genannte "K***" keine organschaftlichen Vertreter im Sinne des § 436 Abs 1 bis 3 ASVG gewesen sein sollten, so wäre deren rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung durch ein satzungsgemäß berufenes Organ noch keineswegs ausgeschlossen. Abgesehen davon, hätte sich die Klägerin in diesem Fall lediglich sofort durch telegrafische oder fernschriftliche (möglicherweise auch telefonische) Rückfrage beim Begünstigten über das Bestehen einer ordnungsgemäßen Vertretungsbefugnis vergewissern müssen (Graf von Westphalen aaO 111 und 148 f), sodaß der Sozialversicherungsträger jedenfalls noch vor Ablauf des Verfalldatums in der Lage gewesen wäre, den beanstandeten Mangel - etwa durch eine Bescheinigung der Aufsichtsbehörde im Sinne des § 436 Abs 4 ASVG oder durch Bekanntgabe der rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung - zu heilen. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht aber darüber hinaus die ergänzende Feststellung getroffen, daß das Garantieanbot der Klägerin - insoweit dem Haftungsantrag des Erstbeklagten folgend - an die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** "zu Handen

Dipl.Ing. W***" gerichtet war (Beilagen A und D). Sowohl für die Klägerin als auch für den Erstbeklagten als Garantieauftraggeber mußte daher Dipl.Ing. W*** in der Angelegenheit des Werkvertrages und des Bankgarantievertrages die für die PENSIONSVERSICHERUNGSANSTALT DER A*** vertretungsbefugte Person gewesen sein. Mit diesem wurden aber in der Folge nach den Feststellungen unter anderem auch die telefonischen Verhandlungen der Klägerin wegen der Stundung und der Herabsetzung der Haftsumme geführt, wodurch in jedem Falle eine Genehmigung des Garantieabrufes im Sinne des § 1016 ABGB herbeigeführt worden wäre, weil durch dieses nachfolgende Verhalten des Dipl.Ing. W*** mit der von der Rechtsprechung hiefür geforderten Klarheit erkennbar war, daß der Abruf der Bankgarantie vom 21. Dezember 1984 dem Willen des begünstigten Sozialversicherungsträgers entsprochen hat und dies zugleich von der Klägerin nur als Genehmigung der Vertretungshandlungen des Oberbuchhalters bzw. des Bediensteten K*** für diesen im Sinne des § 1016 ABGB aufgefaßt werden konnte (Koziol-Welser, Grundriß, I8, 167; vgl. auch JBl 1987, 60). Das von den Beklagten aufgeworfene Legitimationsproblem macht daher den fernschriftlichen Abruf der Bankgarantie nicht ordnungswidrig. Dasselbe gilt aber auch für die von ihnen aus dem Wortlaut des Abrufes und der erst am 13. März 1985 erfolgten Überweisung der (verminderten) Garantiesumme abgeleiteten Unwirksamkeit der Inanspruchnahme der Klägerin durch den Begünstigten. Dieser hat die Klägerin aus ihrer Garantie unmißverständlich "interessewahrend in Anspruch genommen" und lediglich darum gebeten, vorläufig noch keine Zahlung zu leisten; die Überweisung der Garantiesumme möge vielmehr erst erfolgen, wenn bis zum 4. Jänner 1985 eine Verlängerung der Garantie nicht vorliegt. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß damit der Begünstigte vor Fristablauf die Zahlung der Garantiesumme verlangt hat, falls der Garant nicht bereit sein sollte, die Laufzeit der Garantie zu verlängern. Diese Form des Abrufes ist in der Praxis als "extend or pay" bekannt. Soferne es sich hiebei - wie hier - um eine auf erstes Anfordern hin zahlbare Bankgarantie handelt, die keine weitergehenden Zahlungsvoraussetzungen enthält, ist - wenn der Garantieauftraggeber der geforderten Fristverlängerung nicht zustimmt - die Garantiebank verpflichtet, die Garantie zu honorieren. Eine Zahlungsverweigerung kommt in diesen Fällen ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht in Betracht (Zahn-Eberding-Ehrlich aaO Rz 9/110; Graf von Westphalen aaO 180). Nur wenn eine Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Bankgarantie zustande gekommen wäre, was aber auch der Zustimmung des Erstbeklagten als Garantieauftraggeber bedurft hätte (Moschner in BankArch. 1987, 161), wäre die vorsorgliche Inanspruchnahme in Wegfall gekommen, ohne daß es einer besonderen Regelung bedurft hätte (Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 II 322). Nach dem Text der Bankgarantie war für die Inanspruchnahme die Befristung bis einschließlich 31. Dezember 1984 maßgeblich. Die Vergütung sollte "binnen acht Tagen" erfolgen. Die Beklagten können daher auch daraus nichts ableiten, daß die wahlweise eingeräumte Möglichkeit einer Verlängerung der Garantie bis 4. Jänner 1985 vorliegen mußte, ebensowenig daraus, daß die Zahlung der (verminderten) Garantiesumme erst am 13. März 1985 erfolgte. Maßgeblich kann nämlich immer nur die die Fälligkeit des Zahlungsanspruches auslösende ordnungsgemäße Inanspruchnahme der Bankgarantie sein, weil es andernfalls der Garant durch Nichtzahlung in seinem Belieben hätte, die Zahlungspflicht zum Erlöschen zu bringen.

Der Revision der Beklagten mußte daher aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13585

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00690.87.1218.000

Dokumentnummer

JJT_19871218_OGH0002_0060OB00690_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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