TE OGH 1987/12/21 1Ob705/87

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Veröffentlicht am 21.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helmut M***, Kaufmann, Feldkirch, Hirschgraben 15, vertreten durch Dr. Hans Widerin, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei Dr. Reinhold N***, Rechtsanwalt, Feldkirch, Hirschgraben 37, vertreten durch Dr. Heinz Bauer und Dr. Harald Hummel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 1,867.072,20 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 16.September 1987, GZ 3 R 194/87-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 24.April 1987, GZ 3 Cg 73/87-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 21.058,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.750,80 S Umsatzsteuer und 1.800 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die zunächst als klagende Partei aufgetretene M*** Wohnungseigentum Gesellschaft mbH begehrte die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz ihres mit 3,734.144,40 S sA bezifferten Schadens, der ihr im Zusammenhang mit der rechtsfreundlichen Vertretung durch den Beklagten aus dessen Verschulden entstanden sei. Mit dem in der Verhandlungstagsatzung vom 4.März 1985 vorgetragenen Schriftsatz ON 23 beantragte die M*** Wohnungseigentum Gesellschaft mbH die Änderung der Bezeichnung der klagenden Partei auf Helmut M***, Kaufmann, unter derselben Anschrift, und schränkte gleichzeitig das Begehren auf 1,867.072,20 S sA ein. Die M*** Wohnungseigentum Gesellschaft mbH sei mit Notariatsakt vom 25.September 1984 in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, an der Helmut M*** und der Beklagte zu je 50 % beteiligt seien, umgewandelt worden. Alle Forderungen und Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit beschränkter Haftung seien zum 31.Dezember 1983 auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechtes übergegangen.

Der Beklagte wendete gegen das Klagebegehren unter anderem Verjährung ein.

Das Erstgericht erklärte die Änderung der beantragten Parteibezeichnung (mit in das Urteil aufgenommenem, in Rechtskraft erwachsenem Beschluß) für zulässig und wies das Klagebegehren ab. Das Verfahren sei mit Beschluß vom 4.März 1985 gemäß § 190 ZPO bis zur rechtskräftigen Beendigung des beim Bezirksgericht Innsbruck anhängigen Verfahrens zur Einräumung eines Notweges 2 Nc 18/83 unterbrochen worden; gleichzeitig sei ausgesprochen worden, daß das Verfahren nur über Parteiantrag fortgesetzt werde. Das Verfahren 2 Nc 181/83 sei mit Vergleich vom 4.April 1986 rechtswirksam beendet worden. Noch während dieses Verfahrens und auch danach habe der Beklagte den Kläger wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß der Rechtsstreit nach Beendigung dieses Verfahrens unverzüglich fortgesetzt werden müsse, weil sonst Verjährung eintrete. Der Beklagte habe nie zugestimmt, daß mit der Fortsetzung des Rechtsstreites bis zum Verkauf einer bestimmten Liegenschaft zugewartet werde. Trotz der Hinweise des Beklagten habe der Kläger jedoch erst am 12.Jänner 1987 (richtig: 31.Jänner 1987) die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Das erwähnte Grundstück sei am 25. Februar 1987 verkauft worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die eingeklagte Forderung sei eine Gesamthandforderung im Sinne des § 1203 ABGB. Solche Forderungen könnten nur von allen Gesellschaftern gemeinsam oder von einem von ihnen mit Zustimmung der anderen geltend gemacht werden; sonst müsse auf Erlag geklagt werden. Da keine dieser für die Geltendmachung solcher Forderungen gebotenen Voraussetzungen vorliege, sei das Klagebegehren abzuweisen. Überdies sei die Forderung auch verjährt. Der Kläger habe das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt, sodaß die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB, die am 4.November 1983 zu laufen begonnen habe, durch die Einbringung der Klage nicht unterbrochen worden sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der Kläger habe keinerlei Gründe für seine Untätigkeit nach Beendigung des Notwegeverfahrens vorgebracht. Die entgegen § 1497 ABGB nicht gehörige Fortsetzung des Verfahrens lasse die Unterbrechungswirkung der Klage nicht eintreten; die Fortsetzung sei nicht gehörig, wenn der Kläger eine ungewÄhnliche Untätigkeit bekunde und dadurch zum Ausdruck bringe, daß ihm an der Erreichung des Prozeßziels nichts gelegen sei. Bei der Prüfung der Frage, ob ein solches Verhalten des Klägers vorliege, seien die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es komme nicht bloß auf die Dauer, sondern auch auf die Gründe der prozessualen Untätigkeit an. Beachtliche Gründe für die prozessuale Untätigkeit habe der Kläger zu behaupten und zu beweisen. Könne der Kläger keine triftigen Gründe ins Treffen führen, genüge schon eine verhältnismäßig kurze Zeit der Untätigkeit zur Annahme nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung. Der Kläger habe keine Gründe für seine Untätigkeit nach Beendigung des Notwegeverfahrens vorgebracht, den Antrag aber erst acht Monate danach gestellt. Das Erstgericht habe daher zutreffend angenommen, daß der Kläger das Verfahren nach der Unterbrechung nicht gehörig fortgesetzt habe. Daher sei die dreijährige Verjährungszeit des § 1489 ABGB, die unbestrittenermaßen am 4.November 1983 zu laufen begonnen habe, durch die Einbringung der Klage nicht unterbrochen worden, so daß die Verjährung bereits eingetreten sei, als der Kläger am 12.Jänner 1987 die Verfahrensfortsetzung beantragt habe. Die vom Kläger dagegen erhobene Revision ist nicht berechtigt. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht hat - ob zu Recht, ist hier nicht zu prüfen - die Unterbrechung des Rechtsstreites gemäß § 190 ZPO bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens zur Einräumung eines Notweges angeordnet und verfügt, daß der Rechtsstreit nur über Parteienantrag fortgesetzt werde. Der Kläger hat den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens erst etwas mehr als neun Monate nach vergleichsweiser Beendigung des außerstreitigen Verfahrens, das zum Anlaß der Unterbrechung des Rechtsstreits gemacht worden war, gestellt, ohne Gründe vorzubringen, die einer früheren Antragsstellung entgegengestanden wären.

Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch Klagseinbringung nur dann unterbrochen, wenn das damit eingeleitete Verfahren gehörig fortgesetzt wird. Letzteres ist zu erwidern, wenn der Kläger eine ungewÄhnliche Untätigkeit an den Tag legt und damit zum Ausdruck bringt, daß ihm an der Erreichung seines Prozeßzieles offenbar nichts gelegen ist. Dabei ist nicht so sehr auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf deren Gründe Bedacht zu nehmen (JBl. 1986, 651; SZ 52/30 uva; Schubert in Rummel, ABGB, § 1497 Rz 10). Das Erstgericht hat die Verfahrensfortsetzung von einem Parteiantrag abhängig gemacht. Wenngleich der unterbrochene Rechtsstreit nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens gemäß § 190 Abs 3 ZPO auch von Amts wegen fortzusetzen ist, mußte der Kläger angesichts der erstinstanzlichen Beschlußfassung damit rechnen, daß das Gericht nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes nicht von sich aus tätig werden würde. Der Kläger hätte auch nicht damit rechnen können, daß das Prozeßgericht anders als durch Parteiantrag von der Beendigung des Verfahrens zur Einräumung eines Notweges, das bei einem anderen Gericht anhängig war, Kenntnis erlangen werde (vgl. hiezu auch JBl. 1986, 651). Das Verfahren wird daher bei Unterbrechung nur dann gehörig fortgesetzt, wenn der Kläger unverzüglich nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes die Fortsetzung begehrt (EvBl. 1977/70; Schubert aaO). Wenngleich die Untätigkeit des Klägers, welche die Verjährungsunterbrechung durch Klagserhebung ausschließt, nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen ist, ist es Sache des Klägers, bereits im Verfahren erster Instanz beachtliche Gründe für seine Untätigkeit zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Von Amts wegen sind solche Gründe nicht zu erheben (vgl. die Nachweise bei Schubert aaO).

Zutreffend verweist das Gericht zweiter Instanz darauf, daß der Kläger zur Entkräftung der Verjährungseinwendung überhaupt keine Gründe, die seine Untätigkeit rechtfertigen könnten, ins Treffen führte. Soweit er versucht, solche Umstände im Rechtsmittelverfahren nachzutragen, steht der Bedachtnahme auf dieses Vorbringen das Neuerungsverbot entgegen. Macht der Kläger keine triftigen Gründe für die Verzögerung geltend, rechtfertigt schon ein verhältnismäßig kurzer zeitlicher Abstand zwischen Wegfall des Unterbrechungsgrundes und Fortsetzungsantrag den Schluß, daß der Kläger das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt hat (vgl. die Nachweise bei Schubert aaO). Der Kläger hat im vorliegenden Fall den Fortsetzungsantrag erst etwas mehr als neun Monate nach der vergleichsweisen Beendigung des Notwegeverfahrens gestellt; von einer gehörigen Fortsetzung der Klage kann in einem solchen Fall nicht die Rede sein. Die Unterlassung gehöriger Fortsetzung hat zur Folge, daß die Klagserhebung keine Verjährungsunterbrechung bewirkte, so daß die Vorinstanzen zu Recht die Verjährung der eingeklagten Schadenersatzforderung angenommen haben.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12720

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0010OB00705.87.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19871221_OGH0002_0010OB00705_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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