TE OGH 1987/12/22 2Ob514/87

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Veröffentlicht am 22.12.1987
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Fathy H***, Arzt, 8605 Kapfenberg, Wiener Straße 85, vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter und Dr. Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck/Mur, wider die beklagte Partei Mervat H***, Hausfrau, 8605 Kapfenberg, Karl Schöberlhof 2, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Berufungsgerichtes vom 2.Oktober 1986, GZ R 643/86-40, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 30.April 1986, GZ 2 C 414/85-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die unterinstanzlichen Urteile werden dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil zu lauten hat: "Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, das Betreten der Ordination des Klägers im Hause 8605 Kapfenberg, Gustav Kramerstraße 3, zu unterlassen und dem Kläger die Prozeßkosten zu ersetzen, wird abgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten die mit 15.145 S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

Der Kläger hat der Beklagten weiters die mit 6.501,65 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten 500,15 S Umsatzsteuer und 1.000 S Barauslagen) sowie die mit 3.397,35 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 308,85 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der am 23.Februar 1984 bei Gericht eingelangten Klage stellt der Kläger den Urteilsantrag, die Beklagte, seine Ehefrau, sei schuldig, das Betreten seiner Ordinationsräume im Hause Kapfenberg, Gustav Kramer-Straße 3, zu unterlassen. Hiezu bringt er vor, seit der von ihm am 11.Jänner 1984 eingebrachten Scheidungsklage suche die Beklagte die Ordination auf, um den wartenden Patienten Unwahrheiten über seine Person zu erzählen, insbesondere, daß er geschlechtliche Beziehungen zu den Sprechstundengehilfinnen unterhalte, sich unter Hinterlassung hoher Schulden nach Ägypten absetzen wolle und daß er ein Betrüger sei. Auf diese Weise versuche sie, seine Patienten zu vertreiben und seine Existenz zu vernichten. Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie habe den Kläger immer nur aufgesucht, um von ihm Geld zu bekommen, da sie nicht einmal Lebensmittel habe kaufen können.

Nach Bestreitung des Klagsvorbringens trat am 3.April 1984 auf Grund Parteienvereinbarung Ruhen des Verfahrens ein. Am 5.November 1985 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens mit der Begründung, ein seit März 1984 unternommener Versuch der Versöhnung sei gescheitert, die Beklagte besuche nach einer vorübergehenden Ruhe wieder täglich die Ordination und erhebe wiederum die in der Klage dargestellten Vorwürfe. Auch gegenüber anderen Leuten und Bankinstituten stelle sie die im einzelnen dargestellten unrichtigen Behauptungen auf. In der Folge stützte der Kläger sein Urteilsbegehren auch auf seine Stellung als Mieter der Ordinationsräumlichkeiten. Die Beklagte sprach sich gegen dieses Vorbringen als unzulässige Klagsänderung aus.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Sein Urteil wurde vom Berufungsgericht bestätigt und ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige, und daß die Revision zulässig sei.

Gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erhebt die Beklagte eine auf § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist gerechtfertigt.

Nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen haben die Streitteile im Jahre 1970 die Ehe geschlossen. Im Jahre 1982 eröffnete der Kläger in von ihm gemieteten Räumlichkeiten die oben genannte Ordination. Die Beklagte arbeitete zunächst als Sprechstundenhilfe mit, wurde jedoch vom Kläger am 4.November 1983 fristlos entlassen, weil sie mit ihm in der Ordination Streitigkeiten austrug und ihn bei Patienten schlecht machte. Der Kläger verbot ihr mehrfach das Betreten der Ordinationsräume, dennoch kam sie unter irgendwelchen Vorwänden im Jahre 1984 ein bis zweimal wöchentlich, im Jahre 1985 noch einige Male und im Jahre 1986 einmal in die Ordination. Dabei suchte sie immer, und zwar teilweise gegen Ende der Ordinationszeit, das neben der Ordination gelegene Privatzimmer auf und wartete dort, bis der Kläger Zeit hatte. Die Unterredung mit ihm war entsprechend der Art der Beklagten sodann lautstark. Der Kläger versuchte sie immer schnell abzufertigen, da er sich ihr während der Ordinationszeit nicht widmen konnte und ihre Besuche störend waren. Da die Beklagte nach kurzer Gesprächsdauer sich immer laut und ausfällig äußerte - die Streitteile sprachen dabei arabisch -, wurde der Kläger jedesmal nervös und in seiner Arbeit beeinträchtigt. Mit Einbringung der Scheidungsklage verließ der Kläger die Ehewohnung, zog aber nach einigen Monaten wieder in diese und lebte mit der Beklagten wiederum zusammen, wobei auch die geschlechtlichen Beziehungen wieder aufgenommen wurden. Nachdem die Beklagte mit ihren Vorwürfen und Streitigkeiten neuerlich begann, zog er im November 1985 endgültig aus der Ehewohnung. Die Beklagte schimpft über den Kläger und richtet ihn aus. Sie erzählt herum, daß er mit seiner eigenen Tochter schlafe, daß er Alkohol- und Tablettenmißbrauch betreibe, daß er ein Gauner und Betrüger sei und Geräte aus Deutschland hereingeschmuggelt habe. Sie wirft ihm auch geschlechtliche Beziehungen mit Patientinnen vor und "erzählt dies herum", auch sucht sie Patienten in deren Wohnungen auf. Der Zeugin S*** gegenüber schimpfte sie bei einem solchen Besuch über den Kläger und erklärte, daß er nicht so ein guter Arzt sei wie sie glaube. Diese Zeugin war auch einmal zugegen, als die Beklagte vor rund zwei Jahren in die Ordination des Klägers kam, dort zu schreien anfing und den Kläger mit Schimpfnamen belegte. Auch gegenüber anderen, von der Beklagten aufgesuchten Patienten, äußerte sich diese abfällig über den Kläger. Ein ehemaliger Nachbar, der dem Kläger beim Einrichten der Ordination half, wurde Zeuge von Vorfällen, bei welchen die Beklagte den Kläger vor Leuten in der Ordination beschimpfte. Die Zeugin F*** wurde ca. im November 1983 ebenfalls Zeugin von Beschimpfungen des Klägers durch die Beklagte in der Ordination.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, dem Kläger müsse ein rechtliches Interesse daran zugebilligt werden, daß die Beklagte seine Ordination nicht betrete, da sie immer gleich laut geworden und "anzunehmen" sei, daß die in solchem lauten Tonfall geführten Streitigkeiten in der Ordination von den Patienten wahrgenommen worden "und der Arbeit des Klägers sicherlich abträglich gewesen" seien. Als entlassene Angestellte habe die Beklagte die Ordination des Klägers nicht mehr aufzusuchen. Das Berufungsgericht nahm eine Beweisergänzung durch Verlesung des Scheidungsaktes der Streitteile vor. Es hielt weder die Beweis- noch die Rechtsrüge der Beklagten für gerechtfertigt. In Zusammenhang mit der Entlassung der Beklagten führte es aus, das Erstgericht habe entgegen dem Berufungsvorbringen ohnehin nicht festgestellt, daß bei der zur Entlassung führenden Auseinandersetzung der Streitteile vom 14.Oktober 1983 auch Patienten in der Ordination gewesen seien, der Kläger habe dies auch selbst gar nicht behauptet. Die Zeugin Astrid H***, welche angab, die Beklagte habe sich in der Ordination immer ruhig verhalten, sei erst seit September 1984 Sprechstundenhilfe beim Kläger, jene Patienten, die Streitigkeiten in der Ordination bekundeten, hätten hiefür aber Zeitpunkte vor dem September 1984 genannt. Rechtlich sei davon auszugehen, daß nach der durch das Bundesgesetz BGBl.1975/412 über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe geschaffenen Rechtslage zwar Kontroversen zwischen Ehegatten während der Ehe über ihre rein persönlichen Rechte und Pflichten grundsätzlich nicht mehr in der Hauptsache - wohl als Vorfrage - vom Gericht zu entscheiden seien, sehe man von den, die gesonderte Wohnungsnahme und die Ehewohnung betreffenden Ausnahmen des § 92 Abs 3 ABGB, des § 383 Z 8 lit b EO und des § 97 ABGB ab. Vorliegendenfalls gehe es aber nicht um solche rein persönliche Rechte und Pflichten zwischen Ehegatten, bei welchen diese darauf angewiesen seien, sich zu einigen oder die Verletzung als Scheidungsgrund geltend zu machen, sondern es handle sich um den Schutz der Berufsausübung und der Berufsposition des Klägers. Diesbezüglich könne nicht gesagt werden, daß eine gerichtliche Entscheidung und ihre zwangsweise Durchsetzung fragwürdig erscheine, weil sie tief in den Intimbereich des Ehelebens eingreife. Gegen eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Berufsausübung könne sich der Kläger vielmehr durch Unterlassungsklage zur Wehr setzen. Das festgestellte Verhalten der Beklagten, gleichgültig ob es in der Ordination oder außerhalb derselben erfolgt sei, habe eine Störung des Geschäftsganges des Klägers mit sich gebracht. Entgegen dem Verbot des Klägers sei die Beklagte noch im Laufe des Jahres 1985 einige Male und im Jahre 1986 einmal in die Ordination gekommen. Somit mangle es auch nicht an der für eine Unterlassungsklage vorausgesetzten Wiederholungsgefahr.

In ihrer Revision führt die Beklagte aus, es gebe kein gesetzliches Verbot für eine Ehefrau, ihren Mann in der von ihm gemieteten Ordination zu besuchen. Der Kläger habe die Ehewohnung verlassen, ohne die Rechtmäßigkeit des Verhaltens im Sinne des § 92 Abs 3 ABGB feststellen zu lassen. Im Hinblick auf die bestehende Ehe und die vorhandenen Kinder seien schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung zwischen den Ehegatten immer wieder Fragen und Probleme zu erörtertn, welche nicht stets telefonisch erledigt werden könnten. Ein rechtswirksames Verbot des Aufsuchens des Klägers in der Ordination komme daher nicht in Betracht. Der Kläger sei auch weiterhin zur Beistandsleistung verpflichtet. Die gegenständliche Unterlassungsklage diene nur der Beweissammlung für das Ehescheidungsverfahren, so daß ihr überdies das Rechtsschutzinteresse fehle. Festgestelltermaßen seien die behaupteten kreditschädigenden Äußerungen der Beklagten auch nicht in der Ordination des Klägers erfolgt. Die zugrundeliegenden, auf familiären und ehelichen Problemen beruhenden Auseinandersetzungen könnten nur im Rahmen des Scheidungsverfahrens beurteilt werden, eine selbständige Entscheidung hierüber greife tief in den Intimbereich des Ehelebens der Streitteile ein. Davon, daß die Beklagte den Kläger bewußt in seiner Berufsausübung beeinträchtigen wollte, könne unter den gegebenen Umständen nicht die Rede sein. Ihr Verhalten als Ehegattin dürfe auch nicht so streng beurteilt werden wie das eines die gemieteten Räume betretenden Dritten. Durch das Verbot, die Ordinationsräumlichkeiten des Klägers zu betreten, werde der Anspruch der Beklagten auf den ehelichen Beistand und die Begegnung mit dem Ehemann bei aufrechter Ehe verwehrt. Das Berufungsgericht lege im übrigen selbst zugrunde, daß die Beklagte innerhalb der Ordination des Klägers kein die Berufsausübung störendes Verhalten an den Tag gelegt habe.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Revisionswerberin, ein Unterlassungsbegehren wie das vorliegende sei bei aufrechter Ehe der Streitteile nicht statthaft. Richtig ist zwar, daß aufgrund der Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe BGBl. 1975/412 (EheRwG) Kontroversen zwischen Ehegatten über ihre, insbesondere aus § 90 ABGB folgenden, rein persönlichen Rechte und Pflichten grundsätzlich - siehe die bereits vom Berufungsgericht genannten Ausnahmen der §§ 92 Abs 3 und 97 ABGB sowie des § 382 Z 8 lit b EO - nicht mehr vom Gericht zu entscheiden sind (SZ 54/37 = EvBl 1981/181 und die dort zitierte Literatur; JBl 1977, 154; 7 Ob 751/81, 3 Ob 640/81 ua). Die Geltendmachung von Ansprüchen nicht rein persönlicher Art vor Gericht wird jedoch nicht ausgeschlossen und insoweit die bisherige Rechtslage nicht geändert (siehe RV 851 BlgNR XIII. GP 9). Durch die Neuregelung wird die Erörterung von Eheangelegenheiten außerhalb der hiefür vorgesehenen Verfahren zwar eingeschränkt, der allgemeine Rechtsgüterschutz gegenüber Ehegatten aber nicht versagt, so daß Ansprüche gegenüber dem Ehegatten aus Rechtsgütern, die nicht allein durch dessen ehewidriges Verhalten, sondern durch beliebige Dritte gleichermaßen verletzbar sind, nicht darunter fallen. Eine Verletzung absolut geschützter Rechte wie der körperlichen Integrität, des Eigentums, der Ehre (siehe SZ 56/124), auch der Privatsphäre (einschließlich des Briefgeheimnisses) usw durch den anderen Ehegatten kann somit in gleicher Weise wie zB der Unterhaltsanspruch als vermögensrechtlicher Anspruch, die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehens, der Streit zwischen Ehegatten über das Eigentumsrecht an Gegenständen (5 Ob 523/77), der Bereicherungsanspruch (MietSlg. 27.520) usw (vgl. Ent-Hopf, Die Neuordnung des Eherechtes, 60 f) auch weiterhin gerichtlich geltend gemacht werden. Zu diesem Zwecke sind auch Schadenersatz- und Unterlassungsklagen zulässig (vgl. Soergel BGB11 6, Rz 37, 38 zu § 1353; Staudinger BGB10/11 IV/1 Rz 52, 54, 55), so insbesondere auch bei gröblicher Beleidigung eines Ehegatten durch den anderen in Anwesenheit Dritter (Staudinger aaO Rz 53), üble Nachrede, herabsetzende Äußerungen gegenüber Dritten, selbst wenn sie wahr sind (Münchner Kommentar Rz 16, 24 zu § 1353), nicht jedoch, wenn die Ehre durch eine typische Eheverfehlung verletzt wird wie Ehebruch, kränkendes Verhalten ohne Gegenwart Dritter (vgl. Staudinger aaO Rz 53).

Da vorliegendenfalls die vom Unterlassungsbegehren erfaßten Ordinationsräumlichkeiten nicht mit der Ehewohnung verbunden sind, stellt sich hier die Frage der allfälligen Zugehörigkeit dieser Räume zum räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe (vgl. Staudinger aaO Rz 53 § 1353; Soergel aaO Rz 38 zu § 1353), woraus wiederum die Unzulässigkeit der Klagsführung folgen könnte, nicht. Aus dem Wesen der Ehe als einer umfassenden Lebensgemeinschaft (§ 90 ABGB) und dem ihren gesetzlichen Regelungen zugrundeliegenden Gleichberechtigungs- und Partnerschaftsgedanken folgt grundsätzlich, daß die Ehegatten zur Aufrechterhaltung des für eine solche Gemeinschaft erforderlichen Vertrauensverhältnisses auch verpflichtet sind, sich gegenseitig Einblick in ihre private und berufliche Tätigkeit zu gewähren und den anderen nicht grundlos von der Möglichkeit diesbezüglicher Kenntnisnahme auszuschließen. Liegt keine gegenteilige einvernehmliche Regelung vor, so kann es dem Ehegatten daher auch nicht verwehrt sein, in dem nach der Lebenserfahrung üblichen Umfang Geschäftsräume des anderen Ehegatten zu betreten. Eine grundlose beharrliche Verweigerung dieser Möglichkeit oder gar ein grundloses Verbot widerspräche offenkundig auch der Pflicht zur Achtung der Persönlichkeit und Würde des anderen Ehegatten. Verletzt ein Ehegatte jedoch bei solchen Besuchen berechtigte Interessen des anderen Ehegatten, so zB durch in Anwesenheit Dritter vorgetragene Angriffe gegen dessen Ehre, so kann dieser die zu seinem Schutz erforderlichen Maßnahmen ergreifen und es steht ihm im oben dargestellten Sinn auch ein gerichtlicher Untersagungsanspruch zu, der das Verbot des Betretens der Geschäftsräumlichkeiten mitumfaßt.

Nach ständiger Judikatur sind Unterlassungspflichten nur dann klagbar, wenn und solange die Gefahr künftigen Zuwiderhandelns besteht. Die Wiederholungsgefahr muß konkret und real sein. Es muß ein gewisses Maß objektiver Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, daß die beklagte Partei in der Zukunft ihrer Unterlassungspflicht zuwiderhandeln werde, wobei die Umstände des Einzelfalles maßgebend sind (6 Ob 156/71, 7 Ob 149/73, 6 Ob 112/75; GesRZ 1981/106; MietSlg. 33.630 ua). Die Wiederholungsgefahr muß noch im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz gegeben sein (SZ 55/61; 5 Ob 754, 755/78, 3 Ob 573/84 ua). Die Frage ihres Vorliegens ist im Rahmen der allseitigen rechtlichen Beurteilung zu prüfen (1 Ob 672/78, 6 Ob 274/69 ua).

Vorliegendenfalls hat der Kläger sein Unterlassungsbegehren, für dessen Beurteilung allein der Klagsinhalt maßgebend ist, darauf gestützt, daß die Beklagte seine Ordination aufsuche, um den wartenden Patienten die im einzelnen genannten Unwahrheiten über seine Person zu erzählen und ihm solcherart wirtschaftlichen Schaden zuzufügen. Das Verfahren kam nach Bestreitung des Klagsvorbringens durch die Beklagte sogleich zum Ruhen und die Streitteile lebten hierauf bis zum Auszug des Klägers aus der Ehewohnung durch 19 Monate wieder in häuslicher Gemeinschaft. In seinem sodann gestellten Fortsetzungsantrag behauptete der Kläger, die Beklagte komme nun wiederum täglich in die Ordination und erhebe neuerlich die in der Klage genannten Vorwürfe.

Nach einem mehr als eineinhalb Jahre langen Ruhen eines zwischen in dieser Zeit in häuslicher Gemeinschaft lebenden Ehegatten geführten Rechtsstreites auf Unterlassung müßten jedenfalls Tatsachen behauptet und bewiesen werden, aus welchen der Weiterbestand der Wiederholungsgefahr eindeutig hervorgeht. Mangels Beweises der im Fortsetzungsantrag des Klägers behaupteten neuerlichen, in der Ordination gegenüber Patienten erfolgten Vorwürfe der Beklagten könnte ansonsten eine Wiederholungsgefahr nicht als konkret im Sinne des Vorhandenseins einer gewissen objektiven Wahrscheinlichkeit für ein derartiges weiteres Verhalten der Beklagten zugrunde gelegt werden. Ein derartiger weiterer Eingriff in die geschützte Rechtssphäre des Klägers, nämlich, daß die Beklagte, wie dies die Klage zum Vorwurf macht, Patienten des Klägers in der Ordination Unwahrheiten über seine Person erzählt, also unmittelbar mitgeteilt habe, wurde überhaupt nicht festgestellt. Als von der Klage umfaßt sind allerdings auch für Patienten wahrnehmbare diesbezügliche Vorwürfe der Beklagten gegenüber dem Kläger anzusehen, schon dem Sinne des Klagebegehrens nach nicht jedoch alle anderen außerhalb der Ordination erfolgten Verhaltensweisen.

Tatsächlich wurden nun aber von den Patienten wahrgenommene Auseinandersetzungen der Streitteile in der Ordination lediglich für die Zeit um November 1983, also vor der Klagseinbringung, festgestellt. Entgegen der Behauptung im Fortsetzungsantrag vom 5. November 1985, die Beklagte komme erneut täglich in die Ordination und erhebe die genannten Vorwürfe, wurde festgestellt, daß die Beklagte im Jahre 1985 insgesamt noch einige Male und im Jahre 1986 einmal in der Ordination war. Feststellungen darüber, daß die Beklagte auch dabei für Dritte wahrnehmbare Vorwürfe erhoben habe, wurden jedoch nicht getroffen. Die seit September 1984 beim Kläger als Sprechstundenhilfe tätige Zeugin Astrid H*** bekundete (AS 60 f), daß sich die Klägerin in der Ordination immer ruhig verhalten habe. Der Kläger selbst gab in seiner Parteienvernehmung an (AS 133, 140), er könne nicht behaupten, daß die in arabischer Sprache erhobenen Vorwürfe der Beklagten von Patienten gehört wurden, es könne schon sein, weil das Privatzimmer neben dem Behandlungsraum liege. In diesem Sinne sind offenbar auch die Ausführungen des Erstgerichtes in seiner rechtlichen Beurteilung aufzufassen, wonach "anzunehmen" sei, daß die im lauten Tonfall geführten Streitigkeiten von den Patienten wahrgenommen worden seien. Eine Feststellung, daß nach der Klagseinbringung und insbesondere auch in der Zeit vor der Stellung des Fortsetzungsantrages im November 1985 noch ehrenrührige Vorwürfe der Beklagten in der Ordination erhoben und von Dritten wahrgenommen wurden, liegt, wie bereits ausgeführt, nicht vor. Auch das Berufungsgericht verwies darauf, daß von den Zeugen nur in der Zeit vor dem im September 1984 erfolgten Eintritt der Sprechstundenhilfe Astrid H*** gelegene Streitigkeiten der Ehegatten bekundet wurden. Das von der Beklagten außerhalb der Ordination gesetzte Verhalten ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes als nicht von der Klage und dem Klagebegehren umfaßt ohne Bedeutung.

Da somit nach den Umständen des Falles eine konkrete Wiederholungsgefahr hinsichtlich des der Beklagten in der Klage vorgeworfenen Verhaltens nicht bejaht werden kann, sind die Voraussetzungen für eine Stattgebung des gestellten Unterlassungsbegehrens nicht erfüllt.

Der Revision war daher Folge zu geben und in Abänderung der unterinstanzlichen Urteile das Klagebegehren abzuweisen. Die Entscheidung über die Prozeßkosten gründet sich auf § 41 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E12951

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1987:0020OB00514.87.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19871222_OGH0002_0020OB00514_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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