TE OGH 1988/1/11 6Nd516/87

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Veröffentlicht am 11.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel und Dr. Melber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maschinenfabrik *****, Actiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Rainer Maria Schilhan, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei R***** Contracting Co. W.L.L., *****, vertreten durch Dr. Friedrich Eckert, Rechtsanwalt in Baden, wegen Feststellung, über den Antrag der klagenden Partei gemäß § 28 JN in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Zur Verhandlung und Entscheidung über diese Klage wird das Handelsgericht Wien als das zuständige Gericht bestimmt.

Text

Begründung:

Mit einem im Jahre 1976 in Graz abgeschlossenen Vertrag übertrug die Klägerin (im Vertrag als "die Firma" bezeichnet) der Beklagten (als "Vertreter" bezeichnet) die Vertretung für den Verkauf ihrer Produkte in der Republik I*****.

Der Artikel 13 des Vertrages trägt die Überschrift "Law of Contract" (in der deutschen Übersetzung "Gerichtsbarkeit") und hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut: "Der vorliegende Vertrag unterliegt den Gesetzen des Landes, in dem die Firma ihren Sitz hat, und der Vertreter erklärt sich hiemit mit der Rechtsprechung der Gerichte in diesem Land einverstanden."

Die Klägerin bringt in ihrer Klage vor, die Beklagte behaupte zu unrecht, noch Provisionsforderungen aus diesem Vertrag zu haben, und stelle diese Behauptung auch gegenüber verschiedenen staatlichen Stellen des I***** auf. Dies berge die Gefahr in sich, dass die von der Klägerin dort unterhaltenen Bankkonten gesperrt oder sonst Maßnahmen ergriffen würden, die eine Fertigstellung der von der Klägerin dort geführten Bauvorhaben wesentlich erschwerten oder gar unmöglich machten. Die Klägerin begehre daher die Feststellung, dass der Beklagten keine wie immer geartete Forderung gegenüber der Klägerin zustehe.

Diese Klage wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 19. 5. 1987, GZ 17 Cg 107/86-11, bestätigt mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 25. 9. 1987, GZ 3 R 150/87-17, wegen örtlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen.

In ihrem Ordinationsantrag bringt die Klägerin vor, eine Rechtsverfolgung im I***** wäre wegen des Krieges, den dieser Staat seit mehr als sechs Jahren mit dem ***** führe, unzumutbar. Außerdem bestünden zwischen Österreich und dem I***** keine Verträge, die eine Vollstreckung eines im I***** erwirkten Urteiles ermöglichen würden.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 28 Abs 1 JN hat der Oberste Gerichtshof aus den sachlich zuständigen Gerichten eines zu bestimmen, das als örtlich zuständig zu gelten hat, wenn die Voraussetzungen für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichtes nicht gegeben sind, und die Rechtsverfolgung im Ausland nicht möglich oder unzumutbar wäre. Eine Prozessführung im I***** ist der Klägerin schon wegen des Krieges, den dieser Staat seit Jahren mit dem ***** führt, nicht zumutbar. Dies reicht nach herrschender Rechtsprechung allerdings noch nicht aus, um eine Ordination im Sinne des § 28 JN vorzunehmen. Es ist vielmehr auch eine ausrechende Nahebeziehung zum inländischen Rechtsbereich erforderlich (Schwimann, ÖZW 1984, 106; Matscher, JBl 1983, 509; 4 Nd 511/87 ua). Eine Inlandsbeziehung besteht im vorliegenden Fall insoweit, als die Klägerin ihren Sitz in Österreich hat und der Vertrag ebenfalls hier geschlossen wurde. Dazu kommt, dass sich die Beklagte im Artikel 13 des Vertrages ausdrücklich mit der Rechtsprechung der österreichischen Gerichte einverstanden erklärt. Eine fehlende Inlandsbeziehung könnte zwar nicht durch Parteiwillen ersetzt werden, ein geringerer Grad der Inlandsbeziehung kann aber durch entsprechenden Parteiwillen die ausreichende Intensität erlangen (JBl 1983, 541, dazu Schwimann JBl 1984, 12). Der Sitz der Klägerin in Österreich, der Vertragsabschluss in diesem Staat und der Artikel 13 des Vertrages stellen daher eine ausreichende Inlandsbeziehung für eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Sinne des § 28 JN dar.

Anmerkung

E74028 6Nd516.87

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060ND00516.87.0111.000

Dokumentnummer

JJT_19880111_OGH0002_0060ND00516_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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