TE OGH 1988/1/19 4Ob403/87

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Veröffentlicht am 19.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R. und W. J***, Maschinenhandelsgesellschaft mbH, Wien 23., Breitenfurterstraße 245-247, vertreten durch Dr. Helfried Rustler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** L*** Gesellschaft mbH, Friedberg, Äußere Industriestraße 22, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ludwig Pramer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 480.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 22. September 1987, GZ 5 R 117/87-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes als Handelsgerichtes Linz vom 23. Juli 1987, GZ 1 Cg 153/87-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen. Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagte warb im Dezember 1986 und im Jänner 1987 in den Zeitschriften "Oberösterreichische Landwirtschaftszeitung", "Der Bauernbündler" und "Blick ins Land" für Rundballenpressen mit folgendem Inseratentext: "20 nagelneue N*** H***-Rundballenpressen Typ 841. Volle Garantie, komplettes Zubehör. Sonderaktion frei Grenze Linz öS 130.000,--, nur solange der Vorrat reicht". Am 15. Jänner 1987 kaufte der Angestellte der Klägerin Johannes F*** unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diese Inserate bei der Beklagten eine Rundballenpresse zum Preis von S 132.500,-- (ohne Umsatzsteuer). Auf Grund der Seriennummer konnte beim belgischen Lieferanten festgestellt werden, daß diese Rundballenpresse am 12. Februar 1985 produziert und am 19. März 1985 vom Werk ausgeliefert worden war.

Am 14. Februar 1987 bestellte der Landwirt Anton G*** bei der Beklagten eine Rundballenpresse um S 128.000,--. In der Auftragsbestätigung vom 25. Februar 1987 wurde der Kaufgegenstand als "N*** H***-Vorführpresse Typ 841 gebraucht" beschrieben. Diese Presse war am 4. Februar 1985 produziert und am 19. März 1985 vom Werk ausgeliefert worden.

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragte die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, bei ihrer Werbung für Landmaschinen, insbesondere für Rundballenpressen der Marke New Holland Typ 841, in Österreich, insbesondere in österreichischen Zeitungen wie etwa der "Oberösterreichischen Landwirtschaftszeitung", dem "Blick ins Land" und dem "Österreichischen Bauernbündler", Landmaschinen, insbesondere Rundballenpressen der Marke New Holland Typ 841, als nagelneu zu bezeichnen, wenn diese nicht aus der letzten Produktionsserie stammen. Die Behauptungen der Beklagten über das Alter der Rundballenpressen seien irreführend: Der Verkehr erwarte im Fall der Ankündigung "nagelneuer" Geräte, daß diese aus der letzten Produktionsserie stammen und auf dem neuesten technischen Stand sind; in dieser Erwartung werde er aber getäuscht. Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die von ihr in den beanstandeten Inseraten beworbenen Maschinen seien tatsächlich "nagelneu" gewesen. Die Rundballenpressen der Type 841 würden zumindest seit dem Beginn des Jahres 1985 unverändert erzeugt. Das an Johannes F*** verkaufte Gerät sei völlig ungebraucht gewesen; dem Käufer sei jedoch ein geringer Nachlaß gewährt worden. An Anton G*** habe die Beklagte auf dessen ausdrückliches Verlangen ein gebrauchtes Vorführgerät verkauft und dieses in der Rechnung auch als solches bezeichnet. Die Klägerin habe im übrigen gar nicht behauptet, daß die von der Beklagten verkauften Geräte nicht mehr den in jüngster Zeit erzeugten Maschinen der gleichen Type entsprächen bzw. worin sie sonst das Kriterium der Neuheit erblicke.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Aus dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt leitete es in rechtlicher Hinsicht ab, daß die Beklagte im Geschäftsfall Johannes F*** irreführende Angaben gemacht habe. Dieser Kunde habe sich ausdrücklich für die angekündigte "nagelneue" Rundballenpresse interessiert. Das Wort "nagelneu" werde vom Verkehr nicht schlechthin als "neu", sondern dahin verstanden, daß etwas "in besonderem Maße eine Neuheit darstelle". Daher werde der Verkehr erwarten, daß die derart angekündigten Maschinen auch aus der letzten Produktion des Erzeugers stammen. Dies sei jedoch hier nicht der Fall: Maschinen, die schon zwei Jahre gelagert waren, würden auf dem Markt nicht mehr als "nagelneu" bezeichnet.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteige. Das Wort "nagelneu" sei zwar in bezug auf ungebrauchte, aber bereits vor zwei Jahren erzeugte Geräte tatsächllich geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise über die Beschaffenheit der angebotenen Ware in Irrtum zu führen und ihren Entschluß, sich mit dem Angebot näher zu befassen, zu beeinflussen. Die Klägerin habe aber nicht beantragt, der Beklagten das Ankündigen "nagelneuer" Rundballenpressen zu verbieten, wenn diese nicht vollkommen neu, als eben erst hergestellt, sind; die beanstandete Ankündigung soll vielmehr für den Fall verboten werden, daß die Geräte nicht aus der letzten Produktionsserie stammen. Die Klägerin habe aber weder behauptet noch bescheinigt, daß dies nicht der Fall wäre; sie habe auch nicht dargetan, daß sich die angebotenen Rundballenpressen technisch oder vermindert optisch von den eben erst gefertigten gleichartigen Erzeugnissen unterscheiden. Damit habe die Klägerin nicht hinreichend dargetan, daß die Beklagte Rundballenpresen, die nicht aus der letzten Produktionsserie stammen, als "nagelneu" angeboten habe. Eine Umformulierung des Verbotes in dem Sinn, daß der Beklagten die Werbung für Rundballenpressen unter Verwendung des Wortes "nagelneu" für nicht vollkommen neue, gerade erst hergestellte Rundballenpressen verboten werde, würde aber den Sicherungsantrag überschreiten und gegen § 405 ZPO verstoßen. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen, allenfalls dem Spruch eine deutlichere Fassung zu geben. Die Revisionsrekursbeantwortung, die erst am 28. Tag nach der Zustellung des Revisionsrekurses an die Beklagte beim Erstgericht überreicht wurde, ist verspätet. Gemäß § 402 Abs 1, letzter Satz, EO beträgt die Frist für den Rekurs und dessen Beantwortung im Verfahren über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung 14 Tage; diese Frist gilt auch im Revisionsrekursverfahren. Die verspätete Revisionsrekursbeantwortung war daher zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

In ihrem Revisionsrekurs bekämpft die Klägerin die Annahme des Rekursgerichtes, daß der Begriff "letzte Produktionsserie", welchen sie zur Abgrenzung des beantragten Verbotes verwendet habe, im Sinne einer Anzahl in gleicher Ausführung gefertigter Erzeugnisse der gleichen Art zu verstehen sei, die Klägerin also konkrete Unterschiede zwischen den beworbenen Geräten und den Geräten aus der neuesten Produktionsserie hätte behaupten müssen. Der Begriff "letzte Produktionsserie" lege vielmehr durchaus den Zeitpunkt fest, in dem eine Maschine erzeugt wurde. Ein Verbot, Rundballenpressen als "nagelneu" anzukündigen, die nicht in jüngster Zeit erzeugt wurden oder nicht vollkommen neu sind, wäre unbestimmt gewesen und hätte nicht vollstreckt werden können. Hätte die Klägerin das tatsächliche Baujahr im Verbot als Abgrenzungskriterium angegeben, dann wäre dieses Verbot leicht zu umgehen gewesen, etwa dadurch, daß noch ältere Geräte als "nagelneu" angekündigt worden wären. In jedem Fall hätte aber das Rekursgericht dem beantragten Verbot eine sich mit dem Vorbringen deckende, deutlichere Fassung - etwa durch die Formulierung "wenn diese nicht in jüngster Zeit produziert worden sind" - geben müssen. Dem kann nicht gefolgt werden:

Dem Rekursgericht ist zunächst darin beizupflichten, daß der Begriff "Serie" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Anzahl der in gleicher Ausführung gefertigten Geräte der gleichen Art verstanden wird (Duden, Deutsches Universalwörterbuch Stichwort Serial 1 b). Auch die Klägerin hat diesen Begriff so verstanden: Sie hat nämlich ausgeführt (ON 1 S 3), daß die angesprochenen Verkehrskreise wegen der mit dem Ausdruck "nagelneu" verbundenen - tatsachenwidrigen - Vorstellung, die angebotenen Geräte stammten aus der letzten Produktionsserie "und seien somit auf dem neuesten technischen Stand" über das Alter der Rundballenpressen in Irrtum geführt würden. Daß eine solche Irreführung auch dann anzunehmen sei, wenn die beworbenen Maschinen mit den in jüngster Zeit produzierten Rundballenpressen technisch völlig übereinstimmen - also aus derselben Produktionsserie stammen - , wird in der Klage nicht behauptet. Wenn auch an die Bestimmtheit eines Unterlassungsbegehrens im Interesse der Erfassung aller gleichen oder auch nur ähnlichen Handlungsweisen sowie der Vermeidung allzu leichter Umgehung keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden dürfen (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 509; ÖBl. 1979, 104), so kann das Gericht dem Spruch nur in jenem Rahmen eine klarere Fassung geben, der durch das Vorbringen des Klägers gedeckt ist (ÖBl. 1980, 73; ÖBl. 1981, 159; SZ 47/9). Die nunmehr vom Revisionsrekurs angestrebte Fassung des Verbotes ginge aber über das Vorbringen der Klägerin hinaus; sie würde - wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat - einen Verstoß gegen § 405 ZPO bewirken. Ob der Verkehr durch die Verwendung des Wortes "nagelneu" in bezug auf das Alter der beworbenen Rundballenpressen auch dann in Irrtum geführt wird, wenn diese - bei gleicher Bauart wie die noch zuletzt in jüngster Zeit hergestellten Maschinen - zwar ungebraucht, aber bereits zwei Jahre vor der Werbeankündigung erzeugt worden sind, muß daher nicht geprüft werden. Daß sich die angebotenen Geräte vor denen aus der neuesten Produktion unterscheiden, ist weder konkret behauptet noch bescheinigt worden.

Sohin war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin gründet sich auf die §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E12799

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00403.87.0119.000

Dokumentnummer

JJT_19880119_OGH0002_0040OB00403_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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