TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2004/09/0035

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

L20016 Personalvertretung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
GdPVG Stmk 1994 §40 Abs1;
GdPVG Stmk 1994 §40 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des P in G, vertreten durch Mag. Andreas Ulm, Rechtsanwalt in 8013 Graz, Kaiser-Franz-Josef-Kai 70, gegen den Bescheid des Zentralausschusses der Bediensteten der Landeshauptstadt Graz vom 11. Februar 2002, ohne Geschäftszahl, betreffend Aberkennung eines Personalvertretungsmandates nach dem Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.1.71,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs. 4 des Gemeinde-Personalvertretungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 37/1994, sein am 1. Juni 1999 durch Nachrückung auf Vorschlag der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen zugefallenes Mandat des Dienststellenausschusses S, welches in weiterer Folge gemäß einer am 28. Mai 2001 erlassenen Verfügung des Zentralausschusses der Bediensteten der Landeshauptstadt Graz gemäß § 5 des Gemeinde-Personalvertretungsgesetzes 1994 zu einem Mandat des gemeinsamen Dienststellenausschusses W geworden war, aberkannt. In der Begründung dieses Bescheides wurde auf den am 15. Jänner 2002 vom stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralausschusses der Bediensteten der Landeshauptstadt Graz und Vorsitzenden der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen eingebrachten Antrag auf Aberkennung des Mandates des Beschwerdeführers gemäß § 40 Abs. 4 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz verwiesen, der damit begründet worden war, dass der Beschwerdeführer im Zuge eines mit Stadtrat W geführten Gespräches erklärt hätte, welche Schwierigkeiten es derzeit im Dienststellenausschuss W gegeben hätte, insbesondere, dass der Vorsitzende die Arbeit vernachlässigte, zu wenig zu den Bediensteten hinausginge, nur mehr ständig Kaffee tränke, sich nur für bestimmte Leute einsetzte, nur Kugelschreiber hergebe und dadurch keinen Rückhalt bei den Bediensteten mehr genösse, wogegen der Beschwerdeführer einen guten Rückhalt bei den Kollegen und Kolleginnen hätte, wesentlich besser und effizienter für die Bediensteten als Personalvertreter einträte und alles viel besser machen könnte. Im Zuge des Gespräches hätte der Beschwerdeführer auch dargelegt, dass er und der Vorsitzende des gemeinsamen Dienststellenausschusses W, H., unterschiedliche Standpunkte bei der Einführung der Gutstundenregelung hätten und überdies noch einige andere Meinungsverschiedenheiten und Diskussionspunkte im Dienststellenausschuss bestünden, zum Beispiel bei der Euro-Umrechnung einzelner Nebengebühren oder bei der Dienstzeitverschiebung im Bereich der Grünraumpflege. Das Vorgehen des Beschwerdeführers wäre auch nicht entschuldbar, da diese Weitergabe von Informationen zusätzlich erfolgt wäre, insbesondere um den Vorsitzenden des Dienststellenausschusses W in ein schiefes Licht und sich selbst in eine bessere Ausgangssituation zu bringen. Der Beschwerdeführer wäre auch in vielen Vorgesprächen ersucht worden, die Zusammenarbeit zu suchen.

Dieser Antrag sei in Wahrung des Parteiengehörs dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit gegeben worden, hiezu binnen 14 Tagen ab Zustellung der Mitteilung Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 30. Jänner 2002 habe der Beschwerdeführer dargelegt, dass er hinsichtlich mehrerer die Bediensteten betreffenden Fragen anderer Meinung als der Vorsitzende des gemeinsamen Dienststellenausschusses W, H., wäre und er mit Stadtrat W ein Gespräch geführt hätte, um einige Regelungen zu Gunsten der Bediensteten korrigieren bzw. umsetzen zu können. Er wäre der Meinung gewesen, dieses Gespräch wäre zulässig, da Stadtrat W zwar einerseits Referent für Personalfragen und für die Wirtschaftsbetriebe sei, andererseits jedoch auch SPÖ-Parteivorsitzender der Stadt Graz und überdies Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen, und der Beschwerdeführer als Personalvertreter jedenfalls ein Gespräch mit dem Stadtrat in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen hätte führen können. Überdies sei er gemäß § 38 Abs. 1 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994 weisungsfrei; die Voraussetzung für eine Aberkennung seines Mandates gemäß § 40 Abs. 4 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz wäre nicht gegeben.

Nach Zitierung des § 40 Abs. 1 und Abs. 4 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994 traf die belangte Behörde die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 14. Jänner 2002 mit dem Referenten für Personalfragen und für die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Graz, Stadtrat W, ein Gespräch geführt habe, in welchem er diesem dargelegt habe, dass er und der Vorsitzende des gemeinsamen Dienststellenausschusses W, H., unterschiedliche Standpunkte bezüglich der Einführung der Gutstundenregelung verträten, überdies noch einige andere Meinungsverschiedenheiten und Diskussionspunkte im Dienststellenausschuss bestünden, wie z. B. hinsichtlich der Euro-Umrechnung einzelner Nebengebühren oder der Dienstzeitverschiebung im Bereich der Grünraumpflege. Des Weiteren sei im Zuge dieses Gespräches Stadtrat W gegenüber erklärt worden, dass der Vorsitzende des gemeinsamen Dienststellenausschusses W, H., seine Arbeit vernachlässige, zu wenig Kontakt zu den Bediensteten pflege, sich lediglich für bestimmte Leute einsetze, nur mehr ständig Kaffee trinke, Kugelschreiber hergebe und dadurch keinen Rückhalt bei den Bediensteten mehr genieße. Festzuhalten sei, dass der Inhalt dieses Gespräches auch vom Sekretär des Stadtrates W, Mag. N., dem stellvertretenden Vorsitzenden des Dienststellenausschusses B, dem Antragsteller gegenüber bestätigt und vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner schriftlich erfolgten Stellungnahme nicht bestritten worden sei. Stadtrat W sei keinesfalls Vorsitzender der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen. Er sei als Mitglied des Stadtsenates der für Personalfragen und für die Wirtschaftsbetriebe der Stadt Graz zuständige Referent und als solcher jedenfalls Repräsentant des Dienstgebers. Ihm sei es selbstverständlich verwehrt, die Funktion eines Personalvertreters auszuüben und könne aus diesen Gründen nicht Vorsitzender einer Wählergruppe in der Personalvertretung sein.

Rechtlich kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer durch das mit Stadtrat W geführte Gespräch und die darin getätigten Äußerungen jedenfalls den Tatbestand des § 40 Abs. 1 des Gemeinde-Personalvertretungsgesetzes 1994 erfüllt habe, da er die ihm gebotene Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten, die im Interesse der Ziele der Personalvertretung und im Interesse der Bediensteten gelegen seien, unzweifelhaft verletzt habe. Zu den Zielen der Personalvertretung gehöre insbesondere die effiziente Wahrung und Förderung der beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten. Zur Erreichung dieser Ziele sei es selbstverständlich erforderlich, dass die Personalvertretung bei Verhandlungen mit dem Dienstgeber geschlossen auftrete, um ihren Forderungen Nachdruck verleihen zu können. Wenn - wie im gegenständlichen Fall - ein Personalvertreter den Dienstgeber bzw. dessen Repräsentanten über interne Probleme der Personalvertretung, sei es hinsichtlich persönlicher Differenzen zwischen den Personalvertretern, sei es hinsichtlich unterschiedlicher Standpunkte zu einzelnen im Interesse der Bediensteten gelegenen Themen informiere, so schädige dies jedenfalls die Stärke der Personalvertretung. Es werde in einem solchen Fall nicht mehr möglich sein, dem Dienstgeber das Bild einer geschlossen auftretenden Personalvertretung zu vermitteln, vielmehr werde der Dienstgeber versuchen, sich die internen Unstimmigkeiten zunutze zu machen, um seine eigenen Interessen durchzusetzen. Aus diesem Grunde hätten etwaige in der Personalvertretung bestehende Meinungsdifferenzen zu einzelnen Sachthemen in den zuständigen Ausschüssen - wo auch darüber abgestimmt werden könne - beraten zu werden, seien aber keinesfalls dem Dienstgeber bekanntzugeben, da es sich hiebei um Angelegenheiten im Sinne des § 40 Abs. 1 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994 handle, die im Interesse der Ziele der Personalvertretung gelegen seien und solcherart von der im § 40 normierten Verschwiegenheitspflicht umfasst seien. Die Bedeutung dieser Verschwiegenheitspflicht habe der Gesetzgeber durch die Normierung der doch weitreichenden Konsequenzen (Aberkennung des Mandates) bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht klar zum Ausdruck gebracht. Der Beschwerdeführer habe durch die gegenüber Stadtrat W, welcher zweifellos als Repräsentant des Dienstgebers anzusehen sei, getätigten Äußerungen bezüglich der behaupteten nachlässigen Vorgangsweise des Vorsitzenden des Dienststellenausschusses W sowie bezüglich der in diesem Dienststellenausschuss vorhandenen Meinungsverschiedenheiten diesen über Angelegenheiten, die im Interesse der Ziele der Personalvertretung gelegen seien, informiert. Dadurch habe der Beschwerdeführer die ihm gemäß § 40 Abs. 1 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994 als Personalvertreter obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt. Der Vollständigkeit halber sei noch festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer erwähnte Weisungsfreiheit eines Personalvertreters im Sinne des § 38 Abs. 1 Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994 selbstverständlich bestehe, jedoch in keinerlei Zusammenhang mit der ihn gemäß § 40 treffenden Verschwiegenheitspflicht stehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 634/02-9, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur weiteren Behandlung abgetretene und über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 40 Abs. 1 G-PVG Stmk. sind die Personalvertreter zur Verschwiegenheit über alle ihnen ausschließlich in Ausübung dieser Funktion bekannt gewordenen Dienst- und Betriebsgeheimnisse, insbesondere über die ihnen als geheim bezeichneten Angelegenheiten, technischen Einrichtungen, Verfahren und Eigentümlichkeiten des Dienstbetriebes, sowie über alle Angelegenheiten, die im Interesse der Ziele der Personalvertretung und im Interesse der Bediensteten gelegen sind, verpflichtet.

Gemäß § 40 Abs. 4 G-PVG Stmk. kann der Dienststellenausschuss - sofern ein Zentralausschuss besteht, dieser - dem Personalvertreter, der die ihm obliegende Verschwiegenheitspflicht verletzt hat, sein Mandat aberkennen. Die Entscheidung des zuständigen Ausschusses kann durch kein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden; auf das Verfahren finden die Bestimmungen des AVG 1991 sinngemäß Anwendung.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde habe - abgesehen von der Einholung der Stellungnahme des Beschwerdeführers - überhaupt kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme ausgeführt habe, er habe das mit Stadtrat W geführte Gespräch gesucht, um entgegen der Ansicht des Vorsitzenden des gemeinsamen Dienststellenausschusses einige Regelungen zu Gunsten der Bediensteten doch korrigieren bzw. umsetzen zu können. Es bleibe unverständlich, weshalb die belangte Behörde - ohne irgendein Ermittlungsverfahren durchgeführt zu haben - zu den von ihr getroffenen Feststellungen gelangt sei. Werde in der Begründung ferner ausgeführt, dass auch durch den Sekretär des Stadtrates, Mag. G, der Inhalt des Gespräches dem Anzeiger gegenüber bestätigt worden sei, so sei offensichtlich, dass der Anzeiger lediglich auf Grund von informellen Auskünften, die er von Mag. N. erfahren habe, vom Inhalt des Gespräches erfahren habe, also nur vom "Hörensagen". Es könne doch von der belangten Behörde nicht ernsthaft ein angeblicher Gesprächsinhalt festgestellt werden, den der Antragsteller selbst "über drei Ecken" erfahren haben wolle, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren abzuhalten.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass es zwar zutrifft, dass die Behörde grundsätzlich gemäß § 37 des gemäß § 40 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Personalvertretung in den steirischen Gemeinden (Gemeinde-Personalvertretungsgesetz 1994), LGBl. Nr. 37/1994 (in der Folge: G-PVG Stmk.) anzuwendenden AVG zur amtswegigen Ermittlung des für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltes verpflichtet ist; eine Pflicht zu weiteren Ermittlungen besteht jedoch dort nicht, wo der entscheidungswesentliche Sachverhalt dem Vorbringen der Partei selbst entnommen wurde oder von dieser unbestritten blieb. Im Beschwerdefall wurde dem Beschwerdeführer der Inhalt der Anzeige mit dem ihm zur Last gelegten Inhalt des Gespräches - wie es oben wiedergegeben wurde - zur Kenntnis gebracht. Er hat in der Folge den in der Anzeige dargestellten Sachverhalt in seiner Stellungnahme vom 30. Jänner 2002 nicht nur nicht in Abrede gestellt, sondern sogar dadurch bestätigt, dass er selbst wiederholt, dass Gegenstand des Gespräches (u.a.) die zwischen ihm und dem Vorsitzenden des gemeinsamen Dienststellenausschusses W, H., zu einzelnen von ihm aufgelisteten Themengebieten bestehenden Auffassungsunterschiede waren. Der Sachverhalt, wie er dem Beschwerdeführer in dem mit der Aufforderung zur Stellungnahme übermittelten Antrag des stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralausschusses B vom 15. Jänner 2002 enthalten war und von der belangten Behörde in der Folge im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde, wurde somit inhaltlich von ihm bestätigt. Dass der Inhalt des Gespräches tatsächlich unrichtig wiedergegeben worden wäre, hat der Beschwerdeführer weder in der Berufung noch auch in der Beschwerde konkret behauptet; sollte das Vorbringen in der Beschwerde, welches die Wiedergabe des Gespräches - ohne konkrete Gegendarstellungen anzubieten - lediglich in Frage stellt, als Bestreitung der Richtigkeit der Wiedergabe des mit Stadtrat W geführten Gespräches zu verstehen sein, so wäre ein derartiges Vorbringen als Neuerung anzusehen, die vom Verwaltungsgerichtshof im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG ohnedies nicht aufgegriffen werden könnte.

Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er meint, der Antrag auf Aberkennung seines Personalvertretungsmandates sei lediglich auf "Hörensagen" gegründet gewesen, wird in diesem - dem Beschwerdeführer zugestellten - Antrag doch darauf verwiesen, dass der Anzeiger von Stadtrat W selbst über den Inhalt des Gespräches informiert worden war. Es kann also keine Rede davon sein, dass der Antragsteller den Gesprächsinhalt "über drei Ecken erfahren haben will". Es erweist sich aus den dargelegten Gründen sohin nicht als rechtswidrig, wenn die belangte Behörde den wesentlichen Inhalt des mit Stadtrat W geführten Gespräches auf Grund des Antrages vom 15. Jänner 2002 und der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 30. Jänner 2002 festgestellt und ihrer rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt hat.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides macht der Beschwerdeführer geltend, hinter dem Antrag auf Aberkennung des Mandates des Beschwerdeführers stehe offensichtlich die Motivation, ihn rechtzeitig vor der nächsten Personalvertretungswahl als Konkurrenten des derzeitigen Vorsitzenden des Dienststellenausschusses W auszuschalten. Die belangte Behörde habe übersehen, dass Stadtrat W neben seiner Tätigkeit als für Personalfragen zuständiges Mitglied des Stadtsenates und für die Wirtschaftsbetriebe zuständiger Referent auch SPÖ-Parteivorsitzender der Stadt Graz sei. Der Beschwerdeführer habe in seiner Funktion als Mandatar der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter mit seinem politischen "Fraktionsvorsitzenden" ein Gespräch geführt, bei dem er auch Personalvertretungsbelange zur Sprache gebracht habe. Die Geheimhaltungsverpflichtung des § 40 G-PVG Stmk. könne aber nicht extensiv dahingehend interpretiert werden, dass Personalvertreter mit Vertretern der Arbeitgeber überhaupt nicht mehr sprechen bzw. verkehren könnten. Auch habe die belangte Behörde übersehen, dass der § 40 Abs. 4 G-PVG Stmk. eine "Kann-Bestimmung" sei, die so auszulegen sei, dass eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht nicht automatisch die Aberkennung des Mandates nach sich ziehe. Im Beschwerdefall sei jedenfalls selbst dann, wenn man von einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ausgehe - was allerdings weiter bestritten werde -, die Aberkennung des Mandates auf Grund der Lage des gegenständlichen Falles nicht gerechtfertigt. Vielmehr hätten die näheren Umstände überprüft werden müssen, die zu einer Geheimhaltungspflichtverletzung geführt hätten. Auf Basis der getroffenen Feststellungen habe der Beschwerdeführer nicht gegen den Schutzzweck der Norm verstoßen.

Für die Annahme, die belangte Behöre hätte die Doppelfunktion des Stadtrates W "übersehen", besteht kein Anhaltspunkt; vielmehr hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid gerade diesen Umstand ausdrücklich festgestellt. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht ändert aber die Funktion des Stadtrates W als Parteivorsitzender der SPÖ Graz nichts an dessen Eigenschaft als (mit Personalfragen betrauter) Dienstgebervertreter, dem gegenüber die in § 40 Abs. 1 G-PVG Stmk. normierte Geheimhaltungspflicht einzuhalten gewesen wäre. Diese Verpflichtung schließt es auch keineswegs aus, mit Arbeitgebervertretern zu "verkehren", sie schränkt lediglich die zulässigen Informationen auf jene ein, die nicht von der Geheimhaltungspflicht umfasst sind.

Dennoch erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als berechtigt. Der Geheimhaltung unterliegen im Sinne des § 40 Abs. 1 G-PVG Stmk. u.a. alle Angelegenheiten, die im Interesse der Ziele der Personalvertretung und im Interesse der Bediensteten gelegen sind, die dem zur Geheimhaltung verpflichteten Personalvertreter überdies "ausschließlich in Ausübung dieser Funktion bekannt geworden" sein müssen. Die Behörde hätte sich daher im Rahmen ihrer rechtlichen Überlegungen damit auseinandersetzen müssen, inwieweit die Tatsachen und Behauptungen, die Gegenstand des oben bezeichneten Gesprächs gewesen waren, "Geheimnisse" waren, welche dem Gesprächspartner des Beschwerdeführers bisher verborgen gewesen und erst durch den Beschwerdeführer, sowie diesem selbst nur durch seine Stellung als Personalvertreter, bekannt geworden waren oder nicht ohnehin seinem Gesprächspartner oder einem weiteren Personenkreis bekannte Tatsachen waren. Ungeklärt blieb ferner, ob und bejahendenfalls wie die inkriminierte Preisgabe dieser Tatsachen, die ja offenkundig keine "als geheim bezeichneten Angelegenheiten, technische Einrichtungen, Verfahren und Eigentümlichkeiten des Dienstbetriebes" betrafen, geeignet gewesen wäre, "Ziele der Personalvertretung" oder das "Interesse der Bediensteten" nachteilig zu berühren. Es genügte daher nicht, bloß die erfolgte Preisgabe von Tatsachen festzustellen, sondern diese hätte zudem auch mit den zu schützenden Interessen bzw. den Zielen des normierten Geheimnisschutzes in Beziehung zu gesetzt werden müssen. Insoweit haftet dem angefochtenen Bescheid ein auf das Verkennen der Rechtslage zurückzuführender Begründungsmangel an, dem Entscheidungswesentlichkeit zukommt.

Auch rügt der Beschwerdeführer zu Recht, es fehlte eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob es - selbst im Falle der Annahme einer Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung durch den Beschwerdeführer - der Sanktion einer Mandatsaberkennung bedurft hätte. Die Bestimmung des § 40 Abs. 4 G-PVG Stmk. ist eine "Kann"- Bestimmung, die den Dienststellenausschuss resp. den Zentralausschuss zu der dort normierten Vorgangsweise ermächtigt. Macht das zuständige Organ - wie im Beschwerdefall - von dieser Ermächtigung Gebrauch, so hat es sich auch mit der Frage zu befassen, ob bzw. aus welchen Gründen der zur Last gelegte Verstoß derart schwerwiegend erscheint, dass die Mandatsaberkennung gerechtfertigt erscheint. Mit der Schwere der begangenen Verschwiegenheitsverletzung - wenn eine solche bejaht werden sollte - ihrer Art nach und mit der Schwere des den Beschwerdeführer treffenden Verschuldens hat sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt. Die bloße Wiederholung des Gesetzestextes enthebt die belangte Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, in diesem Sinne eine konkrete Begründung für ihre Entscheidung zu geben.

Da die belangte Behörde im aufgezeigten Sinne die Rechtslage verkannte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. September 2005

Schlagworte

Begründung von Ermessensentscheidungen Besondere Rechtsgebiete Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Ermessen Verfahrensbestimmungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004090035.X00

Im RIS seit

20.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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