TE OGH 1988/1/26 5Ob6/88

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Veröffentlicht am 26.01.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Ing. Gerhard H***, Angestellter, Wien 6, Amerlingstraße 1/9, vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Brunhilde S***, Hauseigentümerin, 2.) Franz S***, Hauseigentümer, beide Wien 17, Ortliebgasse 25, vertreten durch Dr. Ekardt Blahut, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8, § 44 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 17. September 1987, GZ 41 R 115/87-29, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Juli 1986, GZ 42 Msch 49/84-25, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben ihre gesamten Verfahrenskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist Hauptmieter der Wohnung top. Nr. 9 in dem den Antragsgegnern gehörenden Haus Wien 6, Amerlingstraße 1. Er begehrte die Feststellung, daß die zwischen den Parteien getroffene Hauptmietzinsvereinbarung insoweit rechtsunwirksam sei, als der monatliche Hauptmietzins für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 1982 den Betrag von je S 1.600,50 übersteige. Bei Mietvertragsabschluß habe das Badezimmer sich nicht in brauchbarem Zustand befunden und nicht dem zeitgemäßen Standard entsprochen. Die Antragsgegner bestritten das Vorbringen des Antragstellers und beantragten die Abweisung des Antrages.

Nachdem die Entscheidung der Schlichtungsstelle infolge rechtzeitiger Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegner außer Kraft getreten war, wies das Erstgericht den Antrag im zweiten Rechtsgang mit Sachbeschluß ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Das Haus Wien 6, Amerlingstraße 1 wurde etwa 1888 erbaut und steht seit 1972 zu gleichen Teilen im Eigentum der Antragsgegner. Die Wohnung top. Nr. 9, die 97 m2 groß ist, besteht unter anderem aus einem 5,4 m x 2,2 m großen Raum, dessen eine Schmalseite ein Fenster in den Hof, dessen andere Schmalseite eine Tür und dessen eine Längsseite ebenfalls eine Tür aufweist; durch die Tür in der Schmalseite gelangt man in ein straßenseitiges Zimmer, durch die Tür in der Längsseite in die hofseitige Küche.

Etwa im Jahre 1927, jedenfalls aber vor dem Jahre 1935, wurde dieser ursprünglich als Kabinett bezeichnete Raum durch Einziehung einer Holzwand in zwei etwa gleich große, annähernd quadratische Räume geteilt, wobei der dem Fenster abgewandte Teil als Bad Verwendung finden sollte. Die Holzwand enthielt auch eine Tür, durch die man den als Dienerzimmer bezeichneten Raumteil beim Fenster betreten konnte, während das Bad von der Küche und vom Zimmer aus zu betreten war. Die Holzwand war im oberen Teil verglast, sodaß eine natürliche Belichtung gegeben war. Die übrigen drei Wände des als Bad verwendeten Raumteils wurden ebenso wie dessen Boden verfliest. Ob für diese Umgestaltung damals eine baubehördliche Bewilligung eingeholt wurde, konnte nicht mehr festgestellt werden. Mit Mietvertrag vom 5. September 1974 wurde die Wohnung nach dem Tod des Vormieters an Mag.arch. Hans Friedger K*** vermietet. Vereinbart wurde ein wertgesicherter monatlicher Hauptmietzins von nett0 S 1.500,--. Weiters wurde dem Mieter ein Weitergaberecht für 8 Jahre "zu denselben Mietzinsbedingungen" eingeräumt. Nach dem Vertrag bestand der Mietgegenstand aus: "2 Zimmer, 2 Kab., Vorz., Küche, WC, Wasser innen, Kellerabt.". Das Badezimmer befand sich in dem oben geschilderten baulichen Zustand; die Fliesen waren teilweise schadhaft. Im Badezimmer waren eine alte gußeiserne Badewanne, die frei stand, ein Steingutwaschbecken und ein Durchlauferhitzer vorhanden. Das Waschbecken wurde mittels eines schwenkbaren Zuflußhahnes mit Heißwasser und mittels eines eigenen Hahnes mit Kaltwasser versorgt; die Badewanne hatte einen eigenen Kaltwasserhahn, das Heißwasser mußte mittels eines Brauseschlauches vom Durchlauferhitzer hineingeleitet werden. Eine Mischbatterie gab es weder für die Badewanne noch für das Waschbecken. Eine direkte Entlüftung fehlte. Die Beheizung erfolgte durch einen Heizstrahler. Mag.arch. K*** ersetzte die gußeiserne Badewanne durch eine neue, ließ aber die alte im Badezimmer stehen. Ander Veränderungen nahm er im Badezimmer nicht vor. Er benützte das Bad ohne Schwierigkeiten.

Im Jahre 1976 zog Mag.arch. K*** aus und präsentierte der Hausinhabung in Ausübung seines Weitergaberechtes den Antragsteller als neuen Mieter. Zwischen Mag.arch. K*** und dem Antragsteller wurde eine Investitionsablöse von S 100.000,-- vereinbart. Am 28. September 1976 schlossen die Parteien einen Mietvertrag, wobei der Mietgegenstand wörtlich genauso umschrieben wurde wie im Vertrag mit dem Vormieter; der wertgesicherte monatliche Hauptmietzins wurde mit S 1.800,-- netto vereinbart.

Weiter heißt es in dem Vertrag: "Die Hausinhabung ist einverstanden, daß der Hauptmieter auf seine Kosten - ohne eine spätere Gegenverrechnung - eine Gas-Etagenheizung, eine Umgestaltung des Badezimemrs usw. vornehmen kann." Das Badezimmer befand sich zu diesem Zeitpunkt in dem gleichen Zustand wie oben angeführt, lediglich die von Mag.arch. K*** eingebrachte Badewanne war nicht mehr vorhanden; was mit ihr geschehen ist, konnte nicht mehr festgestellt werden. Statt ihrer stand die gußeiserne Badewanne an ihrem alten Platz. Der Boden des Badezimmers war an einer kleinen Stelle eröffnet; der Siphon der Badewanne ragte in die Beschüttung des Bodens hinein. Daß der Durchlauferhitzer für die Badewanne unterdimensioniert war, konnte nicht festgestellt werden. Der Abfluß aus dem Waschbecken und der Badewanne ließ zu wünschen übrig; insbesondere sammelte sich aus dem Waschbecken abgelassenes Wasser zunächst in der Badewanne, um von dort erst endgültig abzurinnen. Ursache hiefür war jedoch nicht ein zu schmal dimensioniertes Abflußrohr, sondern dessen schlechte Wartung.

Der Antragsteller forderte die Hausinhabung nicht auf, die Mängel im Badezimmer zu beheben. Er richtete das Badezimmer vielmehr, wie geplant, komplett neu ein. Dabei mußten auch Bauarbeiten vorgenommen werden, weil sich herausstellte, daß das Badezimmer seinerzeit ohne Isolierung gegen die darunterliegende Holzdecke errichtet worden war. Zu diesem Zweck nahm ein Sachverständiger am 3. September 1979 im Auftrag des Antragstellers vor Baubeginn eine Begutachtung der Deckenkonstruktion unter dem Badezimmer vor, bei der festgestellt wurde, daß die Träger und die Beschüttung in einwandfreiem, insbesondere auch feuchtigkeitsfreiem Zustand waren. Weiters wurde von dem Sachverständigen im Mai 1981 nach Baudurchführung festgestellt, daß die verwendeten Materialien den Anforderungen der Wiener Bauordnung hinsichtlich Trittschalldämmung und Feuchtigkeitsabdichtung entsprechen. Der Antragsteller ließ in dem Badezimmer ferner eine Zwischendecke einziehen und nützte den darüberliegenden Raum für eine Sauna, die über eine Holzstiege erreichbar ist.

Auf Betreiben der Antragsgegner schaltete sich die Baubehörde ein. Es stellte sich heraus, daß für ein Badezimmer überhaupt keine Baubewilligung vorhanden war. Der Antragsteller beantragte daher am 25. Mai 1981 eine Baubewilligung für das Badezimmer mit Sauna, die am 28. Jänner 1982 auch erteilt wurde.

Mit Schreiben vom 29. April 1981 teilte der Antragsteller den Antragsgegnern mit, daß er die Umbauarbeiten im Badezimmer im Vertrauen auf dessen konsensgemäßen Zustand getätigt habe. Die mangels dieses Zustandes erforderliche Baugenehmigung wolle er selbst beantragen, die Kosten für die Einreichung, geschätzt mit S 15.000,-- sollten aber die Antragsgegner tragen. Mit den Schreiben vom 29. April, 6. Mai und 8. Mai 1981 lehnten dies die Antragsgegner durch ihren Vertreter Rechtsanwalt Dr. P*** unter Hinweis darauf ab, daß laut Mietvertrag kein Badezimmer vermietet worden sei. Sie schrieben dem Antragsteller für 1982 weiterhin S 2.231,-- an Mietzins vor, welche Summe dieser auch zahlte.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 1981, den Antragsgegnern zugegangen am 31. Dezember 1981, forderte der Antragsteller die Ermäßigung des Hauptmietzinses, weil die Wohnung der Kategorie C zuzuordnen sei. Mit Schreiben vom 1. Februar 1982, den Antragsgegnern zugegangen am 3. Februar 1982, erhob der Antragsteller dieselbe Forderung nochmals; darin bezifferte er den seiner Meinung nach gerechtfertigten Hauptmietzins mit monatlich S 1.600,50 netto.

Diesen Sachverhalt unterzog das Erstgericht nachstehender rechtlichen Beurteilung:

Gemäß § 44 Abs 2 Z 2 MRG könne der Hauptmieter einer vor dem 1. Jänner 1982 gemieteten Wohnung vom Vermieter die Ermäßigung des vorher vereinbarten Hauptmietzinses begehren, wenn dieser den nach § 16 Abs 2 Z 1 bis 4 MRG zulässigen Betrag um mehr als die Hälfte übersteigt. Nach § 16 Abs 3 MRG komme es für die Zuordnung zu den Kategorien des § 16 Abs 2 MRG auf die Ausstattung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages an. Darunter sei nur der Beginn eines neuen Mietverhältnisses zu verstehen, nicht aber der Eintritt eines neuen Mieters in einen bestehenden Vertrag, sei es auf Grund des Gesetzes oder in Ausübung eines Weitergaberechtes (Würth-Zingher, MRG2, Anm. 2 und 36 zu § 16). Als Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages sei daher der 5. September 1974 anzusehen, an welchem Tag der Vormieter Mag.arch. K*** den Vertrag mit den Antragsgegnern geschlossen hat.

Gemäß § 16 Abs 2 Z 2 MRG liege eine Wohnung der Kategorie B dann vor, wenn sie aus Zimmer, Küche, Vorraum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) bestehe. Im gegenständlichen Fall habe das Badezimmer nicht dem zeitgemäßen Standard des Jahres 1974 entsprochen, weil es insbesondere an einer zeitgemäßen Wasserzuleitung (Mischbatterie), einer Schlauchbrause, einer direkten Entlüftung und einer Rundumverkachelung gefehlt habe und überdies die vorhandene Verkachelung schadhaft gewesen sei. Die mangelnde direkte Entlüftung falle auch deshalb besonders ins Gewicht, weil dadurch die Gefahr einer Durchfeuchtung der Holztrennwand gegeben gewesen sei. Für die Beurteilung des zeitgemäßen Standards könnten auch die Bauvorschriften und Förderungsrichtlinien herangezogen werden (MietSlg. 36.326). So seien nach der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 12. Dezember 1972, LGBl. 1973/3, mit der unter anderem die normale Ausstattung geförderter Baulichkeiten festgelegt wurde, Baderäume unter anderem mit Brausebad oder Wanne mit Schlauchbrause, Waschtisch mit Mischbatterie für Kalt- und Warmwasserversorgung sowie dauerhafter Wandverkleidung auszustatten gewesen. Dieser Beurteilung tue es keinen Abbruch, daß das Badezimmer, wie die Antragsgegner behauptet hätten und auch der Sachverständige bestätigt habe, durchaus in einem benützungsfähigen und für Altbauten auch ortsüblichen Zustand gewesen sei. Zum fraglichen Zeitpunkt sei daher die Voraussetzung für eine Einstufung der Wohnung in die Kategorie B nicht vorgelegen. Anhaltspunkte für eine Anwendung des § 16 Abs 3 zweiter Satz MRG (Aufwiegen eines fehlenden Ausstattungsmerkmals durch ein anderes) biete der Sachverhalt nicht, insbesondere könne weder die Renovierung des Hauses noch eine allenfalls günstige Lage noch ein Weitergaberecht als Ausstattungsmerkmal zu diesem Zweck herangezogen werden, weil diese - wenn auch für die Mietzinsbildung bedeutsamen - Umstände nicht im § 16 Abs 2 Z 1 bis 3 MRG genannt seien (MietSlg. 36.313). Nach neuerer Rechtsprechung (MietSlg. 35.328/32, 36.334) sei nicht nur auf den tatsächlichen, sondern auch auf den nach dem Inhalt des Vertrages vom Vermieter herzustellenden Zustand der Wohnung abzustellen. Diese Pflicht des Vermieters werde aber nach der jüngsten Rechtsprechung (Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in MietSlg. 36.333, bestätigt durch den Obersten Gerichtshof in MietSlg. 37.330; siehe ferner Oberster Gerichtshof in ImmZ 1985,

425) von einer Anzeige des Mieters abhängig gemacht. Die Bestimmung des § 16 Abs 2 Z 4 MRG sei analog auch auf die anderen Kategorien anzuwenden. Unbestrittenermaßen habe der Antragsteller die behaupteten und vorhandenen Mängel nicht zur Anzeige gebracht. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers teilweise Folge und sprach mit Sachbeschluß aus, daß die zwischen den Parteien getroffene Hauptmietzinsvereinbarung insoweit rechtsunwirksam sei, als der monatliche Hauptmietzins für den Zeitraum 1. März bis 31. Dezember 1982 den Betrag von S 1.600,50 übersteige. Es führte aus:

Das mit Schreiben vom 29. Dezember 1981 durch den Antragsteller gestellte Ermäßigungsbegehren sei unwirksam. Die Wirksamkeit einer derartigen Erklärung setze nämlich voraus, daß eine solche Erklärung bereits im Wirkungsbereich des MRG (also nach dem 31. Dezember 1981) dem Vermieter zugekommen sei. Sei das Herabsetzungsbegehren aber unwirksam, dann könne es auch zum nächstfolgenden Zinstermin keine Wirkung entfalten (MietSlg. 37.573). Bedenke man, daß der Antragsteller sein Begehren auf Herabsetzung mit einem weiteren, den Antragsgegnern am 3. Februar 1982 zugekommenen Schreiben gestellt habe, so sei damit wirksam ein Herabsetzungsbegehren des Hauptmietzinses ab dem auf die Zustellung folgenden Zinstermins, also ab 1. März 1982, gestellt worden.

Gemäß § 44 Abs 2 MRG könne der Hauptmieter einer vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes gemieteten Wohnung vom Vermieter die Ermäßigung des vorher vereinbarten Hauptmietzinses begehren, wenn für die Wohnung im Zeitpunkt der Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses die in § 16 Abs 1 Z 2 bis 6 MRG genannten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben und wenn der vereinbarte Mietzins den Betrag um mehr als die Hälfte übersteigt, der sich für die Wohnung nach ihrer Größe und Ausstattung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages oder einer späteren vom Vermieter finanzierten Standardverbesserung nach § 16 Abs 2 MRG als Hauptmietzins errechnet. Dafür, daß die in § 16 Abs 1 Z 2 bis 6 MRG genannten Voraussetzungen vorgelegen hätten, gebe es keinerlei Vorbringen noch sonst Anhaltspunkte. Zur Beurteilung der weiteren Voraussetzung für eine Ermäßigung des Hauptmietzinses im Sinne des § 44 Abs 2 Z 2 MRG sei gemäß § 16 Abs 3 MRG der Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages maßgeblich. Unter dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages sei nur der Beginn eines neuen Mietverhältnisses zu verstehen, nicht aber der bloße Eintritt eines neuen Mieters in einen bestehen Vertrag (Vertragsübernahme). Diesbezüglich habe das Erstgericht die auch von beiden Teilen unangefochtene Feststellung getroffen, daß der Vormieter des Antragstellers den nunmehrigen Antragsteller in Ausübung seines Weitergaberechtes den Antragsgegnern als neuen Mieter präsentiert habe, sodaß - ebenfalls von den Streitteilen unbekämpft - zur Beurteilung der Ausstattungskategorie der Zeitpunkt des Abschlusses des Mietverhältnisses des Vormieters des Antragstellers mit den Antragsgegnern am 5. September 1974 maßgeblich sei (Würth-Zingher, MRG2, Anm. 2 und 36 zu § 16).

Ausgehend davon sei nun zu beurteilen, ob der Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 5. September 1974 eine Unterordnung unter die Bestimmung des § 16 Abs 2 Z 2 (Kategorie B) oder aber Z 3 (Kategorie C) MRG zulasse. Die Beurteilung des zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit hänge vor allem davon ab, ob das Badezimmer den damals geltenden Bauvorschriften und die Wasserzu- und ableitung dem damaligen Standard in Altbauten entsprochen habe, also davon, wie eine Badegelegenheit bei Installierung einer solchen in einem Altbau ausgestattet worden sei bzw. nach den damals geltenden Bauvorschriften habe ausgestattet sein müssen. Bei der Auslegung des Begriffes "zeitgemäßer Standard" eines Baderaumes im Sinne des § 16 Abs 2 Z 1 und 2 MRG könnten die im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Bauvorschriften und Förderungsrichtlinien herangezogen werden (vgl. Würth in ImmZ 1982, 132), da sie in ihrer jeweiligen Forderung nach der bautechnischen Ausführung und technischen Ausstattung eines Baderaumes auf die Bedürfnisse der Hygiene und des Schall-, Wärme-, Feuchtigkeits-, Abgas- und Unfallschutzes, aber auch auf den zur Erzielung größter Wirtschaftlichkeit vertretbaren Baukostenaufwand Bedacht nehmen und durch die konkrete Angabe der Ausführungs- und Ausstattungsqualität den jeweiligen Inhalt des fortlaufend Wandlungen unterworfenen Begriffes "zeitgemäßer Standard" im Sinne eines allgemeinen Richtmaßes wiedergeben, das den herrschenden Verkehrsauffassungen entspricht (MietSlg. 36.326). Bei der Beurteilung des zeitgemäßen Standards sei nicht bloß darauf abzustellen, ob das Bad als Badegelegenheit brauchbar sei bzw. ohne Schwierigkeiten als Badegelegenheit benützt werden könne, sondern darauf, ob das Bad für den maßgeblichen Zeitpunkt den Durchschnittsanforderungen im großstädtischen Bereich entspreche (MietSlg. 36.327). Beurteile man nun die vom Erstgericht beschriebene Badegelegenheit, so sei ein zeitgemäßer Standard bei Abschluß des Mietvertrages nicht gegeben gewesen. Zweifellos habe es im September 1974 schon nach der damaligen Verkehrsauffassung zu einer zeitgemäßen Ausstattung eines Baderaumes gehört, daß der Boden des Badezimmers gegen die darunter befindliche Tramdecke gegen Feuchtigkeit isoliert gewesen sie (vgl. dazu § 103 Abs 5 früher Abs 3 Wiener Bauordnung). Schon allein wegen dieses Umstandes könne nicht von einer im September 1974 dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit - auch in Altbauten - gesprochen werden. Aber auch wenn man die weiteren Feststellungen des Erstgerichtes in bezug auf die Abtrennung des Baderaumes auf einer Seite mit einer Holzwand und die Verhältnisse hinsichtlich der Belüftung des Baderaumes berücksichtige, entspreche dies nicht dem 1974 zeitgemäßen Standard. Dabei spiele der Umstand, daß das Bad nach Anmietung des Objektes am 5. September 1974 ohne Schwierigkeit verwendet wurde, keine Rolle.

Da der Baderaum schon zum Zeitpunkt der Anmietung im Jahre 1974 hinsichtlich der Feuchtigkeitsisolierung nicht zeitgemäß war, erübrige sich ein Eingehen auf die Frage, ob die Installationen im Badezimmer zeitgemäß bzw. funktionstüchtig gewesen seien, und damit im Zusammenhang, ob der Mieter seiner Verpflichtung zur Anzeige der mangelnden Brauchbarkeit im Sinne des § 16 Abs 2 Z 4 MRG, welche Bestimmung auch hinsichtlich der in § 16 Abs 2 Z 2 bis 3 MRG enthaltenen Ausstattungsmerkmale analog anzuwenden sei, entsprochen habe (MietSlg. 36.333).

Infolge Fehlens einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit im Zeitpunkt der Vermietung am 5. September 1974 - das Ausstattungsmerkmal einer Badegelegenheit könne durch andere Ausstattungsmerkmale einer höheren Kategorie nicht aufgewogen werden (§ 16 Abs 3 MRG) - sei die hier in Rede stehende Wohnung zum für die Kategorieeinstufung maßgeblichen Zeitpunkt unter § 16 Abs 2 Z 3 MRG zu subsumieren. Unter Zugrundelegung einer Nutzfläche von 97 m2 sei die Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses im Jahre 1982 insoferne unwirksam, als der monatliche Hauptmietzins S 1.600,50 übersteige (S 11,-- x 97 = S 1.067,-- + 50 % = S 1.600,50).

Während sich der Antragsteller mit dem teilweisen Erfolg seines Rechtsmittels zufrieden gab, wenden sich die Antragsgegner mit Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof. Sie beantragen die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses. Der Antragsteller beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Die zutreffende Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die in der verfahrensgegenständlichen Wohnung vorhanden gewesene Badegelegenheit in dem hiefür maßgeblichen Zeitpunkt (5. September 1974) nicht dem zeitgemäßen Standard entsprochen hat (zum Begriff des zeitgemäßen Standards vgl. aus letzter Zeit etwa noch MietSlg. 38.346), wird von den Antragsgegnern nicht mehr in Zweifel gezogen. Es wurde auch bereits entschieden

(MietSlg. 35.463/27, 36.546), daß es einem Hauptmietzinsermäßigungsbegehren nach § 44 Abs 2 und 3 MRG nicht entgegensteht, daß die vor dem 1. Jänner 1982 getroffene Hauptmietzinsvereinbarung im Sinne des § 16 Abs 1 Z 7 MRG zulässig gewesen wäre.

Die Antragsgegner werfen dem Rekursgericht im Revisionsrekurs ausschließlich vor, nicht beachtet zu haben, daß der Antragsteller seine in § 16 Abs 2 Z 4 MRG normierte, in bezug auf die Ausstattungsmerkmale der Wohnungskategorien B und A analog geltende (MietSlg. 37.329, 38.353 u.a.) Anzeigepflicht, deren Bestehen vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch in den Fällen des § 44 Abs 2 und 3 MRG bejaht werde (MietSlg. 38.351 u.a.), nicht erfüllt habe. Entscheidend sei, daß im gegenständlichen Fall das Ausstattungsmerkmal Badegelegenheit nicht gefehlt, sondern bloß dem zeitgemäßen Standard nicht entsprochen habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

Den Antragsgegnern ist einzuräumen, daß die in § 16 Abs 2 Z 4 MRG in Ansehung der Wasserentnahmestelle und des Klosetts für den Fall der Unbrauchbarkeit dieser Ausstattungsmerkmale normierte Anzeigepflicht des Mieters nach der ständigen Rechtsprechung analog im Falle der Unbrauchbarkeit der Ausstattungsmerkmale der Wohnungskategorien B und A gilt und auch im Zusammenhang mit Ermäßigungsbegehren nach § 44 Abs 2 und 3 MRG bejaht wird. Es trifft ferner zu, daß die in Rede stehende Anzeigepflicht des Mieters bei Fehlen von Ausstattungsmerkmalen zu verneinen ist (MietSlg. 38.350/28, 38.351 u.a.). Hier geht es aber darum, daß das Ausstattungsmerkmal Badegelegenheit zwar als solches brauchbar gewesen sein mag, aber nicht dem zeitgemäßen Standard entsprach (vgl. zu dieser Unterscheidung bereits MietSlg. 38.346). Dieser Fall ist nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes dem Fehlen und nicht der bloßen Unbrauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals gleichzuhalten (ebenso bereits das Rekursgericht in MietSlg. 36.227). Hinsichtlich des fehlenden zeitgemäßen Standards der Badegelegenheit hat demnach eine Anzeigepflicht des Antragstellers im Sinne des § 16 Abs 2 Z 4 MRG gar nicht bestanden.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten aller drei Instanzen beruht auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG und §§ 41 ff ZPO.

Anmerkung

E12998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00006.88.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19880126_OGH0002_0050OB00006_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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