TE OGH 1988/1/26 2Ob681/87

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Veröffentlicht am 26.01.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Patrick M***, geboren am 15. Oktober 1979, wohnhaft Fratteweg Nr. 206, 6780 Schruns, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Bludenz als Amtsvormund, diese vertreten durch Dr. Ludwig Gassner, Rechtsanwalt in Bludenz, wider die beklagte Partei Med F***, Koch, zuletzt wohnhaft Rue Santonge 26, 75007 Paris, derzeit unbekannten Aufenthaltes, vertreten durch Dr. Eva Schneider, Rechtsanwalt in Bludenz, als mit Beschluß des Bezirksgerichtes Bludenz vom 12. Februar 1987 bestellter Kurator, wegen Vaterschaft und Unterhalt (S 30.800), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 3. Juni 1987, GZ 1 a R 134/87-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bludenz vom 27. Dezember 1986, GZ C 712/83-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 2.829,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 257,25) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht stellte den Beklagten als Vater des am 15. Oktober 1979 von Elisabeth Anna M*** unehelich geborenen Klägers fest und verpflichtete ihn zur Leistung eines Unterhaltsbeitrages von monatlich S 600; ein Unterhaltsbegehren von S 200 monatlich wies es ab. Folgende Feststellungen wurden getroffen:

Die gesetzliche Vermutungsfrist für die Vaterschaft des Beklagten fällt in die Zeit zwischen dem 17. Dezember 1978 als

302. Tag und dem 17. April 1979 als 180. Tag vor der Entbindung. Das Geburtsgewicht des Klägers betrug 2.500 Gramm, seine Körperlänge 50 cm und sein Kopfumfang 34 cm. Hinweise auf ein Übertragen oder auf eine Frühgeburt sind nicht gegeben. Elisabeth M*** war im Sommer 1978 nach Paris gekommen, wo sie eine Stelle als Au-pair-Mädchen antrat. Bald darauf machte sie die Bekanntschaft des Beklagten und ging mit ihm eine Lebensgemeinschaft ein, die bis Oktober 1983, also über 4 Jahre lang, bestand. Elisabeth M*** hatte nicht nur während der kritischen Empfängniszeit, sondern während der ganzen Dauer der Lebensgemeinschaft ausschließlich mit dem Beklagten Geschlechtsverkehr.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Voraussetzungen der Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind nach dessen Personalstatut, damit aufgrund der von der Mutter erworbenen Staatsbürgerschaft des Klägers nach österreichischem Recht zu beurteilen seien. Nach § 163 ABGB bestehe zufolge der Beiwohnung innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist die Rechtsvermutung für die Vaterschaft des Beklagten; diese Rechtsvermutung sei nicht widerlegt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es vertrat die Auffassung, daß zwar nach Artikel V Z 5 UeKindG im Vaterschaftsverfahren der Untersuchungsgrundsatz herrsche, weshalb die Verpflichtung bestehe, alle für die Entscheidung wichtigen Tatumstände völlig zu klären; dieser Untersuchungsgrundsatz gehe jedoch auch bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes nicht so weit, daß sämtliche erdenklichen Beweise aufgenommen werden müßten. Vielmehr stehe seine Handhabung im richterlichen, wenn auch pflichtgemäßen Ermessen. Schon aus den Fotos des Klägers gebe es keinen Zweifel über dessen marokkanische Merkmale. Eine weitere Untersuchung in diese Richtung sei nicht zielführend, weil der Aufenthalt des Beklagten nicht bekannt sei und eine Differenzierung in verschiedene Bevölkerungsgruppen Marokkos keine weiteren Aufschlüsse bringen könne.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt zwar der Grundsatz, daß ein Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens keinen Revisionsgrund darstellt, bei jenen Verfahrensarten, die - wie hier - der Offizialmaxime unterliegen, nicht zur Anwendung (EvBl 1957/191 ua); dies ändert aber nichts daran, daß der Untersuchungsgrundsatz nicht so weit geht, sämtliche erdenkliche Beweise aufnehmen zu müssen (EFSlg. 26.736 ua). Im übrigen gehört es zur Beweiswürdigung, wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, daß weitere Beweise an dem festgestellten Sachverhalt nichts ändern könnten (2 Ob 584/57;

7 Ob 633/87 uza). Auch im Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind darf in der Revision die Beweiswürdigung der Vorinstanzen nicht mehr bekämpft werden (3 Ob 544/80;

6 Ob 508/84 uza).

Es sind daher sämtliche Ausführungen der Revision, die darauf abzielen, die Ermittlungsgrundlage zu verbreitern, nicht geeignet, die ausführlich begründete und am sinnvollen Verfahrensaufwand orientierte Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen behaupteter Verfahrensmängel in Frage zu stellen. Die Frage, ob der Kläger "typisch arabische Eigenschaften" aufweist, erachtete das Berufungsgericht aufgrund der vorliegenden Verfahrensergebnisse und insbesondere der vorgelegten Fotos für geklärt. Für den vom Revisionswerber angestrebten weiteren Verfahrensaufwand besteht daher keine Veranlassung.

Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E12740

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00681.87.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19880126_OGH0002_0020OB00681_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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