TE OGH 1988/1/26 5Ob390/87

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Veröffentlicht am 26.01.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei

H*** MBH Nfg. KG, Deutschlandsberg,

Bahnhofweg 2, vertreten durch Dr.Dagmar Arnetzl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Helmut M***, Erdbewegungsunternehmer, Kirchberg in Tirol, Aschauerstraße II 402, vertreten durch Dr.Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen 1,113.048 S samt Anhang, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 25.September 1987, GZ 3 R 217/87-99, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22. Mai 1987, GZ 12 Cg 175/82-90, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 18.592,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 1.200 S an Barauslagen und 1.581,15 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der am 18.März 1982 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 1,113.048,91 S samt Anhang mit folgender wesentlicher Begründung: Die klagende Partei habe in den Jahren 1976 bis 1978 mit dem Magistrat der Stadt Wien (Forstverwaltung Naßwald), im folgenden kurz MA 49, diverse Verträge über Holzkäufe vorwiegend am Stock abgeschlossen. Die MA 49 habe der klagenden Partei in diesen Verträgen aufgetragen, gleichzeitig Forstaufschließungswege bzw. Wegverbreiterungen auf Rechnung der klagenden Partei herzustellen. Zur Durchführung dieser Arbeiten habe sich die klagende Partei unter anderem des Beklagten bedient. Am 13. August 1976 sei (zwischen den Streitteilen) der Vertrag über die wesentliche Bauvergabe mit einem Gesamtwert von 3,764.200 S abgeschlossen worden. Weitere kleinere Aufträge seien dem Beklagten mündlich erteilt worden, der hierüber Rechnung gelegt habe. Der Beklagte habe laufend Akontozahlungen erhalten. Am 14.November 1978 sei über das Vermögen der klagenden Partei beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz das Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Der Beklagte habe in der Folge der klagenden Partei vier mit 2. Jänner 1979 datierte Rechnungen über eine Rechnungssumme von insgesamt 2,172.281,71 S zur Zahlung vorgelegt. Diese Rechnungen seien bei der klagenden Partei am 19.März 1979 eingelangt. Die klagende Partei habe den Beklagten bereits mit Schreiben vom 22. November 1978 auf das Ausgleichsverfahren hingewiesen und aufgefordert, seine Forderung in diesem entsprechend anzumelden. Der Beklagte und die MA 49 seien überdies dahin belehrt worden, daß die MA 49 mangels Zustimmung der klagenden Partei keine Zahlungen (an den Beklagten) leisten könne. Für die Holzlieferungsverträge habe nämlich zwischen der klagenden Partei und der MA 49 eine "revolvierende Sicherstellung" bei der Sparkasse Deutschlandsberg bestanden, aufgrund derer die MA 49 nach Vorlage von Rechnungen jederzeit Beträge habe abrufen können. In den Bankgarantien sei aber von Wegebau-, Schlägerungs- und Bringungskosten nich die Rede gewesen. Entgegen der zwischen der MA 49 und der Sparkasse Deutschlandsberg getroffenen Vereinbarung habe der Beamte der Stadt Wien Dipl.-Ing.H*** insgesamt 14 Mill. S abgerufen und auf ein persönlichen Konto überweisen lassen, um ohne Wissen der Verantwortlichen der Stadt Wien dem Beklagten 2,172.281,71 S zukommen zu lassen. Unter Berücksichtigung einer späteren Gutschrift von 317.200,23 S habe die MA 49 sohin 1,855.081,51 S ungerechtfertigt an den Beklagten bezahlt. Richtigerweise wäre diese Forderung im Ausgleich anzumelden gewesen und hätte der Beklagte nur eine 40 %ige Quote seiner Forderung erhalten. Der von der klagenden Partei mit ihren Gläubigern geschlossene Ausgleich sei am 30. August 1979 vom Gericht bestätigt worden. Aus obiger Vorgangsweise resultiere - da ein Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen und nicht zwischen der MA 49 und dem Beklagten bestanden habe - eine Überzahlung an den Beklagten in der Höhe der Klageforderung. Der Klageanspruch werde auf alle in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen gestützt. Die Steiermärkische Sparkasse sei die Rechtsnachfolgerin der Sparkasse Deutschlandsberg. Sie habe allfällige Ansprüche gegen den Beklagten der klagenden Partei abgetreten.

Der Beklagte stellte außer Streit, Zahlungen von der Stadt Wien erhalten zu haben. Im übrigen bestritt er das Klagevorbringen und beantragte Klageabweisung. Die Stadt Wien besitze im Osten Österreichs große Waldungen. Sie sei bemüht, dieses Vermögen wirtschaftlich zu nutzen und zugleich zukunftsweisend zu erschließen. Zu diesem Zweck werde das hiebreife Stockholz veräußert und der daraus erzielte Erlös in Forstaufschließungswege investiert. Vertragspartner des Beklagten sei die Stadt Wien gewesen. Für von ihm fertiggestellte und von der Stadt Wien abgenommene Wegbaulose habe der Beklagte jeweils nach Rechnungslegung den Ersatz seiner Leistungen erhalten. Um die Finanzierung der notwendigen Forststraßen zu erleichtern, seien bisweilen die verschiedenen Holzverwertungs- und Einkaufsfirmen - zu diesen habe auch die klagende Partei gezählt - angewiesen worden, den Kaufpreis aus den Holzeinkäufen direkt an die von der Stadt Wien beauftragten Wegeeinrichtungsfirmen zu bezahlen. Aus buchhalterischen Gründen seien dann über Bitte der klagenden Partei Rechnungsabschriften übermittelt worden. Für die Holzkäufer, auch die klagende Partei, sei nach den Verträgen mit der Stadt Wien der Baufortschritt der Straße nicht relevant gewesen. Vertragsinhalt sei allein die Lieferung des Holzes und nicht die Erstellung von Wegen gewesen. Die klagende Partei habe der Stadt Wien zur Sicherung der Forderungen aus den Holzverkäufen eine Bankgarantie bestellen müssen. Diese Bankgarantie habe im vorliegenden Fall auf eine Summe von 13 Mill. S gelautet. Vor Ablauf dieser Bankgarantie und noch vor Eröffnung des Ausgleichsverfahrens seien die Forderungen des Beklagten an die Stadt Wien von letzterer beglichen worden. Hiebei sei die Liquidierung in der Weise erfolgt, daß die Beträge aufgrund der Bankgarantie von der Sparkasse Deutschlandsberg angefordert und von dieser auf das Konto der Stadt Wien überwiesen worden seien. Dies sei zu einem Zeitpunkt geschehen, als die Klägerin bereits "in Zahlungsstockung" gewesen sei. Es sei eine tägliche Abbuchung von 1 Mill. S bis zur Erschöpfung der Bankgarantie erfolgt. Aus den so erhaltenen Beträgen habe die Stadt Wien die Verbindlichkeiten gegenüber den Wegbaufirmen befriedigt. Der Beklagte habe die in verschiedenen Verträgen vereinbarten Arbeiten im November 1978 teilweise noch gar nicht begonnen gehabt bzw. zum Teil erst durchgeführt. Die Teilzahlungen an ihn seien entsprechend den Vereinbarungen erfolgt. Hiebei sei die Sparkasse Deutschlandsberg über die mit den abgeforderten Beträgen bezahlten Verbindlichkeiten voll informiert gewesen, ebenso der Ausgleichsverwalter. Die Sparkasse Deutschlandsberg habe im Ausgleichsverfahren den durch Inanspruchnahme der Bankgarantie entstandenen Ausfall geltend gemacht. Somit habe weder eine Notwendigkeit noch eine Veranlassung geschweige denn eine Verpflichtung des Beklagten bestanden, sich mit seinen Forderungen am Ausgleichsverfahren zu beteiligen. Nur in einem einzigen Fall sei im Jahre 1976 über ein etwa 15 km langes Wegstück zwischen den Streitteilen direkt ein Vertrag abgeschlossen worden, und zwar zusätzlich über die bestehenden Verträge mit der Stadt Wien hinaus. Dieser Vertrag sei allerdings erfüllt und abgerechnet worden. Die Forderung des Beklagten sei nicht vollständig beglichen worden, weshalb er diese im Ausgleichsverfahren angemeldet habe. Diese Forderung sei auch dort entsprechend berücksichtigt worden. Allfällige Ansprüche der Sparkasse Deutschlandsberg gegen den Beklagten seien nicht auf die Steiermärkische Sparkasse übergegangen, die Richtigkeit der Abtretungserklärung werde bestritten.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte nachstehenden Sachverhalt fest:

Die Stadt Wien ist unter anderem Eigentümerin der Waldungen im Bereich der Forstverwaltung Naßwald, wo es im Jänner 1976 zu einer Windwurfkatastrophe kam. Die zuständige MA 49 war nun bestrebt, das windgeworfene Holz zu verkaufen. Da das betroffene Gebiet jedoch weitgehend unerschlossen war, war es notwendig, diverse Straßenbauten durchzuführen. Noch bevor die Ausschreibung zum Stockanbot erfolgte, schloß die MA 49 einen mündlichen Vertrag mit dem Beklagten betreffend den Bau von drei Forststraßenabschnitten. Die Ausschreibung zum Stockanbot für rund 15.000 fm Holz wurde unter anderem an die klagende Partei adressiert. Sie enthielt den Hinweis, daß der Beklagte mit dem Bau von drei Forststraßenabschnitten betraut worden sei und die Zahlung der Baukosten seitens des Stockkäufers je nach Baufortschritt zu erfolgen habe; seitens des Stockkäufers seien nach Zuerkennung durch die Forstverwaltung Naßwald Verträge bzw. Zahlungsbedingungen mit den einzelnen Firmen (es waren für andere Arbeiten auch noch andere Firmen genannt) abzuschließen; der Forstverwaltung der Stadt Wien in Naßwald sei der Differenzbetrag auf den Preis "frei Straße" als Stockzins anzubieten. Am 30.Juli 1976 schloß die MA 49 mit der klagenden Partei, die Bestbieterin war, ein Holzverkaufsübereinkommen ab. Am 13. August 1976 beauftragte auch die klagende Partei den Beklagten mit dem Bau der genannten Forststraßenabschnitte.

In diesem - nicht klagegegenständlichen - Fall bestand somit ein Doppelauftragsverhältnis zwischen der MA 49 und dem Beklagten einerseits und zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten andererseits.

Am 10.Juli 1978 und am 13.September 1978 wurden vom Beklagten Rechnungen an die klagende Partei erstellt. Am 30.November 1978 erfolgten hiezu Gutschriften. Es kann nicht festgestellt werden, welchen Zweck die Rechnungen und die Gutschriften hatten. Die Forderungen des Beklagten aus diesen Verträgen wurden von ihm später im Ausgleichsverfahren über das Vermögen der klagenden Partei geltend gemacht und mit 4o % befriedigt.

Die klagende Partei leistete nachweislich seit 13.August 1976 Akontozahlungen an den Beklagten.

Am 30.März 1977 übernahm die Sparkasse Deutschlandsberg die Haftung als Bürge und Zahler für alle aus dem Holzverkaufsübereinkommen zwischen der MA 49 und der klagenden Partei ab dem 30.Juli 1976 erwachsenen Verbindlichkeiten bis zu einem Betrag von 1 Mill. S ("falls Sie [=MA 49] gegen die .... [klagende Partei] oder deren Rechtsnachfolger Forderungen erheben sollten, ohne Prüfung des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses"). Bei eventueller Realisierung des gesamten Haftungsbetrages oder von Teilbeträgen verpflichtete sich die Sparkasse Deutschlandsberg, unaufgefordert die ursprüngliche Haftungssumme aufzufüllen. Die Laufzeit wurde ursprünglich bis zum 31.Dezember 1977 vereinbart. Am 28. November 1977 wurde die Haftung bis zum 31.Dezember 1978 verlängert.

Am 12.Juli, 3.August, 14.August und 23.August 1978 schloß die klagende Partei vier weitere Holzverkaufsübereinkommen mit der MA 49. Die Kaufbestimmungen des Vertrages vom 12.Juli 1978 besagen, daß sich die klagende Partei verpflichtet, dem Beklagten pro Festmeter Blochholz 170 S für die Verbreiterung des Wasserlochweges zu überweisen. Im Vertrag vom 3.August 1978 ist festgelegt, daß die klagende Partei mit dem Beklagten einen Vertrag für die Erhaltung der Forststraße auf Dauer der Abfuhr mit 30 S je fm abzuschließen habe. Im Holzverkaufsübereinkommen vom 14.August 1978 ging die klagende Partei die Verpflichtung ein, laut Ausschreibung der Forstverwaltung Naßwald pro Festmeter Blochholz (ohne Schleifholz) durch den Beklagten 2 Laufmeter Forstweg errichten zu lassen, und zwar um 360 S pro Laufmeter. In der Vereinbarung vom 23.August 1978 verpflichtete sich die klagende Partei, für jeden gelieferten Festmeter Rundholz einen Laufmeter Forststraße zum Durchschnittspreis von 232 S durch den Beklagten errichten zu lassen. Durch letztere Vereinbarung sollte das Verkaufsübereinkommen vom 13.August 1976 (offenbar richtig: 30.Juli 1976) weitergeführt werden.

Es kann nicht festgestellt werden, ob im Anschluß an diese vier Verträge auch zwischen der klagenden Partei und dem Beklagten Verträge abgeschlossen wurden oder ob der Beklagte die Straßenbauten aufgrund mündlicher Vereinbarungen mit der MA 49 übernahm. Es kann auch nicht festgestellt werden, ob die klagende Partei lediglich aufgrund einer Zahlungsanweisung durch die MA 49 einen Teil des Holzpreises nicht an diese, sondern an den Beklagten zu bezahlen hatte, und ob die Bankgarantie aus diesem Grunde auch für die Straßenbaukosten bestand.

Am 24.August 1978 wurde vom Beklagten, basierend auf dem Holzverkaufsübereinkommen vom 12.Juli 1978, eine Rechnung an die klagende Partei ausgestellt. Am 30.November 1978 erfolgte für diese Rechnung eine Gutschrift. Es ist nicht feststellbar, zu welchem Zweck Rechnung und Gutschrift erstellt wurden.

Am 14.November 1978 meldete die klagende Partei den Ausgleich über ihr Vermögen an. Davon informierte sie mit Schreiben vom 22. November 1978 den Beklagten sowie die MA 49 unter Hinweis darauf, daß für eine Zahlung an den Beklagten aus dem Haftungsbetrag die Zustimmung verweigert werde, da die Wegebauten ausschließlich im Auftrag der klagenden Partei durchgeführt worden seien. Ungeachtet dessen forderte die MA 49 insgesamt 14,559.368,18 S von der Sparkasse Deutschlandsberg auf das Konto Nr. 2500 der Stadt Wien bei der Raika Schwarzau im Gebirge ab und bezahlte aus diesen Geldern 2,172.281,71 S an den Beklagten. Später stellte sich heraus, daß die MA 49 einen Betrag von 317.200,23 S zuviel abgefordert hatte. Dieser Betrag wurde von der MA 49 der klagenden Partei in Form von Holzlieferungen vergütet.

Zum Zeitpunkt der Zahlungen der MA 49 an den Beklagten hatte dieser teilweise mit den Straßenbauten noch gar nicht begonnen. Die Sparkasse Deutschlandsberg meldete ihre Forderungen im Ausgleichsverfahren über das Vermögen der klagenden Partei an und wurde mit 40 % befriedigt. Allfällige Ansprüche auf Bezahlung der restlichen 60 % trat die Steiermärkische Sparkasse, die Rechtsnachfolgerin der Sparkasse Deutschlandsberg, am 15.April 1985 an die klagende Partei ab.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht den Standpunkt, daß der klagenden Partei der Beweis nicht gelungen sei, sie sei Vertragspartnerin des Beklagten gewesen. Auch der Beklagte habe nicht beweisen können, daß er mit der MA 49 in vertraglichen Beziehungen gestanden sei. Somit könne nicht geprüft werden, ob die Zahlungen seitens der MA 49 rechtsgrundlos erfolgt seien bzw. ob die klagende Partei Schadenersatzforderungen oder Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung gegenüber dem Beklagten habe. Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei wegen Aktenwidrigkeiten, Verfahrensmängeln, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen der geltend gemachten Berufungsgründe und führte zur Rechtsrüge, soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, aus:

Das Klagevorbringen sei unschlüssig. Selbst bei Zugrundelegung aller Unterstellungen der klagenden Partei wäre der Beklagte in Ansehung der Klageforderung passiv nicht legitimiert. Dem erstinstanzlichen Vorbringen der klagenden Partei und den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Erstgerichtes zufolge habe die klagende Partei mit dem Magistrat der Stadt Wien (Forstverwaltung Naßwald) diverse Verträge über Holzverkäufe abgeschlossen. Zur Besicherung der Forderung der Stadt Wien gegenüber der klagenden Partei habe die Sparkasse Deutschlandsberg eine Garantieerklärung bzw. Erklärung betreffend eine sogenannte "revolvierende Sicherstellung" abgegeben. Entgegen dem "Verbot" der klagenden Partei habe die Stadt Wien vor und nach Ausgleichseröffnung aus der Bankgarantie rund 14 Mill. S abgerufen, wobei die Stadt Wien daraus - unter Berücksichtigung einer Gutschrift - einen Betrag von 1,855.081,51 S an den Beklagten bezahlt habe. Im Falle der Anmeldung der dieser Zahlung zugrunde liegenden Forderungen des Beklagten im Ausgleich über das Vermögen der klagenden Partei hätte der Beklagte nur 40 % seiner Forderungen erhalten. Die Bankhaftungserklärung der Sparkasse Deutschlandsberg, für die aus dem Holzverkaufsübereinkommen zwischen der Stadt Wien und der klagenden Partei ab dem 30.Juli 1976 erwachsenden Verbindlichkeiten der klagenden Partei die Haftung als Bürge und Zahler zu übernehmen, habe ein dreipersonales Garantieverhältnis begründet. Der Rechtsgrund für die Einräumung des - vielfach als abstrakt bezeichneten - Forderungsrechtes gegen den Garanten liege in der Gläubigerstellung des Begünstigten (der Stadt Wien) gegen den Auftraggeber des Garanten (die klagende Partei). Erst diese Einbeziehung in die bankvertragliche Rechtsbeziehung des Garanten zu seinem Auftraggeber einerseits und dessen vertragliche Rechtsbeziehung zum Begünstigten andererseits rechtfertige die Anerkennung des gesetzlich nicht besonders geregelten quasi abstrakten Schuldverhältnisses als zulässiges Rechtsinstitut. Die Übernahme der Garantiehaftung erfolge sicherungshalber. Die Leistung des Garanten sei keine Erfüllungshandlung des Kausalschuldners, sondern Ausgleich für die (nach den Behauptungen des Begünstigten) ausgebliebene Erfüllung durch den Kausalschuldner. Sie gehe allerdings im Falle der Bankgarantie zu seinen bankvertraglich geregelten Lasten. Der Streit über die Rechtfertigung einer über die Zahlung des Garanten zu Lasten des Kausalschuldners als dessen Auftraggebers erfolgten Vermögensverschiebung sei zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses auszutragen (JBl 1978, 204 = SZ 50/32; Koziol, Garantievertrag 85; 6 Ob 559/85 RdW 1987, 194 = WBl 1987, 123 = Bankarchiv 1987, 505 mit Anmerkung von Koziol). Nach herrschender Lehre (Koziol aaO 81 f; Canaris, Kommentar zum HGB3 III/3 Rn 1151, 1071, 486) und Rechtsprechung (RdW 1987, 194) komme im Falle einer Leistung aus der Bankgarantie eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nur in Form einer Leistungskondiktion in Betracht. Wenn nun, wie die klagende Partei behaupte, der Stadt Wien nach dem zugrunde liegenden Vertragsverhältnis (= Valutaverhältnis) zumindest in Höhe der Klageforderung gegen die klagende Partei kein Anspruch zugestanden sei, so könne die klagende Partei schon wegen der erwähnten Beschränkung der Kondiktion auf die Parteien des Kausalverhältnisses einen Bereicherungsanspruch nur gegen den aus der Bankgarantie Begünstigten geltend machen. Begünstigter aus der streitgegenständlichen Bankgarantie sei aber ausschließlich die Stadt Wien und nicht der Beklagte gewesen. Diese Einschränkung der Leistungskondiktion auf die Parteien des Kausalverhältnisses entspreche dem Grundsatz, daß die Rückabwicklung zwischen denselben Personen erfolgen solle, zwischen denen die Zweckbeziehung bestehe und die durch den - zumindest vermeintlich gültigen - Vertragsabschluß auch die Risken dieses Partners übernommen hätten (Koziol aaO 85 f). Ein Durchgriff auf einen am Grundverhältnis zwischen dem sogenannten Dritten (hier der klagenden Partei) und dem Begünstigten (hier der Stadt Wien) Unbeteiligten (den Beklagten) sei nicht möglich (Canaris aaO Rn 1141). Aus den sinngemäß gleichen Erwägungen sei aber auch die Sparkasse Deutschlandsberg bzw. die Steiermärkische Sparkasse als deren Rechtsnachfolgerin, weil am Kausalverhältnis nicht beteiligt, nicht legitimiert, allfällige Ansprüche aus der Abrufung der Bankgarantie gegen den Beklagten geltend zu machen. Der klagenden Partei sei deshalb aus der vom Erstgericht festgestellten Abtretung allfälliger Ansprüche durch die Steiermärkische Sparkasse kein Forderungsrecht erwachsen (Koziol aa0). Zum inhaltlich gleichen Ergebnis gelange man auch bei Zugrundelegung bereicherungsrechtlicher Gesichtspunkte. Der Kondiktionsanspruch des sogenannten Kausalschuldners sei im Falle einer Bankgarantie analog nach den Grundsätzen des § 1431 ABGB zu beurteilen (RdW 1987, 194). Wenn, wie im vorliegenden Fall, die klagende Partei als angeblich Geschädigte nicht selbst eine Leistung erbracht habe - die Zahlung an den Beklagten sei ja durch die Stadt Wien erfolgt -, so sei gegen den "Bereicherten" kein Kondiktionsanspruch (§ 1431 ABGB), sondern die Verwendungsklage (§ 1041 ABGB) zu erheben (SZ 27/221; MGA ABGB32 Entscheidungen unter Nr. 39 zu § 1041). Diese Verwendungsklage aber sei nach ständiger Rechtsprechung ausgeschlossen, wenn dem Verkürzten ein vertraglicher Anspruch zustehe, und dieser Anspruch als solcher geltend gemacht werden könnte; die Verwendungsklage sei also ein subsidiäres Mittel nur für den Fall, als ein Vertragsverhältnis oder ein vertragsähnliches Verhältnis zur Beurteilung des Rechtsfalles nicht herangezogen werden könne. Beruhe die Verwendung auf einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Verkürzten und einer Mittelsperson, so könne der durch die Verwendung angeblich Begünstigte nicht in Anspruch genommen werden (MGA ABGB32 Entscheidungen unter Nr. 6 und 7 zu § 1041). Auch diese Überlegung münde im Ergebnis, daß die klagende Partei aus dem in der Klage behaupteten Sachverhalt einen Anspruch nur gegen die Stadt Wien, nicht aber gegen den Beklagten erheben könnte.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die klagende Partei pflichtet dem Berufungsgericht zwar darin bei, daß die prozeßgegenständliche Bankhaftungserklärung der Sparkasse Deutschlandsberg ein dreipersonales Garantieverhältnis begründete, die Rückabwicklung zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses zu erfolgen hat und ein Durchgriff auf einen am Grundverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigtem Unbeteiligten nicht möglich ist, vertritt aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes den Standpunkt, daß dennoch sowohl die Aktivlegitimation der klagenden Partei als auch die Passivlegitimation des Beklagten zu bejahen seien. Das Berufungsgericht habe einerseits völlig außer acht gelassen, daß die Stadt Wien den Beklagten in ihre Holzverkaufsübereinkommen mit der klagenden Partei eingebunden habe, weshalb in Wahrheit Verträge zugunsten Dritter vorlägen. Begünstigte aus der Bankgarantie seien die Stadt Wien hinsichtlich des Holzkaufpreises und der Beklagten hinsichtlich des Werklohnes für die Wegebauten gewesen. In Ansehung des Werklohnanspruches des Beklagten sei die Stadt Wien nur Zahlstelle gewesen; sie habe insoweit die Zahlungen der Sparkasse Deutschlandsberg als Vertreter des Beklagten in Anspruch und in Empfang genommen und an den Beklagten weitergeleitet. Andererseits habe das Berufungsgericht - wenn man die vorerwähnte Rechtsansicht nicht teile - übersehen, daß der Garant (die Sparkasse Deutschlandsberg) dem Begünstigten Einwendungen aus dem Garantieverhältnis entgegenhalten und daraus sich ergebende Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche gegen diesen geltend machen könne (die der klagenden Partei abgetreten worden seien). Der von der klagenden Partei der Sparkasse Deutschlandsberg erteilte Garantieauftrag habe sich nur auf den Holzkaufpreis und nicht auf den Werklohn des Beklagten bezogen, der von der klagenden Partei aufgrund der zwischen den Streitteilen geschlossenen Verträge unmittelbar an den Beklagten entrichtet werden sollte. Die Zahlung der Wegebaukosten sei von der Bankgarantie nicht gedeckt gewesen. Der Beklagte, der nicht seine Werklohnforderung für die im Zeitpunkt der Ausgleichseröffnung bereits zur Gänze erbrachten Werkleistungen im Ausgleich geltend gemacht, sondern deren volle Deckung durch die zu Unrecht erfolgte Inanspruchnahme der Bankgarantie erzielt habe, habe durch diese Vorgangsweise die Sparkasse Deutschlandsberg geschädigt bzw. eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung zwischen dieser und ihm über die Stadt Wien als Zahlstelle in der Höhe des Klagebetrages herbeigeführt. Dieser Argumentation ist nachstehendes entgegenzuhalten:

Der der gegenständlichen Klageführung zugrunde liegende, dem Beklagten gegenüber erhobene Vorwurf der klagenden Partei, der Beklagte habe sich die volle Zahlung seiner Werklohnforderung verschafft, obgleich er im Hinblick auf den Ausgleich der klagenden Partei nur Anspruch auf eine 40 %ige Quote gehabt hätte, wäre nur dann berechtigt, wenn die Werklohnforderung des Beklagten der klagenden Partei gegenüber zugestanden und von der Bankgarantie nicht umfaßt gewesen wäre. Gerade der Beweis dieser Umstände ist aber der klagenden Partei nicht gelungen. Die erstmals in der Revision aufgestellte Behauptung, die Stadt Wien habe den Beklagten in ihre Holzverkaufsübereinkommen mit der klagenden Partei eingebunden, sodaß der Beklagte hinsichtlich seiner Werklohnforderung für die Wegebauten Begünstigter aus der Bankgarantie sei, die die Stadt Wien als sein Vertreter geltend gemacht habe, findet weder im erstinstanzlichen Parteienvorbringen noch in den erstgerichtlichen Feststellungen eine Stütze. Noch in der Berufung vertrat die klagende Partei die Ansicht, daß der Beklagte in das Haftungsverhältnis mit der Sparkasse Deutschlandsberg nicht eingebunden worden sei (AS 278 unten). Der in der Revision zur Begründung der Passivlegitimation des Beklagten unternommene Versuch, zu einer Qualifikation des Beklagten als Begünstigten aus der Bankgarantie zu gelangen, ist demnach zum Scheitern verurteilt. Allfällige Kondiktionsansprüche der klagenden Partei (abgeleitet aus Mängeln des Valutaverhältnisses zwischen ihr und der Stadt Wien) oder der Steiermärkischen Sparkasse (abgeleitet aus Mängeln im Garantieverhältnis zwischen der Sparkasse Deutschlandsberg und der Stadt Wien), die der klagenden Partei abgetreten wurden, wären gegenüber der Stadt Wien geltend zu machen gewesen (vgl. Koziol, Garantievertrag 82 ff). Ergänzend sei bemerkt:

Wäre auch die Werklohnforderung des Beklagten gegen die klagende Partei durch die Bankgarantie gedeckt gewesen, so hätte der Beklagte zu Recht deren volle Deckung aus der Bankgarantie angestrebt (§ 48 AO; vgl. Bartsch-Heil4 Rz 154; Koziol aa0 52 f). Der klagenden Partei abgetretene Kondiktionsansprüche der Steiermärkischen Sparkasse wegen Mängeln des (von der klagenden Partei als Auftragsverhältnis bezeichneten) Deckungsverhältnisses zwischen der klagenden Partei und der Sparkasse Deutschlandsberg könnten weder gegen die Stadt Wien noch gegen den Beklagten geltend gemacht werden (Koziol aa0 83 f). Überdies ist die klagende Partei die angesichts der Bestreitung der Zession allfälliger Ansprüche der Steiermärkischen Sparkasse an die klagende Partei durch den Beklagten notwendige Behauptung eines gültigen Grundgeschäftes für diese Zession und dessen Beweis schuldig geblieben (vgl. Ertl in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1392; Koziol-Welser8 I 278; RdW 1983, 105, SZ 57/174; 5 Ob 309/87).

Da die Revision somit eine unrichtige rechtliche Beurteilung des von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhaltes nicht aufzuzeigen vermochte, war ihr ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13560

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00390.87.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19880126_OGH0002_0050OB00390_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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