TE OGH 1988/2/10 3Ob628/86

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Veröffentlicht am 10.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Karl K***, Gartengestalter, 9020 Klagenfurt, Völkermarkter Straße 294, vertreten durch Dr. Georg Pertl, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Hermann F***, Kaufmann, 3500 Krems, Wiener Straße 59, vertreten durch Dr. Erwin Englert, Rechtsanwalt in Wien, wegen restlicher S 62.353,18 sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 17. Juni 1986, GZ 6 R 100/86-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 7. April 1986, GZ 23 Cg 154/85-14, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 308,85 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte (ursprünglich Zweitbeklagte; ein gegen die Erstbeklagte ergangenes Versäumungsurteil wurde rechtskräftig) hat zusammen mit anderen Personen als Komplementär die A*** K*** F*** KG (im folgenden kurz: KG) gegründet, die bisher trotz anhängigen Eintragungsverfahrens nicht im Handelsregister eingetragen wurde, aber ihre Geschäfte schon begonnen hat. Dipl.Ing. Gerhard K*** (Ehemann der ursprünglichen Erstbeklagten, die Kommanditistin der KG ist) hatte dem Kläger namens der KG Heizöl verkauft, das nicht der erwarteten Qualität entsprach, für die Ölfeuerungsanlage des Klägers nicht geeignet war und bei dieser eine Störung hervorrief. Durch die Behebung dieser Störung und die notwendige Entfernung des ungeeigneten Heizöls aus dem Tank des Klägers samt den damit verbundenen Verlust des vor dem Kauf vorhandenen guten Öls entstand dem Kläger ein Schaden von S 62.353,18.

Der Kläger begehrt diesen Betrag (ein Mehrbegehren von S 40.454,04 wurde teils in erster, teils in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen) vom Beklagten mit der Begründung, dieser habe als persönlich haftender Gesellschafter der KG für das Handeln des Dipl.Ing. K*** einzustehen.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, Dipl. Ing. K*** sei nicht Geschäftsführer der KG gewesen, er habe nicht im Rahmen des von der KG betriebenen Handelsgewerbes und ohne Wissen des Beklagten gehandelt. Der Kläger habe im übrigen seinen Schaden selbst verschuldet. Wegen des niedrigen Preises und des Kaufes von Heizöl von einer dazu nicht befugten Person sei er verpflichtet gewesen, die Beschaffenheit des Öls vor Abnahme und insbesondere vor Einleitung in seinen Heizöltank zu prüfen, was er versäumt habe. Er hafte auch für ein Verschulden seiner jetzigen Ehefrau als seiner Erfüllungsgehilfin, die mit der Entgegennahme des Heizöls betraut gewesen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil im Umfange von S 62.353,18 sA und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Die beiden Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus (eine Änderung in den Feststellungen nahm das Berufungsgericht nur bei einer bestimmten Schadenspost vor):

Der Sitz der KG war in Unterwölbling. In Klagenfurt bestand auf einem von einer GesmbH, in der Dipl.Ing. K*** Geschäftsführer war, zur Nutzung überlassenen Gelände eine Betriebsstätte, in der dem Gegenstand des Unternehmens der KG entsprechend die Produktion von Klinkerplatten aufgenommen werden sollte. Dipl.Ing. K*** war technischer Angestellter der KG und Leiter der Klagenfurter Betriebsstätte. In der Zeit von Sommer 1981 bis April 1982 war der Beklagte nur etwa zehnmal im Klagenfurter Betrieb, um sich vom Fortgang der Betriebsentwicklung zu überzeugen. Bei dieser gab es Probleme, weil die Erzeugungsversuche nicht gelangen. Ursprünglich sollte ein Tunnelofen mit einer Ölfeuerungsanlage betrieben werden, im Oktober 1981 ordnete jedoch der Beklagte die Umstellung auf eine Gasbrennanlage an. Dadurch wurde das bisher vorhandene Heizöl nicht mehr benötigt. Über das weitere Schicksal des noch vorhandenen Heizöls verfügte der Beklagte nichts. Er wußte nicht, daß sich im Erdtank der Klagenfurter Betriebsstätte noch eine größere Ölmenge von zumindest zum Teil nicht ganz geklärter Herkunft befand. Anfang 1982 erteilte der Beklagte Dipl.Ing. K*** die Weisung, ohne seine Zustimmung keine Handlungen für die KG mehr zu unternehmen. Ende Mai 1982 stellte der Beklagte die betriebliche Tätigkeit der KG in Klagenfurt ein.

Im April 1982 bot Dipl.Ing. K*** oder in seinem Auftrag seine Sekretärin dem Kläger namens der KG ohne Wissen des Beklagten das im Erdtank vorhandene Heizöl (über 10.000 l) zu einem Preis von S 4,35 pro Liter an, während der normale Preis damals S 5,65 pro Liter betrug, wobei aber der Kläger die Kosten des Transportes selbst zu tragen hatte. In einem mit dem Kläger geführten Telefongespräch versicherte Dipl.Ing. K***, daß es sich um Heizöl leicht handle, das er selbst gekauft habe, was er durch Rechnungen belegen könne. Es ist nicht erwiesen, daß Dipl.Ing. K*** dem Kläger die Entnahme einer Probe angeboten hat. Weitere Garantien über die Qualität des Heizöls gab Dipl.Ing. K*** nicht ab (das Berufungsgericht stellte in diesem Zusammenhang noch ausdrücklich fest, daß nicht erwiesen sei, daß Dipl.Ing. K*** erklärt habe, es werde keine Gewähr für die Beschaffenheit des Heizöls übernommen). Der Kläger vertraute den Zusagen des Dipl.Ing. K***, daß es sich um Heizöl leicht handle. Tatsächlich handelte es sich beim verkauften Heizöl um Heizöl mittel. Der Kläger beauftragte eine einschlägige Firma mit dem Transport. Dem Fahrer des Tankwagens fiel beim Beladen in Klagenfurt auf, daß das Öl nur langsam in den Tankwagen floß, und er entnahm über Weisung eines anderen Angestellten eine Ölprobe. Beim Abfüllen des Öls in den Tank des Klägers fiel dem Fahrer wieder auf, daß das Öl langsam rann und schließlich den Filter verlegte. Er hatte nun den Verdacht, es könnte sich nicht um Heizöl leicht handeln, sagte dies aber der mit der Entgegennahme des Heizöls betrauter Frau des Klägers nicht, sondern legte ihr nahe, ohne die Meßuhr einzufüllen, wobei er meinte, das Öl fließe wohl wegen der niedrigen Temperatur so zäh. Ein vorgesehener zweiter Transport unterblieb, weil inzwischen eine Prüfung der Ölprobe ergeben hatte, daß es sich um Heizöl mittel handelte.

Beide Vorinstanzen waren der Auffassung, daß der Beklagte als Komplementär für die Schulden der KG hafte. Die Tätigkeit des Dipl.Ing. K*** müsse er gegen sich gelten lassen, weil er diesem dem äußeren Anscheine nach die Leitung der Klagenfurter Betriebsstätte eingeräumt habe. Die Beschränkung dieser Vollmacht seit Anfang 1982 sei für einen Dritten nicht erkennbar gewesen. Der Verkauf von nicht mehr benötigten Betriebsmitteln liege im Rahmen des Handelsgewerbes der KG. Ein Kauf in Pausch und Bogen liege mangels entsprechender Vereinbarungen nicht vor, vielmehr sei eine bestimmte Menge Öl bestimmter Beschaffenheit verkauft worden. Ein Mitverschulden des Klägers oder seiner Frau scheide aus. Auf ein etwaiges Mitverschulden der mit dem Transport des Öls betrauten Personen habe der Beklagte seinen Mitschuldeinwand nicht gestützt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

In der Entscheidung SZ 57/12 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß der freihändige Verkauf von verpfändeten Tischlereimaschinen durch eine Bank nicht zu den von einer Handlungsvollmacht nach § 54 HGB gedeckten gewöhnlichen Geschäften gehört. Dieser Entscheidung lag die Besonderheit zugrunde, daß Tischlereimaschinen nicht zur Betriebseinrichtung einer Bank gehören und es daher auch bei einem Austausch von Betriebseinrichtungen nicht zur Veräußerung solcher Maschinen kommen kann. Weiters ist nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen für die Verwertung verpfändeter Gegenstände nur die öffentliche Versteigerung vorgesehen, sodaß der Abschluß eines Kaufvertrages über einen Pfandgegenstand ein außergewöhnliches Geschäft ist.

Im vorliegenden Fall ist erwiesen, daß das Heizöl im Zusammenhang mit einer betrieblichen Umstellung von Ölfeuerung auf Gasfeuerung verkauft wurde. Für die Art eines solchen Verkaufes gibt es keine Vorschriften. Ein Handelsbrauch, solche Gegenstände nicht selbst zu verkaufen, wurde nicht geltend gemacht. Der Abverkauf nicht mehr benötigter Einrichtungsgegenstände oder sonstiger Betriebsmittel ist ein typisches Beispiel für ein Hilfsgeschäft nach § 343 HGB (vgl. HS 585 und SZ 28/171) und stellt daher kein außergewöhnliches Geschäft dar. Auch ein solches Geschäft ist daher durch eine Handlungsvollmacht nach § 54 HGB gedeckt (vgl. auch die ähnliche Auslegung von § 1029 ABGB in SZ 24/320).

Der Versuch des Beklagten, aus der Menge des verkauften Öls und der Höhe des begehrten Preises einen ungewöhnlichen Charakter des Geschäftes abzuleiten, geht fehl. Die Menge von 10.000 Liter ist bei einem größeren Betrieb nicht ungewöhnlich. Der Preis lag zwar unter dem normalen Verkaufspreis, der Käufer war aber verpflichtet, selbst den Transport zu organisieren und zu bezahlen. Es wurden daher mit Rücksicht auf die Verhältnisse der KG keine ungewöhnlich großen Verpflichtungen eingegangen oder besondere, im betreffenden Geschäftszweig nicht übliche Bedingungen (vgl. SZ 51/6 und SZ 56/7) gewährt.

Allen anderen Rechtsfragen kommt wegen ihrer Bezogenheit auf den Einzelfall keine über die vorliegende Rechtssache hinausgehende erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu. Dies gilt für die Beurteilung der Frage, ob der Aufgabenkreis, mit dem die Organe der KG Dipl.Ing. K*** betraut hatten, ausreicht, um die konkludente Begründung einer Handlungsvollmacht anzunehmen, aber auch für die Auslegung des Prozeßvorbringens des Beklagten, nämlich, ob ein Verschulden der Bediensteten der Öltransportfirma geltend gemacht wurde, sowie für die Frage, ob den Kläger oder seine Frau wegen der Erkennbarkeit des Mangels ein Eigenverschulden trifft, und schließlich auch für die Frage eines Kaufes in Pausch und Bogen iSd § 930 ABGB (JBl 1972, 611).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E13530

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00628.86.0210.000

Dokumentnummer

JJT_19880210_OGH0002_0030OB00628_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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