TE OGH 1988/2/25 6Ob527/88

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Veröffentlicht am 25.02.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Kindes Maria H***, geboren am 5. April 1979, Schülerin im Haushalt ihrer Mutter Erika H***, Pensionistin, Globasnitz 90, wegen Unterhaltsleistungen des Vaters Oswald H***, Invalidenrentner, Klagenfurt, Khevenhüllerstraße 33/35, infolge Rekurses des Vaters gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 21. Januar 1987, GZ 3 R 23/87-79, womit der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Bleiburg vom 2. Oktober 1986, GZ P 28/80-75, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das am 5. April 1979 geborene Mädchen wächst seit der Trennung und späteren Ehescheidung ihrer Eltern bei ihrer Mutter auf. Der Vater ist seit einem knapp vor Vollendung seines 17. Lebensjahres erlittenen Unfall voll invalid, bezieht Renten von der A*** U*** sowie der P***

DER A*** und hat seinen ständigen Aufenthalt während des seit Mitte 1980 beim Erstgericht anhängig gewordenen Pflegschaftsverfahrens wiederholt gewechselt. Zu Beginn des Jahres 1986 hatte er dem Pflegschaftsgericht eine gemeindeamtliche Bestätigung vom 31. Dezember 1985 zum Nachweis dafür vorgelegt, daß er mit einer damals 25 Jahre alten Frau und deren erst wenige Wochen alten Kind in einem Haus im gemeinsamen Haushalt lebe, das nach späteren Erklärungen des Vaters im Eigentum seines Halbbruders steht und in dem er einen Raum aufgrund eines Wohnrechtes zu benützen berechtigt gewesen sei.

Am 4. Februar 1986 erklärte der Vater einen Antrag auf Herabsetzung des zuletzt mit dem pflegschaftsgerichtlichen Beschluß vom 25. November 1985 (ON 56) - bestätigt durch die Rekursentscheidung vom 14. Januar 1986 (ON 61) - mit S 1.750,-- festgesetzten monatlichen Unterhaltes auf S 1.000,-- zu gerichtlichem Protokoll. Dabei gab er die in der gemeindeamtlichen Bestätigung genannten Anschrift als seine Wohnadresse an. Anläßlich seiner Vorsprache bei Gericht am 23. September 1986 gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen als Wohnort einen Klagenfurter Gasthof an.

In seiner mit 8. November 1986 datierten Eingabe zu seinem Herabsetzungsantrag - mit der Erklärung, ab dem Antragstag zu einer monatlichen Zahlung von S 1.300,-- fähig zu sein - führte er im Briefkopf neben seinem Namen den in der gemeindeamtlichen Bestätigung bezeichneten Ort an, fügte aber am Ende der Eingabe unter den Worten "zur Zeit" die volle Anschrift des Klagenfurter Gasthofes an.

Mit dem Beschluß vom 2. Oktober 1986, ON 75, wies das Pflegschaftsgericht den (eingeschränkten) Herabsetzungsantrag des Vaters ab. Die Wohn- und Zustellanschrift des Vaters wurde im Beschluß selbst nicht erwähnt, auch in der Zustellverfügung fehlt ein diesbezüglicher Hinweis. Der am 9. Dezember 1986 an den Vater abgefertigte Rückscheinbrief mit der Ausfertigung des Beschlusses vom 2. Oktober 1986 trug die in der gemeindeamtlichen Bestätigung genannte Anschrift (Haus des Halbbruders). Der am 10. Dezember 1986 durch das Organ der Post vorgenommene Zustellversuch schlug fehl, die Gerichtssendung wurde noch am selben Tag beim Zustellpostamt hinterlegt, eine Verständigung hierüber nach der postamtlichen Beurkundung auf dem Rückschein an der Eingangstür angebracht. Am 7. Januar 1987 brachte der Vater eine eingeschriebene Sendung an das Pflegschaftsgericht zur Postaufgabe. Mit dem in dieser Sendung enthaltenen Schriftsatz erklärte er, er "mache Berufung", weil der Beschluß vom 2. Oktober 1986 voller Fehler sei. Wörtlich führte er dabei aus: "Ich habe die 14-tägige Frist eingehalten." Auf dem Briefumschlag ist als Anschrift des Absenders die in der gemeindeamtlichen Bestätigung angeführte Adresse (Wohnhaus des Halbbruders) angegeben.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Vaters gegen die Abweisung seines Herabsetzungsantrages als verspätet zurück.

Im sogenannten Kopf der Rekursentscheidung war als Wohnort des Rekurswerbers das mehrfach erwähnte Haus seines Halbbruders angeführt. An diese Anschrift wurde dem Rekurswerber die Rekursentscheidung zugesendet. Der am 30. Januar 1987 vorgenommene Zustellversuch schlug fehl, die Sendung wurde noch am selben Tag beim Zustellpostamt hinterlegt. Sie wurde vom Rekurswerber nicht behoben und langte am 17. Februar 1987 wieder beim Pflegschaftsgericht ein. Hierauf wurde die Zustellung unter der Anschrift des Klagenfurter Gasthofes verfügt. Dort übernahm am 26. Februar 1987 eine als Mitbewohner der Abgabestelle bezeichnete Person die Sendung und unterfertigte den Rückschein mit einem als "Müller" lesbaren Namenszug.

Hierauf sandte der Vater die ihm zugegangene Ausfertigung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses mit handschriftlichen Vermerken darauf an das Rekursgericht. Die Postaufgabe ist nicht aktenkundig, das Schriftstück langte am 11. März 1987 beim Rekursgericht ein. Die handschriftlichen Vermerke auf der Beschlußausfertigung lauteten: "Ab Okt. 86 lebe ich schon in Klagenfurt." "Bitte Verbesserung!" "Habe keine Hinterlegung bekommen." "Ich bin in der Psychiatrie." "Off. Psychiatrie 1. St. Z 3." Nach den zu gerichtlichem Protokoll erklärten Erläuterungen und Verbesserungen zu diesem Schriftsatz beabsichtigte der Rekurswerber mit dieser Eingabe einen Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß.

Das Rekursgericht übersandte die Eingabe am 12. März 1987 an das Pflegschaftsgericht. Dort langte die Eingabe am 13. März 1987 ein. Am 7. April 1987 erklärte der Rekurswerber vor dem Rechtshilfegericht, seine Eingabe an das Rekursgericht sei als Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß zu verstehen. Gleichzeitig verbesserte er dieses Rechtsmittel durch Erklärungen zu gerichtlichem Protokoll. Er erklärte bei dieser Gelegenheit, sich seit November 1986 im Klagenfurter Gasthof aufzuhalten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß ist verspätet.

Anläßlich der erwähnten Verbesserung der als Rekurs beabsichtigten Eingabe am 7. April 1987 legte der Rechtsmittelwerber die Ablichtung einer Bestätigung des Krankenhauses der Elisabethinen in Klagenfurt vom 20. Februar 1987 vor, nach der er dort vom 15. bis 20. Februar 1987 in stationärer Behandlung gestanden sei. Daß er etwa auch am 26. Februar 1987, dem Tage der Ersatzzustellung, in stationärer Krankenhauspflege oder aus einem anderen Grund von seinem ständigen Aufenthalt im Klagenfurter Gasthof abwesend gewesen wäre, hat er nie behauptet. Dafür fehlt auch nach den gepflogenen Erhebungen (Aussage des Gastwirtes und des Rechtsmittelwerbers selbst) jeder Anhaltspunkt.

Muß aber davon ausgegangen werden, daß die auf dem Rückschein beurkundete Ausfolgung der Gerichtssendung mit der Ausfertigung des rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses an die als Mitbewohner bezeichnete Person namens M*** gemäß § 16 Abs 2 ZustG den Zustellvorschriften entsprochen habe, dann lief die vierzehntägige Rekursfrist zur Anfechtung des zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschlusses für den Rechtsmittelwerber mit 12. März 1987 ab.

Die Anwendung der Vorschrift des § 89 GOG, derzufolge in bürgerlichen Rechtssachen die Tage des Postenlaufes in eine gesetzliche Frist nicht eingerechnet werden, es mit anderen Worten zur Wahrung der Rechtzeitigkeit einer fristgebundenen Verfahrensverhandlung hinreicht, daß die Eingabe innerhalb der Frist zur Postaufgabe gebracht werde, setzt voraus, daß die Eingabe an das Gericht adressiert wird, bei dem die betreffende Prozeßhandlung, beispielsweise die Einbringung eines Rechtsmittels, vorzunehmen ist. Rechtsmittel sind auch im außerstreitigen Verfahren nach der ausdrücklichen Regelung des § 1 der Verordnung des Justizministeriums vom 28. August 1860, RGBl. Nr. 205, beim Gericht erster Instanz anzubringen.

Die Postaufgabe der vom Rechtsmittelwerber als Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß an das Rekursgericht adressierten Eingabe konnte die Rechtsmittelfrist daher nicht wahren. Auch das Einlangen des erwähnten Schriftsatzes beim Rekursgericht war für die Einhaltung der Frist nicht hinreichend. Die Rechtzeitigkeit der Eingabe ist ausschließlich nach ihrem Einlangen beim Pflegschaftsgericht erster Instanz zu beurteilen. Dort langte die Eingabe erst am 13. März 1987 und damit nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist ein. Der Rekurs gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß ist daher verspätet. Auf verspätete Rekurse darf gemäß § 11 Abs 2 AußStrG nur dann Bedacht genommen werden, wenn die angefochtene Entscheidung noch ohne Nachteil für einen anderen Verfahrensbeteiligten im Sinne des Rekursantrages abgeändert werden könnte. Eine Abänderung der Zurückweisung des Rekurses des Vaters gegen die Abweisung seines Unterhaltsherabsetzungsantrages würde dem pflegebefohlenen Kind verfahrensrechtlich zum Nachteil gereichen. Das schließt eine sachliche Behandlung des verspäteten Rekurses gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß aus, so daß nicht zu prüfen ist, ob dieser Zurückweisungsbeschluß zu Recht erfolgte, und noch weniger, ob die erstinstanzliche Abweisung des Herabsetzungsbegehrens gerechtfertigt war.

Der Rekurs des Vaters gegen den zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß war vielmehr als verspätet zurückzuweisen.

Anmerkung

E13218

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00527.88.0225.000

Dokumentnummer

JJT_19880225_OGH0002_0060OB00527_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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