TE OGH 1988/3/8 10ObS38/88

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Veröffentlicht am 08.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Kellner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Chlan und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josefine S***, Schegargasse 13-15/22/1, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Zinsler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** DER A***, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 1987, GZ 31 Rs 195/87-85, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14. Juli 1987, GZ 14 Cgs 27/86-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 20. Juni 1984 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 3. Mai 1984 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension ab.

Das Erstgericht wies die dagegen erhobene Klage (auch im zweiten Rechtsgang) ab. Es stellte fest, daß die am 25. Juli 1934 geborene Klägerin, die in den letzten 15 Jahren vor Antragstellung überwiegend als Hauswartin tätig war, noch in der Lage ist, einfache leichte Arbeiten zu verrichten. Arbeiten unter ständigem besonderen Zeitdruck sind auszuschließen, ebenso Arbeiten, bei denen luftundurchlässige Arbeitskleidung wie Gummistiefel, Plastikschürzen und Gummihandschuhe erforderlich sind sowie solche, bei denen genaues stereoskopisches Sehen notwendig ist oder die mit überdurchschnittlicher Staub- und Rauchentwicklung verbunden sind. Die Klägerin kann nur Arbeiten verrichten, bei denen die Körperhaltung gewechselt werden kann. Sie kann Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen durchführen, eine Ruhestellung in einer Körperhaltung sollte über eine halbe Stunde nicht nötig sein. Bei einfachen leichten Arbeiten überwiegend im Sitzen würden die normalen Arbeitspausen und der Wechsel der beim Zu- und Abtragen des Arbeitsmateriales notwendig ist, genügen. Ausgeschlossen sind überdies Tätigkeiten, die unterschiedliche Aufgaben in großen Werkhallen beinhalten. Dieser Zustand besteht seit Antragstellung und ist nicht wesentlich besserungsfähig.

Auf Grund dieses Gesundheitszustandes könne die Klägerin noch Tischarbeiten in der Werbemittelbranche, in Buchbindereien und Druckereien oder Sortierarbeiten bei der Massenherstellung kleinerer Warengüter ausführen, sie sei daher nicht invalide im Sinne des § 255 Abs 3 ASVG.

Das Berufungsgericht gab der wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung der klagenden Partei keine Folge, verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte auch dessen Rechtsansicht.

In ihrer Revision macht die Klägerin Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt die Klägerin ausschließlich Mängel des Verfahrens erster Instanz, die bereits in der Berufung geltend gemacht und vom Berufungsgericht nach ausführlicher Begründung als nicht gegeben angesehen wurden. Auch in Sozialrechtssachen können Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurden, mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (10 Ob S 23/87 ua). Ist das Berufungsgericht der Ansicht, daß weitere Beweise an dem festgestellten Sachverhalt nichts ändern könnten, so fällt dies in das Gebiet der durch die dritte Instanz nicht überprüfbaren Beweiswürdigung. Auch die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend (§ 48 ASGG). Es ist zwar richtig, daß bei der Beurteilung der geminderten Arbeitsfähigkeit Tätigkeiten außer Betracht zu bleiben haben, die auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr vorkommen, oder die speziell dem Versicherten nicht offen stehen, weil sie ausschließlich nach bestimmten besonderen Kriterien (etwa nach dem Geschlecht) ausgewählten Personen vorbehalten sind (10 Ob S 12/87), dies trifft aber auf die für die Klägerin in Frage kommenden Verweisungsberufe nicht zu. Kommen solche in ausreichender Zahl auf dem Arbeitsmarkt vor und sind nur nicht genügend freie konkrete Arbeitsplätze vorhanden, die eine Vermittlung ermöglichen, so liegt der Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit und nicht jener der Invalidität vor (10 Ob S 86/87 ua).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Revisionskosten beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Anmerkung

E14050

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:010OBS00038.88.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19880308_OGH0002_010OBS00038_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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