TE OGH 1988/3/15 5Ob18/88

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Veröffentlicht am 15.03.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Ernst G***, Graphiker, Landstraßer Hauptstraße 50/24, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Verlassenschaft nach Max W***, Kaufmann, zuletzt wohnhaft gewesen Lannerstraße 24/26, 1190 Wien, vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, und

2.) Komm.Rat Alfred H***, Pensionist, Eitelbergergasse 23, 1130 Wien, wegen Angemessenheit des Hauptmietzinses (§§ 37 Abs 1 Z 8, 44 Abs 2 und 3 MRG) infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 29. Oktober 1987, GZ 48 R 112/87-43, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 13. November 1986, GZ 47 Msch 103/85-31, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Komm.Rat Alfred H*** ist seit dem Jahre 1959 zu 3/8-Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 50; seit 1972 war Max W*** zu 5/8-Anteilen Miteigentümer dieser Liegenschaft. Seit Dezember 1979 ist der Antragsteller Mieter eines Bestandobjektes in diesem Haus. In den Jahren 1960 bis 1985 wurde die Liegenschaft von Ing. Theodor S*** verwaltet. Bevor Max W*** Miteigentümer der Liegenschaft geworden war, wurden kaum Erhaltungsarbeiten am Haus durchgeführt. Die Rechtsvorgänger Max W*** hatten nämlich Interesse, an der Liegenschaft zu verdienen; sie beauftragten daher den Verwalter, anläßlich von Neuvermietungen möglichst hohe Ablösen zu erzielen. Da Komm.Rat Alfred H*** aber an möglichst hohen Dauereinnahmen durch möglichst hohe Hauptmietzinse interessiert war, kam es dazu, daß der Verwalter bei Vermietungen einen Mittelweg einschlug, also Ablösen verlangte, wobei die maximale Höhe aber nicht ausgeschöpft wurde, um gleichzeitig eine erhöhte Hauptmiete erzielen zu können. Wie hoch insgesamt die von Ing. S*** erzielten Ablösen waren, konnte ebensowenig festgestellt werden, wie die sonstigen Einnahmen des Hauses in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 18. Dezember 1979. Das 40 Wohnungen umfassende Haus weist abgesehen vom Bestandgegenstand des Antragstellers lauter Großwohnungen, die überwiegend an Ärzte, Steuerberater und dgl. vermietet sind, und keine Substandardwohnungen auf. Über die Hauptmietzinseingänge dieses Hauses für die bereits genannte Zeit konnten keinerlei Feststellungen getroffen werden. Das im späthistorischen Stil erbaute Haus ist gemäß Beschluß des Wiener Gemeinderates vom 28. Juni 1975 Teil einer Schutzzone gemäß § 7 Abs 1 BauO für Wien; das Haus steht jedoch nicht unter Denkmalschutz. Seit dem Erwerb der Eigentumsanteile durch Dr. W*** werden bei Neuvermietungen keine Ablösen, sondern erhöhte Hauptmietzinse vereinbart. Seit damals kümmert sich neben dem bestellten Verwalter auch der Sohn Max W***'S, Mag. Oswald W***, um das Haus. Infolge des

schlechten Erhaltungszustandes des Hauses begann man 1977 mit der Durchführung größerer Erhaltungsarbeiten am Haus. Im Jahr 1977 wurden sämtliche Gassenfassaden des Hauses einschließlich der Verblechungen erneuert und Reparaturen an den Dächern vorgenommen. Der Gesamtaufwand dafür betrug ca. S 1,5 Millionen. Ca. 2 Jahre später, etwa 1979 wurden die Fassaden eines Lichthofes und 1982/83 (somit nach Abschluß des gegenständlichen Mietvertrages) auch die Fassaden des 2. Hofes instandgesetzt. Dafür wurden S 300.000,-- bzw. S 120.000,-- aufgewendet. Das Kupferblech für die Fassadenverblechung wurde von Max W*** zur Verfügung gestellt, vom Zweitantragsgegner wurde dafür sein Anteil in Höhe des Aufwandes nur für verzinktes Eisenblech bezahlt. Die Differenz, wobei nicht festgestellt werden kann, wie hoch diese war, trug Max W***. Darüber hinaus wurden jährlich Reparaturen am Dach in Höhe von ca. S 50.000,-- bis S 100.000,-- durchgeführt. Es konnte nicht festgestellt werden, daß von den Eigentümern des Hauses Landstraßer Hauptstraße 50 in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 18. Dezember 1979 insgesamt betrachtet überhaupt Eigenmittel für die Erhaltung des Hauses aufgewendet wurden, umso weniger, daß die für die Erhaltung aufgewendeten Eigenmittel die verrechnungspflichtigen Mietzinseinnahmen in dieser Zeit erheblich überstiegen hätten. Vor dem Antragsteller war Arthur J*** Mieter des Objekts top. Nr. 24 im Haus Landstraßer Hauptstraße 50. Anläßlich der Beendigung seines Mietverhältnisses machte er den Hausverwalter Ing. S*** mit dem Antragsteller bekannt, der damals eine Wohnung suchte; er stellte ihn als Graphiker vor. Ing. S*** war mit dem Antragsteller als neuem Mieter einverstanden; er sprach bei Vertragsabschluß davon, daß die "Atelierräume" vermietet würden. Der Bauart nach - wegen der abgeschrägten Wände kann man das Objekt top. Nr. 24 als "Atelierräume" bezeichnen. Über den Verwendungszweck, den der Antragsteller zu erfüllen und einzuhalten habe, wurde weder vor noch bei Vertragsabschluß mit dem Antragsteller gesprochen. In der Kanzlei des Verwalters wurde sodann ein schriftlicher Vertrag aufgesetzt, in dem es hieß: "Vermietet wird die Wohnung ....." "Der Mietgegenstand besteht aus 2 Atelierräumen, 1 Vorzimmer mit inst. Küche und 1 WC mit installierter Dusche". Dabei wurde eine einmonatige Kündigungsfrist vereinbart. In einem Zusatz zum Hauptmietvertrag wurde festgehalten: "Betreffend die Wohnungs top. Nr. 24 (Ateliert) ......" und ist im Folgenden von "Atelier" die Rede. Der Zusatz zum Mietvertrag wurde aufgesetzt wegen des Ausstattungszustands des Objekts, der wie folgt gegeben war: Außer den beiden Räumen gab es im Zeitpunkt der Anmietung einen Vorraum, in dem ein Gasanschluß, ein nicht angeschlossener Gasherd und eine Elektrokochplatte vorhanden waren. Die Wasserentnahmestelle befand sich links vom Eingang unmittelbar vor der WC-Türe in Form eines Wandbrunnens. Im Raum, in dem sich das WC befand gab es eine damals allerdings nicht funktionsfähige Dusche, einen Boiler mit Kalt- und Warmwasser und ein Waschbecken. Vor Unterfertigung las der Antragsteller den Vertrag mit dem angeführten Widmungszweck und war damit einverstanden. An Hauptmietzins wurde ein Betrag von S 3.500,-- wertgesichert vereinbart. Der Zustand des Objektes war - laut Zusatz zum Vertrag - dem Verwalter zur Gänze bekannt. Anläßlich des Vertragsabschlusses unterfertigte der Verwalter dem Antragsteller einen Meldezettel. Der Antragsteller verwendete das Objekt zum Wohnen und Arbeiten. Über eine andere Wohnung verfügt er nicht. Eine überwiegende Benützung des Objektes zum Arbeiten liegt nicht vor. Der Antragsteller ließ nach seinem Einzug auf seine Kosten die Dusche reparieren und eine Heizung installieren. Am 7. September 1982 richtete der Antragsteller ein Schreiben an den Hausverwalter, in dem er ihn unter Hinweis auf § 44 MRG aufforderte, den Hauptmietzins auf Basis der Ausstattungskategorie C auf 150 % zu ermäßigen. Dabei ging der Antragsteller von einer Wohnungsgröße von 66 m2 aus; erst im Zuge dieses Verfahrens wurde die Größe der Wohnung mit 62,39 m2 außer Streit gestellt. Nachdem die Antragsgegner eine Ermäßigung des Mietzinses abgelehnt hatten, reduzierte der Antragsteller den Mietzins selbst. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde dem Antragsteller bis einschließlich Dezember 1982 ein Hauptmietzins von S 3.888,62 vorgeschrieben, seit 1. Jänner 1983 betragen die Hauptmietzinsvorschreibungen S 4.086,01. Die letzte Verhandlung vor der Schlichtungsstelle fand am 23. November 1983 statt. Mit dem bei der Schlichtungsstelle beim MBA f.d. 3. Bezirk erhobenen Antrag begehrte Ernst G*** die Herabsetzung des Hauptmietzinses; seine Wohnung habe zur Zeit der Anmietung nur eine Ausstattung der Kategorie C aufgewiesen, weil weder ein funktionstüchtiges Bad noch eine Zentralheizung vorhanden gewesen seien.

Die Antragsgegner gaben sich mit der Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 23. November 1983 nicht zufrieden und riefen am 29. Dezember 1983 das Erstgericht an. Es sei sowohl die Voraussetzung des § 16 Abs 1 Z 1 als auch der Z 3 MRG gegeben, weil einerseits das Objekt überwiegend für Geschäftszwecke angemietet worden sei und anderseits das gegenständliche Haus in der Schutzzone liege und die Vermieter ab dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet hätten.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das auf Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes durch Vorschreibung von S 3.888,62 bzw. ab 1. Jänner 1983 von S 4.086,01 anstelle des nach § 44 Abs 2 und 3 MRG ermäßigten Hauptmietzinses für die Wohnung des Antragstellers gerichtete Begehren ab. Es verneinte die Möglichkeit einer Ermäßigung des vereinbarten Hauptmietzinses nach § 44 MRG unter Hinweis auf die Bestimmung des § 16 Abs 1 Z 1 MRG. Das Erstgericht nahm das Vorliegen einer Geschäftsraummiete an, weil das Bestandobjekt überwiegend zu Atelierzwecken habe verwendet werden sollen und vom Antragsteller auch so verwendet worden sei. Daneben liege aber auch der Tatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG vor. Das Haus liege nämlich in einer Schutzzone und sei die Erhaltung des Hauses im öffentlichen Interesse gelegen. Die Antragsgegner hätten erhebliche Eigenmittel für die Renovierungsarbeiten aufgewendet. Von den 2,5 bis 3 Millionen Schilling hätten die Hauseigentümer 30 % aus dem nicht verrechnungspflichtigen Teil des Mietzinses finanziert und keinen Kredit für die Durchführung dieser Arbeiten aufgenommen. Sie seien daher berechtigt, einen angemessenen Hauptmietzins vom Antragsteller einzuheben. Der derzeit eingehobene Hauptmietzins betrage S 56,10 pro m2 und sei insbesonders wegen der guten Lage des Hauses als nicht überhöht anzusehen, ohne daß es dazu der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedürfe.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Antragstellers Folge und änderte den angefochtenen Sachbeschluß des Erstgerichtes im Sinne der Feststellung ab, daß die Antragsgegner als Vermieter der Wohnung top. Nr. 24 in dem genannten Haus dem Antragsteller als Mieter dieser Wohnung gegenüber in der Zeit vom 1. Oktober 1982 bis 30. November 1983 durch Vorschreibung folgender monatlicher Beträge den gesetzlich zulässigen Hauptmietzins monatlich im folgenden Ausmaß überschritten hätten:

Vom 1. Oktober 1982 bis 31. Dezember 1982 durch Vorschreibung eines Betrages von S 3.888,62 um S 2.859,19 zuzüglich 8 % Umsatzsteuer und vom 1. Jänner 1983 bis 30. November 1983 durch Vorschreibung eines Betrages von S 4.086,01 um S 3.056,58 zuzüglich 8 % Umsatzsteuer.

Das Rekursgericht nahm eine Beweiswiederholung vor und stellte unter Einbeziehung der unbekämpft gebliebenen erstgerichtlichen Feststellungen den bereits wiedergegebenen Sachverhalt fest. Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Rekursgericht davon aus, daß ein Mietgegenstand nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zum MG (zuletzt MietSlg 32.260, 35.369) dann als Wohnung anzusehen sei, wenn er nach der Parteienabsicht bei Abschluß des Mietvertrages zu Wohnzwecken in Bestand gegeben und genommen worden sei. Wenn ein Bestandgegenstand teils zum Wohnen teils zu geschäftlichen Zwecken in Bestand gegeben worden sei, sei er als Wohnung zu beurteilen, wenn nicht die geschäftliche Tätigkeit den Wohnzweck überwiege und dies auch der vertraglichen Einigung entspreche. Dies habe auch bei Anwendung des § 44 Abs 2 MRG zu gelten (vgl. MietSlg 36.301/29). Aus der festgestellten Vereinbarung ließe sich aber zugunsten der Antragsgegner höchstens die Vereinbarung einer gemischten Benützung ableiten, nämlich zu Wohn- und Geschäftszwecken. Wenn dem Verwalter der Antragsgegner bei Vertragsabschluß tatsächlich vorgeschwebt sein sollte, "Atelier" als Beisatz zu Wohnung bedeute reinen Geschäftszweck, entgegen dem allgemein üblichen Begriff "Atelierräume", womit abgeschrägte Wände im Dachbereich verstanden würden, so habe diesen nicht geäußerten Irrtum nicht der Antragsteller zu vertreten. Ein bedeutendes Überwiegen der geschäftlichen Nutzung sei nicht unter Beweis gestellt worden. Was nun den von den Antragsgegnern behaupteten Ausnahmetatbestand des § 16 Abs 1 Z 3 MRG betreffe, sei zunächst klarzustellen, daß der Nachweis hiefür allein den Vermietern, die sich darauf beriefen, obliege. Nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG gälten für einen Mietgegenstand in einem Gebäude, an dessen Erhaltung aus Gründen des Denkmalschutzes, der Stadt- oder Ortsbildpflege oder sonst aus vergleichbaren Gründen öffentliches Interesse bestehe, nicht die Beschränkungen des § 16 Abs 2 MRG (Kategoriemietzinsobergrenzen) sondern nur die Obergrenze der Angemessenheit, sofern der Vermieter unbeschadet der Gewährung öffentlicher Mittel zur Erhaltung des Hauses nach dem 8. Mai 1945 erhebliche Eigenmittel aufgewendet habe. Da nach § 44 Abs 2 Z 1 MRG maßgebend sei, ob - bei fiktiver Annahme der Geltung des MRG zu diesem Zeitpunkt - am 18. Dezember 1979 eine Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses den Beschränkungen des § 16 Abs 2 MRG unterlegen wäre oder nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG davon ausgenommen gewesen sei, komme es darauf an, ob der Vermieter in der Zeit nach dem 8. Mai 1945 und vor dem 18. Dezember 1979 erhebliche Eigenmittel zur Erhaltung des Gebäudes aufgewendet hätte. Zum Begriff der "erheblichen Eigenmittel" im Sinn des § 16 Abs 1 Z 3 MRG habe der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach Stellung genommen (vgl. MietSlg 36.305/33, 5 Ob 26/84, 5 Ob 35/84, MietSlg 37.309, 5 Ob 108/85, zuletzt 5 Ob 129/86). Der Begriff "Eigenmittel" im § 16 Abs 1 Z 3 MRG bedeute gegenüber dem Begriff "Mittel" im § 16 Abs 1 Z 5 und 6 MRG eine Einengung und treffe nur auf Mittel aus dem Vermögen des Vermieters zu, die ihm nicht nach § 3 Abs 3 Satz 1 und § 20 MRG (oder § 6 Abs 1 MG) verrechnungspflichtig zur Verfügung stünden. Die aus Mitteln der Hauptmietzinsreserve finanzierten Erhaltungsarbeiten rechtfertigten demnach die Ausnahme nach § 16 Abs 1 Z 3 MRG nicht. Die Frage, ob im konkreten Fall überhaupt Eigenmittel nach den dargestellten Grundsätzen aufgewendet worden seien, ließe sich aber ohne Feststellungen über Mietzinseinnahmen in dem in Frage stehenden Zeitraum überhaupt nicht beantworten. Trotz mehrerer Aufforderungen, sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Rekursverfahren hätten die Antragsgegner keinerlei Aufstellung ihrer Mietzinseinnahmen geschweige denn Hauptmietzinsabrechnungen vorgelegt. Da die Frage, ob etwas als "Eigenmittel" zu qualifizieren sei oder nicht eine Rechtsfrage darstelle, könne eine Zeugenaussage des Verwalters oder des Zeugen Mag. W***, man habe 70 % aus verrechnungspflichtigen Einnahmen und 30 % aus verrechnungsfreien Einnahmen für Erhaltungsarbeiten aufgewendet, nicht geeignet sein, darauf Feststellungen zu gründen, die eine rechtliche Überprüfung zuließen. Es hätten lediglich ziffernmäßig die Ausgaben für Erhaltungsarbeiten festgestellt werden können. Auch aus den vorgelegten Urkunden Beil./8, 9, 12 und 13, die die Versteuerung von Mietzinseinnahmen der Jahre 1970, 1971, 1977 und 1980 beträfen, ließe sich nicht schließen, daß Eigenmittel aufgewendet worden seien, da diese Erklärungen offenbar nach anderen Grundsätzen als Hauptmietzinsabrechnungen erstellt worden seien und der Verfasser Ing. S*** zudem angegeben habe, daß sie nicht alle Mietzinseinnahmen enthielten. Da somit kein Nachweis erbracht worden sei, daß die Ausgaben für Erhaltungsarbeiten im fraglichen Zeitraum oder auch nur im Zeitpunkt der Durchführung der Großreparatur die für die Erhaltung des Hauses gebundenen Mietzinseinnahmen überstiegen hätten, sei davon auszugehen gewesen, daß Eigenmittel zur Instandhaltung des Hauses Landstraßer Hauptstraße überhaupt nicht aufgewendet worden seien. Doch selbst wenn man von der Aussage des Zeugen Ing. S*** und Mag. W*** ausginge, wonach 70 % aus verrechnungspflichtigen Mietzinseinnahmen gedeckt worden seien und 30 % des Erhaltungsaufwandes aus den der freien Verfügung der Antragsgegner überlassenen Mietzinseingängen, könne doch von der Aufwendung "erheblicher" Eigenmittel keine Rede sein. Dazu müßten, ausgehend von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der einzelnen Aufwendungen, die vom Vermieter aufgewendeten Eigenmittel den verrechnungspflichtigen Teil der Mietzinseinnahmen erheblich überschreiten. Die aufgewendeten Eigenmittel müßten im Verhältnis zur Größe des Hauses und zur Gesamthöhe der Erhaltungskosten ins Gewicht fallen. Das wäre aber bei einem (fiktiven) Aufwand von 30 % nicht zu bejahen. Da somit die Antragsgegner die Aufwendung erheblicher Eigenmittel für die Erhaltung des Hauses bis zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses mit dem Antragsteller nicht unter Beweis gestellt hätten, habe es sich erübrigt, auf die weiteren Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 3 MRG einzugehen. Das auf § 44 Abs 2 und 3 MRG gestützte Ermäßigungsbegehren des Antragstellers sei daher mangels Vorliegens eines Ausnahmetatbestandes jedenfalls gerechtfertigt. Wenn auch der Antragsteller in seinem ursprünglichen Antrag an die Schlichtungsstelle von einem als aufgrund der Ermäßigung zulässigen Hauptmietzins von S 1.089,-- ausgegangen sei, so sei doch offensichtlich, daß er nicht auf den Betrag habe verzichten wollen, der sich bei Zugrundelegung einer (erst im Zuge des Verfahrens) außer Streit gestellten Wohnungsgröße von nur 62,39 m2 errechne. Da im Antrag klargestellt sei, daß der Antragsteller sein Gestaltungsrecht auf Ermäßigung des Hauptmietzinses auf Basis der Ausstattungskategorie C habe ausüben wollen, sei durch die Außerstreitstellung der Wohnungsgröße lediglich eine Konkretisierung des Antrags erfolgt, sodaß der gesamte Überschreitungsbetrag festzustellen gewesen sei (vgl. auch MietSlg 35.465/41). Hingegen habe der Antragsteller sein Ermäßigungsbegehren nur insoweit geltend gemacht, als er von einer Ausstattungskategorie C ausgegangen sei. Daß diese zumindest vorliege, gehe aus den Feststellungen über den Zustand der Wohnung bei Abschluß des Mietvertrages hervor. Gegen diesen Sachbeschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, die Entscheidung des Rekursgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller beantragte in seiner Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG), aber nicht berechtigt.

Die Antragsgegner wenden sich in ihrem Rechtsmittel in erster Linie gegen die "rechtliche Schlußfolgerung" des Rekursgerichtes, daß sich aus der "festgestellten Vereinbarung" höchstens die Vereinbarung einer gemischten Benützung, nämlich zu Wohn- und Geschäftszwecken ableiten ließe. Wie sich aus den vorgelegten "Mietverträgen bzw. Zusätzen" eindeutig ergebe, sei durch den damaligen Hausverwalter das verfahrensgegenständliche Objekt als Atelier vermietet worden. Dieser Vertragswille hinsichtlich der Verwendung des Objektes sei durch die Vermieterseite durch entsprechende Bezeichnung im "Mietvertrag bzw. im Zusatz" dokumentiert worden. Bei einem "Atelier" handle es sich - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - nach ständigem Sprachgebrauch und auch "laut Duden" um den Arbeitsraum eines Künstlers etc.... Es liege somit kein Erklärungsirrtum seitens des Hausverwalters, sondern möglicherweise ein Dissens vor, weil der Antragsteller das gegenständliche Objekt primär zu Wohnzwecken habe anmieten wollen, die "Hauseigentümerschaft" dieses lediglich als Arbeitsraum habe vermieten wollen. Da somit bei Betrachtung des objektiven Wertes der abgegebenen Erklärung keine taugliche Grundlage für einen Vertragsabschluß vorliege, sei zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern gar kein Mietvertrag zustandegekommen. Dem kann nicht gefolgt werden.

Bei der Auslegung von Verträgen ist nach den §§ 914 f ABGB zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen und sodann die Absicht der Parteien zu erforschen. Unter der Absicht der Parteien ist aber - entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber - nicht die Absicht eines der Vertragsteile allein (JBl 1982, 142 ua), also ihre Absicht, das Objekt als Geschäftsräumlichkeit zu vermieten, zu verstehen, sondern vielmehr die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden (Koziol-Welser8 I 87; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 914 und Rz 8 zu § 863; SZ 46/9; SZ 49/59; JBl 1982, 142; JBl 1986, 173 ua). Richtig ist wohl, daß unter einem "Atelier" im ursprünglichen Sinn des aus dem Französischen stammenden Wortes eine Werkstatt für Maler und Bildhauer, aber auch für Foto- und Filmaufnahmen (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie17 I, 830) zu verstehen ist. Daraus läßt sich aber noch nicht der von den Revisionsrekurswerbern gewünschte Schluß ziehen, daß es sich hier um Geschäftsräumlichkeiten handelt. Nach der für die rechtliche Beurteilung der Rechtssache hier allein maßgeblichen Feststellungen des Rekursgerichtes wurde anläßlich der Vertragsgespräche der Verwendungszweck des Bestandgegenstandes zwar nicht erwähnt, in dem vom Hausverwalter verfaßten Mietvertrag wurde - und dies übersehen die rechtsmittelwerbenden Parteien - nicht schlechthin ein "Atelier" vermietet, das Bestandobjekt wurde darin vielmehr ausdrücklich als "Wohnung" und dahin beschrieben, daß es aus zwei "Atelierräumen", einem Vorzimmer mit installierter Küche und einem WC mit installierter Dusche besteht; auch in dem vom Rekursgericht erwähnten Zusatz zum Hauptmietvertrag wird auf die "Wohnung top. Nr. 24" Bezug genommen und dieser Bezeichnung des Bestandgegenstandes der in der Folge auch verwendete Ausdruck "Atelier" lediglich als Klammerausdruck beigefügt. Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs steht auch der Umstand, daß das Bestandobjekt keine "gesonderte" Küche hat, die Küche vielmehr bloß im Vorraum "installiert" ist, der Annahme einer Wohnung im Sinne des MRG nicht entgegen, weil eine solche der Ausstattungskategorie C bloß über eine Wasserentnahmestelle und ein Klosett im Inneren verfügen muß, nicht jedoch auch eine Küche aufweisen muß (§ 16 Abs 2 Z 3 MRG). Bei Bedachtnahme auf die für die Auslegung von Willenserklärungen im Sinne der Anwendung der Verkehrssitte maßgeblichen Sprachüblichkeit (Koziol-Welser, aaO, 87; Rummel, aaO, Rz 5 zu § 914) muß gesagt werden, daß ein redlicher Erklärungsempfänger unter diesen Umständen von dem ihm vom Vertreter der Bestandgeber vorgelegten Mietvertrag den Eindruck gewinnen durfte, daß ihm das Bestandobjekt als Wohnung, jedenfalls also zu Wohnzwekcen vermietet wird. Bedenkt man, daß der Antragsteller dem Hausverwalter vom Vormieter des Bestandgegenstandes als Graphiker vorgestellt wurde, erscheint auch die Annahme des Rekursgerichtes frei von Rechtsirrtum, es habe dem (jeweils am Empfängerhorizont zu beurteilenden) Parteiwillen entsprochen, daß der Bestandgegenstand zu Wohn- und Geschäftszwecken vermietet wurde. Dazu kommt noch, daß die bei zweiseitigen Rechtsgeschäften subsidiär eingreifende Auslegungsregel des § 915 ABGB (Koziol-Welser, aaO, 89; Rummel, aaO, Rz 1 und 4 zu § 915) zu demselben Ergebnis führt; denn für den Fall, als man den vereinbarten Vertragszweck, ein gemischt genutztes Bestandobjekt zum Gegenstand des Vertrages zu machen, doch nicht als eindeutig erklärt ansehen wollte, müßte die diesbezüglich undeutliche Erklärung, eine "Wohnung" mit Atelierräumen bzw. eine "Wohnung" (Atelier) zu vermieten, zum Nachteil der Vermieter ausgelegt werden, weil der Vertragstext von deren Vertreter formuliert, somit in das Vertragsgeschehen eingeführt wurde (vgl. Rummel, aaO, Rz 4 zu § 915). Da der Antragsteller den ihm vorgelegten Mietvertrag mit dem angeführten Widmungszweck vor dessen Unterfertigung durchgelesen hat und damit einverstanden war, ist davon auszugehen, daß der Antragsteller auf die so gewonnene Annahme, das Bestandobjekt werde zu Wohn- und Geschäftszwecken vermietet, auch tatsächlich vertraut hat (Rummel, aaO, Rz 8 zu § 863 samt Literatur- und Rechtsprechungshinweis). Unter den gegebenen Umständen kann somit von einem Dissens und einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes keine Rede sein. In ihrer Rechtsrüge bekämpfen die rechtsmittelwerbenden Parteien weiters die Ablehnung ihrer Ansicht, sie hätten (nach dem 8. Mai 1945 bis zum Abschluß des Bestandvertrages mit dem Antragsteller) erhebliche Eigenmittel zur Erhaltung des Gebäudes aufgewendet, durch das Rekursgericht. Den dazu erstatteten Rechtsmittelausführungen und Argumenten ist vor allem zu entgegnen, daß den Bestandgeber, hier somit die rechtsmittelwerbenden Parteien - wie das Rekursgericht bereits zutreffend erwähnt hat - die Behauptungs- und Beweispflicht für das Vorliegen des Begünstigungstatbestandes des § 16 Abs 1 Z 3 MRG trifft, die Antragsgegner es jedoch trotz wiederholter Aufforderung durch die Vorinstanzen unterlassen haben, zu der hier bedeutsamen Frage des Umfanges und der Aufbringung der aufgewendeten Eigenmittel ein konkretes Vorbringen zu erstatten oder zumindest Behauptungen, insbesondere über die Erträgnisse, vor allem die Mietzinseingänge aus der Liegenschaft aufzustellen, aus welchen verläßliche Rückschlüsse auf die Art der Finanzierung der tatsächlich vorgenommenen Investitionen hätten gezogen werden können. In Ermangelung entsprechenden Sachvorbringens das auch durch allfällige Beweisergebnisse nicht ersetzt werden kann, fehlt das sachliche Substrat, das für die von den Antragsgegnern gewünschte rechtliche Beurteilung unbedingt erforderlich wäre. Wenn sich das Rekursgericht bei dieser Sachlage außerstande sah, den den Antragsgegnern obliegenden Beweis für die Aufwendung erheblicher Eigenmittel für die Erhaltung des Hauses bis zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses mit dem Antragsteller als erbracht anzusehen, so handelt es sich dabei um ein der Beurteilung des Revisionsgerichtes entzogenes Ergebnis der Beweiswürdigung, das im Rahmen einer Rechtsrüge nicht bekämpft werden kann. Damit erweist sich aber die im Revisionsrekurs erhobene Rechtsrüge als unberechtigt.

Da die Rechtsrüge im Revisionsrekurs in Ansehung des Ausspruches des Rekursgerichtes über die Ermäßigung des begehrten Hauptmietzinses ihrem Umfang nach überhaupt nicht ausgeführt wurde, konnte dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein. Kosten für die Rechtsmittelgegenschrift wurden nicht verzeichnet.

Anmerkung

E13804

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0050OB00018.88.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19880315_OGH0002_0050OB00018_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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