TE OGH 1988/3/16 1Ob503/88

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Veröffentlicht am 16.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert, Dr.Hofmann, Dr.Schlosser und Dr.Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***esellschaft mbH Nfg. KG, Deutschlandsberg,

Bahnhofweg 2, vertreten durch Dr.Dagmar Arnetzl, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Hermann P***, Unternehmer, Pernitz, Peter Roseggerstraße 382, vertreten durch Dr.Helmut Schmidt und Dr.Ingo Schreiber, Rechtsanwälte in Wr.Neustadt, wegen S 318.644,87 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 29. September 1987, GZ 14 R 182/86-38, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wr.Neustadt vom 13. Juni 1985, GZ 1 Cg 23/85-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.766,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 978,75 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Infolge eines Windwurfes Mitte der siebziger Jahre war die Stadt Wien als Forsteigentümer gezwungen, Windwurfholz aus ihren Wäldern wegzubringen, was die Errichtung von Forstwegen erforderlich machte. Zu diesem Zweck wurde Rundholz aus dem Windwurf verbilligt abgegeben und der Holzkäufer verpflichtet, den Differenzbetrag auf den Normalpreis durch Finanzierung der Errichtung von Forstwegen abzudecken. Zu den Käufern von Holz zählte auch die klagende Partei. Die Abwicklung des Holzverkaufes erfolgte zunächst in der Weise, daß die klagende Partei für jeden einzelnen Kaufvertrag eine Haftungserklärung der S*** D*** zugunsten der Stadt Wien in der Höhe jenes Betrages beibrachte, der in den Holzverkaufsübereinkommen als Preis bzw. Forderung der Stadt Wien ausgewiesen war. Am 30.März 1977 gab die S*** D***

der Stadt Wien folgende Haftungserklärung ab:

"Wir haben zur Kenntnis genommen, daß die

H*** mbH Nfg. KG, Bahnhofweg 2, 8530 Deutschlandsberg, auf Grund diverser Holzverkaufsübereinkommen mit der Forstverwaltung Naßwald der Stadt Wien zur Sicherstellung aller aus diesem Vertrag erwachsenden Verbindlichkeiten Ihnen eine Kaution in Höhe von S 1,000.000,-- mit einer Laufzeit bis 31. Dezember 1977 zu erstellen hat. In der Erfüllung dieser Sicherstellungsverbindlichkeiten übernehmen wir die Haftung als Bürge und Zahler bis zu einem Betrage von S 1,000.000,--, falls Sie gegen die H***esellschaft mbH Nfg. KG oder deren Rechtsnachfolger Forderungen erheben sollten, ohne Prüfung des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses und binnen 8 Tagen nach der Zustellung der Aufforderung. Alle Zahlungen auf Grund dieser Haftungserklärung leisten wir nur auf ein Konto der Stadt Wien oder direkt bei der städtischen Hauptkasse. Bei eventueller Realisierung des gesamten Haftungsbetrages oder von Teilbeträgen durch die Stadt Wien verpflichten wir uns unaufgefordert, die ursprüngliche Haftungssumme während des gesamten rechtsgültigen Haftungszeitraumes auszufüllen. Diese Haftung hat eine Laufzeit bis 31.Dezember 1977, erlischt aber ohne Rücksicht auf den bezeichneten Termin endgültig erst durch Rückstellung dieses Haftbriefes an uns. Wir sind jedoch berechtigt, nach Ablauf des oben kalendermäßig bezeichneten Endtermines diese unsere Haftung mit dreimonatiger Wirkung zu kündigen."

Mit Schreiben vom 28.November 1977 wurde die revolvierende Haftung der S*** D*** bis 31.Dezember 1978

verlängert. Am 2.August 1977 richtete die klagende Partei an den Beklagten ein Schreiben folgenden Inhalts:

"Betrifft: Annahme Ihres Anbotes vom 5.Juli 1977

Sie haben der H*** GesmbH Nfg. KG, Bahnhofweg 2, 8530 Deutschlandsberg, am 5.Juli 1977 für den Bau der Forststraße Frombachgraben, Krenkenkogel ein Anbot erstellt, das völlig übereinstimmt mit Ihrem Anbot an das Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 49, Forstverwaltung Naßwald, in deren Holzverkaufsübereinkommen mit der H*** GesmbH Nfg. KG vom 20. Juli 1977 das oben genannte Anbot der Firma Hermann P***, PeterRosegger-Straße 382, 2763 Pernitz, einen integrierenden Bestandteil bildet.

Das Anbot umfaßt für den Frombachgraben, Krenkenkogel die Herstellung einer Rohtrasse inklusive Beschotterung. Der Preis pro 1 lfm beträgt S 290,-- netto. Die Firma P*** verpflichtet sich unwiderruflich, den oben genannten Bau sofort zu beginnen und in einem Zuge durchzuführen, sodaß im laufenden Jahr 1977 von der Firma P*** 4500 lfm des genannten Weges fertiggestellt sind.

Bezahlung: Die Firma P*** stellt der H***esmbH

Nfg. KG die Rechnungen, die von dieser auf Grund der bezüglichen Bedingungen des Holzverkaufsübereinkommens 292/2/77 der Forstverwaltung Naßwald mit der H***esmbH Nfg. KG

bezahlt werden. Die von der Firma P*** an die

H***esmbH Nfg. KG gelegten Rechnungen werden auf der Grundlage der vorher genannten Zahlungsbedingungen jeweils 15 Tage nach Rechnungsdatum an die V*** P*** Konto Nr. 188 bezahlt. Bei Abschluß dieses Vertrages leistet die H***esmbH Nfg. KG der Firma P*** eine Zahlung über 1000 lfm, d.s. S 290.000,-- + 18 % MWSt. S 52.200,--, zusammen S 342.200,--. Für diesen Betrag hat die Firma P*** der H***esmbH Nfg. KG sofort die ordnungsgemäße Rechnung zu legen .......... Dieser Vertrag gilt und erwächst in Rechtsverbindlichkeit, wenn die H***esmbH Nfg. KG von der Forstverwaltung Naßwald und Forstverwaltung Hirschwang den Zuschlag des für diesen Vertrag erforderlichen Rundholzes erhält."

Am 9.September 1977 kam es zwischen der Stadt Wien, vertreten durch die Forstverwaltung Naßwald, und der klagenden Partei zu Zl. 296/4/77 zu einem Übereinkommen über den Verkauf von Schadholz aus dem Revier Hochschneeberg der Stadt Wien. Danach kaufte die klagende Partei ca. 4.000 fm Nadelnutzholz ab Stock zum Gesamtkaufpreis von S 70.000,--. Der Kaufpreis für Bloche A, B, C und Braunbloche von 20 cm Durchmesser aufwärts war mit S 10,-- pro fm festgelegt. Die klagende Partei verpflichtete sich, pro fm Blochholz einen Laufmeter Forststraße durch den Beklagten bauen zu lassen bzw. den Weg vorzufinanzieren. Das Holz wurde nur nach Maßgabe der Bezahlung des Kaufpreises oder dessen Sicherstellung durch eine entsprechende Bankhaftung zum Abtransport freigegeben. Am 21. September 1978 kam es zu Zl. 303/13/78 zu einem weiteren Verkauf von Schadholz aus dem Revier Schneeberg. Kaufgegenstand waren ca. 400 fm Nadelblochholz zu einem Gesamtkaufpreis von ca. S 116.000,--. Der Kaufpreis für 1 fm Nadelblochholz von 20 cm Durchmesser aufwärts betrug S 290,--. Die klagende Partei verpflichtete sich, dem Beklagten bei Vertragsunterfertigung 800 Laufmeter Forststraße zum Preis von S 224.000,-- (2 lfm zu S 280,-- pro fm Holz) innerhalb von acht Tagen zu bezahlen. Im übrigen entsprachen die Verkaufs- und Zahlungsbedingungen dem Übereinkommen vom 9.September 1977. Der Preisunterschied war darauf zurückzuführen, daß das Holz laut Vertrag vom 21.September 1978 bereits geschlägert war, so daß die Schlägerungskosten im Verkaufspreis Berücksichtigung fanden. Im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge wurde Blochholz um ca. S 1.000,-- pro fm verkauft. Der in den Verträgen vom 9.September 1977 und 21.September 1978 enthaltene Festmeterpreis von S 10,-- bzw. S 290,-- wurde unter Bedachtnahme darauf festgesetzt, daß die klagende Partei nach dem Vertrag vom 9.September 1977 das Holz selbst zu schlägern hatte und nach beiden Kaufverträgen die Errichtung von Forststraßen zu finanzieren hatte. Hätte die klagende Partei die Verpflichtung zur Finanzierung des Wegebaus nicht übernommen, wäre der normale Blochholzpreis verrechnet worden.

Auf Grund des Holzverkaufsübereinkommens vom 21.September 1978 wurden von der klagenden Partei 522,85 fm Fichtenblochholz weggebracht, so daß sich eine Verpflichtung zur Bezahlung von 1.045,7 lfm Forststraße zu S 280,-- (insgesamt daher S 292.796,--) ergab. Von der laut Vertrag vom 9.September 1977 zu errichtenden Forststraße waren im Spätherbst 1978 542,35 lfm noch nicht errichtet, was bei einem Preis von S 290,-- pro lfm einem Betrag von S 157.281,50 entsprach. Auf Grund eines Rechenfehlers nahm die Forstverwaltung Naßwald an, daß von der klagenden Partei auf Grund des Vertrages vom 9.September 1977 noch 788 lfm und auf Grund des Vertrages vom 21.September 1978 noch 1173,86 lfm zu finanzieren bzw. zu errichten waren. Nachdem der Forstverwaltung Naßwald Zahlungsschwierigkeiten der klagenden Partei bekanntgeworden waren, forderte sie von der S*** D*** am 4.Oktober 1978

den Betrag von S 1 Mio. ab.

Mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14. November 1978, 21 Sa 14/78, wurde über das Vermögen der klagenden Partei das Ausgleichsverfahren eröffnet und Dr.Max V*** zum Ausgleichsverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 22.November 1978 teilte die klagende Partei dem Beklagten mit, daß das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei; sie forderte ihn auf, Rechnung über bereits erbrachte Leistungen zu legen. Der Beklagte wurde darauf hingewiesen, daß die klagende Partei nicht die Zustimmung zur Auszahlung der ihm gebührenden Beträge durch die Stadt Wien erteilen könne. Auch die Forstverwaltung Naßwald wurde darauf hingewiesen, daß die klagende Partei keine Zustimmung zur Auszahlung von Beträgen aus den Haftungssummen, die die Stadt Wien von der S*** D*** erhalten habe, gebe. Tatsächlich

wurde jedoch von der Stadt Wien die Haftung der S*** D*** auch für jene Beträge in Anspruch genommen, die sich nach der Berechnung des Dipl.-Ing. Irmfried H*** der Forstverwaltung Naßwald an noch nicht bezahlten Wegekosten bzw. im Hinblick auf noch nicht errichtete Forstwege ergaben. Nach dieser Berechnung wären auf Grund des Vertrages vom 9.September 1977 788 lfm Forstweg und laut Vertrag vom 21.September 1978 1173,86 lfm Forstweg zu errichten; davon waren 788 lfm (zu S 290,--) nach Ansicht des Dipl.-Ing. Irmfried H*** noch nicht errichtet, obwohl diese Strecke nach den abgeführten Holzmengen zu errichten gewesen wäre.

Der Beklagte legte am 18.Dezember 1978 an die Forstverwaltung Naßwald Rechnung über die vorgenannten Wegstrecken im Gesamtbetrag von S 657.496,94 mit dem Vermerk, daß die Fertigstellung des Weges im Frühjahr 1979 erfolge. Die Forstverwaltung Naßwald bestätigte am 29. Dezember 1978 die richtige und ordnungsgemäße Arbeitsleistung und Lieferung und bezahlte dem Beklagten am selben Tag den Betrag von S 657.496,94. Sie nahm hiefür Mittel in Anspruch, die auf Grund der Haftungserklärung der S*** D*** abgerufen worden

waren. Über Aufforderung des Dipl.-Ing. Irmfried H*** übermittelte der Beklagte eine Gleichschrift der Rechnung an die klagende Partei, damit diese die Umsatzsteuer ersetzt erhalte. Die Rechnung trägt den Vermerk "Duplikat der Rechnung Nr. 788/78" sowie den Beisatz "Rechnungslegung erfolgte an den Auftraggeber MA 46 Forstverwaltung Naßwald und wurde von dieser voll ausbezahlt". Mit Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. August 1979, 21 Sa 14/87-90, wurde der von der klagenden Partei mit ihren Gläubigern bei der Tagsatzung am 31.Mai 1979 abgeschlossene Ausgleich bestätigt. Nach Bestätigung des Ausgleichs stellte sich bei einer Kontenabstimmung heraus, daß ein Betrag von S 126.405,49 von der Stadt Wien zu Unrecht abgerufen worden war; dieser Betrag wurde der klagenden Partei in einem Verkaufsübereinkommen gutgebracht. Im Ausgleichsverfahren meldete die S*** D*** auf Grund der gegenüber der Stadt

Wien übernommenen Haftung eine Forderung von S 9,982.434,83 an. Hätte die Stadt Wien die Haftung der S*** D*** in Ansehnung jenes Betrages, der in der Folge dem Beklagten zufloß, nicht in Anspruch genommen, wäre von der S*** D***

ein entsprechend niedrigerer Betrag angemeldet worden. Die S*** S*** als Rechtsnachfolgerin der S***

D*** trat der klagenden Partei die mit der Klage geltend gemachte Forderung für den Fall, daß sie ihr zustehen sollte, ab. Die klagende Partei begehrt den Betrag von S 318.654,87 und brachte vor, der Beklagte habe sich auf Grund eines mit ihr abgeschlossenen Vertrages zur Errichtung von Forstwegen verpflichtet. Sie haben den Beklagten als Vertragspartner auf Wunsch des Grundeigentümers, der Stadt Wien, Forstverwaltung Naßwald, akzeptiert, doch sei das Entgelt für die Errichtung der Forstwege vereinbarungsgemäß von ihr, der klagenden Partei, zu entrichten gewesen. Der Beklagte habe der Stadt Wien über die von ihm erbrachten Leistungen Rechnungen gelegt und Zahlung im Betrag von S 657.496,94 erhalten; dieser Betrag sei in der Folge auf S 531.091,45 reduziert worden. Sie habe der Stadt Wien einen "Deckungsfonds" zur Verfügung gestellt, aus dessen Mitteln auch die Forderung des Beklagten, die ihm aber nur gegen die klagende Partei zugestanden sei, bezahlt worden sei. Da die Ausgleichsquote 40 % betrage, stehe ihr gegen den Beklagten ein Rückforderungsanspruch in der Höhe von 60 % des dem Beklagten von der Stadt Wien geleisteten Betrages in der Höhe des Klagsbetrages zu. Die S*** S*** als Rechtsnachfolgerin der S*** D*** habe

ihr die Forderung, sollte sie der S*** S***

zustehen, abgetreten; einen Rechtsgrund für die Abtretung könne sie

nicht angeben.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der eingeklagte Betrag beziehe sich auf Holzverkaufsübereinkommen, die zwischen der Stadt Wien und der beklagten Partei abgeschlossen worden seien. Der Auftrag zur Errichtung der Forstwege sei ihm nicht nur von der klagenden Partei, sondern auch von der Stadt Wien erteilt worden. Da die klagende Partei die von ihr übernommene Verpflichtung zur Finanzierung der Forstwege nicht erfüllt habe, habe die Stadt Wien als sein Auftraggeber und Vertragspartner letztlich S 531.091,45 an ihn bezahlt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der klagenden Partei stehe kein Bereicherungsanspruch zu, weil sie lediglich die Ausgleichsquote der Regreßforderung der S*** D***

bezahlt habe, andernfalls aber den gleichen Betrag als Ausgleichsquote an den Beklagten zu zahlen gehabt hätte. Bereicherungsansprüche seien auch nur zwischen dem Garanten und dem Begünstigten, der Stadt Wien, denkbar.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Die Haftungserklärung der S*** D*** sei

entgegen ihrem Wortlaut nicht als Bürgschaft, sondern im Hinblick auf die von der S*** D*** übernommene Verpflichtung "ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses" zu zahlen, ein Garantievertrag. Der Beklagte sei in den Garantievertrag nicht einbezogen worden. Im Hinblick auf die abstrakte Ausgestaltung des Garantievertrages habe der Garant, die S*** D***,

grundsätzlich weder Einwendungen aus dem Vertragsverhältnis zwischen der klagenden Partei und der Stadt Wien noch aus dem Auftragsverhältnis zwischen der klagenden Partei und dem Granten erheben können. Sei aber der Garant trotz Mangels im Grundverhältnis zwischen der klagenden Partei als Dritter und der Stadt Wien als Begünstigter zur Zahlung an den Begünstigten verpflichtet gewesen, dann sei Leistender im kondiktionsrechtlichen Sinn die klagende Partei und nicht der Garant. Eine Kondiktion stehe aber nur gegen den Begünstigten, also die Stadt Wien, zu, zu deren Gunsten die Garantie abgegeben worden sei. Daß die Stadt Wien ihrerseits dem Beklagten aus den finanziellen Mitteln, die ihr auf Grund des Garantievertrages zur Verfügung standen, Zahlung geleistet habe, mache diesen nicht zum Begünstigten des Garantievertrages. Ein Durchgriff der klagenden Partei auf den Beklagten sei somit nicht möglich. Auch ein Rückforderungsanspruch im Sinne des § 47 AO wegen einer dem Beklagten gewährten Sonderbegünstigung komme nicht in Betracht, weil nicht die klagende Partei an den Beklagten geleistet habe, sondern die Stadt Wien.

Rechtliche Beurteilung

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei, der Berechtigung nicht zukommt. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, ist die Haftungserklärung der S*** D*** vom 30.März 1977

als Bankgarantie zu qualifizieren. Der Gebrauch der Worte "als Bürge und Zahler" in der Haftungserklärung steht der Annahme einer (nicht akzessorischen) Garantie nicht entgegen, wenn durch die Übernahme der Verpflichtung zur Leistung "ohne Prüfung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses und binnen acht Tagen nach der Zustellung der Aufforderung" hinreichend deutlich die Übernahme einer abstrakten Zahlungsverpflichtung zum Ausdruck kommt (EvBl. 1982/23; SZ 52/18; SZ 50/66; SZ 50/32; Koziol, Der Garantievertrag 9, 11; Rummel in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 880 a). Im Wesen einer solchen Bankgarantie liegt es, dem Begünstigten auf die bloße Behauptung hin, der Garantiefall sei eingetreten, Zahlung zu verschaffen und seinen Vertragspartner auf den Weg einer Rückforderungsklage zu verweisen. Die Bank kann daher grundsätzlich keine Einwendungen und Einreden aus dem zwischen Auftraggeber und Begünstigtem bestehenden Kausalverhältnis erheben, da es gerade der Sinn einer solchen Garantie ist, die Einstandsverpflichtung der Bank vom Kausalverhältnis zu lösen (RdW 1986, 340; JBl. 1985, 425; SZ 54/189; SZ 50/66; SZ 50/32; SZ 48/130; Koziol a.a.O. 52 f; Rummel a.a.O. Rz 5 zu § 880 a ABGB). Dies schließt nur nicht Einwendungen gegen die Inanspruchnahme der Garantie aus, die sich aus der Auslegung des Grantietextes selbst ergeben (ÖBA 1987/39, 500).

Bei Prüfung der Frage, wem bei dreipersonalen Grantien Kondiktionsansprüche wegen ungerechtfertigter Inanspruchnahme der Bankgarantie zustehen und gegen wen solche Ansprüche zu richten sind, ist davon auszugehen, daß die Leistungskondiktion, die der Rückabwicklung fehlerhafter Leistungen dient, grundsätzlich dem Leistenden gegen den Empfänger der Leistung zusteht. Sind an einer Vermögensverschiebung mehrere Personen beteiligt, kann die Feststellung, wer Berechtigter und Verpflichteter der Leistungskonkiktion sein soll, auf Schwierigkeiten stoßen. Sie ist auf Grund der von den Parteien bei der Leistung vorgestellten Zweckbeziehung zu treffen. Es ist zu fragen, wer nach dem Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und wer Empfänger der Leistung sein sollte; die Rückabwicklung hat zwischen diesen Personen zu erfolgen (Koziol-Welser, Grundriß8 I 393). Da Leistungen stets auf einen bestimmten Zweck ausgerichtet sind, ist es konsequent, daß bei einem Fehlschlag die Rückabwicklung in derselben Zweckbeziehung erfolgt, in der die Zuwendung getätigt wurde (Koziol a.a.O. 84). Dies entspricht auch dem Gedanken der Risikozurechnung, wonach jeder die Risken für denjenigen Partner tragen soll, mit dem ihn das mangelhafte Kausalverhältnis verbindet; nur der Leistende nimmt die Gefahr auf sich, daß ihm Einwendungen entgegengesetzt werden können und daß er beim Konkurs des Partners des Kausalverhältnisses Schaden leidet (Koziol a.a.O. 84; Canaris, FS Larenz, 798, 814 ff). Wurde die Haftung des Garanten ganz oder teilweise zu Unrecht in Anspruch genommen, ist der Streit über die Rückabwicklung zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses auszutragen (ÖBA 1978/40, 505; Koziol a.a.O. 85). Berechtigt zur Erhebung von Kondiktionsansprüchen ist nicht der Garant, sondern der Garantieauftraggeber, da dann, wenn vom Begünstigten die Garantie in Anspruch genommen wird, der Zahlung auch Tilgungswirkung für das Valutaverhältnis zukommen soll (Koziol in ÖBA 1987, 508). Der Auftraggeber kann seine Kondiktionsansprüche aber nur gegen den aus der Garantie Begünstigten als Empfänger der Leistung richten. Nur diesem kann seinerseits ein Kondiktionsanspruch wegen grundloser Leistung gegen denjenigen zustehen, an den er im vermeintlichen Glauben, verpflichtet zu sein, geleistet hat. Da die Stadt Wien Begünstigter der Garantie war und nicht der Beklagte, kann die Stadt Wien auch nicht nur als Zahlstelle des Beklagten für die Entgegennahme von Leistungen des Garanten angesehen werden. Die Revisionswerberin qualifiziert die Vertragsbeziehungen zwischen ihr und dem Beklagten sowie der Stadt Wien als Vertrag zugunsten Dritter. Ob dies zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Auch bei Verträgen zugunsten Dritter erfolgt die Rückabwicklung fehlgeschlagener Leistungen nur entsprechend den zugrundeliegenden Leistungsbeziehungen; auch beim Doppelmangel in beiden Rechtsverhältnissen gibt es keinen direkten Durchgriff des Leistenden (Koziol-Welser a.a.O. 395). Die Berechtigung des Klagebegehrens wegen Begünstigung des Beklagten (§ 47 AO) wird von der Revision nicht mehr vertreten, so daß hierauf nicht einzugehen ist. Bei der dargestellten Rechtslage kann dahingestellt beiben, ob bzw. in welchem Ausmaß die Stadt Wien die Garantie der S*** D*** zu Unrecht in Anspruch

genommen hat.

Aus den dargestellten Gründen ist spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13729

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00503.88.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19880316_OGH0002_0010OB00503_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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