TE OGH 1988/3/16 14Os123/87

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.März 1988 durch den Hofrat des Obersten Gerichthsofes Hon.Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Reisenleitner, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schumacher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Michael H*** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Veselin A*** sowie die Berufungen der Angeklagten Michael H*** und Christine Anneliese B*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 27.Oktober 1986, GZ 21 a Vr 3777/84-76, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger, des Angeklagten Veselin A*** und des Verteidigers Dr. Karl Bernhauser, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Michael H*** und Christine Anneliese B*** zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Veselin A*** wird verworfen.

2. Die Berufungen der Angeklagten Michael H*** und Christine Anneliese B*** werden zurückgewiesen.

3. Der Berufung des Angeklagten Veselin A*** wird nicht Folge gegeben.

4. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Veselin A***, Michael H*** und Christine Anneliese B*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurde unter anderem der am 14.Oktober 1947 geborene jugoslawische Staatsangehörige Veselin A*** des in zwei Fällen jeweils als Beitragsträter im Sinne des § 12 (dritter Fall) StGB begangenen Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG (offensichtlich gemeint: neue Fassung) schuldig erkannt. Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider zur Ausfuhr und zum Inverkehrsetzen der nachgenannten (jeweils großen) Suchtgiftmengen dadurch beigetragen, daß er im Sommer 1982 in Salzburg dem (deswegen rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten) Anton Leo S*** etwa 200 Gramm Kokain (Punkt IV 1 des Urteilssatzes) und anfangs September 1983 in Wien der (deswegen gleichfalls rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten) Christine Anneliese B*** etwa 50 bis 70 Gramm Kokain (IV 2) jeweils zur Weitergabe an den Mitangeklagten Wolfgang H*** ausfolgte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten A*** dagegen aus den Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet. Der Mängelrüge (Z 5) zuwider kann vorliegend darin, daß sich das Urteil mit den - den Beschwerdeführer entlastenden - Angaben des Mitangeklagten S*** in der Hauptverhandlung nicht explizit auseinandersetzt, keine Unvollständigkeit in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes erblickt werden. Vielmehr genügte es, daß darin mit unmißverständlicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht wird, daß das Gericht den im Vorverfahren gemachten Angaben der Mitangeklagten Glauben schenkte (US 16 ff), in welchem Zusammenhang hervorzuheben ist, daß - entgegen der Beschwerde - nicht nur S***, sondern auch Michael H*** und Christine Anneliese B*** den Angeklagten A*** vor der Gendarmerie und vor dem Untersuchungsrichter auf Grund eigener Wahrnehmungen über dessen Tatbeteiligung massiv belastet hatten (vgl Band I S 23, 41, 43, 61, 63, 139; ferner Band I ON 8, ON 9 und ON 10).

Es versagt aber auch der weitere Einwand in der Mängelrüge, demzufolge die Annahme des Erstgerichtes über die vom Schuldspruch des Beschwerdeführers erfaßten Mengen an Kokain in den in der Hauptverhandlung am 29.September 1986 gemachten Angaben der Mitangeklagten S*** und B*** keine Deckung fände. Denn auch in diesem Punkt konnten sich die Tatrichter auf die ursprünglichen Angaben dieser Personen im Vorverfahren (vgl Band I S 43) bzw in Ansehung der von der Angeklagten B*** vom Beschwerdeführer erhaltenen Kokainmenge auf die Höhe des Geldbetrages stützen, den sie dafür bezahlt hatte (10.000 bis 15.000 DM; vgl Band I S 49 und 195).

Ähnliches gilt für die - in der Beschwerde gleichfalls als unzureichend begründet gerügte - tatrichterliche Konstatierung, in dem vom Beschwerdeführer der Angeklagten B*** übergebenen Päckchen habe sich Kokain befunden, weil auch diese Annahme in den vom Erstgericht als unbedenklich beurteilten Angaben der Christine Anneliese B*** im Vorverfahren - sie habe gewußt, daß sich in dem von ihr vom Beschwerdeführer in Wien übergebenen und von ihr nach München weitertransportierten Päckchen Kokain befand, sie sei von Wolfgang H*** zu diesem Kokaintransport überredet und angewiesen worden, das Suchtgift (beim Transport) am Körper zu verstecken (Band I S 61 und 63) - hinreichende Deckung findet. Es kann also auch in diesem Punkt von einem Begründungsmangel keine Rede sein. Schließlich konnten die Tatrichter aus dem konstatierten objektiven Verhalten des Beschwerdeführers, seinem

Vorleben - rechtskräftige Verurteilung wegen Kokainhandels zu 6 b Vr 12737/83 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien - und namentlich aus der Menge des von ihm weitergegebenen Suchtgifts ohne Verstoß gegen die Denkgesetze den lebensnahen Schluß ziehen, daß eine breitgestreute Weitergabe des Kokains durch Wolfgang H*** auch vom zumindest bedingten Vorsatz des Beschwerdeführers mitumfaßt war. Weshalb dieser Schluß "nicht nachvollziehbar" sein soll, wird in der Beschwerde nicht weiter begründet und muß demnach dieser Vorwurf mangels Substantiierung auf sich beruhen.

Es versagt aber auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, mit welcher er in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO eine Tatbeurteilung (bloß) als Vergehen nach § 16 SGG anstrebt.

Soweit darin die obigen, seinen Gefährdungsvorsatz (auch) in Ansehung der Verteilungsmodalitäten betreffenden Feststellungen übergangen werden, entbehrt die Rechtsrüge - die ein striktes Festhalten an dem von der Tatsacheninstanz konstatierten Sachverhalt erfordert - einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Dem weiteren, der Sache nach die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Beschwerdeeinwand jedoch, Kokain vermöge keine Gemeingefahr auszulösen, weil es nach dem Gutachten des Suchtgiftbeirates keine körperliche Abhängigkeit, das heißt also keine Sucht bewirken könne, genügt es zu erwidern, daß Kokain nach dem vorerwähnten Gutachten jedenfalls die Eignung zur Herbeiführung einer psychischen Abhängigkeit besitzt, demnach - so wie andere psychotrope Substanzen, wie zum Beispiel Cannabisprodukte, die auch in der Regel keine körperliche Abhängigkeit bewirken - zu den Suchtgiften zählt (vgl § 1 Abs. 1 SGG iVm § 1 Abs. 1 und Anhang I SGV) und daher sehr wohl Gegenstand des Verbrechens nach § 12 SGG sein kann (vgl Ö*** 1984/204; Foregger-Litzka, Suchtgiftgesetz2 28 f).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Veselin A*** war sohin zu verwerfen.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei A*** als erschwerend die große Suchtgiftmenge, die die Grenzmenge um ein Vielfaches übersteige, als mildernd dagegen die Unbescholtenheit und den "Zeitablauf" und verhängte es über ihn gemäß § 12 Abs. 1 SGG sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf ein Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28.März 1984 (mit dem er wegen §§ 12 Abs. 1 und 16 Abs. 1 Z 2 SGG sowie wegen § 269 Abs. 1 StGB zu einer - bedingt nachgesehenen - Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden war) eine Zusatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von zehn Monaten. Ferner verurteilte es ihn gemäß § 12 Abs. 4 SGG zu einer Wertersatzstrafe von 150.000 S (für den Fall der Uneinbringlichkeit zu drei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe), wobei es beide Unrechtsfolgen unter Bestimmung einer je dreijährigen Probezeit bedingt nachsah.

Die vom Angeklagten A*** dagegen erhobene Berufung, mit der er eine Herabsetzung beider Strafen anstrebt, ist nicht begründet. Dem Rechtsmittel zuwider kann angesichts dessen, daß der Berufungswerber dem Mitangeklagten Wolfgang H*** insgesamt rund 250 Gramm Kokain - also eine weit über der sogenannten Grenzmenge liegende Suchtgiftquantität - zum Weiterverkauf verschaffte und erst dadurch dessen Tat ermöglichte, von einer bloß untergeordneten Beteiligung am Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SGG keine Rede sein. Da im gegebenen Fall die vom Angeklagten A*** zu

verantwortende Suchtgiftmenge auf den anzuwendenden Strafsatz keinen Einfluß übt, wurde sie zu Recht als erschwerend gewertet, ohne daß darin ein "Verstoß gegen das Doppelverwertungsgebot des § 32 Abs. 2 StGB" zu erblicken ist.

Nach dem Gesagten bedürfen mithin die tatrichterlichen Strafzumessungsgründe keiner Korrektur zugunsten des Berufungswerbers. Geht man aber davon aus, dann erweist sich die geschöpfte Zusatzstrafe als durchaus tatschuldgerecht und mithin einer Ermäßigung unzugänglich.

Weshalb die vom Erstgericht gefundene Wertersatzstrafe von 150.000 S "gänzlich verfehlt" und hinsichtlich der Aufteilungsgrundsätze "nicht nachvollziehbar" sein soll, wird in der Berufung nicht weiter substantiiert und entzieht sich damit einer argumentativen Erörterung. Ausgehend davon, daß nach der Aktenlage Wolfgang H*** das Kokain um 300 DM pro Gramm veräußerte (Band I S 17), was allein für die vom Angeklagten A*** (und drei Mittätern) zu verantwortenden 250 Gramm einen Verkaufserlös von rund 525.000 S ergibt, erweist sich jedenfalls der dem Berufungswerber auferlegte Wertersatzanteil als nicht überhöht.

Der Berufung mußte sohin zur Gänze ein Erfolg versagt bleiben. Die in der Hauptverhandlung am 27.Oktober 1986 angemeldeten, in der Folge aber nicht ausgeführten Berufungen der Angeklagten Michael H*** und Christine Anneliese B*** waren zurückzuweisen, weil von diesen beiden Berufungswerbern weder bei der Anmeldung des Rechtmsittels noch später erklärt wurde, gegen welche der beiden ausgesprochenen Unrechtsfolgen sich ihr Rechtsmittel richtet (§ 294 Abs. 2 und 4 StPO nF).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E14094

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00123.87.0316.000

Dokumentnummer

JJT_19880316_OGH0002_0140OS00123_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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