TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/21 2005/16/0138

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Veröffentlicht am 21.09.2005
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §1;
GGG 1984 §12 Abs2;
GGG 1984 §15 Abs2;
GGG 1984 §3 Abs1;
GGG 1984 §7 Abs1 Z1;
GGG 1984 §7 Abs1 Z2;
ZPO §11;
ZPO §12;
ZPO §13;
ZPO §14;
ZPO §15;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde der M in K, vertreten durch MMag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom 25. April 2005, Zl. Jv 30-33/05-1, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2001, beim Landesgericht Klagenfurt am 24. Dezember d.J. eingelangt, brachten die Beschwerdeführerin und ihre Brüder Christoph und Wolfgang G. eine "Pflichtteilsergänzungsklage" gegen die Verlassenschaft nach der am 24. April 2001 verstorbenen Dorothea G. (der Mutter der Kläger), vertreten durch den erbserklärten Erben Johannes G. (den Bruder der Kläger) ein, in der die Beschwerdeführerin als Erstklägerin gleich wie die Zweit- und Drittkläger jeweils die Zahlung von S 3.000.000,-- samt Nebengebühren begehrten. Mit der Pflichtteilsergänzungsklage beantragten die Zweit- und Drittkläger die Gewährung von Verfahrenshilfe in vollem Umfang.

Mit Beschluss vom 14. März 2002 bewilligte das Gericht den Zweit- und Drittklägern Verfahrenshilfe im Ausmaß der Begünstigungen des § 64 Abs. 1 Z. 1 lit. a bis lit. f und Z. 3 ZPO in vollem Ausmaß.

Mit Schriftsatz vom 22. April 2004, bei Gericht am folgenden Tag eingelangt, dehnten die Beschwerdeführerin sowie die Zweit- und Drittkläger ihre Klagebegehren um je EUR 981.981,50 aus, sodass jeder der Kläger Zahlung von EUR 1.200.000,-- samt Nebengebühren begehrte.

Mit Zahlungsauftrag vom 24. Jänner 2005 schrieb der Kostenbeamte des Landesgerichtes Klagenfurt der Beschwerdeführerin für die Klagsausdehnung eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG - unter Berücksichtigung der bereits eingezogenen Gerichtsgebühr in der Höhe von EUR 10.762,20 -

im Betrag von EUR 40.653,20 samt einer Einhebungsgebühr von EUR 7,-- zur Zahlung vor.

In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 11 Abs. 2 GJGebGes. habe einen anders gelagerten Sachverhalt betroffen, in dem nur eine von mehreren Verfahrensparteien gebührenbefreit gewesen sei, die überdies als Solidarschuldner in Anspruch genommen worden sei. Wollte man den im § 12 Abs. 2 GGG enthaltenen Begriff der "gebührenpflichtigen Eingabe" nur als Verweis auf § 7 Abs. 1 Z. 2 GGG verstehen, wäre die Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren vom Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 GGG gar nicht erfasst. Die nach § 7 Abs. 4 GGG angeordnete Solidarhaftung sei in Fällen bloß subjektiver Klagenhäufung, also bei gemeinsamer Geltendmachung gleichartiger, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen Grund beruhender Ansprüche in keiner Weise gerechtfertigt und "mit den Grundsätzen verfassungskonformer Interpretation" nicht vereinbar. Bei einem evidenten Fehlen einer Regressmöglichkeit unter den Streitgenossen sei die einseitige Kostenbelastung einer Partei durch die Solidarhaftung nach § 7 Abs. 4 GGG unsachlich. § 7 Abs. 4 GGG knüpfe daran an, dass die "Verpflichtung zur Entrichtung desselben Gebührenbetrages zwei oder mehrere Personen trifft". Dieser Tatbestand sei von solchen Parteien nicht erfüllt, denen die Verfahrenshilfe bewilligt worden sei bzw. zu bewilligen sei. Führe die Bewilligung der Verfahrenshilfe unter anderem dazu, dass die betreffende Partei (einstweilig) von der Entrichtung der Gerichtsgebühr befreit sei, könne nicht davon gesprochen werden, dass sie die Verpflichtung zur Entrichtung des fraglichen Gebührenbetrages "treffe". Die Folge dieser Auslegung sei, dass die (einzige) gebührenpflichtig bleibende Partei die Gerichtsgebühr nur auf einer ihrem Teilbegehren entsprechenden Bemessungsgrundlage zu entrichten habe, hingegen der darüber hinausgehende Gebührenbetrag von der Verfahrenshilfebefreiung erfasst sei. Die Klagenhäufung nach § 11 Z. 2 ZPO liege im öffentlichen Interesse (Gerichtsentlastung) und im Interesse des Prozessgegners (Kostenverminderung). Es wäre nicht zu rechtfertigen, jene Partei, die von dieser Möglichkeit Gebrauch mache, in Ansehung ihrer Gebührenschuld schlechter zu stellen, als wenn sie jenen Weg gewählt hätte, der insgesamt zu einem höheren und teilweise unnotwendigen Aufwand führe.

Im Falle der Verbindung einzelner Klagen nach § 187 Abs. 1 ZPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung werde verfahrensrechtlich der Zustand hergestellt, der jenem bei schon ursprünglicher Klagenhäufung weitgehend entspreche. Dass in diesem Fall jeder Kläger nur die auf seinen Streitgegenstand entfallende Pauschalgebühr zu entrichten habe und sich daran auch durch eine nachträgliche Prozessverbindung nichts ändere, sei unstrittig und müsse auch für nachträgliche Klagsausdehnungen gelten. Die gemeinschaftliche Prozessführung liege durchaus im Interesse des möglicherweise unterliegenden Beklagten. Die Erwägungen sprächen in hohem Maße dafür, eine Gesetzesauslegung zu vermeiden, die dazu führe, dass eine Partei, die gemeinsam mit Verfahrenshilfe bedürftigen Streitgenossen eine Klage einbringe und aus Vereinfachungsgründen auf eine gesonderte Geltendmachung verzichte, (allein) mit jenen Gerichtsgebühren zu belasten, die insgesamt zu entrichten seien, wenn kein Streitgenosse Verfahrenshilfe genieße. Sachgerecht wäre allein eine Lösung, die für die Gebührenberechnung die von den Verfahrenshilfe genießenden Parteien geltend gemachten Ansprüche (vorerst) ausklammere und den verbleibenden Kläger so behandle, als hätte er sein Begehren in einer eigenen Klage erhoben bzw. ihm nur eine anteilige Haftung auferlege. Die gegenteilige, dem Zahlungsauftrag zu Grunde liegende Auffassung würde im Übrigen auch "zu unlösbaren Fragen des Kostenersatzes nach den Bestimmungen der ZPO führen". Unterliege etwa die Verfahrenshilfe genießende Partei und obsiege jener Kläger, der die gesamte Pauschalgebühr zu tragen gehabt habe, hätte letzterer Anspruch auf vollständigen Ersatz der ihm erwachsenen Verfahrenskosten einschließlich der (gesamten) Pauschalgebühr. Dies wäre nun aber aus der Sicht des Beklagten, der immerhin gegen zwei von drei Klägern obsiegt habe, "ganz unvertretbar". Es könne "unter keinen Umständen das Ergebnis verfassungskonformer Interpretation" sein, den Kläger auch bei einem vollständigen Erfolg mit seinem Begehren nur deshalb endgültig mit einem Großteil der Gerichtsgebühren zu belasten, weil in der selben Klage auch Ansprüche geltend gemacht worden seien, die wegen fehlender finanzieller Mittel kostenfrei prozessieren dürften. Gerade bei der Auslegung von gebührenrechtlichen Bestimmungen, die ersichtlich nur typische Regelfälle im Auge hätten, sei "im Wege zweckbezogener Auslegung auf ein in keineswegs vernachlässigbaren Fallgruppen abweichendes Schutzbedürfnis einzelner Personen Bedacht zu nehmen, um zugleich ein verfassungskonformes Ergebnis zu erreichen". Unter einem verzeichnete der Berichtigungsantrag Kosten von EUR 2.290,96.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag nicht statt (Spruchpunkt 1.) und wies das Begehren auf Kostenersatz als unzulässig zurück (Spruchpunkt 2.). Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, die Beschwerdeführerin habe die Bestimmung des § 15 Abs. 2 GGG gänzlich außer Acht gelassen, wonach mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen seien; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bilde, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt werde (§ 18 Abs. 2), eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren. Im vorliegenden Fall sei das Klagebegehren auf EUR 3.600.000,-- ausgedehnt worden; dieser Betrag bilde eine einheitliche Bemessungsgrundlage im Sinn des § 15 Abs. 2 GGG. Die Gebührenpflicht sei gemäß § 2 Z. 1 lit. b GGG mit dem Zeitpunkt der Überreichung der Klagsausdehnung am 23. April 2004 entstanden. Die Zahlungspflicht für die Pauschalgebühr treffe gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 GGG alle drei Kläger zur ungeteilten Hand, wobei die Zweit- und Drittkläger infolge der ihnen bewilligten Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG einstweilen befreit seien. Auf Grund des § 12 Abs. 2 erster Satz GGG habe hier schlussendlich die Beschwerdeführerin den vollen Gebührenbetrag (die volle Pauschalgebühr) zu entrichten. In allen Fällen des § 11 ZPO treffe mehrere Kläger als Streitgenossen die Solidarverpflichtung zur Zahlung eines auf Grund des gesamten Klagebegehrens aller Streitgenossen zu berechnenden Gebührenbetrages. Die Auslegung der Beschwerdeführerin, wonach die Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren vom Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 GGG nicht erfasst wäre, werde nicht geteilt. Unter den Begriff der "Eingabe" des § 12 Abs. 2 GGG sei auch TP 1 GGG zu subsumieren. Die Justizverwaltungsorgane hätten keine Interpretation über die Verfassungskonformität von bestehenden Gesetzen wie dem GGG vorzunehmen.

Abschließend begründete die belangte Behörde die Zurückweisung des Kostenersatzbegehrens.

Gegen diesen Bescheid - jedoch offenbar nur gegen dessen ersten Spruchabschnitt - richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird; die Beschwerdeführerin erachtet sich "in ihrem Recht auf gesetzmäßige Vorschreibung der Gerichtsgebühren verletzt". Aus den Vorschriften des GGG ergebe sich "insbesondere das Recht jeder Partei, nicht mit Gerichtsgebühren belastet zu werden, die die gerichtliche Anspruchsverfolgung durch anderen Personen betreffen". Die Beschwerdeführerin werde durch den angefochtenen Bescheid auch "in ihrem Recht, insoweit nicht mit - auf die gebührenbefreiten Parteien nicht überwälzbaren - Gerichtsgebühren belastet zu werden," verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erblickt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides - wie schon in ihrem Berichtigungsantrag -

im Kern darin, dass sie keine Solidarhaftung für jene Gerichtsgebühren treffe, die auf die beiden weiteren Kläger entfielen. § 12 Abs. 2 GGG wolle keinesfalls eine zusätzliche Gebührenpflicht der nicht gebührenbefreiten Partei begründen, sondern ausschließlich klar stellen, dass die nicht gebührenbefreite Partei keinen Vorteil dadurch haben solle, wenn sie gemeinsam mit gebührenbefreiten Personen eine Eingabe einbringe. Es sei nicht verständlich, warum allein der Umstand, dass die Klagsausdehnung in einem einheitlichen Schriftsatz angekündigt worden sei, nun zu einer solidarischen Gebührenschuld führen solle. Hätte jeder der drei Kläger die Klagsausdehnung in einem eigenen Schriftsatz erklärt oder überhaupt erst in der mündlichen Streitverhandlung vorgetragen, wäre an eine solidarische Zahlungspflicht zweifellos nicht zu denken. Es erscheine nun sachlich nicht gerechtfertigt, die Beschwerdeführerin deshalb gebührenrechtlich ungünstiger zu stellen, weil sie vom "umständlicheren Weg Abstand genommen" habe. Erscheine die Annahme solidarischer Gebührenpflicht somit bereits in den "normalen" Fällen von Klagsausdehnung durch formelle Streitgenossen zweifelhaft, so gelte dies umso mehr für jene Konstellationen, in denen einzelne dieser Streitgenossen auf Grund der ihnen gewährten Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Gerichtsgebühren befreit seien. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde führe dazu, dass statt der öffentlichen Hand bzw. der Allgemeinheit eine Privatperson (allein und zur Gänze) belastet werde, die mit den gebührenbereiten Partein lediglich der Umstand einer gemeinsamen Prozessführung verbinde. Eine sachliche Rechtfertigung für eine derartige Rechtsfolge sei dem GGG nicht zu entnehmen und könne bei vernünftiger Auslegung auch nicht unterstellt werden.

Fraglich sei, ob § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 GGG wirklich eine Solidarhaftung für die gesamte Pauschalgebühr bei subjektiver Klagenhäufung (formeller Streitgenossenschaft) anordne. Wenn § 7 Abs. 1 Z. 1 vom Antragsteller (Kläger) in der Einzahl und in seinem Abs. 4 von der Verpflichtung zur Entrichtung "desselben" Gebührenbetrages spreche, so sei dies durchaus dahin zu verstehen, dass bei subjektiver Klagenhäufung materiell mehrere unterschiedliche Anträge bzw. Klagen vorlägen und von der Entrichtung "desselben Gebührenbetrags" nur dann die Rede sein solle, wenn dem auch tatsächlich "dasselbe Begehren" zu Grunde liege.

§ 12 Abs. 2 GGG nenne inhaltlich alle im § 7 Abs. 1 GGG angeführten, eine Gebührenpflicht auslösenden Tatbestände, allerdings gerade mit Ausnahme der Fälle der Z. 1 (Klagen, Rechtsmittel, Exekutionsanträge, ...). Das Fehlen eines (auch nur inhaltlichen) Verweises des § 12 Abs. 2 GGG auf die Fälle des § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG spreche daher sehr dafür, dass der Gesetzgeber in der zuletzt genannten Norm nur jene Fälle habe regeln wollen, in denen durch das Tätigwerden mehrerer Personen regelmäßig keine höhere Gebührenpflicht entstehe als bei einem Einschreiten bloß einer Person. Für diese Fälle wolle § 12 Abs. 2 ersichtlich klar stellen, dass die gebührenpflichtige Partei auch bei einem gemeinsamen Vorgehen mit einer gebührbefreiten den (unveränderten) vollen Gebührenbetrag zu entrichten habe. Bei bloß subjektiver Klagenhäufung im Sinn des § 11 Z. 2 ZPO sei eine Solidarhaftung in keiner Weise gerechtfertigt. Die Bevorzugung des Fiskus zu Lasten einer einzelnen Partei sei mit den Grundsätzen verfassungskonformer Interpretation nicht vereinbar. Eine weitere Lösung des Problems liege darin, bei der Auslegung des § 7 Abs. 4 GGG die Frage der Gebührenbefreiung wegen bewilligter Verfahrenshilfe in dem Sinn zu berücksichtigen, dass dieser Tatbestand von solchen Parteien nicht erfüllt werde, denen die Verfahrenshilfe bewilligt worden sei bzw. zu bewilligen sei. Führe die Bewilligung der Verfahrenshilfe etwa dazu, dass die betreffende Partei (einstweilig) von der Entrichtung der Gerichtsgebühren befreit sei, könne nicht davon gesprochen werden, dass sie die Verpflichtung zur Entrichtung des fraglichen Gebührenbetrages "treffe". Für dieses Ergebnis sprächen auch das öffentliche Interesse (Gerichtsentlastung) und das Interesse des Prozessgegners (Kostenvermeidung) an der Klagenhäufung. Die gegenteilige Auffassung führe zu den - schon im Berichtigungsantrag näher ausgeführten - "unlösbaren Fragen des Kostenersatzes nach den Bestimmungen der ZPO".

Für den Fall, dass der Verwaltungsgerichtshof § 12 Abs. 2 GGG auch im Beschwerdefall nicht anders verstehen könne, als dass die Beschwerdeführerin die auf der Basis der Summe aller Teilstreitwerte berechnete Gerichtsgebühr zu tragen habe, werde beantragt, diese Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof anzufechten und deren Aufhebung zu Begehren.

Nach § 64 Abs. 1 Z. 1 ZPO kann die Verfahrenshilfe für einen bestimmten Rechtsstreit und ein spätestens innerhalb eines Jahres nach Abschluss des Rechtsstreites eingeleitetes Vollstreckungsverfahren die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren umfassen. Gemäß § 71 Abs. 1 ZPO ist die die Verfahrenshilfe genießende Partei mit Beschluss zur gänzlichen oder teilweisen Nachzahlung der Beträge zu verpflichten, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit gewesen ist und die noch nicht berichtigt sind, wie ebenso zur tarifmäßigen Entlohnung des ihr beigegebenen Rechtsanwalts, soweit und sobald sie ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts dazu imstande ist. Nach Ablauf von drei Jahren nach Abschluss des Verfahrens kann die Verpflichtung zur Nachzahlung nicht mehr auferlegt werden.

Die Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 - GGG, lauten, soweit im Beschwerdefall von Relevanz:

"...

A. Allgemeine Bestimmungen

I. Gegenstand der Gebühr und Entstehung der Gebührenpflicht Gegenstand der Gebühr

§ 1. (1) Den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes unterliegt die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs.

...

Eingaben

§ 3. (1) In zivilgerichtlichen Verfahren ... ist die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten, gleichgültig, ob die Klage ... mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht. Das gleiche gilt für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt ist.

...

IV. Zahlungspflicht

§ 7. (1) Zahlungspflichtig sind, soweit für die einzelnen Verfahrensarten nicht besondere Bestimmungen bestehen:

1. bei zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren der Antragsteller (Kläger, Rechtsmittelwerber, betreibender Gläubiger); ...

2. bei Eingaben und den die Eingaben vertretenden Protokollen die einschreitende Partei ...

(4) Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung desselben Gebührenbetrages zwei oder mehrere Personen, so sind sie zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig.

...

Wirkung der persönlichen Gebührenfreiheit auf

andere am Verfahren beteiligte Personen

§ 12. (1) Die persönliche Gebührenfreiheit (§§ 8 und 10) kommt nur der Partei, der sie durch Bewilligung der Verfahrenshilfe oder durch das Gesetz gewährt wird, und ihrem Bevollmächtigten sowie ihrem gesetzlichen Vertreter zu und geht auf die Rechtsnachfolger nicht über.

(2) Wird eine gebührenpflichtige Eingabe gemeinschaftlich von einer oder mehreren gebührenpflichtigen und gebührenbefreiten Personen eingebracht, so hat die gebührenpflichtige Partei den vollen Gebührenbetrag zu entrichten. Das Gleiche gilt ...

...

B. Besondere Bestimmungen über die Gebühren

im Zivilprozess und im Exekutionsverfahren

I. Bewertung des Streitgegenstandes

a) Im Zivilprozess

Allgemeine Grundsätze

§ 14. Bemessungsgrundlage ist, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert der Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Besondere Bestimmungen

§ 15. (1) Als Wert einer unbeweglichen Sache ist ...

(2) Mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche sind zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundslage für das ganze Verfahren.

...

Wertänderungen

§ 18. (1) Die Bemessungsgrundlage bleibt für das ganze Verfahren gleich.

(2) Hievon treten folgende Ausnahmen ein:

1.

...

2.

Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen; die bereits entrichtete Pauschalgebühr ist einzurechnen.

..."

Die ErläutRV zu einem Bundesgesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (GJGebG 1985), 366 BlgNR 16. GP 30 f führen aus, die "§§ 6 und 7 über die Bemessungsgrundlage und die Zahlungspflicht entsprechen im Wesentlichen dem bisherigen Recht (siehe §§ 5 und 6 GJGebGes. 1962). ... § 12 entspricht dem bisherigen Recht (§ 11 GJGebGes. 1962). ... Die Bestimmung des § 15 Abs. 2, dass in den Fällen, in denen von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen mehrere Ansprüche in einem Zivilprozess geltend gemacht werden, der Berechnung der Gerichtsgebühren die Summe der geltend gemachten Ansprüche zu Grunde zu legen ist, dient der Vereinfachung der Feststellung der Bemessungsgrundlage. ..."

Nach § 6 Abs. 4 GJGebGes. 1962 - der Kurztitel in der Fassung der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 289/1962 - waren, wenn die Verpflichtung zur Entrichtung desselben Gebührenbetrages zwei oder mehrere Personen traf, diese zur ungeteilten Hand zahlungspflichtig. Gemäß § 11 Abs. 2 erster Satz leg. cit. hatte, wenn eine gebührenpflichtige Eingabe gemeinschaftlich von einer oder mehreren gebührenpflichtigen und gebührenbefreiten Personen eingebracht wurde, die gebührenpflichtige Partei den vollen Gebührenbetrag zu entrichten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Bestimmung hatten, wenn bei der Verbindung mehrerer Rechtssachen zur gemeinsamen Verhandlung einer der Kläger das Armenrecht (nunmehr: die Verfahrenshilfe) hatte oder eine gebührenpflichtige Eingabe gemeinschaftlich von einer oder mehrerer gebührenpflichtigen und gebührenbefreiten Personen eingebracht wurde, die gebührenpflichtigen Parteien die auf ihre Parteiseite entfallenden Gebühren (Eingaben-, Protokoll- und Entscheidungsgebühr) im vollen Ausmaß zu tragen. Dabei war es ohne Bedeutung, welcher Teil des Wertes des gesamten Streitgegenstandes auf die gebührenpflichtigen Parteien entfiel oder ob die gemeinschaftlich eingebrachte Eingabe auch der Durchsetzung eines gemeinschaftlichen Anspruches diente (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 5. Jänner 1955, Zl. 1316/54, vom 9. Mai 1956, Zl. 1905/55, vom 4. Juli 1956, Zl. 194/55 = Slg. 1461/F, sowie vom 15. Juni 1964, Zl. 159/64).

Das zitierte Erkenntnis vom 15. Juni 1964 führte zu den in der damaligen Beschwerde u.a. gegen § 6 Abs. 4, § 11 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 Z. 2 GJGebGes. vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken aus:

"... Aber auch die in Richtung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes tendierenden Ausführungen der Beschwerde vermögen nicht zu überzeugen. Die Beschwerdeführerin vermeint, es ergebe sich aus dem Zusammenhalt der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen der Zivilprozessordnung und des Bundesgesetzes über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, dass es von der Willkür des Gerichtes abhänge, ob durch Verbindung einer Klage mit anderen Rechtsstreitigkeiten einer Prozesspartei die Gebühren anderer Parteien, die im Armenrecht prozessieren, aufgeladen werden oder nicht. Dazu ist zunächst zu sagen, dass die Verbindung von Streitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung gemäß § 187 ZPO nicht von der Willkür des Gerichtes abhängt, sondern nur unter bestimmten dort genannten Voraussetzungen zulässig ist, die keineswegs als unsachlich bezeichnet werden können. Auch der Ausschluss eines Rechtsmittels gegen den Verbindungsbeschluss erweckt keine Bedenken, da diese Besonderheit auf alle bloß prozessleitenden Verfügungen mit Ausnahme des Unterbrechungsbeschlusses zutrifft. Die im § 18 Abs. 2 Z. 2 GJGebGes. getroffene Anordnung über die Zusammenrechnung des Streitwertes bei Verbindung mehrerer Prozesse ist an sich ebenfalls nicht bedenklich, führt sie doch zumindest hinsichtlich der Eingaben und Protokollgebühren infolge der in TP. 1 und 2 enthaltenen Degression grundsätzlich zu einer Verbilligung der Gerichtsgebühren, während sie auf die perzentuell zu berechnenden Entscheidungsgebühren keinen Einfluss hat. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann auch weder im § 6 Abs. 4 GJGebGes., der die Zahlungspflicht zur ungeteilten Hand unter Personen, die denselben Gebührenbetrag schulden, festsetzt, noch im § 11 Abs. 2 leg. cit. erblickt werden, insoweit er in diesem Fall die gebührenpflichtige Partei für die Gebühren der gebührenbefreiten Partei haftbar macht. Dass das Zusammenwirken aller genannten Vorschriften im Einzelfall zu Härtefällen führen kann, sei unbestritten, reicht aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht hin, um die Verfassungswidrigkeit einzelner gesetzlicher Bestimmungen zu bewirken. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich somit ebenso wenig wie in dem gleich gelagerten, durch das Erkenntnis vom 4. Juli 1956, Slg. N. F. Nr. 1451/F, entschiedenen Falle veranlasst, einen Antrag im Sinne des Artikels 140 Abs. 2 B.-VG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen."

Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob die Beschwerdeführerin eine Solidarhaftung nach § 7 Abs. 4 in Verbindung mit § 12 Abs. 2 erster Satz GGG trifft, ist die Bestimmung des § 15 Abs. 2 GGG, wonach mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen sind; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet - soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird - eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.

Eine Unterscheidung, ob die Parteienhäufung auf Kläger oder Beklagtenseite stattfindet, trifft das Gesetz nicht. Die Zusammenrechnung nach dieser Gesetzesstelle gilt sowohl für materielle als auch für formelle Streitgenossen (vgl. etwa die in Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, unter E. 14 ff zu § 15 GGG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes knüpft die Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung (durch den Kostenbeamten!) zu gewährleisten. Da bekanntermaßen die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Arten der Streitgenossenschaft (formelle oder materielle bzw. einfache oder einheitliche) nicht immer einfach ist (vgl. die §§ 11 bis 15 ZPO und die umfangreiche dazu vorliegende Rechtsprechung und Literatur), hieße es, den Kostenbeamten zu überfordern, wenn er gehalten wäre, eine Unterscheidung dahin zu treffen, ob im jeweiligen Fall eine materielle oder eine formelle Streitgenossenschaft vorliegt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, Zl. 2004/16/0234, betreffend § 19a GGG mwN sowie die in Tschugguel/Pötscher, aaO, unter E. 6 ff zu § 1 GGG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Wenn nun die von der Beschwerdeführerin und ihren Streitgenossen geltend gemachten Ansprüche nach § 15 Abs. 2 GGG zusammenzurechnen sind und die Summe der geltend gemachten Ansprüche eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren bildet, kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie in der auf der besagten einheitlichen Bemessungsgrundlage errechneten Gebührenerhöhung auf Grund der beschwerdegegenständlichen Klagsausdehnung nur ein- und denselben Gebührenbetrag erblickte und gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 GGG die Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin zur ungeteilten Hand erfüllt sah.

An dieser Solidarhaftung der Beschwerdeführerin ergab sich durch die Gewährung der Verfahrenshilfe (u.a. durch die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühren in vollem Umfang) an die Zweit- und Drittkläger keine Änderung und insbesondere keine Schlechterstellung, wie dies die Beschwerde sieht. Die belangte Behörde unterstellte in zutreffender Weise den Schriftsatz vom 22. April 2004 dem Begriff der "gebührenpflichtigen Eingabe" im Sinn des § 12 Abs. 2 erster Satz GGG (vgl. Tschugguel/Pötscher, aaO, Anm. 3 zu § 12 GGG). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann aus der Verwendung des Begriffes der "Eingabe" in § 7 Abs. 1 Z. 2 und § 12 Abs. 2 erster Satz GGG anders als in § 7 Abs. 1 Z. 1 GGG nicht darauf geschlossen werden, dass § 12 Abs. 2 GGG für das zivilgerichtliche Verfahren nicht gelte; an der Bestimmung des § 3 Abs. 1 GGG wird deutlich, dass dieses Gesetz auch von die Gebührenpflicht auslösenden "Eingaben" in zivilgerichtlichen Verfahren ausgeht, weshalb § 12 Abs. 2 erster Satz GGG auch auf das zivilgerichtliche Verfahren Anwendung findet.

Die belangte Behörde sah darin, dass die Klagsausdehnung der Beschwerdeführerin und ihrer Streitgenossen in einem gemeinsamen Schriftsatz erfolgte, in rechtlich unbedenklicher Weise das weitere Tatbestandselement "gemeinschaftlich" erfüllt. Sie stellte weiters zutreffend nicht auf das Rechtsverhältnis der Kläger zueinander ab (vgl. Tschugguel/Pötscher, aaO, Anm. 4 zu § 12 GGG).

Für dieses Ergebnis spricht - wie bereits ausgeführt - die Anknüpfung der Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände, um dem Kostenbeamten eine möglichst einfache und damit zuverlässige Handhabung zu gewährleisten.

Dass im Falle einer Klagsausdehnung jedes einzelnen Streitgenossen mit gesondertem Schriftsatz anderes zu gelten hätte, tut diesem Auslegungsergebnis keinen Abbruch.

Die von der Beschwerdeführerin angestrebte "verfassungskonforme Interpretation" würde den klaren Wortlaut des § 7 Abs. 1 und 4 und § 12 Abs. 2 erster Satz GGG und damit die Grenzen der Auslegung überschreiten. Soweit der Wortlaut dieser Bestimmungen dem von der Beschwerdeführerin ins Auge gefassten Verständnis entgegensteht, erwecken sie aus dem im zitierten hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1964 wiedergegebenen Überlegungen noch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Gegen die in der Beschwerde geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken spricht überdies, dass es jedem Streitgenossen unbenommen bleibt, seine Klage oder seine Erweiterung des Klagebegehrens nicht in einer gemeinschaftlichen Eingabe mit anderen einzubringen, sondern mit gesonderter Eingabe, um einer allfälligen Solidarhaftung für den Gebührenbetrag (für die Gebührenerhöhung) zu entgehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005160138.X00

Im RIS seit

06.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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