TE OGH 1988/3/24 6Ob547/88

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Veröffentlicht am 24.03.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Christine S***, Facharzt, Gamlitz 120, vertreten durch Dr. Ernst Biel, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Mag. Herbert S***, selbständiger Umwelttechniker, Graz, Erlengasse 17/III, vertreten durch Dr. Rudolf und Dr. Gunter Griss, Rechtsanwälte in Graz, wegen grundbücherlicher Eigentumseinverleibung (Streitwert: 320.000 S), infolge Rekurses der Klägerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 13. Jänner 1988, GZ 6 R 6/88-65, womit der Rekurs der Rechtsmittelwerberin (ON 56) gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 5. Oktober 1987, GZ 24 Cg 359/86-53, zurückgewiesen wurde, sowie gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 13. Jänner 1988, GZ 6 R 249/87-65, womit der Rekurs der Rechtsmittelwerberin (ON 60) gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 29. Oktober 1987, GZ 24 Cg 359/86-57, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Rekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin hat gegen ihren Ehemann vor dem Gerichtshof erster Instanz eine Klage auf Einwilligung zur Einverleibung ihres Eigentums an einer im Eigentum des Beklagten stehenden Liegenschaft angebracht. Sie hat ihr Klagebegehren mit 320.000 S bewertet. Im Verfahren erster und zweiter Instanz war sie durch einen frei gewählten Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten vertreten. Das Gericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Eine Ausfertigung des Berufungsurteiles wurde dem anwaltlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 4. Juni 1987 zugestellt.

Am 2. Juli 1987, dem letzten Tag der Revisionsfrist, langte einerseits ein vom Prozeßbevollmächtigten im eigenen Namen eingebrachter Schriftsatz beim Prozeßgericht ein, in dem der Einschreiter die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zur Klägerin mitteilte. Andererseits brachte die Klägerin selbst am selben Tag einen Schriftsatz an das Erstgericht zur Postaufgabe, mit dem sie ihrerseits die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mitteilte und gleichzeitig, ohne allerdings ein Vermögensbekenntnis anzuschließen, einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang stellte.

Das Prozeßgericht wies den Verfahrenshilfeantrag wegen Aussichtslosigkeit weiterer Rechtsverfolgung ab. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde der Klägerin am 15. Juli 1987 zugestellt. Die Abweisung des Verfahrenshilfeantrages blieb unangefochten. Am 30. Juli 1987 langte allerdings beim Prozeßgericht ein neuerlicher Antrag der Klägerin auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (diesmal mit fromularmäßigem Vermögensbekenntnis) ein. Am 5. Oktober 1987 sprach das Erstgericht in Beschlußform aus, es werde die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des (klagsabweisenden) Urteiles erster Instanz in der Hauptsache und des Berufungsurteiles sowie einer Rekursentscheidung über die Nichtzulassung einer Klagserweiterung und die Abweisung eines Sicherungsantrages festgestellt (Punkt 1); gleichzeitig kündigte das Erstgericht an, daß es nach Rechtskraft seiner Entscheidung die Rechtskraftbestätigung erteilen werde.

Eine Ausfertigung dieser in Beschlußform ausgesprochenen Feststellungen und Ankündigung wurde der Klägerin am 7. Oktober 1987 zugestellt. Eine Zustellung an ihren seinerzeitigen anwaltlichen Prozeßbevollmächtigten unterblieb.

Die Klägerin brachte gegen die in Beschlußform ergangenen Äußerungen des Erstgerichtes einen - nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigten - schriftlichen Rekurs ein (ON 56).

Dieses Rechtsmittel wies das Rekursgericht mit dem zu 6 R 6/88 gefaßten Beschluß vom 13. Jänner 1988 als unzulässig zurück, weil es sich gegen nicht anfechtbare Aussprüche richte und deshalb unzulässig sei. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Eine Ausfertigung des Zurückweisungsbeschlusses wurde dem seinerzeitigen anwaltlichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin - ebenso wie dieser selbst - am 12. Februar 1988 zugestellt.

Gegen diesen rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß brachte die Klägerin am 26. Februar 1988 an das Erstgericht einen schriftlichen Rekurs zur Postaufgabe. Mit diesem Rechtsmittel stellt sie in Ansehung der beschlußmäßigen Feststellung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit unter Ankündigung der Erteilung der Bestätigung der Rechtskraft (ON 53) wörtlich den Antrag auf "Aufhebung des Beschlusses gemäß § 7 Abs. 3 EO, weil die Bestätigung der Vollstreckbarkeit unrechtlich erfolgt ist".

Rechtliche Beurteilung

Zu dieser Anfechtung ist folgende Verfahrenslage festzuhalten:

Der Rechtsstreit ist im Sinne des § 27 Abs. 1 ZPO ein Anwaltsprozeß. Die Klägerin war bis zur Zustellung des Berufungsurteiles durch einen freigewählten anwaltlichen Prozeßbevollmächtigten vertreten. Eine Aufhebung der diesem Rechtsanwalt erteilten Prozeßvollmacht erlangt gemäß § 36 Abs. 1 ZPO dem Prozeßgegner gegenüber erst dann rechtliche Wirksamkeit, wenn die von der Beendigung des Vollmachtsverhältnisses betroffene Partei die Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes anzeigt. Diese Voraussetzung für die verfahrensrechtliche Wirksamkeit des Widerrufes oder der Kündigung einer Prozeßvollmacht im Anwaltsprozeß gilt auch im Prozeßverhältnis zwischen Partei und Gericht. Dieselbe Wirkung wie die Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes hat die Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe. Einem diesbezüglichen Antrag kommt zwar Fristunterbrechungswirkung im Sinne des § 73 Abs. 2, § 464 Abs. 3 und § 521 Abs. 3 ZPO zu, der Anzeige der Bestellung eines anderen Rechtsanwaltes gemäß § 36 Abs. 1 ZPO kann aber erst die Bestellung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe gleichgehalten werden. Eine derartige Bestellung ist bisher im Rechtsstreit über das Einverleibungsbegehren nicht erfolgt. Verfahrenshilfeentscheidungen in einem anderen Verfahren zwischen denselben Prozeßparteien können auf dieses Verfahren keinerlei Wirkung üben. Soweit nicht einzelne Prozeßhandlungen von der zwingenden Vertretung durch Rechtsanwälte ausgenommen sind, hat nach wie vor der seinerzeit von der Klägerin bevollmächtigte Rechtsanwalt im Prozeßrechtsverhältnis gegenüber Gericht und Gegenpartei als Prozeßbevollmächtigter der Klägerin zu gelten. Rekursschriften bedürfen gemäß § 520 Abs. 1 ZPO der Unterschrift eines Rechtsanwaltes. Ein Verfahren zur Verbesserung des Formmangels der fehlenden Unterschrift hat aber zu unterbleiben, wenn die formmangelbehaftete Verfahrenshandlung aus Gründen, die einer Verbesserung entzogen sind, erfolglos bleiben muß.

Der von der Klägerin erhobene "Rekurs" gegen die zweitinstanzliche Zurückweisung ihres Rekurses ON 56 mit dem Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung gemäß § 7 Abs. 3 EO stellt dem sachlichen Gehalt nach keine Anfechtung, sondern vielmehr eine Unterwerfung unter die rekursgerichtliche Entscheidung dar, weil nicht eine Fehlerhaftigkeit der dem zweitinstanzlichen Zurückweisungsbeschluß im Sinne der Entscheidung SZ 57/82 zugrundegelegten Rechtsansicht, gegen die Bestätigung der Vollstreckbarkeit sei nur der im § 7 Abs. 3 EO vorgesehene Rechtsbehelf zulässig, ein Rekurs aber ausgeschlossen, geltend gemacht wird, sondern ein solcher Antrag gestellt wird. Über einen derartigen Antrag hat aber nicht das Rechtsmittelgericht, sondern das Gericht erster Instanz zu entscheiden.

Der gegen die rekursgerichtliche Zurückweisung des gegen den Beschluß vom 5. Oktober 1987 erhobenen Rekurses ON 56 war mangels einer erkennbaren Anfechtung zurückzuweisen. Über den im Sinne des § 7 Abs. 3 EO gestellten Antrag wird das Prozeßgericht erster Instanz zu entscheiden haben.

Am 29. Oktober 1987 hat das Prozeßgericht in formeller Beschlußform verschiedene, in zehn Punkte gegliederte Aussprüche, getan: Die Feststellung über die Rechtzeitigkeit des Rekurses der Klägerin, ON 56, gegen die Feststellung der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit vom 5. Oktober 1987 (Punkt 1) und der zu diesem Rekurs, ON 56, erteilte Verbesserungsauftrag (Punkte 2 bis 4) sind durch die Rekursentscheidung vom 13. Jänner 1988 inhaltlich überholt, also durch den weiteren Verfahrensfortgang gegenstandslos geworden. Der Hinweis auf das für Rekursschriften bestehende Formerfordernis der Anwaltsunterschrift (Punkt 5) geht über eine Rechtsmittelbelehrung nicht hinaus. Die Ankündigung, daß (diesbezüglich) ein weiteres Verbesserungsverfahren unterbleiben werde (Punkt 6), stellte eine Rechtsfolge für die Nichtbefolgung der erteilten Belehrung in Aussicht. Auch diese Ankündigung ist durch die zweitinstanzliche Zurückweisung gegenstandslos geworden. Die Feststellungen, daß der - unbekämpft gebliebene - Beschluß vom 9. Juli 1987, ON 51, über die Abweisung des ersten Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit weiterer Rechtsverfolgung rechtskräftig geworden sei, ist eine Rechtskraftbestätigung (Punkt 7), der Hinweis auf die Sinnlosigkeit weiterer Verfahrenshilfeanträge (Punkt 9) und der Ausspruch über eine vorweg erklärte Abweisung allfällig weiterer Verfahrenshilfeanträge mit der Begründung, daß einmal Schluß sein müsse (Punkt 10), stellen keine Entscheidungen über bereits konkret gestellte Begehren dar, lediglich Punkt 8 enthält eine derartige Entscheidung, in dem nämlich der Verfahrenshilfeantrag vom 30. Juli 1987, ON 52, unter Verweisung auf die im vorangegangenen Abweisungsbeschluß vom 9. Juli 1987, enthaltene Begründung (der Aussichtslosigkeit weiterer Rechtsverfolgung) abgewiesen wurde. Im Zwischenverfahren über die Verfahrenshilfe bedürfen die Parteien gemäß § 72 Abs. 3 ZPO auch im Anwaltsprozeß keiner Vertretung durch Rechtsanwälte, Rekurse können sie in diesem Zwischenverfahren auch beim Gerichtshof mündlich zu Protokoll erklären.

Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz über die Verfahrenshilfe sind gemäß § 528 Abs. 1 Z 3 ZPO unzulässig. Dieser Rechtsmittelausschluß erstreckt sich nicht nur auf die über einen Verfahrenshilfeantrag ergehende Sachentscheidung, sondern auf alle im Verfahren über die Verfahrenshilfe ergehenden Beschlüsse. Die Klägerin hat gegen die Abweisung ihres Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe vom 30. Juli 1987, ON 52, durch Punkt 8 des Beschlusses vom 29. Oktober 1987, ON 57, Rekurs ergriffen.

Das Gericht zweiter Instanz hat dieses Rechtsmittel nach der Aktenlage als verspätet angesehen und aus diesem Grunde mit dem Beschluß vom 13. Jänner 1988, 6 R 249/87, zurückgewiesen. Die Klägerin ficht diesen Zurückweisungsbeschluß unter der Geltendmachung des Umstandes der fristgerechten Postaufgabe mit dem erkennbaren Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an.

Dieses Rechtsmittel ist nach dem erwähnten Rekursausschluß gemäß § 528 Abs. 1 Z 3 ZPO unzulässig und aus diesem Grunde - ohne Sachprüfung - zurückzuweisen.

Anmerkung

E13989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00547.88.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19880324_OGH0002_0060OB00547_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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