TE OGH 1988/3/24 7Ob546/88

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Veröffentlicht am 24.03.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 29.August 1986 verstorbenen Dkfm. Peter R***, Vorstandsdirektor i.R., zuletzt wohnhaft Graz, Hauberissergasse 1, infolge Revisionsrekurses der Erben 1.) Stefanie R***, Lehrerin, Graz, Hauberissergasse 1, 2.) Dr. Maria-Gabriela R***, Kunsthistorikerin, Anif, Mayerhof, 3.) Theresa

R***, Studentin, Graz, Hauberissergasse 1, 4.) Peter

R***, Student, Graz, Hauberissergasse 1, und 5.) mj. Paolo R***, Schüler, Graz, Hauberissergasse 1, sämtliche vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 20. Jänner 1988, GZ 3 R 352/87-55, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 27.Oktober 1987, GZ 20 A 410/86-43, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am 29.8.1986 verstorbenen Dkfm. Peter R*** stellt dessen geschiedene Ehegattin Helga R*** Unterhaltsforderungen an den Nachlaß. Sie hat wegen derartiger Forderungen gegen die Erben Stefanie R***, mj. Paolo R***, Dr. Maria-Gabriela R***, Antonia

R***, Theresa R*** und Peter R*** zu 34 C 80/87

des Bezirksgerichtes für ZRS Graz eine auf 169.838,40 S gerichtete Klage eingebracht. Nach den Klagsbehauptungen wurde ihre Ehe mit dem Erblasser mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 6.8.1971, 23 Cg 97/71-10, aus beiderseitigem gleichteiligen Verschulden geschieden. Es habe sich hiebei jedoch um eine vereinbarte Scheidung gehandelt, wobei die seinerzeitigen Ehegatten für den Fall der rechtskräftigen Ehescheidung einen Unterhaltsvergleich dahin geschlossen hätten, daß sich der Erblasser verpflichtet habe, Helga R*** einen monatlichen wertgesicherten Unterhalt von 7.500 S zu zahlen. Die sich aus dem Vergleich ergebende Verpflichtung gehe auf die Erben über.

Auf Antrag der Erben Stefanie R***, Dr. Maria- Gabriela R***, Theresa R***, Peter R*** und mj. Paolo

R*** hat das Erstgericht beschlußmäßig ausgesprochen, daß Helga R*** keinen Rechtsanspruch auf Beiziehung im Abhandlungsverfahren hat.

Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Rekursgericht den erwähnten Antrag der Erben abgewiesen. Es hat hiebei rechtlich ausgeführt, daß Verlassenschaftsgläubiger zwar grundsätzlich nur insoweit Beteiligte am Verlassenschaftsverfahren seien, als sie Rechte nach §§ 811 bis 815 ABGB haben, doch könne ihnen deshalb noch nicht jeder Rechtsanspruch auf Beiziehung zum Verlassenschaftsverfahren abgesprochen werden. Ein Recht auf Beiziehung zur Inventur des Nachlasses hätten alle jene Personen, die ein rechtliches Interesse am Gegenstand und der Höhe des Nachlasses haben. Ein derartiges Interesse müsse der geschiedenen Ehegattin des Erblassers zugebilligt werden, weil schon mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 78 EheG die Höhe des Nachlasses für ihren Anspruch von maßgebender Bedeutung sein könne. Daher werde die Rekurswerberin, auch wenn sie einen Antrag auf Absonderung der Verlassenschaft bisher nicht gestellt hat, zur Inventarisierung und Schätzung der erblasserischen Liegenschaft zu laden sein. Inwieweit sie darüber hinaus dem Verlassenschaftsverfahren beizuziehen oder von Vorkommnissen dieses Verfahrens zu verständigen sei, werde im Einzelfall entschieden werden müssen. Eine generelle Aberkennung des Rechtes der Rekurswerberin auf Beiziehung im Abhandlungsverfahren sei jedenfalls nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Der von den oben genannten Erben gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekures ist nicht gerechtfertigt. Die grundsätzliche Legitimation der Helga R*** zur Erhebung eines Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluß war gegeben. Zwar handelt es sich bei ihr um eine Verlassenschaftsgläubigerin, die im Verlassenschaftsverfahren nur die Rechte nach den §§ 811 bis 815 ABGB hat und die nur insoweit Beteiligte ist und Verfügungen des Gerichtes, die ihre Rechte beschneiden, bekämpfen kann. Ein Rekursrecht steht ihr nur gegen Verfügungen zu, mit denen in ihr Recht eingegriffen wurde (Welser in Rummel Rz 1 zu § 811 und Rz 24 zu § 812 ABGB). Ihr ist daher nicht grundsätzlich gegen jede den Nachlaß betreffende Verfügung des Abhandlungsgerichtes ein Rechtsmittelrecht zuzubilligen. Durch eine Entscheidung, mit der ihr grundsätzlich jede Beteiligung am Verlassenschaftsverfahren abgesprochen wurde, wird jedoch über allfällige Rechte, die sie betreffen, abgesprochen. Demnach stand Helga R*** das Recht zum Rekurs gegen die erstgerichtliche Entscheidung zu, weshalb das Rekursgericht richtig sachlich über diesen Rekurs entschieden hat.

Den nunmehrigen Rekurswerbern ist darin beizupflichten, daß es sich bei dem Unterhaltsanspruch der Helga R*** gegen den Erblasser nach dem Vorbringen in ihrer nunmehrigen Klage gegen die Erben zumindest formell allenfalls nur um einen Unterhaltsanspruch nach § 68 EheG gehandelt hat und ein solcher nach § 78 Abs.3 EheG mit dem Tod des Verpflichteten erlischt. Wie allerdings ein vergleichsweise festgesetzter Unterhalt erbrechtlich zu behandeln ist, muß hier nicht erörtert werden, weil im Verlassenschaftsverfahren nicht über das Bestehen oder Nichtbestehen eines behaupteten Unterhaltsanspruches gegen den Nachlaß oder die Erben zu entscheiden ist. Ein solcher Anspruch ist nämlich im Rechtsweg durchzusetzen (Welser in Rummel Rz 15 zu § 796 ABGB, Pichler in Rummel, Rz 9 zu § 142 ABGB betreffend Unterhaltsansprüche des Kindes, SZ 22/43 u.a.). Bedacht zu nehmen auf diese Rechtslage hätte das Abhandlungsgericht nur im Falle eines Antrages der Helga R*** auf Nachlaßabsonderung, weil im Falle eines derartigen, sich aus § 812 ABGB ergebenden Anspruches die behauptete Forderung bescheinigt werden muß (Welser in Rummel Rz 13 zu § 812, NZ 1969, 38 u. a.). Könnte daher der behauptete Unterhaltsanspruch schon aus rechtlichen Gründen keinesfalls gegeben sein, so wäre ein Antrag auf Nachlaßabsonderung abzuweisen.

Auf die oben dargelegten Fragen muß jedoch nicht weiter eingegangen werden. Das Außerstreitgesetz sieht nämlich Negativentscheidungen nicht vor, mit denen generell das Recht einer konkreten Person auf jegliche Beteiligung am Verlassenschaftsverfahren verneint wird. Demnach entbehrt die erstgerichtliche Entscheidung einer gesetzlichen Grundlage. Sie greift auch insoferne in Rechte der Helga R*** ein, als diese, wie jede andere Person, allenfalls irgendwelche Ansprüche behaupten könnte, aus denen sich das Recht auf Beiziehung, zumindest zu einzelnen Vorgängen des Abhandlungsverfahrens ergeben könnte. Inwieweit ein solches Recht auf Beiziehung konkret besteht, kann immer nur bezüglich der jeweiligen Maßnahmen des Abhandlungsverfahrens beurteilt werden. Grundsätzlich ist von vornherein niemand von einem Abhandlungsverfahren ausgeschlossen, weshalb Entscheidungen wie die erstgerichtliche im Gesetz nicht vorgesehen sind. Dies ändert nichts daran, daß eine bestimmte Person bezüglich keiner der sich im Laufe des Abhandlungsverfahrens ergebenden Verfahrensschritte einen Anspruch auf Beteiligung haben kann. Es ist daher mit dem Gesetz nicht vereinbar, jemandem von vorneherein jegliches Recht auf Beteiligung auch für noch gar nicht absehbare Vorgänge des Verlassenschaftsverfahrens abzusprechen. Mit Recht hat demnach das Rekursgericht den auf grundsätzlichen Ausschluß der Helga R*** von sämtlichen Vorgängen des Abhandlungsverfahrens gerichteten Antrag der Erben abgewiesen.

Anmerkung

E13610

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00546.88.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19880324_OGH0002_0070OB00546_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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