TE OGH 1988/4/12 4Ob513/88

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Veröffentlicht am 12.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*** AG, Linz, Rudigierstraße 5-7, vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei I*** B*** FÜR A*** AG, Wien 1., Neuer Markt 1, vertreten durch Dr.Erich Schwinner und Dr.Georg Walderdorff, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,000.000 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. September 1987, GZ 2 R 144/87-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. März 1987, GZ 15 Cg 18/86-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 1,000.000 samt 11 % Zinsen seit 25.April 1985 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Das Mehrbegehren von 11 % Zinsen aus S 1,000.000 vom 21.März bis 24. April 1985 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 151.721,40 bestimmten Prozeßkosten (darin S 12.647,40 Umsatzsteuer und S 12.600 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen."

Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei die mit S 85.406,95 bestimmten Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens (darin S 4.582,45 Umsatzsteuer und S 35.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Wilhelm P*** Internationale Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH (im folgenden kurz: P*** GmbH) schloß am 24. November 1984 als Generalunternehmer einen "HotelFertigstellungs-Vertrag" mit der Firma A*** Developement Corporation Limited (im folgenden kurz: Firma A***); die Abwicklung der Zahlungen zwischen den beiden Vertragsparteien erfolgte über die Beklagte (Beilage E). Mit "Haftungskreditvertrag" vom 31. Oktober 1984 übernahm die Klägerin gegenüber der Firma Wilhelm P*** Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH & Co KG (im folgenden: P*** KG) zur Sicherstellung von deren Verpflichtung gegenüber der Beklagten Haftungen bis zum Gesamtbetrag von 12 Millionen S als Garantiegeberin. Zur Sicherstellung der Ansprüche, die der Klägerin aus diesem Haftungskreditverhältnis erwachsen waren oder noch erwachsen würden, trat die P*** GmbH sämtliche Forderungen aus dem von ihr mit der Firma A*** abzuschließenden Werkvertrag der Klägerin ab (Beilage B). Mit Schreiben vom 18.März 1985 teilte die Klägerin der Beklagten folgendes mit:

"Wir bringen Ihnen zur Kenntnis, daß die Firma Wilhelm P***, Internationale Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH, Bad Goisern, die mit der A*** Developement Corporation Limited, Mahe, Seychellen, einen Vertrag zur Fertigstellung eines Hotels abgeschlossen hat, uns sämtliche Forderungen aus diesem Auftrag unwiderruflich abgetreten hat.

Als Zahlungsabwickler gemäß Punkt 4.2 des Vertrages ersuchen wir Sie, die Zahlungen ausschließlich auf das Konto 13.022.660 unter der Bezeichnung "SeychellenAuftrag" bei uns anzuschaffen." (Beilage A). Diese Verständigung traf bei der Beklagten am 19.März 1985 ein, wurde aber von ihr nicht anerkannt; die Firma A*** selbst wurde von der Zession nicht verständigt. Am 26.März 1985 trat die P*** GmbH der Beklagten sämtliche Forderungen aus dem mit der Firma A*** abgeschlossenen Vertrag ab. Hierauf verfügte die Beklagte über Beträge von mindestens 318.000 US-Dollar, die ihr die Firma A*** zwecks Zahlung an die P*** GmbH überwiesen hatte; diese Summe hat die Beklagte nicht dem Konto der Klägerin gutgeschrieben. Mit der Behauptung, die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ausschließlich ihr Zahlung zu leisten, begehrt die Klägerin von der Beklagten 1 Million S s.A. Die Beklagte hafte für die Beträge, die sie an die P*** GmbH weitergeleitet habe (ON 1). Aus den Punkten 4.2 bis 4.4 des Vertrages zwischen der P*** GmbH und der Firma A*** ergebe sich, daß die Beklagte Vertreter der zahlungspflichtigen Firma A*** gewesen sei; ihr sei im Umfang der von der Firma A*** über sie fließenden Beträge die Stellung des abgetretenen Schuldners zugekommen (ON 6 u. 8). Die Beklagte habe nach der Zessionsverständigung bei ihr eingegangene Zahlungen der Firma A*** zu ihren Gunsten verwendet (ON 15 u. 16). Bei der Firma A*** könne die Forderung zumindest in Europa nicht hereingebracht werden, weil die Schuldnerin hier kein Vermögen habe (ON 17).

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die P*** GmbH habe ihr, die nur als Zahlstelle zwischen dieser und der Firma A*** fungiert habe, mitgeteilt, daß sie ihre Forderungen gegen die Firma A*** nicht an die Klägerin abgetreten habe. Die Beklagte sei nicht der "bevollmächtigte Adressat zur Kenntnisnahme von Abtretungen" gewesen. Die Firma A*** habe bei ihr nicht einmal ein Girokonto unterhalten; sie habe für ihre Tätigkeit als Zahlstelle kein Entgelt bekommen. Die Firma A*** sei ordnungsgemäß davon verständigt worden, daß die P*** GmbH ihre Forderungen gegen sie der Beklagten abgetreten habe.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte er fest:

Zu Beginn der Geschäftsbeziehungen zwischen der P*** GmbH und der Firma A*** wurde auch die Errichtung eines Treuhandvertrages zwischen der Firma A*** und der Beklagten erwogen, dann aber nicht durchgeführt. Die Beklagte erledigte für die Firma A*** nur die Weitergabe von Zahlungen an die P*** GmbH. Eine Bindung solcher Zahlungen an den Nachweis eines bestimmten Baufortschritts war nicht vereinbart, ergab sich aber zum Teil daraus, daß die Beklagte jeweils konkrete Weisungen des Zahlenden (etwa nach Zustimmung von Prüfingenieuren) befolgen mußte. Daß die Beklagte die Firma A*** in irgendeiner Form (insbesondere als Erklärungsadressatin) vertreten sollte, war nicht vereinbart.

Die Sicherungszession zwischen der P*** GmbH und der Klägerin wurde als stille, erst bei Inanspruchnahme der Haftung der Klägerin offenzulegende Zession vereinbart.

Nach Offenlegung dieser Zession stritt auf Anfrage der Beklagten bei der P*** GmbH deren Geschäftsführer Dipl.Ing. P*** das Bestehen einer Zessionsvereinbarung ab und legte der Beklagten ein seine Behauptung bestätigendes Schreiben an die Klägerin vor. Gegen das Abstreiten der Zession durch Dipl.Ing. P*** setzte sich die Klägerin deshalb nicht zur Wehr, weil sie von Dipl.Ing. P*** durch falsche Versprechungen beruhigt wurde und ihr bei der Beklagten einlösbare Schecks in Höhe der Haftungssumme übergeben wurden. Die Beklagte verweigerte aber die Einlösung der Schecks.

Beim Abschluß des Zessionsvertrages zwischen P*** und der Beklagten am 26.März 1985 waren Vertreter der Firma A*** anwesend. Überdies wurde die Firma A*** von der Beklagten am 30.April 1985 davon schriftlich verständigt. Die P*** GmbH widerrief diese Zession am 29.April 1985.

Rechtlich ging der Erstrichter davon aus, daß die im Herbst 1984 zwischen der P*** GmbH als Zedentin und der Klägerin als Zessionarin vereinbarte Zession zur Sicherstellung vorläufig eine stille Zession sein und erst bei Inanspruchnahme der Haftung der Klägerin offengelegt werden sollte; diese Offenlegung habe die Klägerin dann gegenüber der Beklagten, die sie als Vertreterin der Firma A*** angesehen habe, vorgenommen. Von einer so weitreichenden Vertretereigenschaft der Beklagten sei aber nicht auszugehen; diese sei von der Firma A*** sicherlich nur zur Weiterleitung von Zahlungen an die P*** GmbH, nicht aber zur Entgegennahme von Erklärungen udgl. bevollmächtigt worden. Die Klägerin habe aus der Zahlungsabwicklung zu Unrecht den Anschein einer weitergehenden Vollmacht der Beklagten abgeleitet. Es sei daher zu keiner wirksamen Verständigung des abgetretenen Schuldners gekommen, weshalb der Modus der Zession fehle.

Selbst wenn man aber der Ansicht der Klägerin folgen wollte, hätte sie doch die Beklagte zu Unrecht in Anspruch genommen, weil die Firma A*** der abgetretene Schuldner und die Beklagte auch nach der Meinung der Klägerin nur dessen Vertreter sei; die Beklagte sei daher nicht passiv legitimiert. Ein Fall der Scheinvertretung liege nicht vor, weil nicht nachweisbar sei, daß sich die Beklagte Vertretungsmacht angemaßt hätte.

Eine Haftung der Beklagten lasse sich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin über fehlendes Vermögen der Firma A*** in Europa ableiten. Einerseits könne bei einem Unternehmen auf den Seychellen nicht von einer faktischen oder rechtlichen Undurchsetzbarkeit, sondern höchstens von Erschwernissen gesprochen werden, andererseits habe die Beklagte kein konkretes, rechtlich erhebliches Vorbringen zu einer möglichen Uneinbringlichkeit in Europa erstattet; hiezu lägen auch keine Beweisergebnisse vor. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters und stellte ergänzend zum Inhalt des Hotel-Fertigstellungs-Vertrages fest:

In Artikel IV (Zahlungsbedingungen), Punkt 4.2, heißt es: "Die Summe des bar zu bezahlenden Teiles beträgt US-$ 4,093.438.......und wird dem Generalunternehmer von der I*** B*** FÜR

A*** AG, 1, Neuer Markt 1, Postfach 879, A-1011 Wien, Österreich, im Nachstehenden "IBA", im Namen von A*** bezahlt.

A*** wird entweder den vollen Barteil des vertraglichen

Gesamtentgelts im vorhinein an IBA bezahlen oder bei IBA ein

bestätigtes, unwiderrufliches, teil- und übertragbares Akkreditiv

(Letter of credit) eröffnen. IBA wird die Zahlungen aus dem Barteil

dem Generalunternehmer in folgenden Summen gegen Vorlage von

Rechnungen, die vom Generalunternehmer ausgestellt, von A***

unterschrieben und mit dem Vermerk "abruft" (= genehmigt) versehen

sowie vom Architekten und/oder Kostenprüfer - ordnungsgemäß

genehmigt von der Bank of Baroda - gezeichnet sind: ......".

In Punkt 4.3 wird ausgeführt: "Der auf den KäuferKredit

entfallende Entgeltpreis beträgt US-$ 1,200.000......und wird dem

Generalunternehmer aus einer Kreditvereinbarung bezahlt werden, die

A*** mit IBA in österreichischen Schillingen im ungefähren

Gegenwert der genannten Summe in Dollars der Vereinigten Staaten

unterzeichnet hat oder unterzeichnen wird, wobei die Zahlungen an

den Generalunternehmer in Übereinstimmung mit den in Abs 4.2

genannten Zahlungszielen und -bedingungen erfolgen wird......".

Der Punkt 4.4 lautet: "A*** muß die Genehmigung oder Berichtigung der Rechnungen sowie die Rücksendung an den Generalunternehmer binnen 14 Tagen vornehmen. Falls A*** in Verzug ist, gilt die Rechnung automatisch als genehmigt, worauf IBA die Zahlung im Sinne der bezüglichen Rechnung leisten wird."

In Artikel XIV (Gültigkeit des Vertrages), Punkt 14.4, wurde als Wirksamkeitsvoraussetzung des Hotelerrichtungsvertrages die Bescheinigung der Beklagten gegenüber der P*** GmbH vereinbart, daß sie, die Beklagte, ermächtigt worden sei, der P*** GmbH die Zahlungen entsprechend dem Artikel VI (gemeint wohl: Artikel IV) zu leisten.

Gemäß Artikel XI (Schiedsverfahren), Punkt 11.5, unterliegt der Hotel-Fertigstellungs-Vertrag den österreichischen Gesetzen. Schiedsentscheidungen sollen auch gemäß dem Recht der Republik Seychellen ohne jeglichen Vorbehalt gültig sein.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus:

Nach den Punkten 4.2 bis 4.4 des Hotel-Fertigstellungs-Vertrages sei es Sache der Beklagten gewesen, das vertragliche Entgelt im Namen der Firma A*** der P*** GmbH gegen Vorlage ordnungsgemäß genehmigter Rechnungen zu zahlen. Mit den zitierten Vertragsbestimmungen habe die Firma A*** die Beklagte bevollmächtigt, für sie die vertragsgemäßen Zahlungen an die P*** GmbH zu leisten. Die in Artikel IV des Hotel-Fertigstellungs-Vertrages enthaltenen Bestimmungen über die Zahlung der Beklagten im Namen der Firma A*** seien keine vom Gewaltgeber dem Gewalthaber über einen Bevollmächtigungsvertrag ausgestellte Urkunde im Sinne des § 1005 Satz 2 ABGB. Der Umfang der Vollmacht der Beklagten bestimme sich daher gemäß § 1029 ABGB aus dem Gegenstand und aus der Natur des Geschäftes. Der Bevollmächtigte sei zu allen Handlungen berechtigt, die nach dem Geschäftsgebrauch und nach den Umständen des Falles in den Bereich des aufgetragenen Geschäftes gehörten. Der Stellvertreter sei im allgemeinen nicht nur zur Abgabe von Erklärungen im Namen des Machtgebers, sondern auch zur Empfangnahme von Erklärungen befugt. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, Benachrichtungen über eine Zession für die Firma A*** wirksam entgegenzunehmen, weil sie diese bei der Erfüllung der abgetretenen Forderung zu vertreten befugt gewesen sei, auch wenn sie eine allgemeine Vertretungsmacht für die Firma A*** nicht besitze.

Die nach der Verständigung von der Zession an die P*** GmbH geleisteten Zahlungen seien auf eigene Gefahr der von der Beklagten vertretenen Firma A*** erfolgt. Die Beklagte wäre bei Zweifeln über das Vorliegen der Abtretung zwar berechtigt gewesen, von der Klägerin den Nachweis der Abtretung zu verlangen; bis dahin habe sie aber nicht, unbekümmert um die Benachrichtigung, an die P*** GmbH zahlen dürfen. Der durch die mitgeteilte Sicherungszession erworbene Zahlungsanspruch der Klägerin bestehe daher gegen die Firma A***, nicht aber gegen die Beklagte zu Recht.

Ein Versionsanspruch der Klägerin (§ 1041 ABGB) gegen die Beklagte sei ausgeschlossen, weil der Klägerin ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung gegen die Firma A*** zustehe und als solcher geltend gemacht werden könne. Die Verwendungsklage sei ein subsidiäres Mittel nur für den Fall, daß ein Vertragsverhältnis nicht herangezogen werden könne.

Die Berufungsbehauptung, die Beklagte habe wissentlich Geschäfte der Klägerin als eigene geführt, entferne sich von den getroffenen Feststellungen. Aus der Rücksendung der Zessionsmitteilung durch die Beklagte sei die für die Bejahung einer Geschäftsführung notwendige Absicht, ein fremdes Geschäft zu besorgen, nicht zu erkennen. Das von der Klägerin auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützte Klagebegehren setze voraus, daß im Vermögen der Klägerin durch die Nichtbeachtung der Benachrichtigung ein Schaden entstanden sei. Ein solcher sei aber nicht erkennbar, weil die Klägerin durch die nach dem 19.März 1985 an die P*** GmbH geleisteten Zahlungen die ihr abgetretenen Forderungen nicht verloren habe. Die Klage des Zessionars gegen den Zessus, der trotz Verständigung dem Zedenten gezahlt habe, sei eine Zahlungs-, nicht aber eine Schadenersatzklage. Die Beweislast für das Vorliegen eines allfälligen - durch die Uneinbringlichkeit der Forderungen gegen die Firma A*** gegebenen - Schadens treffe die Klägerin; die Hinweise der Berufung, die Beklagte habe die Einbringlichkeit der Forderung nicht behauptet, gingen daher ins Leere.

Die Beklagte sei somit nicht passiv klagelegitimiert. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Mit Recht sind die Parteien und die Vorinstanzen stillschweigend - davon ausgegangen, daß der vorliegende Streitfall, der einen Sachverhalt mit Auslandsberührung (§ 1 Abs 1 IPRG) zum Gegenstand hat, nach österreichischem Recht zu beurteilen ist: Im "Hotel-Fertigstellungs-Vertrag" wurde die Anwendung österreichischen Rechtes ausdrücklich vereinbart (§ 11 Abs 1, § 35 Abs 1 IPRG); im übrigen unterläge dieser Vertrag auch auf Grund des § 36 IPRG dem österreichischen Recht, weil die P*** GmbH, die die für den Werkvertrag charakteristische Leistung zu erbringen hatte (Schwimann in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 36 IPRG), ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat. Damit unterliegt aber auch die Zession von Forderungen der P*** GmbH gegen die Firma A*** dem österreichischen Recht (§ 45 IPRG; Schwimann aaO Rz 1 zu § 45 IPRG). Auch der von der Klägerin geltend gemachte Bereicherungsanspruch ist nach demselben Recht zu beurteilen, weil die behauptete Bereicherung in Österreich eingetreten ist (§ 46 IPRG); das gleiche gilt für die angebliche Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 47 IPRG) und den Rechtsgrund des Schadensersatzes (§ 48 Abs 1 IPRG). Auch die Frage, ob die Beklagte Stellvertreterin der Firma A*** war, muß nach österreichischem Recht beantwortet werden, weil die Beklagte - nach den Behauptungen der Klägerin - im Inland für die Firma A*** tätig werden sollte und auch tätig geworden ist (§ 49 Abs 2 und 3 IPRG).

Die Klägerin stützt sich auf eine Sicherungszession. Während eine Vollzession nur die Willenseinigung zwischen dem Zedenten und dem Zessionar voraussetzt, nicht aber die Verständigung oder gar die Einwilligung des Schuldners (Ertl in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 1392; Koziol-Welser8 I 277), ist bei der Sicherungsabtretung, um eine Umgehung der Vorschriften über die Pfandrechtsbegründung (§ 452 ABGB) zu vermeiden, die Einhaltung eines besonderen modus erforderlich (SZ 51/121 mwN; Ertl aaO Rz 2 u. 3;

Koziol-Welser7 II 110 f). Bei der Verpfändung nicht verbriefter Forderungen genügt es, daß die Verpfändung nachträglich leicht und verläßlich festgestellt werden kann; dem wird am besten dadurch Rechnung getragen, daß der Drittschuldner von der sicherungsweisen Abtretung der Forderung verständigt wird. Das ist zwar nicht die einzig mögliche Form; nach Lehre und Rechtsprechung ist aber die Verständigung des debitor cessus jedenfalls ausreichend (SZ 51/121;

Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 452; Ertl aaO, Rz 3;

Koziol-Welser aaO; Frotz, Aktuelle Probleme des Kreditsicherungsrechts 237). Da die Klägerin von der Sicherungszession nicht die Firma A***, sondern nur die Beklagte verständigt hat, hängt die Wirksamkeit dieser Abtretung davon ab, ob die Beklagte Bevollmächtigte der Firma A*** war. Das ist - entgegen der Meinung der Beklagten - zu bejahen:

Nach den Feststellungen ist es zwar nicht zu einer Vereinbarung gekommen, daß die Beklagte die Firma A*** zu vertreten habe; mit Recht macht die Klägerin aber geltend, daß sie im Hinblick auf Punkt 4.2 des Vertrages Beilage E - den sie, wie aus ihrem Schreiben vom 18.März 1985, Beilage A, hervorgeht, gekannt hat - auf eine Bevollmächtigung der Beklagten durch die Firma A*** in bezug auf deren Zahlungen an die P*** GmbH vertrauen durfte, hieß es doch dort, daß die Beklagte dem Generalunternehmer P*** GmbH die Zahlungen "im Namen von A***" leisten werde. Daraus konnte die Klägerin schließen, die Firma A*** habe der Beklagten aufgetragen, in ihrem, der Firma A***, Namen zu zahlen, sie also in diesem Bereich als Bevollmächtigte zu vertreten. Damit mußte aber die Klägerin - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Beklagte auch als bevollmächtigt ansehen, mit Wirkung für die Firma A*** von der Abtretungsanzeige Kenntnis zu nehmen bezog sich doch diese Anzeige auf jene Forderung, zu deren Erfüllung die Beklagte bestellt worden war (Weber im RGR Komm. Z BGB12 II/1 Rz 26 zu § 407). Der Sachverhalt, aus dem die Klägerin auf eine solche Bevollmächtigung schließen konnte, ist von der Firma A***, die den erwähnten Vertrag unterzeichnet hat, veranlaßt worden. Daß die Klägerin das Fehlen eines Vollmachtsverhältnisses zwischen der Firma A*** und der Beklagten gekannt hätte oder hätte kennen müssen, hat die Beklagte nicht behauptet und geht auch aus den Feststellungen nicht hervor. Demnach liegen alle Voraussetzungen für eine Vollmacht kraft äußeren Tatbestandes (vgl. hiezu nur Strasser in Rummel Rz 44 zu § 1002) vor.

Das Verständigungsschreiben der Klägerin vom 18.März 1985, Beilage A, war eine klare und zuverlässige Nachricht über die zwischen der P*** GmbH und der Klägerin vereinbarte Abtretung; es ist daher als ausreichender modus anzusehen, um die Sicherungszession wirksam zu machen.

Die - wahrheitswidrige - Behauptung der P*** GmbH als Zedentin, daß keine Abtretung vorliege, konnte dem Verständigungsschreiben nicht die Wirkung nehmen. Der Erklärung der Beklagten, diese Verständigung nicht anerkennen zu können (Beilage 3), kommt keine rechtliche Bedeutung zu (SZ 48/40). Die Beklagte hätte bei Zweifeln an der Richtigkeit der von der Klägerin behaupteten Abtretung verlangen können, daß die Klägerin ihre Gläubigerschaft beweise (Ertl aaO Rz 3 zu § 1395). Hätte sie auch danach noch immer berechtigte Zweifel darüber haben können, wem die Zahlungen der Firma A*** zuzuleiten sind, dann hätte sie die Beträge allenfalls nach § 1425 ABGB hinterlegen können; keinesfalls durfte sie aber die Zessionsverständigung einfach unbeachtet lassen.

Ist aber die von der Klägerin geltend gemachte Sicherungszession mit dem Zugang des Verständigungsschreibens (19.März 1985) wirksam geworden, dann muß - im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes - der Anspruch der Klägerin als berechtigt erkannt werden:

Der Klägerin standen ab dem 19.März 1985 sämtliche Forderungen gegen die Firma A*** aus deren Vertrag mit der P*** GmbH über die Fertigstellung eines Hotels zu. Daß die Vorinstanzen über diese Forderungen und insbesondere über die Zahlungen der Firma A*** keine Feststellungen getroffen haben, schadet nicht, weil die Beklagte das dazu von der Klägerin erstattete Vorbringen (ON 15 und 16) nur unsubstantiiert bestritten (ON 16) und in der Folge die von der Klägerin zum Beweis ihrer Behauptungen vorgelegten Urkunden (Beilagen H1 - H5), ausdrücklich als richtig zugestanden hat (ON 17 S 51). Zugestandene Tatsachen sind aber dem Urteil ungeprüft zugrunde zu legen (Fasching III 244). Soweit danach Zahlungen der Firma A*** schon vor dem 19.Marz 1985 auf dem Konto der P*** GmbH eingelangt waren, sind sie von der Sicherungszession zugunsten der Klägerin nicht umfaßt, weil es sich bei diesen Beträgen mit ihrer Gutbringung auf dem Konto der P*** GmbH um deren Vermögen und nicht mehr um eine Forderung gegen die Firma A*** gehandet hat (§ 1412 ABGB). Die Umbuchung solcher Beträge auf ein Konto der P*** KG ist deshalb rechtlich ohne Bedeutung. Außer Streit steht aber, daß am 25.April 1985 ein von der Firma A*** für die P*** GmbH bestimmter Betrag von US-Dollar 318.000 bei der Beklagten eingegangen ist (ON 16 S 34). Diesen Betrag - im Gegenwert von S 6,741.845 (Beilage H 4) - hat die Beklagte - zusammen mit anderen Beträgen - am selben Tag (25.April 1985 auf das Konto der P*** KG umgebucht, das bis dahin einen Minussaldo von S 22,540.438,06 aufgewiesen hatte (Beilage H 3).

Die Beklagte hätte nach dem oben Gesagten den Betrag, den die

Firma A*** an die P*** GmbH zahlen wollte, auf Grund der ihr

mitgeteilten Sicherungszession an die Klägerin überweisen (oder im

Fall noch zu diesem Zeitpunkt vorhandener berechtigter Zweifel bei

Gericht hinterlegen) müssen. Dadurch, daß sie diesen Betrag auf das

Konto der P*** KG übertrugen, hat sie eigene Forderungen gegen die

KG in der entsprechenden Höhe getilgt. Die Beklagte hat sich darauf

berufen, daß ihr die P*** GmbH am 26.März 1985 sämtliche Forderungen

aus dem mit der Firma A*** geschlossenen Vertrag abgetreten habe

und die Schuldnerin davon ordnungsgemäß verständigt worden sei; aus

diesem Grunde sei diese Zession allein wirksam (ON 2 S 9). Von einem

solchen Abtretungsvertrag geht - entgegen der Meinung des

Berufungsgerichtes - auch die Klägerin aus (ON 15 S 31). Diese

Zession kann aber die erwähnte Umbuchung von US-Dollar 384.000 auf

ein Konto der P*** KG zur Tilgung von deren Verbindlichkeiten

gegenüber der Beklagten nicht rechtfertigen; vielmehr ist die

Beklagte nach § 1041 ABGB zur Herausgabe des dadurch erlangten

Nutzens verpflichtet:

Nach dieser Bestimmung kann der Eigentümer einer Sache, die ohne

Geschäftsführung zum Nutzen eines anderen verwendet worden ist, sie

in Natur, oder, wenn dies nicht mehr geschehen kann, den Wert

verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat. Unter den

Begriff der "Sache" fallen alle vermögenswerten Güter, insbesondere

auch Forderungsrechte (Rummel in Rummel, ABGB, Rz 2 und 6 zu § 1041;

Koziol-Welser8 I 382; vgl. SZ 44/92; JBl 1986, 235). Die Forderung

gegen die Firma A*** stand auf Grund der Sicherungszession der Klägerin zu; die Zession vom 26.März 1985 mußte, weil der P*** GmbH zu dieser Zeit die Rechtszuständigkeit für die Forderung nicht mehr zukam, unwirksam bleiben; die Beklagte konnte dadurch die Forderung nicht erwerben (Rummel, aaO, Rz 7; Koziol-Welser8 I 280). In Lehre und Rechtsprechung wurde der Fall behandelt, daß der Zedent, der seine Forderung mehrfach abgetreten hat, den Schuldner nicht von der ersten, sondern von einer anderen Abtretung verständigt; in diesem Fall kann der Schuldner an den ihm bekanntgegebenen Gläubiger mit schuldbefreiender Wirkung leisten (§ 1395 ABGB; SZ 52/110; Koziol-Welser aaO). Der Erstzessionar hat dann aber gegen den Zweitzessionar einen Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB (JBl 1986, 235; Rummel aaO; Koziol-Welser aaO 280/281). Diesmal liegt der Fall freilich insofern anders, als der abgetretene Schuldner - die Firma A*** - durch die Umbuchung des von ihr überwiesenen Betrages noch nicht von ihrer Schuld gegenüber der Klägerin befreit worden war; das vermag aber am Ergebnis nichts zu ändern: Hätte die Klägerin die Beklagte als Machthaber zur Einziehung ihrer Forderung gegen die Firma A*** bestellt (§ 1424 ABGB), so hätte das Inkasso der Beklagten schuldbefreiende Wirkung für die Firma A*** gehabt; die mangelnde Vollmacht zum Inkasso kann aber - wie jeder Vollmachtsmangel (§ 1016 ABGB) durch nachträgliche Genehmigung geheilt werden (Reischauer, Doppelzession, Bereicherung und unechte (angewandte) Geschäftsführung ohne Auftrag, ÖJZ 1987, 257 ff (261). Eine solche Genehmigung ist in der Erhebung der Klage gegen denjenigen, der die dem wahren Zessionar zustehenden Beträge vereinnahmt hat, zu erblicken (Reischauer aaO 263), muß doch das Ausfolgungsbegehren des Gläubigers dahin verstanden werden, daß er den Einzug der Forderung durch den Scheingläubiger hinnimmt und sich daher an diesen und nicht an den Schuldner halten will. Hat aber die Buchung der von der Firma A*** geleisteten Zahlung zugunsten der Beklagten durch die Einbringung der Klage nachträglich schuldbefreiende Wirkung für die Firma A*** erlangt, so liegen alle Voraussetzungen für den Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB vor (Reischauer aaO).

Schon deshalb kann die Meinung des Berufungsgerichtes, der Verwendungsanspruch der Klägerin sei ausgeschlossen, weil ihr ein vertraglicher Anspruch gegen die Firma A*** zustehe, nicht gebilligt werden. Die Verwendungsklage ist im übrigen nur dann ausgeschlossen, wenn zwischen den selben Personen Ansprüche aus einem Vertrag, einem vertragsähnlichen Verhältnis oder einer (echten) Geschäftsführung ohne Auftrag bestehen (Rummel aaO Rz 9); im Drei-Personen-Verhältnis führt die Regel von der ergänzenden Funktion des Verwendungsanspruchs nur dann zu dessen Ausschluß, wenn die Vermögensverschiebung im (Vertrags- oder sonstigen Schuld-)Verhältnis zu einem Dritten ihren zureichenden Grund findet (Rummel aaO Rz 10 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; Koziol-Welser aaO 385 f). Die Verwendung der der Klägerin abgetretenen Forderung zugunsten der Beklagten entbehrt aber eines solchen Rechtsgrundes.

Daraus folgt, daß der Klägerin der geltend gemachte Betrag von 1 Million S, der geringer ist als die umgebuchte Summe von US-Dollar 318.000, nach § 1041 ABGB zusteht. Ob sie ihn auch auf Grund unechter Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. hiezu Rummel aaO Rz 7 zu § 1039; Reischauer aaO 263 ff; SZ 49/63) oder aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes fordern könnte - diese Ansprüche stehen in Konkurrenz zu § 1041 ABGB (Rummel aao Rz 17 zu § 1041 ABGB; Koziol-Welser aaO 385) -, bedarf somit keiner Prüfung. Zu beachten ist aber, daß der Beklagten der Betrag von US-Dollar 318.000 erst am 25.April 1985 zugeflossen ist und sie ihn daher frühestens mit diesem Tag der Klägerin hätte überweisen können; der Klägerin können daher erst ab diesem Tag Zinsen zuerkannt werden. Da die Beklagte, die auf Grund ihres Unternehmensgegenstandes über die Möglichkeiten einer Kapitalveranlagung im Bilde sein muß, das zur Rechtfertigung des Zinssatzes von 11 % erstattete Vorbringen nur unsubstantiiert bestritten hat (ON 2 S 6), ist die Tatsache, daß die klagende Bank den umstrittenen Betrag wenigstens um den Zinssatz von 11 % hätte weitergeben können, als zugestanden anzusehen (§ 267 Abs 1 ZPO; vgl. SZ 55/116).

Aus diesen Erwägungen war der Revision teilweise Folge zu geben und die Entscheidung der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Beklagte zur Zahlung von 1 Million S samt 11 % Zinsen seit 25. April 1985 verurteilt wird; das Zinsenmehrbegehren für die Zeit vom 21.März bis 24.April 1986 bleibt hingegen abgewiesen. Der Ausspruch über die Kosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, jener über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle iVm § 50 ZPO.

Anmerkung

E14417

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00513.88.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19880412_OGH0002_0040OB00513_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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