TE OGH 1988/4/12 2Ob57/87

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Veröffentlicht am 12.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Ö*** (Post- und Telegraphenverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei E*** A*** Versicherungs-AG, 1010 Wien, Brandstätte 7-9, vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 65.360 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 30. Juli 1987, GZ 4 R 60/87-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 2. Dezember 1986, GZ 6 Cg 53/86-27, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß es unter Einbeziehung des unangefochten gebliebenen Teiles insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 65.360 S samt 4 % Zinsen seit 4.10.1984 zu bezahlen und ihr die mit 34.634,50 S (darin 15.595 S Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 2.572,50 S (darin keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.572,50 S (darin keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 20. August 1982 ereignete sich auf der Wälderstraße in Dornbirn ein Verkehrsunfall, bei dem ein Postomnibus der Klägerin durch den Lenker eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Kraftfahrzeuges schuldhaft beschädigt wurde. Die Beklagte haftet als Haftpflichtversicherer des schuldtragenden PKW-Lenkers für den Schaden, den die Klägerin bei diesem Unfall erlitten hat. Der beim Unfall beschädigte Postomnibus ist reparaturbedingt durch 38 Tage hindurch für die bestimmungsgemäße Verwendung ausgefallen. Die Klägerin forderte im zweiten Rechtsgang nur mehr den Ersatz der Vorsorgekosten für das Halten von Ersatzomnibussen und brachte vor, sie habe im Jahre 1982 1.574 Busse gehabt, von denen 216 in über 40 verschiedenen Stützpunkten in Reserve gestanden seien. Diese Reservebusse würden eingesetzt, um Ausfälle durch Pflege, Wartung, Fahrzeuggebrechen, Sondereinsätze und Unfälle ausgleichen zu können. Die Jahresfixkosten eines Postomnibusses hätten im Jahre 1982 176.280 S betragen, so daß also die Post für sämtliche 216 Reserveomnibusse 38,076.480 S an Jahresfixkosten aufzuwenden habe. Im statistischen Mittel würden diese Reserveomnibusse zu 80 % für den Ersatz von Fahrzeugen bei Pflege, Wartung, Fahrzeuggebrechen, Sondereinsätzen und dgl., zu 10 % bei Fahrzeugausfällen infolge Allein- oder Mitverschuldens der Postomnibuslenker und zu 10 % bei Fahrzeugausfällen durch Fremdverschulden eingesetzt. Von den 216 Reserveomnibussen seien also 10 %, das sind 21,6 Omnibusse, für fremdverschuldete Unfälle in Reserve zu halten, für welche anteilige Jahresfixkosten von 3,807.600 S anfielen. Diese 21,6 Omnibusse seien an 2.225 durch allein fremdverschuldete Unfälle verursachten Ausfallstagen eingesetzt worden, so daß also jeder dieser Omnibusse 103 Tage im Einsatz gewesen sei. Auf diese 103 Tage müßten die Gesamtjahreskosten jedes Omnibusses ausgelegt werden. Teile man somit die Jahresfixkosten für diese 21,6 Omnibusse von 3,807.600 S auf die 2.225 Einsatztage für fremdverschuldete Unfälle auf, so ergebe sich ein Tagessatz von 1.720 S. Daraus errechne sich für 38 Ausfallstage eine Schadenersatzforderung von 65.360 S. Der verlangte Tagessatz liege weit unter den Kosten für die Anmietung eines fremden Fahrzeuges.

Die Beklagte hat Klagsabweisung beantragt und eingewendet, der Klägerin sei durch den Ausfall des Postautobusses kein Schaden entstanden. Die Klägerin sei gesetzlich verpflichtet, für den Betrieb ihrer Postautobusse einen Reservefuhrpark zu halten. Aus dem Einsatz eines solchen im eigenen Interesse gehaltenen Reserveomnibusses könne kein Ersatzanspruch abgeleitet werden. Es fehle auch an der Nützlichkeit der Geschäftsführung, wenn die durch die vorsorgliche Haltung von Ersatzomnibussen entstehenden Geschäftsführungskosten höher seien als der drohende Verdienstentgang. Die Klägerin behaupte gar nicht, einen Verdienstentgang erlitten zu haben. Schließlich werde der verrechnete Selbstkostensatz von 1.720 S dem Grunde und der Höhe nach bestritten. Da die Ersatzomnibusse auch im eigenen Interesse der Klägerin gehalten würden, könne eine Haftung der Beklagten nur für einen Teil des Aufwandes gegeben sein.

Das Erstgericht gab auch im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging: Die Klägerin hatte im Jahresdurchschnitt 1982 insgesamt

1.574 Omnibusse im Einsatz. Von diesen 1.574 Omnibussen waren 216 nur Reservebusse. Diese Reserveomnibusse sind an verschiedenen Stützpunkten untergebracht. Der Einsatz von Omnibussen ist nicht so eingeteilt, daß die Reserveomnibusse in der Garage stehen und nur dann zu einer Fahrt herangezogen werden, wenn ein Ersatzfall tatsächlich eintritt, sondern es sind eben alle Omnibusse je nach Möglichkeit durchschnittlich im Einsatz, wobei an gewissen Stützpunkten einfach mehr Omnibusse für Ersatzzeiten gehalten werden als wegen der sonstigen Einsätze tatsächlich benötigt würden. Im statistischen Durchschnitt und sohin auch im Jahre 1982 wurden 80 % dieser Reserveomnibusse dafür benötigt, um Fahrzeuge zu ersetzen, die wegen Wartung, Reinigung und Reparatur ausgefallen sind, 10 % wurden deshalb gehalten, weil Fahrzeuge auf Grund von Verkehrsunfällen ausfielen, die vom Postomnibuslenker zumindest mitverschuldet waren, und die restlichen 10 % (rechnerisch sohin 21,6 Omnibusse) wurden für Ausfälle gehalten, die durch fremdverschuldete Unfälle entstanden. Die Jahresfixkosten für Amortisation, allgemeine Regie und KFZ-Steuer betrugen im Jahre 1982 176.280 S je Omnibus. Diese Fixkosten sind, verglichen mit Fixkosten in der Privatwirtschaft, sehr niedrig. Dies ergibt sich einerseits daraus, daß von der Klägerin eine sehr lange kalkulatorische Abschreibdauer (zwölf Jahre) gewählt wurde, andererseits auch dadurch, daß keine Wertberichtigungen und kalkulatorischen Zinsen in die Kalkulation eingebaut wurden. Die Jahresfixkosten für alle 216 Reserveomnibusse betrugen sohin insgesamt 38,076.480 S. Für die ausschließlich wegen Unfällen aus Drittverschulden gehaltenen Omnibusse entstanden demnach Fixkosten in Höhe von 3,807.648 S, wenn man davon ausgeht, daß 10 % nur wegen Fremdschädiger anfallen und diese Schadenersatzzahlungen durch Fremdschädiger nur diesen deshalb gehaltenen Omnibussen zuzurechnen sind. Für Unfälle, die ausschließlich wegen Fremdverschuldens entstanden waren, waren im Jahre 1982 Reserveomnibusse insgesamt durch 2.225 Tage im Einsatz. Wenn sohin rechnerisch für die ausschließlich fremdverschuldeten Unfälle 21,6 Omnibusse von der Klägerin in Vorsorge gehalten werden, so war jeder dieser Omnibusse wegen solcher Unfälle durch 103 Tage im Jahr 1982 im Einsatz. Nimmt man alle Omnibusse der Klägerin einschließlich der Reserveomnibusse, so waren alle Omnibusse im Jahresdurchschnitt 293 Tage im Einsatz, was einer Auslastung von 80,3 % entspricht. Bei der Klägerin werden die Omnibusse nicht gesondert nach verschiedenen Sparten eingesetzt, so zum Beispiel gewissse Omnibusse nur für Linienverkehr, andere nur für Ausflugsfahrten, wieder andere nur für Werksverkehr usw., sondern es kommt jeder Omnibus nach Möglichkeit zum Einsatz. Auch der beim Unfall vom 20. August 1982 beschädigte Omnibus wäre sohin mehr oder weniger dauernd während des Jahres hindurch zum Einsatz gekommen und nicht nur auf gewisse Zeiten wie zum Beispiel wochentags beschränkt eingesetzt gewesen. Nach dem Tarif des Fachverbandes der Autobusunternehmungen ist ein Tagessatz von 2.615 S zu verrechnen, wenn Verdienstentgang gefordert wird, Ersatz aus dem eigenen Fuhrpark nicht gestellt werden kann und ein Fremdfahrzeug nicht angemietet wird. Wird tatsächlich ein Fremdfahrzeug gemietet, so liegen die Mietkosten höher.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht im wesentlichen aus, bei Ermittlung der Tagesfixkosten der in Reserve gehaltenen Omnibusse in der Weise, daß die Jahresfixkosten durch alle möglichen Einsatztage, sohin bei einem Omnibus, der immer eingesetzt wird, durch 365 dividiert werden, würde man fiktiv davon ausgehen, daß ein Reserveomnibus eine Auslastung von 100 % hätte, was aber völlig unrealistisch sei. Gewisse Leerläufe könnten in der Vorsorgehaltung naturgemäß eintreten. Es seien daher die Fixkosten durch die Zahl der tatsächlichen Einsatztage zu dividieren und auf diese Art der Tagessatz zu ermitteln. Nur so sei gewährleistet, daß die Klägerin tatsächlich alle Kosten der Vorsorgehaltung von den Schädigern eines Jahres ersetzt bekomme. Es sei nicht einzusehen, daß der Geschädigte, der die Vorsorgehaltung zum Nutzen des Schädigers durchführe, nicht alle diese Kosten hereinbrächte. Ein Nachteil für den Schädiger durch unwirtschaftliche Reservehaltung könne insoweit nicht entstehen, als ein Ersatz von Vorsorgekosten jedenfalls mit dem Betrag beschränkt sei, der für eine Fremdanmietung auszugeben wäre. So berechnet ergebe sich aber der verrechnete Tagessatz von

1.720 S, der mit der Anzahl der Stehtage multipliziert den Klagsbetrag ergebe.

Infolge Berufung der Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichtes, das hinsichtlich des Zuspruches von 22.862,32 S sA bestätigt wurde, im übrigen im Sinne der Abweisung eines Mehrbegehrens von 42.497,68 S sA ab. Das Berufungsgericht erklärte die Revision gegen den in der Berufung stattgebenden Teil seiner Entscheidung für zulässig, erachtete das erstgerichtliche Verfahren für mängelfrei und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich; es gelangte jedoch zu einer teilweise abweichenden rechtlichen Beurteilung. Die Berufung sei allerdings insoweit nicht berechtigt, als der Ersatzanspruch der Klägerin dem Grunde nach bekämpft werde. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung SZ 45/137 ausgesprochen, daß der Schädiger bei Beschädigung eines Linienomnibusses nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1036, 1037 ABGB) für die auf die Zeit des unfallsbedingten Ausfalles des beschädigten Fahrzeuges entfallenden Kosten eines vom Geschädigten bereitgehaltenen und nun zum Einsatz gebrachten Reservefahrzeuges einzustehen habe. Daran habe der Oberste Gerichtshof auch in der Entscheidung JBl 1986, 581 ausdrücklich festgehalten. Wie ebenfalls schon im Aufhebungsbeschluß ausgeführt, sei es, um überhaupt von "Reserveomnibussen" sprechen zu können, nicht erforderlich, daß bestimmte, vom übrigen Bestand deutlich abgegrenzte und individualisierte Reservefahrzeuge, die allenfalls sogar noch ausschließlich für bestimmte Arten von Ausfällen wie etwa für Ausfälle im Zusammenhang mit fremdverursachten Schäden bestimmt seien, gehalten würden. Es genüge, daß die Klägerin im Hinblick auf die aus allen möglichen Gründen zu erwartenden Ausfälle eine größere Anzahl von Fahrzeugen halte, als dies ohne Berücksichtigung dieser Ausfälle erforderlich wäre und daß sich diese "Reservehaltung" allgemein mit Rücksicht auf fremdverschuldete Ausfälle meßbar erhöhe. Für die Beurteilung dieser Frage müsse der gesamte Betrieb der Klägerin und nicht allein die Postgarage Dornbirn betrachtet werden. Weise das betroffene Unternehmen tatsächlich - wie hier festgestellt - einen der Anzahl nach bestimmbaren Überhang an Reservefahrzeugen aus, der nicht erforderlich wäre, wenn nicht mit fremdverschuldeten Unfällen gerechnet werden müßte, so sei es gerechtfertigt, den Schädiger mit den auf die Reparaturzeiten entfallenden Vorhaltekosten für ein Fahrzeug zu belasten.

Der von der Klägerin geltend gemachte Ersatzanspruch sei daher dem Grunde nach berechtigt. Zu prüfen sei lediglich die Art der Berechnung der von der Beklagten zu ersetzenden Reservehaltungskosten der Klägerin. Das Erstgericht habe im Sinne der von der Klägerin vertretenen Auffassung den Tagessatz dadurch ermittelt, daß es die jährlichen Fixkosten für einen Omnibus durch die Anzahl jener Einsatztage dividiert habe, die sich rechnerisch ergeben, wenn man die wegen fremdverschuldeter Unfälle entstandenen

2.225 Einsatztage pro Jahr auf jene 21,6 Busse aufteile, die rechnerisch ausschließlich für fremdverschuldete Unfälle in Vorsorge gehalten werden. Bei einer solchen Rechnung ergäben sich 103 Einsatztage. Dieses Rechenergebnis gehe aber von der Prämisse aus, daß tatsächlich 21,6 Busse von der Klägerin ausschließlich bei Ausfällen durch fremdverschuldete Unfälle an 2.225 Tagen im Jahr eingesetzt wurden. Dies treffe aber nach den vom Erstgericht im zweiten Rechtsgang ergänzend getroffenen Feststellungen nicht zu. Danach sei der Einsatz von Omnibussen bei der Klägerin nicht so eingeteilt, daß die Reservebusse in der Garage stehen und nur dann zu einer Fahrt herangezogen werden, wenn ein Ersatzfall tatsächlich eintrete, sondern es seien alle Omnibusse einschließlich der "Reserveomnibusse" je nach Möglichkeit durchschnittlich im Einsatz. Es gebe also keine eigenen Reserveomnibusse in dem Sinne, daß solche ausschließlich in Ersatzfällen eingesetzt werden und sonst in der Garage stehen. Insbesondere gebe es also auch keine Reserveomnibusse, die ausschließlich in jenen Fällen eingesetzt werden, in denen ein Omnibus wegen eines fremdverschuldeten Unfalles ausgefallen sei. Es zeige ja auch schon die Zahl von 21,6 Omnibussen, daß es sich dabei lediglich um eine fiktive rechnerische Größe handeln könne. Damit fehle aber eine ausreichende Grundlage für eine Aufteilung der jährlichen Fixkosten eines Omnibusses von 176.280 S für das Jahr 1982 auf lediglich 103 Einsatztage, wodurch sich ein Tagessatz von 1.711,45 S errechnen würde. Andererseits bestehe auf Grund des vom Erstgericht zusätzlich festgestellten Sachverhaltes auch kein Grund, die Jahresfixkosten durch 365 zu teilen, wie dies im Aufhebungsbeschluß unter Hinweis auf die deutsche Rechtsprechung für den Fall des Vorliegens bestimmter Voraussetzungen angeregt wurde. Nach den vom Erstgericht im zweiten Rechtsgang zusätzlich getroffenen Feststellungen seien nämlich bei der Klägerin alle Omnibusse (einschließlich der "Reserveomnibusse") je nach Möglichkeit durchschnittlich im Einsatz, und zwar im Jahresdurchschnitt an 293 Tagen, was einer Auslastung von 80,3 % entspreche. Aus dieser im zweiten Rechtsgang zusätzlich getroffenen Feststellung ergebe sich, daß die Auslastung der Omnibusse bei der Klägerin nicht so sei, daß eine Teilung der Jahresfixkosten durch 365 gerechtfertigt wäre. Berücksichtige man somit, daß es sich bei der vom Erstgericht seiner Berechnung zugrundegelegten Zahl der Einsatztage von 103 lediglich um eine abstrakte rechnerische Größe handle, für deren Errechnung von Prämissen ausgegangen worden sei, die nicht den festgestellten Tatsachen entsprechen, daß tatsächlich vielmehr alle Omnibusse (einschließlich der "Reserveomnibusse") der Klägerin im Jahresdurchschnitt 1982 293 Tage im Einsatz waren und daß diese Einsatzhäufigkeit sowohl für den am 20. August 1982 beschädigten Omnibus als auch für den dafür eingesetzten "Reserveomnibus" repräsentativ sei, weil die Klägerin alle Omnibusse (einschließlich der "Reserveomnibusse") im gleichen Ausmaß in allen Sparten nach Möglichkeit durchschnittlich einsetze, so erscheine es gerechtfertigt, für die Ermittlung des von der Beklagten zu ersetzenden Tagessatzes den Jahresfixkostenbetrag von 176.280 S pro Omnibus durch die Anzahl der tatsächlichen Einsatztage pro Jahr, also durch 293 zu teilen. Damit errechne sich ein Tagessatz von 601,64 S, so daß sich für die 38 Ausfallstage eine Schadenersatzforderung der Klägerin von 22.862,32 S ergebe. Die nunmehr vorgenommene Berechnung des Tagessatzes mit 601,64 S entspreche der vom Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß vom 6. Februar 1986, 6 R 118/85, vertretenen und dem Erstgericht gemäß § 499 Abs 2 ZPO überbundenen Rechtsansicht, daß zur Ermittlung des Tagessatzes der Jahresfixkostenbetrag durch die Zahl der gesamten jährlichen Einsatztage geteilt werden müsse. Dies stimme im Grundsatz auch mit der vom Obersten Gerichtshof in seiner inzwischen zur Frage der Art der Berechnung der zu ersetzenden Reservehaltungskosten ergangenen Entscheidung JBl 1986, 581, überein. Daß der nunmehr vom Berufungsgericht ermittelte Tagessatz wesentlich niedriger sei als der in der zitierten Entscheidung festgesetzte, obwohl es sich an sich um einen analogen Fall (Reservefahrzeughaltung durch die Ö*** P***)

handle, sei darauf zurückzuführen, daß hier im Vergleich zu jenem Verfahren eine erheblich andere, erweiterte Sachverhaltsgrundlage vorliege. Der Entscheidung zu JBl 1986, 581 liege offensichtlich die Annahme zugrunde, daß bei der Klägerin für Ausfälle durch fremdverschuldete Unfälle ein eigener, ausschließlich für diese Zwecke bestimmter und eingesetzter Reservebuspark zur Verfügung stehe und daß die dazugehörigen Reserveomnibusse pro Jahr und Omnibus lediglich 102,12 Tage im Einsatz waren. Das vorliegende Verfahren habe abweichend davon zum Ergebnis geführt, daß die so ermittelte Einsatzziffer lediglich eine abstrakte rechnerische Größe darstelle, daß aber tatsächlich alle Busse einschließlich der Reserveomnibusse nach Möglichkeit gleichmäßig eingesetzt werden, woraus sich im Jahresdurchschnitt für alle Omnibusse ein Einsatz während 293 Tagen ergebe. Da dies auch für jene Omnibusse gelte, die u. a. beim Ausfall eines Omnibusses wegen eines fremdverschuldeten Unfalles zum Einsatz kommen, erscheine es gerechtfertigt, zur Ermittlung des von der Beklagten aus dem Titel der Vorsorgekosten zu ersetzenden Schadenersatzbetrages die jährlichen Fixkosten durch die durchschnittliche Zahl der Einsatztage aller Omnibusse von 293 pro Jahr zu dividieren.

Gegen die Abweisung des Mehrbegehrens durch das Berufungsgericht wendet sich die Revision der Klägerin aus dem Anfechtungsgrund nach § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Zuspruches des abgewiesenen Betrages.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO); sie ist auch berechtigt.

Die Klägerin wendet sich in ihrem Rechtsmittel gegen die Berechnung des ihr von der Beklagten zu ersetzenden Tagessatzes von 601,64 S durch Teilung des Jahresfixkostenbetrages von 176.280 S pro Omnibus durch die Anzahl der tatsächlichen Einsatztage aller Omnibusse der Klägerin (einschließlich der "Reserveomnibusse") von 293 und vertritt unter Hinweis auf die von ihr in einem gleichartigen Verfahren vorgenommene, vom Obersten Gerichtshof in der E. 8 Ob 5/86 gebilligte Art der Berechnung des "Tagessatzes" der ihr zu ersetzenden Kosten der Reservehaltung von Omnibussen. Bei den Reserveomnibussen der Klägerin müsse es sich nicht um bestimmte, individualisierte Reservefahrzeuge handeln, sondern es genüge, im Hinblick auf zu erwartende Ausfälle eine meßbare erhöhte Reservehaltung an Fahrzeugen zu haben. Der Begriff der Reservefahrzeuge beziehe sich also auf den vorsorglich gehaltenen Überbestand an Fahrzeugen; aus diesem Grunde könne es auch das Problem der Reservehaltungskosten nur für diese Reservefahrzeuge geben. Aus langjährigen statistisch fundierten Erfahrungen ergebe sich, daß für Ausfälle wegen Wartung, Reinigung und Reparaturen 80 % der Reserve gehalten werden müsse. Die restlichen 20 % der Reserve müßten unfallsbedingte Ausfälle abdecken. Hievon entfielen je 10 % auf eigen- und mitverschuldete Unfälle einerseits und fremdverschuldete Unfälle andererseits. 10 % der Reservefahrzeuge müssen also gehalten werden, um allein fremdverschuldete Unfälle abzudecken. Dies ergebe eine rechnerische Anzahl von 21,6 Omnibussen, die nicht gehalten werden bräuchten, wenn es keine fremdverschuldeten Unfälle gäbe. Dies heiße anders ausgedrückt, daß eine Kostentangente von 3,807.600 S (10 % der Kosten aller Ersatzfahrzeuge, 176.280 S x 216 : 10) auf sämtliche Fremdschädiger umzulegen sei. Nach den Feststellungen seien Reservefahrzeuge aus Anlaß allein fremdverschuldeter Unfälle im Jahre 1982 an insgesamt

2.225 Tagen im Einsatz gewesen. Die Kostentangente von 3,807.600 S sei daher auf diese 2.225 Tage umzulegen, was den eingeklagten Tagessatz von 1.720 S ergebe. Die geringfügige Aufrundung von 1.711,28 S auf 1.720 S sei deswegen gerechtfertigt, weil die Klägerin von einer höher als privatwirtschaftlich üblichen Amortisationszeit ausgegangen sei und überdies auch die von den gegnerischen Lenkern mitverschuldeten Unfälle zur Gänze auf eigene Rechnung übernommen habe.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.

Der Oberste Gerichtshof hat in der in SZ 45/137 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, daß der Schädiger bei Beschädigung eines Linienomnibusses nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 1036, 1037 ABGB) für die auf die Zeit des unfallsbedingten Ausfalles des beschädigten Fahrzeuges entfallenden Kosten eines vom Geschädigten bereitgehaltenen und nun zum Einsatz gebrachten Reservefahrzeuges einzustehen hat. An dieser Auffassung hat der Oberste Gerichtshof auch in der einen dem vorliegenden Fall im wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalt betreffenden E. 8 Ob 5/86 = JBl 1986, 581, festgehalten. In dem dort entschiedenen Fall war es zwischen den Parteien gar nicht strittig, daß die Beklagte der Klägerin derartige Reservehaltungskosten zu ersetzen hat; strittig war nur die Art ihrer Berechnung. Während nämlich die Klägerin den Standpunkt vertrat, daß zur Ermittlung des ihr zu ersetzenden Tagessatzes die jährlichen Fixkosten eines Ersatzfahrzeuges durch die Anzahl der Einsatztage zu dividieren seien, meinte die Beklagte, daß die jährlichen Fixkosten eines Ersatzfahrzeuges durch die Anzahl der Tage des gesamten Jahres geteilt werden müßten. Hiezu führte der Oberste Gerichtshof aus, wirtschaftlich gesehen handle es sich dabei um die Frage, ob das Risiko einer nicht vollständigen Auslastung eines derartigen Ersatzfahrzeuges vom Geschädigten oder vom Schädiger zu tragen sei, ob also der Geschädigte die Fixkosten eines derartigen Ersatzfahrzeuges während der Zeiträume in denen es nicht bestimmungsgemäß zum Einsatz komme, selbst tragen müsse oder (anteilsmäßig) auf den Schädiger überwälzen könne. Maßgebend erscheine die Erwägung, daß es der Klägerin freigestanden wäre, während der Reparaturzeit ihres beschädigten Fahrzeuges ein Mietfahrzeug einzusetzen und dessen Kosten der Beklagten anzulasten. Wenn sie stattdessen eigenes Vermögen zur Geringhaltung des Schadens einsetzte, habe sie damit im Interesse des Schädigers gehandelt. Daß diese Handlungsweise zum klaren überwiegenden Vorteil der Beklagten führte (§ 1037 ABGB), könne nicht zweifelhaft sein, wenn man bedenke, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Tagessatz für die Anmietung eines angemessenen Ersatzfahrzeuges etwa 3.000 S betragen hätte, während die Klägerin der Beklagten für die Verwendung ihres eigenen Reservefahrzeuges nur einen Tagessatz von 1.620 S in Rechnung gestellt habe. Die Klägerin sei nicht verpflichtet, zum Vorteil von Personen, die ihre Kraftfahrzeuge beschädigen, Ersatzfahrzeuge zu halten und einzusetzen. Wenn sie dies tue, handle sie im Sinne des § 1037 ABGB zum klaren überwiegenden Vorteil der Schädiger und seien ihr von diesen die darauf verwendeten Kosten zu ersetzen. Die Kosten einer derartigen Reservehaltung ließen sich aber schon im Hinblick darauf, daß vorausschauend nicht gesagt werden könne, wann, wo und in welchem Ausmaß Fahrzeuge der Klägerin durch Fremdverschulden beschädigt werden, von vornherein nicht abschätzen. Bei jeder derartigen Reservehaltung werde gerade bei einem örtlich weit verzweigten Betrieb auch bei durchaus wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine nur teilweise Auslastung von Reservefahrzeugen nicht zu vermeiden sein. Es ergebe sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen, daß der Reservefuhrpark der Klägerin (Republik Österreich, Post- und Telegraphenverwaltung) von 212 Omnibussen zu 10 % bei Fahrzeugausfällen durch Fremdverschulden zum Einsatz gebracht wurde und daß es jährlich zu etwa 2165 Ausfallstagen bei fremdverschuldeten Unfällen komme. Dies entspreche der Auslastung eines zum Ersatz eines durch Fremdverschulden ausgefallenen Fahrzeuges eingesetzten Reserveomnibusses an rund 102 Tagen jährlich. Der Oberste Gerichtshof verwies ferner darauf, es sei nicht zu untersuchen, in welchen Grenzen nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen die Klägerin Reservefahrzeuge halten sollte. Entscheidend erscheine vielmehr, daß sie, soweit sie solche Fahrzeuge halte, um sie im Falle der Beschädigung anderer Fahrzeuge durch Fremdverschulden einzusetzen, im Sinne des § 1037 ABGB in Wahrheit die Geschäfte der Schädiger besorge, die ihr bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzungen die darauf verwendeten Kosten zu ersetzen hätten. Diese Kosten seien aber nicht nur die Fixkosten dieser Ersatzfahrzeuge während ihrer Einsatzzeit, sondern auch während der Zeiträume, in denen sie nicht zum Einsatz kämen. Die Grenze dieser Ersatzpflicht sei der klare überwiegende Vorteil des Schädigers: Überstiegen die Kosten der Vorsorgehaltung den sonst eintretenden Schaden - hier die Kosten der Anmietung eines entsprechenden Ersatzfahrzeuges -, dann seien sie vom Schädiger nicht mehr zu ersetzen; bis zu dieser Grenze aber könne sich der Schädiger nicht darauf berufen, daß die Kosten der Vorsorgehaltung des Geschädigten unwirtschaftlich und von diesem selbst zu tragen wären. Unter diesen Gesichtspunkten sei es nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin den ihr von der Beklagten aus dem Titel der Vorsorgekosten zu ersetzenden Betrag dadurch ermittelt habe, daß sie die jährlichen Fixkosten der von ihr bei Fahrzeugschäden durch Fremdverschulden eingesetzten Ersatzfahrzeuge durch die Anzahl der tatsächlichen Einsatztage dividiert habe und damit zu einem Tagessatz von 1.620 S gelangt sei. Denn damit würden einerseits der Klägerin die gesamten im Interesse der Schädiger aufgewendeten Vorsorgekosten ersetzt, während andererseits die Beklagte, die bei Anmietung von Ersatzfahrzeugen durch die Klägerin täglich rund 3.000 S hätte ersetzen müssen, nicht noch zusätzlich daraus einen Vorteil ziehe, daß der Umfang der erforderlichen Vorsorgehaltung durch die Klägerin nicht von vorneherein abgeschätzt werden könne und daher ihr Ersatzfuhrpark notwendigerweise nicht voll ausgelastet sei.

Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall, der sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes von jenem der E. 8 Ob 5/86 zugrundeliegenden nicht unterscheidet, anzuwenden. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, es sei, um überhaupt von "Reserveomnibussen" sprechen zu können, nicht erforderlich, daß bestimmte, vom übrigen Bestand deutlich abgegrenzte und individualisierte Reservefahrzeuge, die allenfalls sogar noch ausschließlich für bestimmte Arten von Ausfällen wie etwa für Ausfälle im Zusammenhang mit fremdverursachten Schäden bestimmt seien, gehalten würden. Es genüge, daß die Klägerin im Hinblick auf die aus allen möglichen Gründen zu erwartenden Ausfälle eine größere Anzahl von Fahrzeugen halte, als dies ohne Berücksichtigung dieser Ausfälle erforderlich wäre und daß sich diese "Reservehaltung" allgemein mit Rücksicht auf fremdverschuldete Ausfälle meßbar erhöhe. Für die Beurteilung dieser Frage müsse der gesamte Betrieb der Klägerin und nicht allein die Postgarage Dornbirn betrachtet werden. Weise das betroffene Unternehmen tatsächlich - wie hier festgestellt - einen der Anzahl nach bestimmbaren Überhang an Reservefahrzeugen aus, der nicht erforderlich wäre, wenn nicht mit fremdverschuldeten Unfällen gerechnet werden müßte, so sei es gerechtfertigt, den Schädiger mit den auf die Reparaturzeiten entfallenden Vorhaltekosten für ein Fahrzeug zu belasten. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes lag der E. 8 Ob 5/86 keineswegs die Annahme zugrunde, daß bei der Klägerin für Ausfälle durch fremdverschuldete Unfälle ein eigener, ausschließlich für diese Zwecke bestimmter und eingesetzter Reserveomnibuspark zur Verfügung stehe und daß die dazugehörigen Reserveomnibusse pro Jahr und Omnibus lediglich 102,12 Tage im Einsatz waren. Vielmehr bestand auch im Falle der E. 8 Ob 5/86 die sogenannte "Omnibusreserve" nicht aus Fahrzeugen, die in der Garage stehen und nur dann zu einer Fahrt herangezogen werden, wenn ein Ersatzfall tatsächlich eintritt. Es wurden, wie im vorliegenden Fall, an gewissen Stützpunkten mehr Omnibusse gehalten, als wegen der normalen Einsätze tatsächlich benötigt wurden, um sie für Ersatzzwecke im Bedarfsfall einsetzen zu können. Daß dieser Überbestand an Omnibussen nicht auch im normalen Fahrbetrieb verwendet wurde, läßt sich dem der E. 8 Ob 5/86 zugrundeliegenden Sachverhalt nicht entnehmen. Zutreffend hat daher das Erstgericht - die Berechnung des "Tagessatzes" - in gleicher Weise, wie sie vom Obersten Gerichtshof in der E. 8 Ob 5/86 aufgezeigt wurde, vorgenommen und die für die ausschließlich wegen Unfällen aus Fremdverschulden eingesetzten 10 % der Reserveomnibusse jährlich anfallenden Fixkosten von 3,807.648 S zu den 2.225 Einsatztagen dieser Ersatzomnibusse in Relation gesetzt, woraus sich die Zahl von 103 Einsatztagen pro Omnibus im Jahre 1982 und in weiterer Folge der "Tagessatz" von (aufgerundet) 1.720 S ergab. Durch Multiplikation mit den festgestellten 38 "Stehtagen" des beschädigten Omnibusses ergab sich der vom Erstgericht zugesprochene Betrag. Der Revision war daher Folge zu geben und wie im Spruch zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens auf § 41 ZPO, hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E13936

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0020OB00057.87.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19880412_OGH0002_0020OB00057_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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