TE OGH 1988/4/14 7Ob555/88

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Veröffentlicht am 14.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien Siegfried und Regina A***, Gastwirte, Hippach, Laimach 4, beide vertreten durch Dr. Walter Anderl, Rechtsanwalt in Mayrhofen, wider die beklagte Partei Dr. Burckhard D***, Rechtsanwalt, Rattenberg, Biener-Straße 84, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 2,400.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 24. November 1987, GZ 1 R 283/87-19, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 7. Juli 1987, GZ 16 Cg 11/87-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 22.634,87 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.057,72 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaften EZ 94 und 95 II der KG Langkampfen. Mit Kaufvertrag vom 6.6.1984 verkauften sie diese Liegenschaften um S 3,5 Mill. an Erich P***. Vertragserrichter war der Beklagte. Ein Kaufpreisteilbetrag von S 1 Mill. war bei Vertragserrichtung zu bezahlen, der Kaufpreisrest sollte in Jahresraten a S 100.000 beglichen werden. Eine hypothekarische Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung erfolgte nicht. Der Käufer bezahlte nur S 1,100.000. Über sein Vermögen wurde der Konkurs eröffnet.

Die Kläger begehren den ihnen entgangenen Kaufpreisrest aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes. Die hypothekarische Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung sei mit dem Käufer der Liegenschaften und auch mit dem Beklagten besprochen worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen einigten sich die Vertragsparteien auf einen Kaufpreis von S 3,5 Mill., von dem S 1 Mill. bar, der Rest in jährlichen Raten von S 100.000 bezahlt werden sollte. Den Klägern war bekannt, daß Erich P***, der zu ihrem Bekanntenkreis gehörte, kein Eigenkapital besitzt und den Kauf durch ein Bankdarlehen finanzieren wollte. Da bekannt war, daß die Banken bei Darlehensgewährung eine bücherliche Sicherstellung begehren, forderte Erich P*** die lastenfreie Übergabe der Liegenschaften, auf denen ein Pfandrecht von S 80.000 zugunsten des Kleingewerbeförderungsfonds und ein Pfandrecht von S 1 Mill. zugunsten der Raiffeisenkasse Hippach lasteten. Eine Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung sollte nach den Besprechungen der Vertragsparteien nicht erfolgen. Die Vertragsparteien unterfertigten einen sogenannten Kaufvorvertrag mit folgendem wesentlichen Inhalt:

"Herr A*** verkauft und Herr P*** Erich kauft die oben bezeichnete Liegenschaft in Niederbreitenbach Nr.42 inclusive sämtlichen Inventars. Kaufpreis S 3,500.000... Zahlungskonditionen: Bar bei Vertragsabschluß S 1,000.000,--. Jahresfolgeraten zu je S 100.000,--. Alle Vertragsdetails werden im zu erstellenden Hauptvertrag geregelt. Niederbreitenbach am 9.3.1984". Die Kläger führten die Frühstückspension und das Cafe "Dorfstube" in Niederbreitenbach 42. Es war ihnen grundsätzlich die Bedeutung einer grundbücherlichen Sicherstellung bekannt, wenngleich sie im Grundverkehr allgemein keine besonderen Vorkenntnisse besaßen. Zur Finanzierung des Kaufpreises wurde dem Erich P*** von der Sparkasse der Stadt Rattenberg ein Kredit in Höhe von S 1,300.000 gegen erstrangige grundbücherliche Sicherstellung auf den Kaufliegenschaften zugesagt. Die Vertragsparteien wendeten sich am 16.5.1984 an den Beklagten, gaben ihm ihren Wunsch nach Vertragserrichtung bekannt und wiesen auf den Kaufvorvertrag hin. Im Hinblick auf die Zahlungskonditionen, nämlich die langjährigen Ratenzahlungen, stellte der Beklagte die Frage, ob eine grundbücherliche Sicherstellung des Restkaufpreises gewünscht werde. Während dieser Fragestellung fiel Erich P*** dem Beklagten ins Wort und wies sinngemäß darauf hin, man sei sich darüber einig, daß eine grundbücherliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes nicht erfolgen sollte und dies schon abgeklärt sei. Die Kläger haben sich dazu nicht geäußert. Es erfolgte von ihnen auch kein Widerspruch. Eine weitere Aufklärung in dieser Richtung wurde weder von den Vertragspartnern gewünscht noch vom Beklagten vorgenommen. Es wurde insbesondere nicht darauf hingewiesen, welche allfälligen Konsequenzen mit einer Unterlassung der grundbücherlichen Sicherstellung der Restkaufpreissumme einhergehen könnten und welche Möglichkeiten der Sicherstellung es gebe. Die Kläger haben auch nicht darauf hingewiesen, daß sie eine grundbücherliche Sicherstellung der Restkaufpreissumme anstreben. Sie haben auch nicht darauf hingewiesen, daß eine Sicherstellung allenfalls im zweiten Rang nach der Hypothek der Sparkasse der Stadt Rattenberg gewünscht werde.

Nach der Auffassung des Erstgerichtes handle es sich bei dem Kaufvorvertrag um eine Punktation, bei der im Zeitpunkt der Vertragserrichtung durch den Beklagten die Aufnahme einer hypothekarischen Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung noch möglich gewesen wäre. Der Beklagte habe jedoch seiner Pflicht zur Aufklärung über die Möglichkeit einer grundbücherlichen Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung entsprochen. Da seine Frage, ob eine grundbücherliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes gewünscht werde, vom Käufer dahin beantwortet worden sei, daß eine Sicherstellung nicht beabsichtigt sei und man sich diesbezüglich bereits geeinigt habe, und diese Äußerung von den Klägern unwidersprochen geblieben sei, habe der Beklagte davon ausgehen dürfen, daß die Frage einer grundbücherlichen Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung zwischen den Vertragsparteien bereits hinreichend erörtert und diesbezüglich eine Einigung erzielt worden sei. Anhaltspunkte dafür, daß die Kläger die Tragweite der Vorgangsweise nicht erkannt hätten, seien nicht vorgelegen. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Auch nach der Auffassung des Berufungsgerichtes sei zwischen den Vertragsparteien bereits am 9.3.1984 der Kaufvertrag verbindlich zustande gekommen. Hätten die Parteien den Vertrag aber bereits errichtet und wollten sie ihn nur noch in die entsprechende juristische Form gießen lassen, wie im vorliegenden Fall, dann habe der Vertragserrichter nur die Pflicht, das Vereinbarte entsprechend zu formulieren und sinnvolle Ergänzungen vorzunehmen. Immer sei dabei aber zu bedenken, daß nach einem geschlossenen Vertrag keine Partei Ansprüche auf neue Vertragsinhalte habe. Wer ursprünglich kein Pfand für den Kaufpreisrest versprochen habe, sei nicht verpflichtet, es nachträglich zu bestellen. In solchen Fällen könne der Vertragserrichter allein wegen der Nichtanregung der Pfandbestellung nicht haftbar gemacht werden. Es müßte nachgewiesen werden, daß der andere Vertragsteil auf ein solches Ansinnen eingegangen wäre, was im vorliegenden Fall weder behauptet noch erwiesen sei. Bei Vertragsabschluß hätten auch Anzeichen für eine Uneinbringlichkeit der Restkaufpreisforderung gefehlt. Das Risiko einer langfristigen Kreditgewährung sei den Klägern als Gastwirten bekannt gewesen. Diese Erwägungen hätten auch für die Vereinbarung eines Terminverlustes Geltung. Daß Erich P*** zu einer Vertragsänderung zu seinen Lasten bereit gewesen wäre und einer Vereinbarung über den Terminverlust zugestimmt hätte, sei nicht hervorgekommen und nicht einmal behauptet worden.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision der Kläger ist nicht berechtigt.

Es kann hier unerörtert bleiben, ob die Kläger im Zeitpunkt der Vertragserrichtung durch den Beklagten noch Anspruch auf einen neuen Vertragsinhalt in Form einer hypothekarischen Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung hatten (vgl. hiezu Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 18 zu § 1299 S.2219). Es steht nämlich fest, daß der Beklagte vor Vertragserrichtung ohnehin wegen der langfristigen Ratenvereinbarung an die Vertragsparteien die Frage richtete, ob eine grundbücherliche Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung gewünscht werde. Seine Frage wurde vom Käufer in Anwesenheit der Kläger dahin beantwortet, daß dies abgeklärt und man sich darüber einig sei, daß eine grundbücherliche Sicherstellung des Kaufpreisrestes nicht erfolgen soll. Die Kläger haben dieser Antwort nicht widersprochen. Der Beklagte konnte daher davon ausgehen, daß den Klägern die Gefahren der teilweisen Kaufpreisstundung ohne Sicherstellung bekannt sind und daß über die Frage der Sicherstellung bereits eine Willenseinigung der Vertragsparteien vorliegt. Den Beklagten traf daher keine Pflicht zur weiteren Aufklärung der Kläger. Die Sorgfaltspflicht eines Urkundenverfassers darf nämlich nicht überspannt werden (JBl.1966, 524; 7 Ob 87/64). Das Vorliegen von Umständen, aus denen der Beklagte erkennen hätte müssen, daß den Klägern, ungeachtet der vorangegangenen Erörterung der Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung durch die Vertragsparteien, die Bedeutung der Stundung des Kaufpreises und dessen Sicherstellung nicht bekannt war, wurde nicht einmal behauptet. Auch hatte der Beklagte auf die Willensbildung der Vertragsparteien nicht Einfluß zu nehmen und auch nicht auf eine Willensänderung hinzuwirken (Reischauer aaO). Der Beklagte ist daher hier seiner Pflicht zur Wahrung der Interessen der Kläger durch seine Frage nach einer allfälligen Sicherstellung der Kaufpreisrestforderung nachgekommen (vgl. JBl.1966, 524; SZ 28/57). Aus den von der Revision zitierten Entscheidungen EvBl.1971/178 und JBl.1962, 91 ist für den gegenteiligen Standpunkt der Kläger nichts zu gewinnen, weil dort dem Urkundenverfasser die Auslassung der von den Parteien offensichtlich gewünschten Verpfändungserklärung bzw. ein Versehen bei Abfassung des Grundbuchgesuches zur Last fiel. Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13825

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00555.88.0414.000

Dokumentnummer

JJT_19880414_OGH0002_0070OB00555_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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