TE OGH 1988/4/21 8Ob531/88

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Veröffentlicht am 21.04.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner, Dr. Huber und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*** Papier- und Maschinen Handelsgesellschaft mbH, 1041 Wien, Floragasse 7 A, vertreten durch Dr. Herbert Richter und Dr. Franz Marschall, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B*** Gesellschaft mbH, Konstruktion von Maschinen und Werkzeugbau, Maschinenbau, 1180 Wien, Theresiengasse 65, vertreten durch Dr. Anton Klein, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 4,341.000,- s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5.November 1987, GZ 1 R 187/87-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 5.Juni 1987, GZ 14 Cg 25/87-8, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 25.380,30 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 2.307,30) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Bezahlung von Provision für die Vermittlung des Verkaufes von 600.000 Stück Schaltern im Betrag von 5,209.200 S sA. Von dieser Provision erhalte der zypriotische Subvertreter einen Betrag von 3,540.000 S. Die Beklagte sei eine Nachfolgefirma des "Technischen Büros Ing. Josef B***". Deren alleiniger Geschäftsführer Ing. B*** habe für den in Rede stehenden Auftrag die Dienste der Klägerin in Anspruch genommen. Die Beklagte habe auch tatsächlich die Ware verkauft. Der Klageanspruch werde hilfsweise auch auf einen "Versionsanspruch" gestützt, weil die Beklagte ohne die Tätigkeit der Klägerin und ohne deren Zahlungen und Provisionen von 3,540.000 S an die Firma P*** den Auftrag nicht erhalten hätte.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihr keinen Auftrag zur Lieferung von 600.000 Schaltern in den Iran vermittelt. Sie sei mit der Klägerin zu keinem Zeitpunkt in Geschäftsverbindung gestanden und habe sich auch zu keiner Provisionszahlung verpflichtet. Überdies habe sie von der Klägerin bisher keine Rechnung erhalten. Der Beklagten und ihrem Geschäftsführer sei die Firma P*** in Zypern nicht bekannt. Die Vereinbarung vom 23.November 1984 sei zwischen der Klägerin und Ing. B*** abgeschlossen worden, weshalb die Beklagte nicht Vertragspartner sei; die Vereinbarung habe lediglich den Zeitraum bis 31.Dezember 1985 betroffen. Der Auftrag der V***lpine I*** vom 6.Mai 1986 sei von der Vereinbarung vom 23.November 1984 nicht umfaßt. Die Beklagte sei nicht Rechtsnachfolgerin von Ing. B***. Es handle sich um zwei getrennte Rechtspersonen. Der Geschäftsführer der Beklagten sei von der Klägerin in Irrtum geführt worden, weil behauptet wurde, daß nur dann Aufträge zu erhalten seien, wenn er sich zu einer Provisionszahlung verpflichte. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:

Ing. W*** war bis September 1984 Dienstnehmer der V***lpine I*** und trat danach in die Dienste der E*** M***

Gesellschaft mbH. Aus seiner Tätigkeit bei der I*** war ihm bekannt, daß diese zur Finanzierung eines Barter-Geschäftes mit dem Iran für einen dortigen Kunden spezielle Schalter zum Ankauf suchte. Da er dieses Wissen nicht unmittelbar für seinen neuen Dienstgeber zu verwerten beabsichtigte, schaltete er die Klägerin ein, eine 100 %ige Tochtergesellschaft seines neuen Dienstgebers. Auf seine Veranlassung wurde unter anderem die nicht protokollierte Einzelfirma Ing. Josef B***, Technisches Büro,zu einer Offertlegung sowohl an die I*** als auch an die E*** M***

Gesellschaft mbH veranlaßt. Ing. B*** bot am 12.Jänner 1984 die Schalter bei Abnahme von mindestens 1,000.000 Stück zum Stückpreis von 18 S zuzüglich Umsatzsteuer an. Die Firma M*** in Täbriz wollte insgesamt 1,500.000 Schalter kaufen, die in drei Tranchen (300.000 und zweimal 600.000 Stück) abgenommen werden sollten. Noch bevor die M*** bei der I*** die erste Tranche bestellte, vereinbarte Ing. B*** mit Vertretern der Klägerin (darunter auch Ing. W***) am 23.November 1984, die Differenz, "die auf den Erlös der Aufträge, die bis 31.Dezember 1985 durch die I*** plaziert werden, das ist: Bestellpreis I*** minus 16,70 S pro Stück für die ersten 300.000 Stück und Bestellpreis I*** minus 16,20 S pro Stück für alle weiteren, an die Klägerin und die E*** M*** Gesellschaft mbH abzuführen". Um den Gesamtauftrag zu perfektionieren und entsprechend durchführen zu können, schaltete die Klägerin ihrerseits einen Vermittler, die Firma P*** in Zypern, ein. Es gelang schließlich,daß die M*** die erste Tranche von 300.000 Schaltern bei der I*** abrief, worauf diese bei Ing. B*** die erste Bestellung aufgab. Bei der Abwicklung des Geschäftes gab es zunächst gewisse Anlaufschwierigkeiten, doch konnte Ing. B*** termingerecht die bestellte Ware ausliefern. Bei der Abrechnung erwies es sich jedoch, daß - obwohl es der Klägerin und ihrem Subvertreter gelungen war, den Verkaufspreis auf insgesamt 24,50 S pro Schalter zu erhöhen - unter Abzug der zwischen der Klägerin und Ing. B*** vereinbarten Provision von 7,80 S pro Stück von dem Verkaufspreis lediglich ein Erlös von 5,010.000 S verblieb, was angesichts der tatsächlich entstandenen Kosten von 6,070.716 S ein Manko von 1,060.716 S ergab. Die Klägerin erklärte sich bereit, mit ihrer Provisionsforderung solange zurückzustehen, bis der zu erwartende Nachtragsauftrag - gemeint war die zweite Tranche aus der Gesamtbestellung - vermittelt werden konnte. Die Auftragserteilung dieser zweiten Tranche verzögerte sich vor allem deshalb, weil es dem iranischen Abnehmer schwieriger wurde, Akkreditive zu erstellen. Ing. B*** vermeinte, die Abwicklung des zweiten Geschäftes besser über eine Kapitalgesellschaft durchführen zu können, und gründete im September 1985 die beklagte Gesellschaft mbH, wobei er selbst 95 % der Geschäftsanteile übernahm und zum alleinigen Geschäftsführer bestellt wurde. Bis November 1985 wurden verschiedene Besprechungen zwischen Vertretern der Klägerin und Ing. B*** mit dem Ziel geführt, den zweiten Teilauftrag zu kalkulieren. In dieser Kalkulation wurde auch ein Posten für die an die Klägerin zu bezahlende Provision berücksichtigt. Da sich die Bestellung noch weiter verzögerte, betrieben Vertreter der Klägerin energisch die Bestellung durch die M***. Tatsächlich bestellte die I*** erst am 6.Mai 1986 bei der Beklagten

600.000 Schalter zuzüglich 1.000 Schalter kostenlos. In Kenntnis dieses Auftrages fand am 22.September 1986 zwischen den Streitteilen eine Besprechung statt, in der die Restzahlung der aus dem ersten Auftrag schuldig gebliebenen Provisionen nach Eingang des Kaufpreises bezüglich der zweiten Tranche kalkulatorisch errechnet wurde. Dabei war allen Beteiligten klar, daß "die Firma B***" aus dem Erlös auch des Verkaufes der zweiten Tranche der Klägerin eine Provision von 7,235 S pro Schalter (Differenz zwischen dem Erlös aus dem Geschäft I*** von 25,735 S abzüglich 18,50 S) zu bezahlen haben werde. Den Vertretern der Klägerin wurde bekannt, daß das Technische Büro B*** in eine Gesellschaft mbH "umgewandelt" wurde, doch schien es offensichtlich, daß Ing. B*** damit das Risiko beschränken wollte. Die Zusammenarbeit zwischen Vertretern der Klägerin und Ing. B*** war völlig reibungslos, sodaß auf den Text, insbesondere die Befristung der Verprovisionierung schon deshalb nicht geachtet wurde, weil Ing. B*** jeweils von sich aus einer Verprovisionierung auch nach dem 31.Dezember 1985 zustimmte. Schon im Hinblick auf die sich im Ergebnis als sehr zögernd erweisende Gesamtbestellung erschien auch Ing. B*** eine Intervention von Vertretern der Klägerin wie auch eines eigenen Subvertreters durchaus sinnvoll.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß die Beklagte mit Wissen und Willen der Klägerin in den ursprünglichen Vermittlungsauftrag der nicht protokollierten Firma Ing. Josef B*** Technisches Büro eingetreten sei. Zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer der Beklagten sei eine Provisionsvereinbarung getroffen worden. Die Klägerin sei am Zustandekommen des Auftrages verdienstlich tätig gewesen, weshalb ihr die Provision im Rahmen des vereinbarten Entgeltes zustehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es der Klägerin S 4,341.000 sA samt 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen zuerkannte und das Mehrbegehren abwies. Das Gericht zweiter Instanz nahm eine teilweise Beweiswiederholung vor und traf "verdeutlichend" nachstehende ergänzende Feststellungen:

Vereinbarungsgemäß ist die Provision der Klägerin derart zu berechnen, daß pro verkauftem Schalter der Betrag von 18,50 S laut Vereinbarung vom Erlös gegenüber der I*** von 25,735 S abgezogen wird, was eine Provision von 7,235 S pro Schalter und mit 600.000 (Schaltern) multipliziert eine Provision von 4,341.000 S netto und zuzüglich 20 % Umsatzsteuer von 868.200 S den Klagebetrag ergibt.

Das Gericht zweiter Instanz verwies darauf, daß keine Feststellungen dahin getroffen wurden, wonach die Klägerin gegenüber Ing. B*** falsche Behauptungen zur Erwirkung einer Provisionsleistung erhoben hätte. Angeblich irreführende Behauptungen betreffend die ersten 300.000 Schalter wären unmaßgeblich, weil die bereits bezahlte Provision für diese ersten 300.000 Stück Schalter nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites seien. Im Gegensatz zur Behauptung der Beklagten sei festgestellt worden, daß Ing. B*** von sich aus einer Provisionierung auch nach dem 31. Dezember 1985 zustimmte. Voraussetzung für einen Provisionsanspruch sei zunächst das Vorliegen eines Mäklervertrages, aus dem ein solcher Anspruch abgeleitet werden kann. Ein solcher Vertrag könne nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent zustandekommen, nämlich dann, wenn der Interessent die Vermittlung duldet oder sich der Tätigkeit des Vermittlers nutzbringend bedient, um den von ihm gewünschten Geschäftserfolg herbeizuführen. Angesichts der unbekämpften Feststellung, daß die Beklagte nur zu dem Zweck gegründet wurde, um das gegenständliche Geschäft abzuwickeln, bedeute dies unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben im geschäftlichen Verkehr, daß die Beklagte ungeachtet eines Eintrittes in den mit Ing. B*** bestehenden Mäklervertrag vom 23. November 1984 im Sinne einer einverständlichen Vertragsübernahme für die Provision haftet. Sie habe sich der Tätigkeit der Klägerin als Vermittler bedient, durch Ing. B*** (Vertragspartner der Klägerin und Geschäftsführer der Beklagten) von der Vermittlungstätigkeit erfahren und sich den Vorteil aus dieser Tätigkeit zugewendet. Damit sei sie aber provisionspflichtig. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs.1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in seinem klagestattgebenden Teil aufzuheben und an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen oder es dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens rügt die Beklagte, daß der von der Gegenpartei geführte Zeuge F*** nicht einvernommen worden sei. Aus der im Revisionsverfahren vorgelegten Ablichtung des die Schalterlieferung betreffenden Vertrages gehe hervor, daß das Gesamtgeschäft bereits abgeschlossen war, bevor die Klägerin überhaupt tätig werden konnte, sodaß sie für den Abschluß des Vertrages nicht verdienstlich tätig war. Die Vorinstanzen hätten eine Täuschung der Beklagten durch die Klägerin feststellen sollen. Die Beilage E hätte wie überhaupt die gesamte Sachlage näher geklärt werden müssen.

Demgegenüber ist zunächst darauf zu verweisen, daß das Berufungsgericht keinen Verfahrensmangel des Erstgerichtes in der unterlassenen Einvernahme des Zeugen F*** erblickte. Nach ständiger Rechtsprechung können angebliche Verfahrensverstöße des Erstgerichtes, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht in der Revision geltend gemacht werden. Soweit die Beklagte unter Vorlage einer Kopie des Vertrages der M*** Company und der V***lpine I*** vom 12.3.1984 (nicht wie in der Revision dargestellt 10.2.1984) darzutun versucht, daß die Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte nicht verdienstlich gewesen sei, argumentiert sie an den Feststellungen der Vorinstanzen vorbei, die in ihrer Gesamtheit an der Verdienstlichkeit der Klägerin für das Zustandekommen des die Provisionspflicht der Beklagten laut Vertrag vom 23.11.1984 und der diesem nachfolgenden Vereinbarungen der Streitteile begründenden Geschäftes keinen Zweifel lassen. Die hiezu erstatteten Revisionsausführungen bekämpfen damit im Grunde genommen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen; dies ist aber im Revisionsverfahren nicht zulässig. Gänzlich auf eine Bekämpfung der Beweiswürdigung laufen die weiteren Ausführungen der Revision hinaus, die sich auf eine Täuschung, Irreführung udgl. der Beklagten durch die Klägerin berufen. Schon das Berufungsgericht hat darauf verwiesen, daß nach den Feststellungen des Erstgerichtes, die es als unbedenklich übernahm, von einer Verleitung des Geschäftsführers der Beklagten zur Einräumung der strittigen Provision nicht die Rede sein kann. Da auch die abschließende Rüge, daß die gesamte Sachlage nicht hinlänglich (im Sinne der Auffassung der Beklagten) geklärt worden sei, letztlich ein unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung der Vorinstanzen darstellt, erweist sich die Verfahrensrüge als völlig unberechtigt. Weitere Ausführungen erübrigen sich im Hinblick auf § 510 Abs.3 ZPO.

In der Rechtsrüge stellt sich die Beklagte neuerlich auf den bereits oben widerlegten Standpunkt, daß ihr Geschäftsführer von der Klägerin in Irrtum geführt worden sei. Sie wiederholt weiters in feststellungsfremder Weise, daß die Klägerin an dem Zustandekommen des die Provisionspflicht auslösenden Geschäftes überhaupt nicht mitgewirkt habe. Die Rechtsrüge ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt, sodaß darauf nicht mehr näher eingegangen werden kann. Der Revision der Beklagten war somit der Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E14251

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00531.88.0421.000

Dokumentnummer

JJT_19880421_OGH0002_0080OB00531_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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