TE OGH 1988/4/27 9ObA506/87

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Veröffentlicht am 27.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Olga Makomaski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der antragstellenden Partei Ö*** G*** FÜR D*** G*** DER

C***, Wien 6., Stumpergasse 60, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Rechtsanwalt in Wien, wider den F*** DER C*** I*** Ö***, Wien 4., Wiedner Hauptstraße 63, vertreten durch den Vorsteher Generaldirektor Komm.Rat Dipl.Ing.Dr. Wolfgang U*** und den Geschäftsführer Dr. Harald S***, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Antrag, es werde festgestellt:

"Für die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb beschäftigten, dem Kollektivvertrag, abgeschlossen zwischen dem F*** DER C*** I*** Ö*** und dem Ö***

G***, G*** DER C*** unterliegenden

Arbeiter ist die im Punkte 66 des Rahmen-Kollektivvertrages in der Fassung vom 15.1.1987 vereinbarte Urlaubsregelung in der durch den Kollektivvertrag vom 23.1.1985 Punkt 2 für 1986 vereinbarten Abänderung der lit.b des Punktes 66 (damals als lit.b des Punktes 53 a bezeichnet) des Rahmen-Kollektivvertrages über den 1.5.1987 hinaus weiterhin wirksam"

wird

abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller (Ö*** G*** FÜR D***

G*** DER C*** (Floretta-Strasser, KommzArbVG 1025) ist eine auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Berufsvereinigung der Arbeitnehmer im Sinne des § 4 Abs 2 ArbVG. Die Kollektivvertragsfähigkeit wurde ihr vom Obereinigungsamt im Jahre 1957 zuerkannt; diese Zuerkennung gilt gemäß § 165 ArbVG auch nach dem Inkrafttreten des Arbeitsverfassungsgesetzes weiter. Der Antragsgegner ist eine zur gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber berufene Körperschaft im Sinne des § 4 Abs 1 ArbVG. Der Antragsteller brachte zur Begründung seines aus dem Spruch ersichtlichen Antrages folgenden Sachverhalt vor:

In den zwischen den Parteien bestehenden Rahmen-Kollekktivvertrag (auch: Rahmenvertrag) wurde mit Kollektivvertrag vom 11.11.1974 (siehe auch Beilage 2) eine besondere Urlaubsregelung für Arbeiter im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb aufgenommen (Punkt 53 a), die nach geringfügiger Abänderung durch den Kollektivvertrag vom 10.12.1974 (siehe auch Beilage 3) und nach Anpassung an das Urlaubsgesetz (Bundesgesetz vom 7.7.1976 Nr.390) folgende Fassung (Beilage D) erhielt:

"Die vertragschließenden Organisationen sind sich darüber einig, daß die Anpassung der Bestimmungen des Urlaubsgesetzes an die atypischen Arbeitsverhältnisse der vollkontinuierlichen Betriebsweise wie folgt vorzunehmen ist:

a) Als Urlaubstage gelten in vollkontinuierlichen Betriebsabteilungen die Arbeitstage; Arbeitstage sind jene Kalendertage - ausgenommen gesetzliche Feiertage -, an denen laut Schichtplan zu arbeiten ist; demgemäß sind Sonntage, an welchen laut Schichtplan gearbeitet wird, Arbeitstage und gelten damit als Urlaubstage. Andererseits gelten schichtfreie Werktage nicht als Arbeitstage und zählen somit nicht als Urlaubstage.

b) Der Urlaubsanspruch beträgt 24 bzw. 30 Arbeitstage, entsprechend den Anwartschaftszeiten nach den Bestimmungen des Urlaubsgesetzes."

Nachdem mit Bundesgesetz vom 3.2.1983 Nr.81 (Urlaubsgesetznovelle 1983 = UrlGNov) der Urlaubsanspruch bis zum Jahre 1986 in Etappen um eine Woche verlängert worden war und Art VII dieses Gesetzes im Regelfall die Anrechnung der das bisherige gesetzliche Urlaubsausmaß übersteigenden Ansprüche auf die vorgesehene Erhöhung des Urlaubsanspruches angeordnet hatten, schlossen die Parteien am 23.1.1985 folgenden (Zusatz-)Kollektivvertrag (Beilage F = 4) ab:

"1. Diese kollektivvertragliche Regelung, welche für den vollkontinuierlichen Schichtbetrieb (Durchfahrbetrieb) vereinbart wurde, beinhaltet die Regelung Arbeitstag = Urlaubstag. Dies bedeutet, daß den betroffenen Dienstnehmern der Sonntag, soferne dieser ein Arbeitstag ist, als Urlaubstag angerechnet wird.

2. Die Vertragspartner sind sich für 1984, 1985 und 1986 einig, daß für die Dienstnehmer in vollkontinuierlichen Betriebsabteilungen folgender Urlaubsanspruch besteht:

Arbeitnehmer mit einer Dienstzeit von weniger als 20 Dienstjahren

1984: 26 Arbeitstage

1985: 28 Arbeitstage

1986: 30 Arbeitstage

Mit einer Dienstzeit von 20, jedoch weniger als 25 Jahren

1984: 30 Arbeitstage

1985: 30 Arbeitstage

1986: 30 Arbeitstage

Nach Vollendung des 25. Dienstjahres

1984: 32 Arbeitstage

1985: 34 Arbeitstage

1986: 36 Arbeitstage

3. Die Vertragspartner erkennen jedoch an, daß die Frage dieser atypischen Urlaubsregelung bei den Gesprächen über eine zukünftige Arbeitszeitverkürzung miteinbezogen wird. In einer damit notwendigen Änderung des Punktes 53 a des Kollektivvertrages wird festzuhalten sein, daß eine Angleichung der Jahresarbeitszeiten aller von diesem Kollektivvertrag betroffenen Dienstnehmer erfolgen soll."

Mit Kollektivvertrag vom 20.5.1986 (Beilage 5, Artikel III, Z VI) wurde (ua) "der (Zusatz)kollektivvertrag vom 23.1.1985 betreffend die Urlaubsregelung im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb bis zum Geltungsbeginn der (damals vereinbarten) Arbeitszeitverkürzung auf 38 Wochenstunden verlängert." Diese Arbeitszeitverkürzung ist mit 1.5.1987 in Kraft getreten. Derzeit gilt der von den Parteien "zur Regelung der allgemeinen Bestimmungen über die Arbeitsverhältnisse der in den Betrieben der chemischen Industrie beschäftigten Arbeiter" abgeschlossene Rahmen-(Kollektiv)vertrag vom 15.1.1987 in der ab 1.5.1987 gültigen Fassung (Beilage E = 1). In diesem Vertrag hat die besondere Urlaubsregelung im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb dieselbe Formulierung wie oben wiedergegeben (Beilage D), nur hat sie (durch Einschiebung weiterer Regelungen) die Bezeichnung "Punkt 66" erhalten.

Über ein Weiterbestehen der im Kollektivvertrag vom 23.1.1985 enthaltenen befristeten Urlaubsregelung für den kontinuierlichen Schichtbetrieb konnte keine Einigung erzielt werden. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 1.4.1987 (Beilage A = 6) mitgeteilt, daß die Sonderregelung für die Jahre 1984/86 mit 30.4.1987 auslaufe und für Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern im kontinuierlichen Schichtbetrieb ab 1.Mai die Werktagsregelung des Urlaubsgesetzes mit einem Urlaubsanspruch von 30 bzw. 36 Werktagen gelte.

Der Antragsteller vertritt die Rechtsansicht, daß mit dem Ende des zeitlichen Geltungsbereiches des (Zusatz)kollektivvertrages vom 23.1.1985, nämlich mit 30.4.1987 dieser Kollektivvertrag unanwendbar geworden sei und die gesetzliche Regelung gelte; bis zum Abschluß eines neuen Kollektivvertrages oder neuer Einzelvereinbarungen mit den betroffenen Arbeitnehmern bleibe die durch den (Zusatz)kollektivvertrag geregelte Rechtslage gemäß § 13 ArbVG unverändert. Die bisherige, nach Arbeitstagen bemessene Urlaubsregelung im kontinuierlichen Schichtbetrieb enthalte keine Besserstellung der betroffenen Arbeitnehmer, so daß eine Anrechnung auf den höheren gesetzlichen Urlaubsanspruch nach Art VII UrlGNov nicht in Betracht komme.

Der Antragsgegner beantragt, den Feststellungsantrag abzuweisen. Es sei nicht richtig, daß über die Urlaubsregelung im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb (für die Zeit nach dem 30.4.1987) keine Einigung erzielt worden sei. Vielmehr gelte der Kollektivvertrag vom 15.1.1987, der in Punkt 66 die frühere Regelung des Punktes 53 a (Anspruch auf 24 bzw. 30 Arbeitstage Urlaub) enthalte. Selbstverständlich gehe eine günstigere Regelung des Urlaubsgesetzes (30 bzw. 36 Werktage Urlaub) vor, doch habe es der Antragsgegner abgelehnt, im Hinblick auf die vereinbarte Arbeitszeitverkürzung einer Abänderung des Punktes 66 durch Vereinbarung eines Urlaubsausmaßes von 30 bzw. 36 Arbeitstagen zuzustimmen. Die Anwendbarkeit des Art VII UrlGNov sei für den erhobenen Feststellungsantrag ohne rechtliche Bedeutung. Diese Anrechnungsvorschrift erfasse jedoch auch höhere Urlaubsansprüche durch Gewährung derselben Zahl von Arbeitstagen anstelle der gebührenden Werktage. § 13 ArbVG komme nicht zur Anwendung. Diese Bestimmung normiere nämlich nur eine Nachwirkung eines Kollektivvertrages für jene Arbeitsverhältnisse, die von diesem unmittelbar vor seinem Erlöschen erfaßt worden seien.

Folge man den Rechenbeispielen des Antragstellers über das

Freizeitausmaß bei einschichtiger Arbeitsweise und im

vollkontinuierlichen Schichtbetrieb (Beilage C), so ergäbe sich

anstelle eines Urlaubs von 30 Werktagen = 5 Wochen (= 190 Stunden)

ein Urlaubsanspruch von 30 Schichten a 8 Stunden = 240 Stunden. Bei

36 Tagen (= 6 Wochen) Urlaub stünde einem Urlaubsausmaß von 228

Stunden im einschichtigen Betrieb ein solches von 36 Schichten a 8 Stunden = 288 Stunden im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb gegenüber. Für die im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb beschäftigten Arbeiter der chemischen Industrie Österreichs gelte daher die gesetzliche Regelung in Verbindung mit Punkt 66 des Kollektivvertrages vom 15.1.1987.

Der Oberste Gerichtshof hat auf der Grundlage des vom Antragsteller behaupteten Sachverhaltes (§ 54 Abs 4 erster Satz ASGG) über den Feststellungsantrag erwogen:

Der Feststellungsantrag hat eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiete der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand, die schon ihrem Wesen nach für mindestens drei Arbeitnehmer von Bedeutung ist (im Antrag wurde vorgebracht, daß mehr als 3.000 Schichtarbeiter davon betroffen sind). Die allgemeinen Voraussetzungen eines Feststellungsantrages im Sinne des § 54 Abs 2 ASGG sind somit erfüllt.

Rechtliche Beurteilung

Der Feststellungsantrag ist aber nicht berechtigt.

Der Antragsteller behauptet einerseits (wovon gemäß § 54 Abs 4 erster Satz ASGG auszugehen ist), daß die Regelung über die Urlaubsgewährung im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb in Punkt 66 des derzeit geltenden Kollektivvertrages (Rahmenvertrages) vom 15.1.1987 dieselbe Fassung wie im seinerzeitigen Punkt 53 a habe (Beilagen D und E; AS 3 und 8) und es sich bei Punkt 66 um die derzeit gültige Fassung dieses Kollektivvertrages handle und daß mit der Umbenennung der Zahl keine inhaltliche Änderung verbunden gewesen sei (AS 16). Andererseits meint aber die Antragstellerin in Widerspruch zu diesem Vorbringen, daß bei den Verhandlungen über die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit hinsichtlich der Urlaubsregelung im kontinuierlichen Schichtbetrieb keine Einigung habe erzielt werden können und daher, weil über diese Frage ein Kollektivvertrag fehle, bis zum Abschluß eines neuen Kollektivvertrages oder neuer Einzelvereinbarungen mit den betreffenden Arbeitnehmern gemäß § 13 ArbVG die durch den (Zusatz)kollektivvertrag vom 23.1.1985 geschaffene Rechtslage weitergelte, zumal sonst Punkt 66 des derzeit geltenden Kollektivvertrages unanwendbar wäre.

Dem ist nicht zu folgen. Die UrlGNov 1983 ordnete eine Erhöhung des Urlaubsanspruches auf 30 (bzw. nach Vollendung des 25. Dienstjahres) auf 36 Werktage beginnend ab 1986 an. Für die Urlaubsjahre, die 1984 und 1985 begannen, wurden Übergangsbestimmungen geschaffen (Art VI Abs 2 und 3 UrlGNov), die eine etappenweise Erhöhung des Urlaubsanspruches vorsahen. Entsprechend dieser stufenweisen Erhöhung trafen die Parteien im normativen Teil des Kollektivvertrages vom 23.1.1985 die Regelung, Urlaubsansprüche der im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb tätigen Arbeiter für 1984, 1985 und 1986 mit dem in der UrlGNov 1983 enthaltenen Ausmaß an Urlaubstagen zu bemessen, wobei den Arbeitern jedoch anstelle von Werktagen dieselbe Zahl von Arbeitstagen als Urlaub gebührte.

Aus dem obligatorischen Teil dieses Vertrages (Punkt 3.) geht hervor, daß die Frage der atypischen Urlaubsregelung in die Gespräche über eine zukünftige Arbeitszeitverkürzung miteinbezogen werden sollte. Punkt 53 a des Kollektivvertrages werde im Sinne einer Angleichung der Jahresarbeitszeiten aller von diesem Kollektivvertrag betroffenen Dienstnehmer zu ändern sein. Im Kollektivvertrag vom 20.5.1986 setzten die Parteien die Normalarbeitszeit in nichtkontinuierlichen und kontinuierlichen Betrieben auf 38 Stunden wöchentlich herab. Der (Zusatz)kollektivvertrag vom 23.1.1985 betreffend die Urlaubsregelung im vollkontinuierlichen Schichtbetrieb wurde bis zum Geltungsbeginn der Arbeitszeitverkürzung (1.5.1987) verlängert. Eine weitere Verlängerung erfolgte nicht, so daß die Kollektivvertragsparteien mit dem Rahmenvertrag vom 15.1.1987 zu der dem früheren Punkt 53 a entsprechenden Fassung der besonderen Urlaubsregelung für den vollkontinuierlichen Schichtbetrieb zurückkehrten. Diese Fassung enthält allerdings die im Falle des kontinuierlichen Schichtbetriebes (in Beilage C wurde als typischer Schichtplan ein achttägiger Schichtturnus behauptet: 2 Tage Frühschicht, 2 Tage Nachmittagsschicht, 2 Tage Nachtschicht und 2 Tage Freischicht) regelmäßig günstigere Bemessung des Urlaubs nach Arbeitstagen nur für ein Urlaubsausmaß "von 24 bzw. 30 Arbeitstagen", so daß die insgesamt wohl fast stets günstigere gesetzliche Regelung des Urlaubsanspruches mit 30 bzw. 36 Werktagen vorgeht. Punkt 66 des Rahmenvertrages ist damit seiner praktischen Bedeutung weitgehend beraubt; er ist aber nicht unanwendbar, weil es bei atypischen Schichtplänen durchaus vorkommen kann, daß "24 bzw. 30 Arbeitstage" ein höheres Freizeitausmaß als "30 bzw. 36 Werktage" ergeben und der Arbeitnehmer dann Anspruch darauf hat, daß bei der tatsächlichen Urlaubsgewährung die günstigere Berechnungsart zugrunde gelegt wird.

§ 13 ArbVG kommt auf den vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. Nach dieser Bestimmung bleiben die Rechtswirkungen des Kollektivvertrages nach seinem Erlöschen für Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfaßt waren, so lange aufrecht, als für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird. Das Gesetz ging bei dieser Regelung ganz offenbar von der Voraussetzung aus, daß die Arbeitsverhältnisse im Rahmen einer Berufsgruppe nur durch einen Branchenkollektivvertrag umfassend geregelt werden (sogenannter allgemeiner Kollektivvertrag). Der Sinn der Nachwirkung besteht darin, eine kollektivvertragslose Phase zu überbrücken. Wird der alte Kollektivvertrag durch einen neuen ersetzt, so endet die Nachwirkung des alten Kollektivvertrages und die volle Rechtswirkung des neuen beginnt ohne Rücksicht darauf, ob der neue Kollektivvertrag günstiger oder ungünstiger ist. Dieses Regelungsmodell paßt allerdings nicht, wenn für ein und dieselbe Berufsgruppe neben einem allgemeinen Kollektivvertrag Spezialkollektivverträge über einzelne besondere Gegenstände abgeschlossen werden. Daher beendet in der Regel das Wirksamwerden eines neuen allgemeinen Kollektivvertrages nicht die Nachwirkung eines außer Kraft getretenen speziellen Kollektivvertrages. Ob ein allgemeiner oder spezieller Kollektivvertrag vorliegt, ist eine Auslegungsfrage. Mit einem "neuen" Kollektivvertrag im Sinne des § 13 ArbVG ist immer ein Kollektivvertrag gemeint, der nach seinem Regelungscharakter (als allgemeiner oder spezieller Kollektivvertrag) dem außer Kraft getretenen, um dessen Nachwirkungen es geht, entspricht (Floretta-Strasser KommzArbVG 100 ff insbes 102 ff; auch ZAS 1977/30 mit Anm von Tomandl). Die von den Kollektivvertragsparteien abgeschlossenen allgemeinen, auch die Frage der Urlaubsgewährung bei vollkontinuierlicher Betriebsweise regelnden Kollektivverträge schlossen nahtlos aneinander an, so daß es zu keiner kollektivvertragslosen Phase kam. Der befristet abgeschlossene (Zusatz)kollektivvertrag vom 23.1.1985 ist kein spezieller Kollektivvertrag im Sinne der obigen Ausführungen, weil die damit geregelte Materie untrennbar zu der im allgemeinen Kollektivvertrag enthaltenen Regelung des Punktes 53 a gehörte. Die Auslegung ergibt, daß diese Materie mit Punkt 66 des geltenden Kollektivvertrages abschließend, wenn auch - im Hinblick auf die gleichzeitig vereinbarte allgemeine Arbeitszeitverkürzung ungünstiger - als in der zu Punkt 53 a des Rahmenvertrages gehörenden zeitlich befristeten Zusatzvereinbarung vom 23.1.1985 geregelt wurde. Punkt 2. des (Zusatz)kollektivvertrages vom 23.1.1985 ist damit keine selbständige, außerhalb des allgemeinen Kollektivvertrages stehende Regelung eines besonderen Gegenstandes. Damit ersetzte Punkt 66 des Rahmenvertrages vom 15.1.1987 die bisherige Regelung dieses Gegenstandes zur Gänze. Eine Nachwirkung des (Zusatz)kollektivvertrages vom 23.1.1985 (die überdies nur die bis 30.4.1987 abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse erfassen könnte) ist daher entgegen der Meinung des Antragstellers nicht eingetreten. Damit ist aber die umstrittene Urlaubsregelung nur in der in Punkt 66 des Rahmenvertrages vom 15.1.1987 niedergelegten Fassung und nicht auch in der Punkt 2. des Kollektivvertrages vom 23.1.1985 nur befristet vereinbarten Abänderung der lit b des Punktes 66 wirksam.

Der Feststellungsantrag ist somit abzuweisen.

Anmerkung

E14019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00506.87.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19880427_OGH0002_009OBA00506_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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