TE OGH 1988/4/27 3Ob153/87

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Veröffentlicht am 27.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. Raimund N***, Kaufmann, Wien 23, Anton Baumgartnerstraße 44/B/2/17, und 2. Josef G***, Pensionist, Rohr am Gebirge, Klausbach 1, beide vertreten durch Dr. Anton Gruber und Dr. Arno Gruber, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz P***, Landwirt, St. Georgen am Walde, Linden 9, vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Oktober 1987, GZ 46 R 697/87-21, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 14. Mai 1987, GZ C 102/86-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind schuldig, dem Beklagten an Kosten des Revisionsverfahrens je S 8.679,82 (darin je S 789,07 Umsatzsteuer und keine Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem Beklagten wurde vom Erstgericht gegen die Verpflichtete Dorothea S*** zur Hereinbringung der Forderung von

S 1,100.000,-- sA, die Exekution durch Pfändung und Überweisung der der Verpflichteten gegen den Drittschuldner Notar Dr. Helmut B*** auf Grund einer Treuhandvereinbarung im Zusammenhang mit dem Verkauf der Liegenschaft EZ 624 KG Rudolfsheim angeblich zustehenden Forderung von S 1,100.000,-- bewilligt. Die Exekutionsbewilligung wurde dem Drittschuldner am 10. Juli 1986 zugestellt. Die Verpflichtete hatte die angeführte Liegenschaft mit Kaufvertrag vom 29. April/21. Mai 1986 verkauft, wobei im Kaufvertrag vereinbart wurde, daß der Kaufpreis von S 6,500.000,-- zu Handen des nunmehr als Drittschuldner in Anspruch genommenen Notars zu erlegen ist, und diesem unwiderruflich der Auftrag erteilt wurde, daraus die Lastenfreistellung der Liegenschaft vorzunehmen und den verbleibenden Betrag zuzüglich der Anderkontozinsen und abzüglich der Spesen unverzüglich nach der grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrages der Verkäuferin und somit der Verpflichteten auszuzahlen. Diese Vereinbarung wurde in einer schriftlichen, mit 21. Mai 1986 datierten Ergänzung des Kaufvertrages wiederholt. Die Kläger erhoben gegen die angeführte Exekution Widerspruch, weil ihnen die Verpflichtete die gepfändete Forderung am 9. April 1986 abgetreten habe. Sie habe sie an diesem Tag beauftragt, die Liegenschaft EZ 624 KG Rudolfsheim um S 4,200.000,-- zu verkaufen, und ihnen zugleich das Recht eingeräumt, einen allfälligen Mehrerlös als Entgelt für die Ausführung des Auftrages zu gleichen Teilen zu vereinnahmen. Die Verpflichtete habe ihnen unter einem im voraus die über S 4,200.000,-- hinausgehende Kaufpreisforderung abgetreten und auf Grund dieser Abtretung den Notar anläßlich der Unterfertigung des Kaufvertrages ermächtigt, den nach der Lastenfreistellung verbleibenden Kaufpreisrest an sie auszufolgen. Auf den erzielten Mehrerlös von S 2,300.000,-- seien ihnen schon S 850.000,-- bezahlt worden, weshalb sich noch eine Kaufpreisrestforderung von S 1,450.000,-- in ihrem Eigentum befinde. Der Beklagte bestritt die von den Klägern behauptete Abtretung. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgendes fest:

Der Erstkläger verfaßte eine mit 9. April 1986 datierte Urkunde, in der die Verpflichtete den Klägern den Auftrag erteilte, die Liegenschaft EZ 624 KG Rudolfsheim um S 4,200.000,-- zu verkaufen, und in der es sodann heißt:

"Sollte ein höherer Kaufschilling erzielt werden, so verbleibt der Überhang zu gleichen Teilen....." (den Klägern).

Die Urkunde wurde von den Klägern und nach dem 9. April 1986 auch von der Verpflichteten unterschrieben. Es kann nicht festgestellt werden, daß die Verpflichtete bei dieser Gelegenheit eine allfällige Forderung aus dem erst zu schließenden Kaufvertrag an die Kläger abtrat.

Der Kaufvertrag über die angeführte Liegenschaft wurde vom Erstkläger aufgesetzt und von der Verpflichteten als Verkäuferin am 29. April 1986 bei dem nunmehr als Drittschuldner in Anspruch genommenen Notar unterschrieben. Die Verpflichtete unterschrieb zugleich eine auf Ersuchen der Kläger vom Notar verfaßte mit "Erklärung" überschriebene Urkunde, in der sie den Notar ermächtigt, den nach Lastenfreistellung verbleibenden Kaufpreisrest zu gleichen Teilen an die Kläger auszufolgen. Der Notar faßte das Ersuchen der Kläger so auf, daß er den Restbetrag entweder an die Verpflichtete oder an die Kläger ausfolgen solle, je nachdem, wer zuerst kommen würde. Im Juli 1986 übersandte der Erstkläger dem Notar eine Kopie der Vereinbarung vom 9. April 1986 und führte in dem Begleitschreiben aus, daß der S 4,800.000,-- übersteigende Kaufpreisrest zu gleichen Teilen an die Kläger auszuzahlen sein werde.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß aus dem festgestellten Sachverhalt eine Abtretung der gepfändeten Forderung nicht abgeleitet werden könne, zumal die abzutretende Forderung nicht nach der Person des Schuldners bestimmt gewesen sei. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,--übersteigt.Eskönntenzwarauch künftige Forderungen abgetreten werden, wenn sie nach dem Rechtsgrund und der Person des Schuldners hinreichend bestimmt seien. Durch die Unterfertigung der Vereinbarung vom 9. April 1986 sei es aber zu einer Abtretung nicht gekommen, weil der Verpflichteten die Person des Schuldners nicht bekannt gewesen sei. Überdies könne aus dem Wortlaut dieser Vereinbarung und des vom Erstkläger entworfenen Kaufvertrages ein Abtretungsvertrag nicht entnommen werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Kläger wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an eine von ihnen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, daß der Ausspruch des Berufungsgerichtes über den Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, überflüssig war. Der Oberste Gerichtshof vertrat zwar schon wiederholt die Ansicht, daß bei der Exszindierungsklage ein solcher Ausspruch notwendig sei (SZ 15/55; SZ 38/91; RPflSlgE 1982/82). Diese Entscheidungen betrafen aber immer Exekutionen, die andere Sachen als Geldbeträge oder Geldforderungen zum Gegenstand hatten. Bezieht sich der mit der Klage erhobene Widerspruch hingegen auf bei der Pfändung vorgefundenes Geld oder auf eine gepfändete Geldforderung, so muß der Wert des Streitgegenstandes dem Geldbetrag oder der Höhe der Geldforderung entsprechen und es hat daher ein Ausspruch im Sinn des § 500 Abs. 2 ZPO zu unterbleiben (vgl. EvBl. 1968/162). Der demnach entbehrliche Ausspruch des Berufungsgerichtes entspricht allerdings der Sachlage, weil die Höhe der von der Klage betroffenen Geldforderungen hier S 300.000,-- übersteigt. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Höhe der betriebenen oder der gepfändeten Geldforderung maßgebend ist (vgl. hiezu zuletzt Gitschthaler, ÖJZ 1988, 41); die angeführte Voraussetzung trifft nämlich auf beide zu.

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens machen die Kläger geltend, daß sich das Berufungsgericht mit der in der Berufung enthaltenen Beweisrüge nicht befaßt habe. Selbst wenn dieser Mangel vorläge, wäre für die Kläger nichts gewonnen. Sie wollen mit ihrer Beweisrüge nämlich die Feststellung erreichen, daß nach dem Parteiwillen der S 4,200.000,-- übersteigende Mehrerlös ihnen zufließen sollte. Diese Feststellung wäre aber, wie im folgenden dargelegt wird, für die Entscheidung ohne Bedeutung, weshalb ein allfälliger Mangel des Berufungsverfahrens nicht geeignet wäre, die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern (vgl. § 503 Abs. 1 Z 2 ZPO).

Eine Aktenwidrigkeit erblicken die Kläger in der Annahme des Berufungsgerichtes, sie hätten nicht behauptet, daß der Schuldner von der Abtretung verständigt worden sei. Dies ist jedoch unerheblich; hiezu wird ebenfalls auf die folgenden Ausführungen hingewiesen.

Rechtlich ist zwischen dem Anspruch der Kläger auf Bezahlung eines Entgelts für die Vermittlung des Verkaufes der Liegenschaft und der Abtretung der Kaufpreisrestforderung zur Tilgung dieses Anspruchs zu unterscheiden. Dazu kommt noch, daß die bekämpfte Exekution nicht den der Verpflichteten gegen den Käufer zustehenden Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises, sondern den ihr gegenüber dem Notar als Treuhänder zustehenden Anspruch auf Auszahlung des nach der Lastenfreistellung verbleibenden Betrages zum Gegenstand hat. Zur Abtretung dieser Forderungen hätte es einer besonderen, auf die Abtretung gerichteten Willensübereinstimmung bedurft. Nach den vorliegenden Feststellungen besteht zwar ein Entgeltanspruch der Kläger gegen die Verpflichtete, es findet sich aber auch in den Urkunden kein Hinweis darauf, daß die Kläger und die Verpflichtete die Abtretung der Kaufpreisrestforderung oder der Forderung gegen den Treuhänder vereinbaren wollten. Dies gilt besonders auch für die Vereinbarung vom 9. April 1986 und für die Erklärung, welche die Verpflichtete am 29. April 1986 beim Notar unterschrieb. Die diesem darin erteilte Ermächtigung, den Kaufpreisrest den Klägern zu gleichen Teilen auszufolgen, bedeutet nur, daß die Verpflichtete den ursprünglich dem Notar als Treuhänder erteilten Auftrag, den Kaufpreisrest an sie auszuzahlen, änderte. Es läßt sich daraus aber nicht ableiten, daß die Verpflichtete die ihr gegen den Treuhänder zustehende Forderung an die Kläger abgetreten hat oder auch nur abtreten wollte, daß nunmehr also sie anstelle der Verpflichteten Gläubiger der Forderung sein sollten. Vielmehr ging auch der Verfasser der Urkunde davon aus, daß weiterhin auch die Verpflichtete berechtigt sei, das Geld in Empfang zu nehmen. Den Klägern ist zwar darin beizupflichten, daß nicht gerade die Wörter "Abtretung" oder "Zession" verwendet werden müssen, damit ein Abtretungsvertrag zustandekommt. Der Vereinbarung muß jedoch zu entnehmen sein, daß anstelle des Zedenten nunmehr der Zessionar Gläubiger der Forderung sein, daß also die "Rechtszuständigkeit" verändert werden soll (vgl. Koziol-Welser, Grundriß8 I 275). Hiefür ergibt sich aber weder aus den Urkunden noch aus den Feststellungen des Erstgerichtes ein ausreichender Anhaltspunkt. Daran würde auch die in der Berufung von den Klägern gewünschte Feststellungen nichts ändern, daß nach dem Parteiwillen der S 4,200.000,-- übersteigende Mehrerlös ihnen zufließen sollte. Auch daraus ließe sich nur ein Anspruch gegen die Verpflichtete nicht aber eine Abtretung der Kaufpreisrestforderung oder der Forderung gegen den Treuhänder ableiten. Es mag zutreffen, daß den Klägern und der Verpflichteten mangels entsprechender Rechtskenntnisse der Unterschied zwischen der Forderung auf Bezahlung von Entgelt in der Höhe der Kaufpreisrestforderung und der Abtretung der Kaufpreisrestforderung oder der ihr entsprechenden Forderung gegen den Treuhänder nicht bekannt war. Dies ändert jedoch nichts an den Erfordernissen für das Zustandekommen eines Abtretungsvertrages und geht zu Lasten der Kläger.

Die Vorinstanzen kamen daher zutreffend zu dem Ergebnis, daß den Klägern die gepfändete Forderung nicht abgetreten wurde. Für dieses Ergebnis ist ohne Bedeutung, ob eine Forderung unter bestimmten Voraussetzungen auch abgetreten werden kann, wenn die Person des Schuldners noch nicht bekannt ist (vgl. hiezu EvBl. 1969/15; JBl. 1974, 428; JBl. 1975, 654). Ebensowenig kommt es unter diesen Umständen darauf an, ob die Kläger im Verfahren erster Instanz behauptet haben, daß der Treuhänder von der Abtretung verständigt worden sei, weil ihnen der Nachweis nicht gelang, daß ihnen die Forderung der Verpflichteten gegen den Treuhänder abgetreten wurde. Dafür spricht im übrigen auch nicht das Schreiben, das sie als Verständigung ansehen. Es wird darin nämlich nur auf die Vereinbarung vom 9. April 1986 Bezug genommen und ausgeführt, daß danach der S 4,200.000,-- übersteigende Teil des Kaufpreises ihnen auszubezahlen sei. Daß diese Vereinbarung für die Annahme einer Abtretung aber nicht ausreicht, wurde schon gesagt. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 41, § 46 Abs. 1 und § 50 ZPO. Die Voraussetzungen, die nach § 21 Abs. 1 RATG für eine Entlohnung über das Maß des Tarifes vorliegen müßten, treffen auf die Revisionsbeantwortung nicht zu.

Anmerkung

E14339

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00153.87.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19880427_OGH0002_0030OB00153_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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