TE OGH 1988/4/27 3Ob48/88

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Veröffentlicht am 27.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei R*** S*** regGenmbH,

Schwarzstraße 13-15, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Gerhard Z***, Rechtsanwalt in Salzburg, und weiterer Gläubiger unter Beitritt des Masseverwalters im Konkurs über das Vermögen der verpflichteten Partei DDr. Manfred W***, Rechtsanwalt, Erzabt-Klotz-Straße 4, 5020 Salzburg, wider die verpflichtete Partei A*** G*** Gesellschaft mbH, Habegutstraße 11, 5061 Elsbethen, wegen S 790.647,-- sA und anderer Forderungen, über den Revisionsrekurs der Ersteherin Erika S***, Kauffrau, Schlösslesweg 39, D-7300Esslingen,vertretendurchDr.Wolfgang Schachinger, Rechtsanwalt in Badgastein, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 10.März 1988, GZ 22 R 106/88-96, womit ihr Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Gastein vom 2.Feber 1988, GZ E 5005/86-82, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß dem Rekurs der Ersteherin gegen die Erteilung des Zuschlags nicht Folge gegeben wird.

Die Ersteherin hat die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Bei der Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile der verpflichteten Gemeinschuldnerin wurden am 29. Dezember 1987 unter anderem die mit Wohnungseigentum an der Wohnung 23 (nach dem Schätzungsprotokoll eine aus einem Wohnschlafraum, kleiner Küche und Nebenräumen bestehende Wohnung mit einer Nutzfläche von 49,26 m2) untrennbar verbundenen 425/25157 Anteile an der Liegenschaft EZ 946 KG Bad Hofgastein (Schätzwert S 965.940,--) ausgeboten. Erika S*** wurde auf Grund ihres Meistbots von S 1,065.000,-- in der Tagsatzung der Zuschlag erteilt. Da sie deutsche Staatsangehörige ist, holte das Erstgericht vor der Ausfertigung und Verlautbarung des mündlich verkündeten Beschlusses über die Erteilung des Zuschlags nach § 15 Abs 1 Salzburger Grundverkehrsgesetz LGBl. 1986/73 die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde ein, ob die Übertragung des Eigentums an die Meistbietende diesem Gesetz widerspricht. Die Grundverkehrslandesbehörde verständigte das Exekutionsgericht von der Entscheidung, daß die Eigentumsübertragung dem Grundverkehrsgesetz nicht widerspricht, worauf das Erstgericht am 2. Feber 1988 den Beschluß über die Zuschlagserteilung ausfertigte und verlautbarte (§ 15 Abs. 4 Salzburger Grundverkehrsgesetz). Dem Vertreter der Ersteherin wurde eine Ausfertigung am 4. Feber 1988 zugestellt.

In ihrem am 16. Feber 1988 erhobenen Rekurs gegen die Erteilung des Zuschlages behauptete die Ersteherin, zur Eigentumswohnung habe früher ein weiterer Raum gehört. Die Wohnungseigentumsanteile seien am 21. Dezember 1983 verringert worden. Irrtümlich sei der Rekurswerberin aber eine Plankopie überlassen worden, in der der ursprüngliche Zustand eingezeichnet war. Sie habe sich beim Bieten in dem Irrtum befunden, daß das Wohnungseigentumsobjekt einen Wohn- und einen Schlafraum und eine Nutzfläche von 60,11 m2 umfasse. Das Rekursgericht wies den Rekurs zurück, weil der Beschluß über die Erteilung des Zuschlags nach Ablauf der Frist des § 187 Abs. 1 EO von 14 Tagen nach dem Versteigerungstermin formell rechtskräftig und der Rekurs erst nach Ablauf der Frist erhoben wurde. Der Rekurs sei aber auch unbegründet, weil kein Grund vorliege, aus welchem der Ersteher die Zuschlagserteilung anzufechten berechtigt wäre. Auf einen beim Anbot unterlaufenen Irrtum oder einen sonstigen Willensmangel könne sich der Ersteher nicht berufen (Heller-Berger-Stix 1383). Die Ersteherin könne nicht mit Erfolg geltend machen, daß sie auf Grund einer unrichtigen (veralteten) Plankopie irrtümlich annahm, daß die Eigentumswohnung größer sei. Das Objekt sei im Schätzungsprotokoll vom 4. Juli 1986 als Einraumwohnung zutreffend beschrieben und hätte von jedem Interessenten besichtigt werden können.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich das als Revisionsrekurs bezeichnete Rechtsmittel der Ersteherin. Sie meint, die Frist des § 187 Abs. 1 EO komme nicht zur Anwendung, wenn der Zuschlag erst auf Grund der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde wirksam werde. Das Rechtsmittel ist zulässig, aber nur insoweit berechtigt, daß der vom Rekursgericht angenommene Zurückweisungsgrund nicht vorliegt. Der Beschluß des Rekursgerichtes, womit ein Rekurs gegen eine erstrichterliche Entscheidung aus formalen Gründen, etwa wegen Verspätung zurückgewiesen wird, ist keine bestätigende Entscheidung iSd § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO, gegen die ein weiteres Rechtsmittel auch im Exekutionsverfahren (§ 78 EO) außer in den ausdrücklich anders geregelten Fällen (§ 83 Abs. 3 EO und § 239 Abs. 3 ZPO) unzulässig ist. Der Zurückweisungsbeschluß ist unter den Voraussetzungen des § 528 Abs. 2 und des § 502 Abs. 4 ZPO iVm § 78 EO anfechtbar. Nach der Höhe des Meistbots ist auch die Voraussetzung des § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO gegeben.

Das Rekursgericht irrte, wenn es aus der durch die 1. GEN eingefügten Bestimmung des § 187 Abs. 1 letzter Satz EO, zur Ansicht kam, die Frist zum Rekurs gegen den Zuschlag laufe in allen Fällen nur 14 Tage nach dem Versteigerungstermin. Nach dieser Bestimmung kann der Mangel, daß nicht alle vom Versteigerungstermin zu verständigenden Personen verständigt wurden (§ 184 Abs. 1 Z 3 EO), innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach dem Versteigerungstermin von den nach § 171 Abs. 1 EO von der Versteigerung zu verständigenden Personen auch dann mit Rekurs geltend gemacht werden, wenn sie im Versteigerungstermine nicht anwesend waren. Die Unterlassung der Verständigung ist nach § 184 Abs. 1 Z 3 EO mit dem Widerspruch gegen die Erteilung des Zuschlags geltend zu machen. Wegen der im § 184 EO angeführten Mängel Rekurs einzulegen, sind nur jene Personen befugt, welche wegen dieser Mängel im Versteigerungstermin erfolglos Widerspruch erhoben haben (§ 187 Abs. 1 Satz 3 EO). Durch die Schaffung des Rekursrechtes der nach § 171 Abs. 1 EO von der Versteigerung zu verständigenden Personen wegen Unterlassung der Verständigung sollte die Härte der früheren Rechtslage gemildert werden (Heller-Berger-Stix 1382 mwH). Nur für diesen Fall mußte, um eine auf längere Zeit andauernde Unsicherheit zu vermeiden, eine ab dem Versteigerungstermin (oder, falls der Beschluß über die Erteilung des Zuschlages erst später gefaßt wird, ab der Zustellung) laufende absolute Frist eingeführt werden.

Der allein von § 187 Abs. 1 letzter Satz EO erfaßte Fall der Rekurserhebung wegen Unterlassung der Verständigung der zu verständigenden Personen liegt aber hier nicht vor. Die Regelung des § 15 Salzburger Grundverkehrsgesetz schafft zwar keine aufschiebende Bedingung für die Zuschlagserteilung, weil nach § 15 Abs. 3 der Zuschlag aufzuheben und die neuerliche Versteigerung anzuordnen ist, wenn die Grundverkehrsbehörde entscheidet, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden diesem Gesetz widerspricht; sie schiebt aber die Ausfertigung und Verlautbarung des verkündeten Beschlusses über die Erteilung des Zuschlages auf längstens drei Monate ab dem Einlangen des gerichtlichen Ersuchens bei der Grundverkehrsbehörde (§ 15 Abs. 4) auf. Da in diesem Fall die absolute Frist des § 187 Abs. 1 letzter Satz EO für die Ersteherin, die nicht die Unterlassung der Verständigung geltend macht, nicht gilt, kommen die allgemein für den Beginn einer Rechtsmittelfrist geltenden Vorschriften zur Anwendung (§ 78 EO und § 521 Abs. 2 ZPO). Nach § 187 Abs. 2 EO kann die vom Gericht als Ersteher bezeichnete Person die Erteilung des Zuschlags auch dann anfechten, wenn ihr der Zuschlag nicht, oder unter anderen als den in der Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses angegebenen Bedingungen zu erteilen gewesen wäre. Auch daraus folgt, daß die Rekursfrist für den Ersteher erst mit der Zustellung der Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses in Gang gesetzt wird, denn vorher ist ihm die Abweichung der darin angeführten Bedingungen nicht erkennbar.

Damit ist aber im Ergebnis für die Rekurswerberin nichts gewonnen. Auch wenn das Rekursgericht zu Unrecht von einer Verspätung ausgegangen ist und auf Zurückweisung entschied, so ergibt sich doch aus seiner eingehenden Begründung, daß der Rekurs der Ersteherin auch in der Sache als nicht berechtigt angesehen wurde, weil der allein von ihr geltend gemachte Umstand keinen Anfechtungsgrund abgibt und auch sonst keiner der Fälle vorliegt, aus denen der Ersteher gegen die Erteilung des Zuschlages an ihn Rekurs erheben kann. Bei dieser Sachlage wäre es übertriebener Formalismus, dem Rekursgericht die neue Entscheidung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund der Verspätung aufzutragen. Der Oberste Gerichtshof kann vielmehr ohne unzulässige Verstöße gegen die zwingenden Vorschriften über die funktionelle Zuständigkeit (vgl. Fasching IV 436) in einem solchen Fall an die Stelle der unrichtigen Formalentscheidung die schon vom Rekursgericht für den Fall der Rechtzeitigkeit des Rekurses vorweggenommene Sachentscheidung setzen. Der durch Einsicht in die Akten oder Besichtigung der Eigentumswohnung leicht vermeidbar gewesene Irrtum der Ersteherin über die Zahl der Räume und die Nutzfläche berechtigt sie nicht zur Anfechtung der Erteilung des Zuschlags, denn der Ersteher kann sich ebensowenig wie die übrigen Beteiligten auf einen Irrtum oder sonstige Willensmängel berufen (Heller-Berger-Stix 1334 und 1383; Lehmann 274 f).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E14411

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0030OB00048.88.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19880427_OGH0002_0030OB00048_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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