TE OGH 1988/4/28 7Ob538/88 (7Ob539/88, 7Ob540/88)

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Veröffentlicht am 28.04.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1.) Franz und Ernestine B***, Wirtschaftsbesitzer, Sierning, Bachnerweg 1,

2.) Dipl.Ing. Karl L***, Geschäftsführer, Sierning, Bauernhuberberg 2, 3.) Alois H***, Wirtschaftsbesitzer, Sierning, Kaumbergweg 5, alle vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Josef M***, Wirtschaftsbesitzer, Sierning, Bachnerweg 2, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, wegen Unterfertigung von Vertragsurkunden (Streitwert S 930.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10. Dezember 1987, GZ 6 R 248-250/87-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 6. August 1987, GZ 2 Cg 254-256/85-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 20.326,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.847,88 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 2 KG Hilbern, zu deren Gutsbestand unter anderem die Grundstücke Nr. 7, Nr. 23 und Nr. 40/1 gehören. Die Kläger begehren vom Beklagten ob dieser Grundstücke die Unterfertigung von Kaufverträgen bzw. eines Tauschvertrages.

Das Erstgericht erkannte im Sinne der Klagebegehren. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hatte der Beklagte bei der R*** S*** (im folgenden nur Raiffeisenkasse)

Kreditschulden in beträchtlicher Höhe, die auf der obgenannten Liegenschaft hypothekarisch sichergestellt waren. Zur Verringerung seiner Kreditschulden wollte der Beklagte schon seit längerer Zeit Grundstücke verkaufen, wozu ihm auch seitens der Raiffeisenkasse dringend geraten wurde. Am 1. März 1985 machte der Beklagte dem Zweitkläger das schriftliche Anbot zum Kauf des Grundstückes Nr. 40/1 zum Preise von S 2,950.000,--. Das Anbot war bis 3. April 1985 befristet und sollte gegenstandslos sein, wenn die Gesamtliegenschaft bis 31. März 1985 verkauft wird. Im Falle der Annahme des Anbotes verpflichteten sich beide Vertragspartner unwiderruflich zur Unterfertigung eines verbücherungsfähigen Kaufvertrages. Der Kaufpreis sollte drei Tage danach bezahlt werden. Der Beklagte sollte die Möglichkeit haben, bei einem bis Ende März 1985 erfolgten Verkauf der Gesamtliegenschaft zurückzutreten. Von der Raiffeisenkasse wurde auf den Beklagten keinerlei Druck ausgeübt. Es war ihm lediglich mitgeteilt worden, daß er keinen weiteren Kredit bekomme, wenn er zur Reduzierung seiner Verbindlichkeiten nichts unternehme. Das Anbot des Beklagten wurde vom Zweitkläger noch am 1. März 1985 schriftlich angenommen. Am 19. März 1985 machte der Beklagte dem Franz B*** das schriftliche Anbot zum Kauf des Grundstückes Nr. 7 gegen Übergabe des Grundstückes Nr. 66 der EZ 1 KG Hilbern und Zahlung von S 1,560.000,-- und dem Drittkläger das schriftliche Anbot zum Kauf des Grundstückes Nr. 23 zum Preise von S 1,648.000,--. Beide Anbote waren bis 3. April 1985 befristet und sollten gegenstandslos sein, wenn die Gesamtliegenschaft des Beklagten bis 30. März 1985 verkauft wird. Hinsichtlich der Vertragserrichtung und der Bezahlung des Kaufpreises haben diese Anbote denselben Inhalt wie das Anbot an den Zweitkläger. Diese Anbote wurden am 22. März 1985 von Franz B*** und dem Drittkläger angenommen. Franz B*** handelte immer auch im Vollmachtsnamen seiner Ehefrau, mit der er die der Liegenschaft des Beklagten benachbarte Landwirtschaft in Gütergemeinschaft betreibt, zu der auch das Grundstück gehört, das dem Beklagten übertragen werden sollte, was dem Beklagten auch bekannt war.

Der Beklagte versuchte nach der Anbotsunterfertigung mit Anton W***, der am Erwerb der Gesamtliegenschaft des Beklagten interessiert war, zu einem Kaufabschluß zu kommen und erklärte mit Schreiben vom 29. März 1985 bzw. 31. März 1985 an die Kläger, daß er sein Anbot "infolge beabsichtigten Verkaufs der Gesamtliegenschaft" storniere. Tatsächlich kam es jedoch zu keinem verbindlichen Kaufvertrag zwischen dem Beklagten und Anton W***. Anton W*** wäre zum Abschluß eines Kaufvertrages nur dann bereit gewesen, wenn er die Gewähr gehabt hätte, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erlangen, weil ihm zugetragen worden war, daß ihm als Kaufmann diese Genehmigung versagt werden soll. Bis zur Sicherstellung dieser Genehmigung wollte er nicht an eine Kaufzusage gebunden sein. Da aber auch Anton W*** dem Beklagten finanziell aushalf und dafür eine Sicherstellung haben wollte und dies als gangbarer Weg angesehen wurde, den beabsichtigten Kaufvertrag so weit wie möglich in die Tat umzusetzen, wurden mit Notariatsakten vom 1. April 1986 und vom 7. April 1986 Schuldscheine über insgesamt S 15,000.000,-- und ein Kreditvertrag über einen Höchstbetrag von S 4,000.000,-- errichtet und nach vorheriger Löschung der zugunsten der Raiffeisenkasse einverleibten Pfandrechte von rund S 13,000.000,-- Ende März 1986 zugunsten des Anton und der Rosina W*** Hypotheken im Gesamtausmaß von S 19,000.000,-- grundbücherlich einverleibt. Nach der Auffassung des Erstgerichtes seien durch die Annahme der Anbote des Beklagten wirksame Kaufverträge zustandegekommen. Der Annahme eines Vertragsabschlusses stehe nicht entgegen, daß Nebenumstände nicht besprochen worden seien. Fehlende Nebenumstände seien aus dem Willen der Parteien zu erschließen oder nach den gesetzlichen Dispositivnormen zu ergänzen. Das Verfahren habe keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß einzelne Nebenumstände in Erörterung gezogen und einer späteren Einigung vorbehalten worden seien. Der Beklagte habe seine Anbote innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist nicht widerrufen können. Die vereinbarte Bedingung, daß die Gesamtliegenschaft bis 30. bzw. 31. März 1985 verkauft werde, sei nicht eingetreten, weil eine Willenseinigung zwischen dem Beklagten und Anton W*** mangels eines Bindungswillens des Letzteren nicht zustande gekommen sei. Da Franz B*** auch als Bevollmächtigter seiner Ehefrau gehandelt habe und dem Beklagten dies bekannt gewesen sei, sei auch Ernestine B*** klagslegitimiert. Ein rechtswidriger Zwang durch die Raiffeisenkasse sei auf den Beklagten nicht ausgeübt worden. Der Einwand der Unerschwinglichkeit sei nicht hinreichend substantiiert. Der Beklagte hätte überdies behaupten und beweisen müssen, daß die Unerschwinglichkeit bei Vertragsabschluß nicht voraussehbar gewesen sei und ihm nicht vorgeworfen werden könne. Dieser Behauptungs- und Beweispflicht sei der Beklagte nachgekommen. Vielmehr sei von einer vorsätzlichen Herbeiführung der Unerschwinglichkeit auszugehen, weil der Beklagte in Kenntnis der Vertragsabschlüsse die Belastung der Liegenschaft herbeigeführt habe. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in jeder der verbundenen Rechtssachen S 300.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor. Mit den Ausführungen zu diesem Anfechtungsgrund bekämpft der Revisionswerber nur die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes, die vom Berufungsgericht übernommen wurden, deren Überprüfung jedoch dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist. Auch die hier vom Beklagten erhobene Rüge, daß sich das Berufungsgericht mit einem bestimmten Teil der Zeugenaussage des Anton W*** nicht auseinandergesetzt habe, bedeutet in Wahrheit nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung (7 Ob 732/82; 2 Ob 158/56 uva).

Richtig ist, daß das schriftliche Anbot des Beklagten über das Grundstück Nr. 7 nur an Franz B*** gerichtet war und daß auch die schriftliche Annahmeerklärung nur von diesem unterfertigt wurde. Entgegen der Meinung der Revision sind jedoch nicht nur die Inhalte der Urkunden beachtlich, sondern auch die von den Vorinstanzen darüber hinaus getroffenen Feststellungen. Danach hat aber Franz B*** immer auch im Vollmachtsnamen seiner Ehefrau gehandelt, die auch Miteigentümerin des Grundstückes ist, das dem Beklagten übertragen werden soll, und war dies dem Beklagten auch bekannt. Auf der Basis dieser Feststellungen ist den Vorinstanzen aber darin beizupflichten, daß aus dem Vertrag über das Grundstück Nr. 7 auch Ernestine B*** berechtigt und verpflichtet ist.

Unerörtert bleiben kann, ob das Tatsachenvorbringen des Beklagten zum Einwand der Unerschwinglichkeit insbesondere zur Vorhersehbarkeit und Vorwerfbarkeit (vgl. hiezu Reischauer in Rummel ABGB Rz 8 zu § 920) ungenügend ist und daher nach § 182 Abs. 1 ZPO vorzugehen gewesen wäre. Es bedarf auch keiner ergänzenden Feststellungen. Eine der Unmöglichkeit gleichzuhaltende Unerschwinglichkeit kann darin gelegen sein, daß der für die Leistung notwendige Aufwand in keinem Verhältnis zum Wert der Leistung steht, sodaß sich diese objektiv als unvernünftige, wirtschaftlich sinnlose darstellt (Pisko-Gschnitzer in Klang2 VI 542; Reischauer aaO Rz 4; SZ 44/77; SZ 36/44). Nach dem insoweit klaren Standpunkt des Beklagten erblickt er eine solche Unwirtschaftlichkeit darin, daß die veräußerten Grundstücke den größten Wert der Gesamtliegenschaft verkörpern, sodaß eine Einwilligung des Hypothekargläubigers zur lastenfreien Abschreibung dieser Grundstücke nicht zu erwarten ist und der Beklagte daher zur Lastenfreistellung den gesamten Schuldbetrag aufwenden müßte, wogegen er nur die Kaufpreissumme von insgesamt rund S 5,000.000,-- erhielte. Der Beklagte verkennt offensichtlich, welche Werte für die Beurteilung der Unerschwinglichkeit in dem dargelegten Sinn in Beziehung zu setzen sind. Maßgeblich ist das Verhältnis der eigenen Leistung des Schuldners zu dem zu ihrer Bewirkung notwendigen Aufwand. Auf den Wert der Gegenleistung kommt es nicht an. Eine Entwertung der Gegenleistung könnte Unerschwinglichkeit nicht begründen (vgl. Pisko-Gschnitzer aaO 546). Verkörpern aber gerade die veräußerten Grundstücke, zu deren lastenfreier Übergabe sich der Beklagte verpflichtete, den größten Wert der Gesamtliegenschaft, kann keine Rede davon sein, daß selbst der zur Lastenfreistellung der Gesamtliegenschaft erforderliche Aufwand zum Wert der veräußerten Grundstücke in einem solchen Verhältnis stünde, daß er als unvernünftig und wirtschaftlich sinnlos erscheinen müßte. Auf die übrigen Einwände kommt die Revision nicht mehr zurück, sodaß insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann. Daß die Grundstücke infolge eines - nur auf Antrag durchzuführenden (§ 3) - Verfahrens nach dem Gesetz vom 20. März 1970 über das landwirtschaftliche Siedlungswesen, ÖLBGl. Nr. 29, von einer Verfügungsbeschränkung betroffen seien, wurde nicht einmal behauptet.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E13991

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070OB00538.88.0428.000

Dokumentnummer

JJT_19880428_OGH0002_0070OB00538_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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