TE OGH 1988/5/5 6Ob526/88

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Veröffentlicht am 05.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** S*** Aktiengesellschaft, 4840 Vöcklabruck, Wagrainer Straße 31, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und Dr. Christian Rumplmayr, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Maschinenfabrik Manfred L*** Gesellschaft mbH, 9800 Spittal an der Drau, Villacher Straße 48, vertreten durch Dr. Robert Steiner, Rechtsanwalt in Spittal an der Drau, und den Nebenintervenienten auf Seite der beklagten Partei DHF D***, H***, F***,

Gesellschaft mbH, 5020 Salzburg, Nußdorferstraße 4, vertreten durch Dr. Günther Stanonik und Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 528.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 19. November 1987, GZ 3 R 191/87-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. August 1987, GZ 26 Cg 296/85-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei die mit je 15.943,95 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten je 1.449,45 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte hat die Klägerin mit der Lieferung und Montage zweier K*** UNV-Zweiträgerlaufkräne in einer von der Nebenintervenientin neu zu errichtenden Werkshalle beauftragt. Danach waren die beiden Kräne mit einer Tragkraft von 6,3 t und einer Spannweite von 17,6 m von der Klägerin herzustellen und auf den von der Nebenintervenientin eingebauten Kranfahrbahnen der Werkshalle der Beklagten zu montieren. Die Abnahme der Kräne durch den "technischen Überwachungsverein" war im Lieferumfang der Klägerin enthalten.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Zahlung des vereinbarten Fixpreises von 528.000 S sA. Sie brachte vor, eine bestimmte Ausführungsart der Kranhauptträger sei nicht vereinbart worden. Diese seien je nach statischer Notwendigkeit entweder als Walzprofil ("I-Träger-Form") oder als geschweißte, geschottete Kastenträgerkonstruktion angeboten worden. Die Klägerin habe die Hauptträger in I-Träger-Form hergestellt, nachdem die Beklagte eine ihr übersandte "Genehmigungszeichnung" in dieser Konstruktionsart ohne Korrektur- oder Änderungswünsche unbeanstandet übernommen habe. Die Klägerin habe der Beklagten zwei mängelfreie, den gültigen ÖNormen entsprechende und auch richtig berechnete Kräne geliefert. Auch die Abnahme durch den technischen Überwachungsverein habe Mängelfreiheit ergeben. Die beim Kranbetrieb auftretenden Schwingungen hätten ihre Ursache in der Konstruktion der Kranbahnen und könnten durch eine Verbreiterung des Unterteiles der Fahrbahnträger hintangehalten werden.

Die Beklagte hielt dem entgegen, sie habe Kräne in Kastenträgerbauweise bestellt. Die Klägerin habe aber nicht die bestellten Kräne, sondern solche mit Breitflanschträgern geliefert, die für die Halle der Beklagten ungeeignet seien. Da die Kräne mit Breitflanschträgern schwerer als solche in Kastenträgerbauweise seien, könnten sie auch nicht mit einer Tragkraft von 6,3 t belastet werden. Deren Nutzlast sei vom technischen Überwachungsverein auf 5,5 t herabgesetzt worden. Durch die Falschlieferung der Klägerin gerate die Halle beim Kranbetrieb in Schwingungen und die Räder erzeugten auf den Schienen einen solchen Lärm, daß ein Arbeiten in der Halle unzumutbar sei und auch die Anrainer belästigt würden. Es könne nur mit halber Geschwindigkeit gefahren werden, sodaß ein bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht möglich sei. Der Geschäftsführer der Beklagten habe - nachdem er während der Zeit der Montage aus beruflichen Gründen abwesend gewesen sei - die Abweichung von der Bestellung und den Mangel der bedungenen Eigenschaften sogleich nach deren Feststellung bei der Klägerin reklamiert. Wegen der nicht bestellungsgemäßen Kranlieferung könne die Klägerin mangels Fälligkeit ihrer Forderung bis zu einem allfälligen Austausch der Kräne keine Zahlung fordern. Die Beklagte sei vielmehr zum Vertragsrücktritt berechtigt und habe diesen auch bereits erklärt. Sie habe der Klägerin mitgeteilt, daß sie die montierten Kräne wieder abholen könne.

In der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 20. Februar 1987 erhob die Beklagte für den Fall, daß nicht im Sinne ihrer bisherigen Bestreitung auf Klagsabweisung erkannt werden sollte, noch den Einwand, die vorhandenen Mängel der Anlage bewirkten eine Wertminderung von einem Drittel. Sie mache daher vorsichtshalber für diesen Fall eine Wertminderung von 176.000 S geltend.

Die Klägerin brachte dazu vor, daß es sich hier um

Gewährleistungs- bzw. um Garantieansprüche handle, die verfristet

seien (ON 30, AS 183).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Da nach seinen Tatsachenfeststellungen die Vereinbarung einer bestimmten Kranbauweise nicht erweislich war, habe die Klägerin eine Konstruktion wählen dürfen, die den verlangten Voraussetzungen entspreche. Die Kräne als solches hätten diesen Bedingungen entsprochen, weshalb die Klägerin ihre Leistung ordnungsgemäß erbracht habe. Die Herabtypisierung der Kräne sei der Klägerin nicht vorwerfbar. Die Beklagte bzw. die Nebenintervenientin hätten auf Grund der ihnen von der Klägerin rechtzeitig bekannt gegebenen Krandaten feststellen können, daß diese nicht den bauseits hergestellten Kranbahnen entsprächen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte eine teilweise Beweiswiederholung durch und traf - soweit es nicht die Feststellungen des Erstgerichtes als unbekämpft

übernahm - abweichend von diesem insgesamt folgende Tatsachenfeststellungen:

Die Beklagte plante die Errichtung einer neuen Halle für ihre Maschinenproduktion, für die sie auch Kräne benötigte. Sie beauftragte mit der Planung und Errichtung der Halle samt Kranbahnen die Nebenintervenientin, welche ihr die Lieferung von Kränen der Firma D*** in Kastenbauweise angeboten hatte, von denen sie auch bei ihren Berechnungen für die Kranbahnen ausging.

Der Geschäftsführer der Beklagten, Manfred L***, behielt sich aber die Beschaffung der erforderlichen Kräne vor und ließ sich von der Klägerin sowie von den Firmen V*** und D*** Angebote erstellen. Am 11. April 1984 kam es zu einer Besprechung zwischen ihm und Ing. Thomas S*** von der Klägerin. Manfred L***, der bereits über eine Projektzeichnung der Nebenintervenientin über die Maschinenhalle verfügte, wußte damals noch nicht, ob zunächst nur ein Teil der Halle aufgestellt und diese erst später verlängert werden sollte. Er wußte jedoch, daß er Kräne mit einer Traglast von 6,3 t und einer Spannweite von 17 bis 18 m benötigte und übergab Ing. Thomas S*** die Maße der Halle. Bei dieser Besprechung besichtigten Manfred L*** und Ing. Thomas S*** gemeinsam auch den in der damals bestehenden (und zu erneuernden) Stahlhalle der Beklagten befindlichen Kran der Firma D*** (einen Kran in Zweiträgerkastenbauweise) und eine von der Klägerin der Firma F*** in Spittal an der Drau gelieferte Krananlage, bestehend aus Zweiträgerkränen in Kastenbauweise. Ing. Thomas S*** erklärte dem Geschäftsführer der Beklagten bei dieser Besichtigung, die bestellten und gelieferten Kräne würden gleich wie bei der Firma F*** hergestellt werden. Da Manfred L*** selbst Maschinentechniker ist, war es für ihn klar, daß für seine neue Halle wieder nur ein Zweiträgerkran in Kastenbauweise in Frage kommen werde. Es war ihm nämlich bekannt, daß diese Kranbauweise wesentlich steifer ist und ein Kran in I-Trägerbauweise beim Fahren wesentlich stärker schwingt.

Die Klägerin bot sodann mit Schreiben vom 25. April 1984 der Beklagten die Lieferung von zwei Stück K*** UNV-Zweiträgerlaufkränen mit einer Tragkraft von 6300 kg und einer Spannweite von 17,6 m um einen Preis von 460.000 S, exkl. MwSt., fertig montiert, frei Haus, TÜV-abgenommen" an (Beilage B). Die Berechnung und Konstruktion dieser Kräne basierte auf den ÖNormen B 4004 und M 9600. Die Ausführung des Kranhauptträgers war unter anderem laut Text des Anbotes als "Walzprofil- bzw. geschweißte, geschottete Kastenträgerkonstruktion, vorgespannt" vorgesehen. Dem Anbot war ein Prospekt der Firma S*** K*** über "UN- und UNV-Laufkräne" beigeschlossen, in dem die Konstruktion der UNV-Laufkräne wie folgt beschrieben war:

"Der Kran besteht aus zwei Hauptträgern und zwei Kopfträgern, die entweder zusammengeschweißt oder verschraubt sind. Die Hauptträger in Kastenbauweise sind so konstruiert und gefertigt worden, daß das Wasser oder der Staub nicht liegen bleibt, dadurch wird Verrostung oder Verstaubung verhindert. Die luftdichten Kastenträger brauchen innerlich keinen Rostschutz. Der Kran kann auch mit verschiedenen Führerkabinen oder Laufstegen geliefert werden."

In den Abbildungen und Konstruktionszeichnungen sind die UNV-Laufkräne in Kastenbauweise dargestellt. Dem Anbot war überdies eine Konstruktionszeichnung "ATKO 36.784" angeschlossen, die einen Kran in Kastenbauweise darstellte.

Neben der Ausführung in Kastenbauweise, die steifer und auch leichter ist, kann der Hauptträger eines Laufkranes auch in der sogenannten "Walzprofil-(I-Träger-)Bauweise" hergestellt werden. Die jeweilige Bauweise hängt von statischen Erfordernissen ab, wobei die letztgenannte Ausführungsart preisgünstiger ist.

Nach Erhalt der Anbote der Klägerin, der Firma D*** und der Firma V*** sprach Manfred L*** mit Ing. Herbert M*** von der Nebenintervenientin und zeigte ihm die Anbote. Ing. Herbert M*** erklärte, dies seien die üblichen Konstruktionen, die Nebenintervenientin wolle aber bei den Kränen nichts verdienen, sie sei nur daran interessiert, eine komplette Lieferung (gemeint: Kran- und Kranfahrbahn) durchzuführen.

Da das Angebot der Firma V*** zu teuer und Manfred L*** wegen der ihm überhöht erscheinenden Kosten eines Ersatzteiles für seinen alten Kran über die Firma D*** verärgert war, blieb das Angebot der Klägerin übrig. Er setzte sich wieder mit Ing. Thomas S*** in Verbindung und handelte neben technischen Details auch bessere Zahlungsbedingungen aus. Das Ergebnis dieser Besprechungen führte zu einer Angebotsergänzung der Klägerin mit Telex vom 20. Juni 1984, in welchem der Beklagten ein Gesamtfixpreis von 440.000 S netto für beide Kräne geboten wurde. Bei einer weiteren Besprechung am 11. Juli 1984 kam es dann zur mündlichen Auftragserteilung über die Lieferung dieser beiden Kräne, was beide Verhandlungspartner auch handschriftlich auf der Rückseite des Fernschreibens vom 20. Juni 1984 bekräftigten. Manfred L*** erzielte dabei noch weitere Verbesserungen der Zahlungskonditionen und der Rahmenbedingungen.

Weder bei dieser letzten Verhandlung noch bei den

vorangegangenen Besprechungen war je von der Herstellung der beiden Kräne in I-Trägerbauweise die Rede. Manfred L*** ging vielmehr von der Kastenbauweise aus und hat dies auch gegenüber Ing. Thomas S*** stets zum Ausdruck gebracht. "Die Vorgabe" für seine Bestellung war immer die Lieferung eines Kranes für eine Traglast von 6,3 t und mit einer Spannweite von 17,6 m. Die Klägerin bestätigte die Auftragserteilung mit Schreiben vom 12. Juli 1984 ohne näheren Hinweis auf die Bauweise.

Zwischen Manfred L*** und Ing. Thomas S*** wurde auch ausgemacht, daß sich dieser wegen der Spurweite und der weiteren technischen Details bezüglich der Kranfahrbahn direkt mit der Nebenintervenientin in Verbindung setzen solle. In Erfüllung dieser Übereinkunft übersandte die Klägerin der Beklagten eine "Genehmigungszeichnung ATK 1901-02", in der ein Zweiträgerlaufkran in I-Trägerbauweise dargestellt ist, welcher auch in den technischen Angaben zum Teil vom Plan "ATKO 36.784" abweicht. Manfred L*** übersandte diesen Plan postwendend an die Nebenintervenientin weiter. Er rief auch bei der Klägerin an und teilte ihr mit, er sei nicht in der Lage, diesen Plan zu überprüfen, dieser solle direkt der Nebenintervenientin übersendet werden. Dem Ersuchen kam die Klägerin nach. Es fanden auch direkte Kontakte zwischen der Klägerin und der Nebenintervenientin statt, die untereinander die maßgeblichen Krandaten und Hallendetails austauschten und entsprechende Korrekturen vornahmen. Die Nebenintervenientin unterließ jedoch eine Überprüfung der wesentlichen Maße (Raddruck, Radstand), da sie annahm, die Daten eines D***ranes und eines Kranes der Klägerin (jeweils in Kastenbauweise) würden kaum Unterschiede aufweisen.

Nach entsprechender Änderung der beiden von der Klägerin in I-Trägerbauweise hergestellten Laufkräne auf Grund der Korrekturwünsche der Nebenintervenientin wurden diese am 29. und 30. August 1984 in der Halle der Beklagten montiert. Die Montage war aber am 30. August 1984 noch nicht zur Gänze beendet, "der Kran" war noch nicht genau eingestellt (AS 203). Manfred L*** war zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend. Nach Rückkehr von einer Geschäftsreise stellte er die Abweichung der gelieferten Kräne von der Bestellung fest und reklamierte sie sofort bei der Klägerin. Dies erfolgte zunächst telefonisch und sodann mit Fernschreiben vom 24. September 1984 (richtig gemäß Beilage M2: 25. September 1984). Dessen Text lautete:

"Die von Ihnen gelieferten Kräne entsprechen nicht der vereinbarten Ausführung und weisen folgende Mängel auf:

1. Die Kranbrücken sind nicht in einer kastenformartigen Stahlblechschweißkonstruktion ausgeführt, sondern aus einem wesentlich schwereren Walzprofil. Bei Kaufabschluß wiesen Sie darauf hin, daß die Kräne in derselben Bauweise, wie bei der Firma F***, Spittal, geliefert werden.

2. Durch das wesentlich schwerere Walzprofil, in Verwendung als Kranbrücke, werden schon beim Leerfahren bei diesen Kranbrücken enorme Schwingungen frei, sodaß die ganze Kranbrücke in Bewegung kommt.

3. Durch die schwereren Walzprofile, welche nicht vorgespannt sind, stehen die Laufwerke bzw. Laufräder schräg, und zwar so, daß sie nach oben gegen die Kranbahnmitte neigen. Dies ergibt bei der Laufschiene eine mangelhafte Punktauflage.

Da diese Mängel für uns als nicht behebbar gelten, stellen wie Ihnen die zwei Kräne ab sofort zur Verfügung.

Wir ersuchen Sie bezüglich der Auswechslung einen sofortigen Vorschlag zu unterbreiten, da die Kräne dringend für die Produktion benötigt werden.

Wir weisen nochmals darauf hin, daß wir die Kräne in dieser Ausführung auf keinen Fall übernehmen werden."

Bei der am 26. September 1984 durchgeführten Abnahme der beiden Kräne durch den technischen Überwachungsverein stellte der Sachverständige fest, daß die statischen Berechnungen sowohl für die Kräne als auch für die Kranbahn zwar richtig seien, daß aber beide Elemente nicht aufeinander abgestimmt seien. Es war deshalb das Eigengewicht eines Kranes bei einer Vollast von 6,3 t höher als in der Berechnung eingesetzt. Aus diesem Grunde setzte der Sachverständige die Traglast jedes Kranes auf nur 5,5 t herab. Der inzwischen von der Firma D*** an die Beklagte gelieferte dritte Kran entsprach den Berechnungen für die Kranbahn und wurde mit einer Traglast von 6,3 t zugelassen.

Obwohl die beiden von der Klägerin gelieferten Kräne und auch die Durchbiegewerte von 32 mm bei 6,9 t der ÖNorm entsprechen, benötigen die Kräne bei Schwingung sehr lange bis zur Ruhigstellung. Versuche, die Mängel durch Einstellen des Sanftanlaufgerätes zu beheben, hatten nur einen Teilerfolg. Das unerwünschte Schwingungsverhalten und die mit der Benützung verbundene hohe Lärmemission, die auch zu Anrainerprotesten führte, blieben bestehen. Die Ursachen hiefür liegen zum Teil in der anderen Bauweise der Kranbahn, die für die beiden Kräne nicht entsprechend dimensioniert ist. Sie kann Kranschwingungen nicht in der erforderlichen Form aufnehmen, sondern leitet diese vielmehr auf die Hallenkonstruktion weiter, wobei die Verkleidungsbleche als Resonanzkörper dienen. Dadurch kommt es zu einer Verstärkung der Lärmemission.

Die billigere I-Trägerbauweise bei Kränen findet ihre Grenze bei einer Spannweite zwischen 17 und 18 m. Die Klägerin verwendet ab dieser Spannweite auch die Kastenträgerbauweise. Aus statischen Gründen kann bei einer Spannweite von 17,6 m trotz des Grenzbereiches noch die I-Trägerbauweise verwendet werden. Bei geringeren Spannweiten wird die Kastenträgerbauweise nur über ausdrücklichen Kundenwunsch gewählt. Die Kastenträgerbauweise ist steifer, hat ein wesentlich günstigeres Schwingungsverhalten und sie ist auch leichter. Die beiden von der Klägerin an die Beklagte gelieferten Kräne weisen hinsichtlich ihrer technischen Dimension jeweils die Grenzwerte auf, weshalb darüber hinaus keine weiteren Sicherheitsreserven bestehen, sodaß das erhöhte Krangewicht nicht mehr abgefangen werden kann. Auch ein Kran der Firma D*** mit einem günstigen Radstand erreicht bei Grenzbelastung höhere Durchbiegungswerte und maximale Schwingungsanfälligkeit. Bei den von der Klägerin gelieferten Kränen erhöht deren größeres Eigengewicht dieses Schwingungsverhalten überdies noch deutlicher. Das - technisch gesehen noch zulässige - Durchbiege- und Schwingungsverhalten im Grenzbereich führt bei der Kranverwendung zu einer Verengung der Spurweite und dadurch zu einer erhöhten Abnützung der Kranbahn. Eine ausreichend dimensionierte Kranbahn würde es gestatten, die zulässige Vollast von 6,3 t zu heben. Kran und Kranfahrbahn sind nicht aufeinander abgestimmt. Beide Kräne werden von den Bediensteten der Beklagten nur selten und dann "widerwillig" benutzt.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Berufungsgericht daraus, die Klägerin habe noch nicht bestellungsgemäß geliefert, weil die zwei Trägerlaufkräne nicht in Kastenbauweise, sondern in der billigeren und schwereren I-Trägerbauweise hergestellt worden seien. Auch die vertraglich festgelegte Höchstlast sei wegen der fehlenden Abstimmung zwischen Kran und Kranbahn um 0,8 t unterschritten worden und die Kräne seien wegen ihres abnormen Schwingungsverhaltens kaum einsatzfähig. Die Klägerin befinde sich daher im Lieferverzug, weshalb der Beklagten das Recht auf Leistungsverweigerung zustehe. Eine Verspätung der Mängelrüge der Beklagten sei von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend gemacht worden. Ihr diesbezüglicher Hinweis in der Berufungsbeantwortung verstoße gegen das Neuerungsverbot.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag auf Urteilsaufhebung oder auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles.

Die Beklagte und die Nebenintervenientin stellen in ihren Revisionsbeantwortungen den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit die Klägerin bei der Geltendmachung der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit nicht in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung bekämpft, liegen diese Revisionsgründe nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Mit ihrer Rechtsrüge führt die Klägerin, soweit sie überhaupt von den vorinstanzlichen Feststellungen ausgeht und nicht abermals unzulässigerweise die Beweiswürdigung bekämpft, folgende Argumente gegen die Sachbeurteilung des Berufungsgerichtes ins Treffen:

Die Mängelrüge sei von der Beklagten verspätet erhoben worden, was von der Klägerin in erster Instanz sehr wohl bereits geltend gemacht worden sei. Im übrigen habe die Beklagte durch die ihrer Rücktrittserklärung nachfolgende Kranbenützung konkludent zu verstehen gegeben, daß sie mit der Lieferung einverstanden sei und auf Mängelbehebung verzichte. Keines dieser Argumente erweist sich jedoch als stichhältig.

Der von den Parteien geschlossene Vertrag ist als Werkvertrag zu qualifizieren, weil die Klägerin zwei nach den individuellen Wünschen und Bedürfnissen der bestellenden Beklagten für deren neu zu errichtende Halle passende Zweiträgerlaufkräne in Kastenträgerbauweise mit einer Tragkraft von 6,3 t und einer Spannweite von 17,6 m herzustellen, zu liefern und zu montieren hatte. Die Klägerin schuldete daher die Herstellung eines bestimmten Erfolges, nämlich die vertragsgemäße Übergabe zweier betriebsbereit und funktionsfähig montierter sowie vom technischen Überwachungsverein abgenommener Kräne in Kastenträgerbauweise, die die vereinbarte Tragkraft und Spannweite aufweisen. Daraus folgt bereits, daß auf den vorliegenden Fall entgegen der Meinung der Klägerin Gewährleistungsvorschriften keine Anwendung finden können. Da nämlich die Beklagte bereits vor Fertigstellung des Werkes und dessen Abnahme durch den technischen Überwachungsverein telefonisch und sodann durch ihr Fernschreiben vom 25. September 1984 geltend gemacht hat, daß die von der Klägerin in I-Trägerbauweise hergestellten Kräne nicht der Bestellung entsprechen, sie die Kräne in dieser Ausführung keinesfalls übernehmen werde und diese der Klägerin ab sofort zur Verfügung stelle, können nach herrschender Lehre und Rechtsprechung nur Nichterfüllungsansprüche, nicht aber Gewährleistungsansprüche in Betracht kommen (Koziol-Welser, Grundriß, I8, 254; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3, 413; Reischauer in Rummel, ABGB Rz 8 vor §§ 918 ff ABGB, SZ 53/63; JBl 1988, 241 uva; vgl. auch JBl 1985, 743). Da die Kranausführungsart der Klägerin nach den Feststellungen der tatsächlich vereinbarten Kastenbauweise nicht entsprach, konnte die Beklagte die Leistung der Klägerin vorweg zurückweisen, ohne in Annahmeverzug zu geraten. Gemäß § 1052 ABGB ist sie dann auch grundsätzlich berechtigt, die eigene Leistung zurückzuhalten (Koziol-Welser aaO).

Ob bei einem solchen Werkvertrag als beiderseitiges Handelsgeschäft gemäß § 381 Abs 2 HGB (vgl. Koziol-Welser, aaO, 371; Aicher in Rummel, ABGB, Rz 41 zu § 1053; Kramer in Straube, HGB Rz 4 zu § 381; SZ 41/133; SZ 56/116) die Rügeobliegenheit gemäß §§ 377, 378 HGB überhaupt auch auf Nichterfüllungsansprüche vor vertragsgemäßer Übergabe des Werkes in Betracht kommt oder ob diese nur Ansprüche nach vertragsgemäßer Ablieferung des Werkes betrifft, braucht hier nicht näher untersucht zu werden. Das Berufungsgericht hat nämlich zutreffend erkannt, daß die Rechtzeitigkeit der Mängelrüge - da es sich beim § 377 HGB um nachgiebiges Recht handelt - nicht von Amts wegen wahrzunehmen ist. Die Verspätung der Mängelrüge muß vielmehr vom anderen Teil stets im Wege der Einrede geltend gemacht werden. Nur wenn sich der Verkäufer (Unternehmer) darauf beruft, muß der Käufer (Besteller) beweisen, daß er rechtzeitig eine gehörige Mängelrüge erstattete (Hämmerle-Wünsch, Handelsrecht3 III 182; HS 10.857; HS 10.862 uva). Im vorliegenden Fall hat aber die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eine solche Einrede der Verspätung der Mängelrüge der Beklagten nicht erhoben. Zutreffend ist daher das Berufungsgericht ihrem erstmals in der Berufungsbeantwortung enthaltenen und daher gegen das Neuerungsverbot verstoßenden diesbezüglichen Hinweis nicht näher getreten. Das Vorbringen der Klägerin vom 20. Februar 1987 bezog sich nicht auf die Mängelrüge der Beklagten, sondern war nur eine Replik auf die von der Beklagten erst in dieser Streitverhandlung eventualiter geltend gemachten Preisminderungsansprüche. Nur die Geltendmachung solcher Gewährleistungsansprüche wurde damals - offenbar im Hinblick auf § 933 Abs 1 ABGB und unter völliger Außerachtlassung des Abs 2 dieser Gesetzesstelle - von der Klägerin als "verfristet" bezeichnet.

Die Beklagte, die noch vor Fertigstellung des Werkes gegenüber der Klägerin ausdrücklich erklärt hat, daß sie die beiden Kräne wegen der Abweichung von der bestellten Kastenträgerbauweise nicht als Erfüllung ansehe, hat auch im Gegensatz zur Meinung der Klägerin durch die nachfolgende seltene und nur widerwillige Benützung die Kräne nicht stillschweigend als Erfüllung angenommen. Die Beurteilung, ob auf Leistungsverweigerungsrechte, Nichterfüllungsansprüche oder auf Wandlung verzichtet wurde, hat nämlich immer nach den Grundsätzen des § 863 ABGB zu erfolgen (SZ 48/103; RZ 1984/3). Bei Annahme eines stillschweigenden Verzichtes ist aber besondere Vorsicht geboten (Koziol-Welser, aaO, 83 f; Ostheim in Wilburg-FS 1975, 315; RZ 1972, 14; RZ 1984/3 ua). Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, daß er ernstlich gewollt ist (EvBl 1957/253; RZ 1984/3 ua). Dem gerade für Fälle wie den vorliegenden gemachten Lösungsvorschlag Ostheims (aaO 317 f), daß bei einem widerspruchsvollen Verhalten des anderen Teiles dieser im Sinne des § 915 ABGB die für ihn ungünstigste Auslegung gelten lassen müsse, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil nach § 863 ABGB die stillschweigende Erklärung des Willens keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen darf. Ein widerspruchsvolles Verhalten kann daher mit der Zielsetzung einer konkludenten Verzichtsannahme nicht im Sinne des § 915 ABGB ausgelegt werden (SZ 48/103).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann unter Überlegung aller Umstände nicht gesagt werden, daß die Beklagte, die mehrfach ausdrücklich erklärt hat, die Kräne der Klägerin nicht als Erfüllung annehmen zu wollen, durch deren spätere seltene und dann widerwillige Benützung zweifelsfrei zu erkennen gegeben habe, sie verzichte auf ihre Nichterfüllungsansprüche bzw. auf ihr Leistungsverweigerungsrecht.

Der Revision der Klägerin war daher aus allen diesen Gründen ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E14448

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00526.88.0505.000

Dokumentnummer

JJT_19880505_OGH0002_0060OB00526_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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