TE OGH 1988/5/19 6Ob535/87

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Veröffentlicht am 19.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj. Simone G***, geboren am 25. Juni 1974, vertreten durch das Bezirksjugendamt für den 2. Bezirk, Karmelitergasse 9, 1020 Wien, als besonderer Sachwalter, dieses vertreten durch Dr. Werner Neuhauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ernst V***, Maschinist, Asylstraße 4, CH-8636 Wald, Schweiz, vertreten durch Dr. Kurt Görlich, Dr. Elisabeth Görlich, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung der Vaterschaft und Leistung des Unterhaltes (Rekursstreitwert: 144.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 27. November 1986, GZ 43 R 2074/86-44, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 26. Juni 1986, GZ 3 C 16/84-37, teilweise unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin wurde am 25. Juni 1974 in Winterthur (Schweiz) von Ingrid G*** außer der Ehe geboren. Der Beklagte wurde von der Mutter vor den Schweizer Behörden als Vater angegeben, bestritt auch nicht die Beiwohnung in der kritischen Empfängniszeit, jedoch seine Vaterschaft, wobei er Mehrverkehr und unsittlichen Lebenswandel der Mutter einwandte. Mit der am 26. Juni 1975 beim Landgericht Uri gegen den Beklagten eingebrachten Vaterschaftsklage begehrten die Klägerin (vertreten durch einen von ihrem Waisenvogt bevollmächtigten Rechtsanwalt, als Erstklägerin) und ihre Mutter Ingrid G*** (vertreten durch den gleichen Rechtsanwalt, als Zweitklägerin) 1. die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten und

2. ab der Geburt der Klägerin monatlich vorauszuzahlende Unterhaltsleistungen von (S)Fr 180 vom 1. bis zum erfüllten

6. Altersjahr, Fr 200 vom 7. bis zum erfüllten 12. Altersjahr und Fr 230 vom 13. bis zum erfüllten 18. Altersjahr (rein rechnerisch sohin Fr 43.920); Ingrid G*** begehrte darüber hinaus noch für "Entbindungskosten uam" einen Betrag von Fr 5.500. Ein über Gerichtsauftrag erstattetes Gutachten des Gerichtlich-Medizinischen Institutes der Universität Zürich vom 23. Dezember 1975 ergab, daß der Beklagte als Vater der (Erst-)Klägerin nicht ausgeschlossen werden könne, vielmehr die Vaterschaftswahrscheinlichkeit "nach Essen-Möller" ca. 97,3 % betrage, wofür die verbale Wertung "nach Hummel" laute: "Vaterschaft sehr wahrscheinlich".

Sodann schlossen die Parteien am 11. Mai 1976 einen sogenannten Vaterschaftsvergleich folgenden Inhaltes:

"1. Herr Ernst V*** leistet eine einmalige Kapitalabfindung von Fr 11.000. Von dieser Kapitalabfindung unterliegen Fr 8.000 der Rückzahlung gemäß Ziff. 4 nachstehend.

2. Herr Ernst V*** übernimmt die Entbindungs- und Unterhaltskosten vor und nach der Geburt im Pauschalbetrag von Fr 3.000.

3. Herr Ernst V*** übernimmt alle Verfahrenskosten (Beweis- und Prozeßkosten und die klägerischen Anwaltskosten in der Höhe von Fr 2.500).

4. Bei Adoption oder vorzeitigem Tod des Kindes, Simone G***, vor dem erfüllten 10. Altersjahr, ist ein verhältnismäßiger Anteil des in Ziff. 1 genannten Teiles der Kapitalabfindung an Herrn V*** zurückzuzahlen. Dieser Anteil berechnet sich, indem man pro Lebensjahr des Kindes bei Eintreten des vorgenannten Ereignisses, je einen Zehntel des Kapitals in Abzug bringt. Ein eventueller Saldo wäre Herrn V*** auszuzahlen.

5. Die obengenannten Leistungen werden innert 30 Tagen nach Abschluß dieses Vertrages fällig. Damit erklären sich Fräulein Ingrid G*** und ihre Tochter Simone G*** als per Saldo aller Ansprüche befriedigt und das Rechtsverhältnis zwischen den eingangs genannten Parteien erlischt damit.

6.

Die Klägerinnen ziehen ihre Klage zurück.

7.

Der vorliegende Vergleich wird fünffach ausgefertigt und der Vormundschaftsbehörde in Flüelen zur Genehmigung vorgelegt werden."

Nach Genehmigung dieses Vergleiches durch den Einwohnergemeinderat Flüelen (als Vormundschaftsbehörde) am 22. Juli 1976 zogen die Klägerinnen am 9. August 1976 die Vaterschaftsklage zurück.

Mit "Urteil" vom 14. September 1976 "erkannte" das Landgericht Uri, 1. der von den Parteien unterzeichnete Vaterschaftsvergleich werde genehmigt und zum integrierenden Bestandteil des vorliegenden Erkenntnisses erklärt, und 2. die Vaterschaftsklage werde durch Vergleich bzw. Rückzug erledigt am Protokolle des Landgerichtes abgeschrieben.

In der Folge wechselte die Klägerin wiederholt ihren Aufenthaltsort, weil sie jeweils kurzfristig bei ihrer Mutter in der Schweiz, meistens aber bei ihrer - zuletzt seit 13. Juli 1982 zu ihrem Vormund bestellten - Großmutter Maria G*** in Wien weilte, bei der sie auch im Zeitpunkt der Einbringung der vorliegenden Klage (5. April 1984) aufhältig war.

Gegen die Klage auf Feststellung seiner Vaterschaft und Leistung eines monatlichen Unterhaltes von (zuletzt eingeschränkt auf) 4.000 S ab Klagstag wendete der Beklagte unter Hinweis auf die dargestellten Ergebnisse des Schweizer Verfahrens ein, der Unterhaltsanspruch der Klägerin sei bereits entschieden oder zumindest verglichen, im übrigen fehle es an der Prozeßvoraussetzung der inländischen Gerichtsbarkeit, allenfalls sei zufolge der auch mit der Mutter der Klägerin vereinbarten Unterhaltsabfindung die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber jener der Mutter nur subsidiär. Wegen der Höhe der von ihm geleisteten Vergleichssumme sei überdies der Unterhalt der Klägerin noch gedeckt. Die Klägerin replizierte, der Verlauf und das Ergebnis des Verfahrens vor dem Landgericht Uri seien wegen Verstoßes gegen den österreichischen ordre public nicht bindend, der geschlossene Vaterschaftsvergleich sei daher gesetzwidrig, nichtig und unerheblich.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht stellte die Vaterschaft des Beklagten zur Klägerin - mangels weiterer Anfechtung inzwischen

rechtskräftig - fest, wies jedoch das Unterhaltsklagebegehren unter gegenseitiger Kostenaufhebung ab, weil "die Schweiz (offenbar gemeint: das Landgericht Uri)" gemäß Art. 1 des Haager Unterhaltsstatutabkommens für die damals in der Schweiz befindliche Klägerin (gemeint wohl: deren Klage auf Feststellung der Vaterschaft und Leistung des Unterhaltes) zuständig gewesen, ein Vergleich in diesem Fall (offenbar gemeint: nach dem anzuwendenden Schweizer Sachrecht) möglich und auch nach österreichischem Recht bindend sei. Das Berufungsgericht hob den angefochtenen Teil dieser Entscheidung unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf. Es führte aus, das Landgericht Uri habe zutreffend Schweizer Recht angewendet. Die vergleichsweise Prozeßerledigung durch eine Kapitalabfindung widerspreche nicht dem österreichischen ordre public, zumal auch in der Schweizer Regelung das Kindeswohl Berücksichtigung finde, eine derartige Unterhaltsregelung in Österreich gesetzlich nicht untersagt und nur eine Verletzung der österreichischen Rechtsordnung und nicht etwa eine fallweise Schlechterstellung eines österreichischen Rechtssubjektes durch die Anwendung ausländischen Rechtes für diese Prüfung maßgeblich sei. Allerdings sei die Abfindungsvereinbarung für das Kind (die Klägerin) gemäß Art. 288 ZGB erst verbindlich, wenn die Abfindungssumme an die bei der gerichtlichen Genehmigung bezeichnete Stelle entrichtet worden sei. Dazu fehlten jedoch noch Behauptungen und Feststellungen. Darüber hinaus seien im fortzusetzenden Verfahren aber auch die Möglichkeiten einer Anpassung nach den Voraussetzungen des "Art. 280" (wohl: Art. 286) ZGB zu prüfen, wobei auf den Abfindungsbetrag - falls er entrichtet worden sei - entsprechend Bedacht zu nehmen sei. Obwohl nämlich das Urteil des Landgerichtes Uri vom 14. September 1976 als Entscheidung anzusehen sei, seien doch die Grundlagen des zu ihrem integrierenden Bestandteil gewordenen Vergleiches näher zu erforschen, um die Absicht der Parteien über die mit der Abfindungssumme geplante Unterhaltsdeckung für die Klägerin oder die tatsächliche Verwendung der Summe feststellen zu können. Der Anschein gehe nämlich dahin, daß der Abfindungsbetrag nur für einen sehr beschränkten Zeitraum (von knapp fünf Jahren) zur Unerhaltsdeckung ausreichend gewesen sei. Der vom Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt. Ausgehend von der Rechtskraft der Vaterschaftsfeststellung des Beklagten und der für die vorliegende Unterhaltssache (der österreichischen, in Wien aufhältigen Klägerin) aus Artikel 1 des Haager Unterhaltsstatutabkommens (BGBl. Nr. 293/1961) abzuleitenden Anwendung österreichischen Sachrechtes vor österreichischen Gerichten (deren örtliche Zuständigkeit der Beklagte unbekämpft ließ), muß die von den Vorinstanzen nicht ausdrücklich behandelte, vom Beklagten erhobene Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit versagen, weil außer der Staatsbürgerschaft und dem Aufenthalt des Beklagten in der Schweiz alle übrigen Anknüpfungsmöglichkeiten für die inländische Gerichtsbarkeit vorliegen.

Wenn der Beklagte auch im Rekurs den in erster Instanz erhobenen Verfahrenseinwand der entschiedenen Streitsache nicht mehr vorträgt, ist wegen seiner mehrfachen Berufung auf das "vom Landgericht Uri gefällte Urteil" doch zunächst klarzustellen, daß es sich dabei lediglich um ein Urteilssurrogat (dem allenfalls Vollstreckbarkeit als Unterhaltsentscheidung im Sinne der Artikel 1 und 2 des Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommens BGBl. Nr. 294/1961 in Österreich im Sinne der Entscheidung JBl. 1986, 595 zukommt), nicht aber um eine gerichtliche Willensäußerung über das strittige Klagebegehren handelt. Damit wurde nämlich nur die Parteienvereinbarung gerichtlich sanktioniert (siehe dazu Habscheid, Schweizerisches Zivilprozeß- und Gerichtsorganisationsrecht, Nr. 550, 606, 682), aber nicht über die - übrigens bereits zuvor zurückgezogene - Klage entschieden. Für die vorliegende Entscheidung relevant ist daher bloß die Frage, ob der Abschluß des - dann gerichtlich genehmigten - Vaterschaftsvergleiches (mit der hier strittigen Unterhaltsabfindung) mit seinen für die Klägerin damit verbundenen rechtlichen und tatsächlichen Folgen dem österreichischen ordre public zuwiderlief, aber nur am Rande als Vergleichswirksamkeitsvoraussetzung auch der Umstand, daß dieser Vergleich gerichtlich genehmigt wurde.

Während für das - im Rechtsmittelverfahren allein strittig gebliebene - Unterhaltsbegehren ab Klageeinbringung gemäß Art. 1 Haager Unterhaltsstatutabkommen österreichisches Recht anzuwenden ist, richtet sich wegen des gemäß § 7 IPR-Gesetz fehlenden Einflusses des erfolgten Statutenwechsels auf bereits vollendete Tatbestände die Beurteilung der Vorfrage nach dem Rechtsbestand und den Fortwirkungen des mit dem Vaterschaftsvergleich beendeten Verfahrens vor dem Landgericht Uri nach dem - seinerzeit und bis zum Statutenwechsel geltenden - Schweizer Recht. Zutreffend weist der Beklagte im Rekurs darauf hin, daß das Berufungsgericht nicht die Rechtslage vor dem 1. Jänner 1978 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Schweizer Kindschaftsrechtes) für die Vorfragen- und Fortwirkungsbeurteilung des Schweizer Verfahrensergebnisses prüfte. Wie noch darzulegen ist, ändert dies aber nichts am Ergebnis, wonach im Falle der - allerdings noch nicht

feststehenden - vergleichsmäßigen Entrichtung der (echten) Abfindungssumme, das auf die Vaterschaft des Beklagten gestützte Unterhaltsbegehren der Klägerin als gesetzlicher Unterhaltsanspruch endgültig erledigt ist und diese Rechtsfolge nicht gegen den österreichischen ordre public verstößt:

Bis zur genannten Gesetzesänderung ab 1. Jänner 1978 waren die Bestimmungen über das außereheliche Kindesverhältnis in den Art. 302 bis 327 (alt) ZGB geregelt. Gemäß Art. 309 (alt) ZGB ging die Vaterschaftsklage "auf Vermögensleistungen des Vaters an die Mutter und das Kind", wobei gemäß Art. 319 Abs. 1 (alt) ZGB "der Richter, wenn die Klage" (nämlich die Vorfrage der Vaterschaft des Beklagten) "begründet ist, dem Kinde ein Unterhaltsgeld zuzusprechen" hat, "das der Lebensstellung der Mutter und des Vaters entsprechen, in jedem Falle aber in einem angemessenen Beitrag an die Kosten des Unterhalts und der Erziehung des Kindes bestehen soll". Die Schweizer Praxis (Hegnauer im Berner Kommentar Band II Art. 319 S 237 f mwH) ließ hier auch Parteienvereinbarungen zu, bei denen das Kind durch einen Beistand vertreten ist, und in besonderen Fällen auch die Verpflichtung zur Leistung einer Kapitalabfindung (sogenannten Aversalsumme), wobei mit der Erfüllung des Abfindungsvertrages das Rechtsverhältnis zwischen dem Kind und dem (als außerehelicher Vater in Anspruch genommenen) Schuldner erlischt. Weitere Leistungen - bei Änderung der Verhältnisse im Sinne des Art. 320 (alt) ZGB - kommen nur in Betracht, wenn keine echte Abfindung, sondern lediglich eine Kapitalisierung der Rente gewollt war oder der künftige Bedarf des Kindes unter allen Umständen sichergestellt werden wollte (Hegnauer im Berner Kommentar aaO). Wenn solche Abfindungsvereinbarungen von der zuständigen Vormundschaftsbehörde oder auch vom Gericht (wie im vorliegenden Fall) genehmigt und erfüllt sind, ist damit das Rechtsverhältnis der Streitteile materiell beendet.

Derartige Vereinbarungen über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch eines minderjährigen außer der Ehe geborenen Kindes sind aber auch der österreichischen Rechtsordnung nicht fremd, wenngleich ausdrückliche Regelungen - wie nach altem Recht in der Schweiz - fehlen. Wird aber die vergleichsweise Unterhaltsabfindung noch dazu unter Beobachtung des Kindeswohls nur nach vormundschaftsbehördlicher und/oder gerichtlicher Genehmigung und nach Bezahlung der Abfindungssumme für das Kind verbindlich, kann - mit dem Berufungsgericht - nicht mehr davon gesprochen werden, daß die Anwendung der dargestellten Schweizer Bestimmungen anläßlich der vorliegenden Erledigung des Vaterschaftsprozesses auf Vermögensleistungen (= Unterhaltsprozesses) vor dem Landgericht Uri zu einem mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbaren Ergebnis (§ 6 IPR-Gesetz) führen könnte oder mit der öffentlichen Ordnung in Österreich offensichtlich unvereinbar wäre (Art. 4 Unterhaltsstatutabkommen und Art. 2 Z 5 Unterhaltsvollstreckungsabkommen). Dabei ist nämlich im Sinne der zutreffenden Darlegungen des Berufungsgerichtes und des Rekurswerbers bei der Prüfung eines ordre public-Verstoßes die Anwendung einer fremden Bestimmung an der österreichischen Rechtsordnung und nicht etwa am Interesse des von der Anwendung der fremden Bestimmung betroffenen österreichischen Rechtssubjektes zu spiegeln. Bei Anwendung der aufgezeigten Grundsätze zeigen sich aber keine - geschweige denn grundlegende - Verletzungen der österreichischen Rechtsordnung bei der Beurteilung des Schweizer Verfahrensergebnisses im Sinne der dargelegten Schweizer Rechtslage vor dem 1. Jänner 1978. Nach der Aktenlage haben die Parteien bis zur vorliegenden Klage keine Verfahrensschritte (in Österreich oder in der Schweiz) unternommen, um das Schweizer Verfahrensergebnis vor dem Landgericht Uri einer Angleichung an die in der Schweiz nach dem 1. Jänner 1978 neu entstandene Rechtslage (Artikel 276 bis 295 (neu) ZGB über die Unterhaltspflicht der Eltern) zu unterziehen. Nach der Schweizer Praxis zu den Übergangsbestimmungen gilt für die Beitragspflicht des "ae Zahlvaters nach Art. 319 (alt) ZGB" weiterhin das bisherige Recht, wenn sie nicht etwa auf Grund einer Anerkennung durch ein Kindesverhältnis nach neuem Recht ersetzt wurde. "Altrechtliche Unterhaltsverträge" können daher vom Richter ohne entsprechenden Vorbehalt nicht abgeändert werden, es sei denn, der "altrechtliche Vertrag" betraf nur die Höhe des Betrages und nicht den Rechtsgrund der (im vorliegenden Fall abgelösten) Vaterschaft (Hegnauer, Grundriß des Kindesrechts2, 123 f; BGE 101 II 17).

Dieser dargelegten Handhabung von Abfindungsverträgen "altrechtlicher Zahlväter gemäß Art. 319 (alt) ZGB" entsprechend werden aber im weiteren Verfahren neben der Feststellung der - vom Beklagten schon in erster Instanz behaupteten und von der Klägerin nur allgemein bestrittenen (vgl. ON 9 S 2 = AS 42) - tatsächlichen Entrichtung des Abfindungsbetrages mit den Parteien noch die Absichten der vertragschließenden Parteien - unter Einschluß der Mutter der Klägerin - bei der Festsetzung des Abfindungsbetrages von sfr 11.000 zu erörtern sein, ob nämlich damit eine Kapitalisierung der Rente gewollt war oder unter allen Umständen der künftige Bedarf des Kindes sichergestellt werden wollte. In diesen Fällen sieht nämlich selbst die Schweizer Praxis unter den dort beschriebenen Voraussetzungen weitere Leistungen des Vaters vor. Im Sinne des entsprechenden Vorbringens des Beklagten wird aber auch (vor allem unter Einschluß der Mutter der Klägerin) im fortgesetzten Verfahren zu erörtern sein, ob mit dem Abschluß und der Erfüllung der vorliegenden Unterhaltsabfindungsvereinbarung nicht die Mutter oder andere Personen die primäre Unterhaltsverpflichtung für die Klägerin übernahmen.

Die - in jedem Fall vom Gericht erster Instanz

vorzunehmende - Verfahrensergänzung wird sich daher auf die eben dargestellten Verfahrens- und Rechtsfragen zu beschränken haben. Ergibt sich dann, daß eine echte Abfindungssumme geleistet wurde, erübrigen sich weitere Erörterungen über eine Anpassung der Abfindungssumme an die nunmehr geänderten Verhältnisse. Dem Rekurs des Beklagten kommt daher letztlich keine Berechtigung zu.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 2 ZPO, weil der Erfolg der beiderseitigen Rechtsmittelschriften erst am Prozeßergebnis gemessen werden kann.

Anmerkung

E14465

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00535.87.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19880519_OGH0002_0060OB00535_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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