TE OGH 1988/5/31 15Os68/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.05.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 31.Mai 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hasan H*** und Mile L*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4 und 130 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 18.Februar 1988, GZ 11 d Vr 867/87-62, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten und die Berufung des Mile L*** werden zurückgewiesen.

Gemäß § 285 i StPO werden die Akten zur Entscheidung über die Berufung des Hasan H*** dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten die Kosten des - bei H***: bisherigen - Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die beiden jugoslawischen Staatsangehörigen Hasan H*** und Mile L*** wurden des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4 und 130 StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie gewerbsmäßig (I) am 22. September 1987 in Mistelbach gemeinsam einen Fotoapparat samt Zubehör im Gesamtwert von 17.840 S der Firma N*** und am folgenden Tag in Retz jeweils mit einem Unbekannten (II) Hasan H*** eine Herrenlederjacke im Wert von 3.399 S der Firma Kurt F*** und (III) Mile L*** eine Videokamera im Wert von 24.900 S der Firma Franz J*** sen. gestohlen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Angeklagten bekämpfen das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.

Hasan H*** macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO geltend.

Er rügt, daß die Zeugen ihn nicht mit hundertprozentiger Sicherheit wiedererkannt hätten, aber selbst in diesem Fall wäre er nicht in einem ausschließlichen Gelegenheitsverhältnis gestanden. Die Beschwerde übergeht dabei, daß die Tatrichter vorerst die Einlassung des Beschwerdeführers, zur Tatzeit überhaupt nicht in Österreich gewesen zu sein, durch die Eintragungen im Paß als widerlegt und die gemeinsame Einreise der beiden Angeklagten nach Österreich auf Grund identer Stampiglien in deren Pässen als erwiesen erachtet haben (US 10 ff). Von einem ausschließlichen Gelegenheitsverhältnis wurde deshalb im Urteil gar nicht gesprochen, sondern von einem "ausdrücklichen" (US 12) und dazu eingehend erörtert, warum trotz fehlender dauernder Beobachtung der Diebsobjekte durch Zeugen, dennoch andere Personen als Täter nicht in Frage kommen. Wenn auf Grund dieser Erwägungen, sowie dem als auffällig bezeichneten Gehaben der Angeklagten und der großen Sicherheit, mit der sie wiedererkannt wurden, das Schöffengericht ihre Täterschaft als erwiesen ansah, so wurde damit ein Akt der Beweiswürdigung gesetzt, wobei gesetzeskonform die Beweismittel nicht nur im einzelnen, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhang zu prüfen waren (§ 285 Abs 2 StPO). Dies wird in der Beschwerde, die sich auf ein akzentuiertes Herausstreichen einzelner Passagen von Zeugenaussagen über den Grad der Sicherheit der Agnoszierung der Angeklagten beschränkt, verkannt.

Soweit der Beschwerdeführer seine Ausführungen zur Mängelrüge auch zum Inhalt ihrer auf § 281 Abs 1 Z 5 a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde macht, ist er auf deren Erledigung zu verweisen. Dazu ist noch zu ergänzen, daß das Schöffengericht auch keineswegs die Zeitspannen zwischen dem letztmaligen Beobachten der Waren und dem Erkennen ihres Fehlens unberücksichtigt gelassen hat (US 13, 15); aus den Akten aber ergeben sich - auch diesbezüglich - keine Bedenken gegen die Richtigkeit des Schuldspruches.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H*** erweist sich daher als unbegründet (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO). Der Angeklagte Mile L*** hat nach Urteilsverkündung und nach Rücksprache mit seinem Verteidiger auf Rechtsmittel ausdrücklich verzichtet (S 415). Seine Nichtigkeitsbeschwerde ist daher unzulässig (§ 285 d Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 285 a Z 1 StPO).

Beide Nichtigkeitsbeschwerden waren demnach bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Zugleich war auch die zufolge Rechtsmittelverzichtes unzulässige Berufung des Mile L*** zurückzuweisen. Denn durch die Neufassung des § 285 i StPO durch das StRÄG ist die zuvor vom Obersten Gerichtshof in den Fällen der Z 1 des § 285 d Abs 1 Z 1 StPO stets in Anspruch genommene Kompetenz zur formellen Berufungsentscheidung gemäß §§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO nicht berührt worden (12 Os 36/88, 15 Os 60,61/88).

Damit hat aber gemäß § 285 i StPO das zuständige Oberlandesgericht nur mehr über die Berufung des Hasan H*** zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle; dem Angeklagten L*** fallen demnach die Kosten des gesamten, ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last; beim Angeklagten H*** hingegen war die Kostenentscheidung, dem Stand des Verfahrens entsprechend, zu teilen.

Anmerkung

E14318

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0150OS00068.88.0531.000

Dokumentnummer

JJT_19880531_OGH0002_0150OS00068_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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