TE OGH 1988/6/14 8Ob646/87

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Veröffentlicht am 14.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang H***, Rechtsanwalt, Rathausstraße 21, 6900 Bregenz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Firma R*** G*** ZUR S*** V*** W*** GmbH, wider die beklagte Partei R***

W*** reg.Gen.m.b.H., 6922 Wolfurt, vertreten durch Dr. Franz Bernhard und Dr. Melchior Bechter, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Anfechtung von Rechtshandlungen (490.658,60 S), Revisionsstreitwert 110.922,09 S hinsichtlich der klagenden und 366.414,95 S hinsichtlich der beklagten Partei, infolge Revision der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 20. Mai 1987, GZ 3 R 130/87-13, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 2. Februar 1987, GZ 11 a Cg 30/86-5, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Die Revision der beklagten Partei wird, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über den Anspruch der klagenden Partei aus der angefochtenen Rechtshandlung der beklagten Partei vom 24. Juni 1986 richtet, zurückgewiesen.

Im übrigen wird der Revision der klagenden Partei nicht, der der beklagten Partei teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung einschließlich ihres in Rechtskraft erwachsenen und des bestätigten Teiles insgesamt wie folgt zu lauten hat:

I) Die Aufrechnungen der beklagten Partei vom 13. Mai 1986 mit

ihrer Forderung von 5.658,60 S aus Warenlieferungen und vom 24. Juni 1986 mit ihrer Forderung von 54.758,86 S aus dem Kreditkonto Nr. 62.646 gegen das Guthaben der Gemeinschuldnerin Firma R*** G*** ZUR S*** V*** W*** GmbH Bregenz

(S 22/86 des Landesgerichtes Feldkirch) aus dem Kreditkonto Nr. 63.214 und die am 3. Juni 1986 erfolgte Zahlung der genannten Gemeinschuldnerin von 78.357,66 S auf das Wechselkonto bei der beklagten Partei Nr. 70.063.219 werden den Gläubigern im bezeichneten Konkurs gegenüber für unwirksam erklärt. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 138.775,12 S samt 5 % Zinsen seit 19. November 1986 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren der klagenden Partei, die Aufrechnungen der beklagten Partei vom 30. Mai 1986 mit ihrer Forderung von 345.000 S aus dem Kreditkonto Nr. 62.646 und vom 24. Juni 1986 hinsichtlich eines weiteren Betrages von 5.241,14 S gegen das Guthaben der Gemeinschuldnerin aus dem Kreditkonto Nr. 63.214 und die am 3. Juni 1986 erfolgte Zahlung der Gemeinschuldnerin auf das Wechselkonto bei der Beklagten Nr. 70.063.219 hinsichtlich eines Betrages von 1.642,34 S den Gläubigern im bezeichneten Konkurs gegenüber für unwirksam zu erklären sowie ihr auf Zahlung eines weiteren Betrages von 351.883,48 S samt 10 % Zinsen aus 345.000 S vom 28. August bis 18. November 1986 und aus 351.883,48 S seit 19. November 1986 sowie 5 % Zinsen aus 138.775,12 S seit 19. November 1986 gerichtetes Mehrbegehren werden abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Verfahrens in erster Instanz den Betrag von 10.856,85 S (darin Umsatzsteuer von 986,97 S, keine Barauslagen), an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 25.586,87 S (darin Barauslagen von 2.240 S und Umsatzsteuer von 2.122,45 S) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von 11.949,18 S (darin Barauslagen von 2.800 S und Umsatzsteuer von 831,80 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 5. August 1986, S 22/86, wurde über das Vermögen der Firma R*** G*** ZUR S*** V*** W*** GmbH in Bregenz (in der Folge als Gemeinschuldnerin bezeichnet) das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Das Konkursverfahren ist nach wie vor anhängig. Gegenstand des Unternehmens der Gemeinschuldnerin war die Schaffung von Wohnungen und Geschäftsräumen im Wohnungseigentum. Die Gemeinschuldnerin stand seit mindestens 10 Jahren mit der Beklagten in Geschäftsverbindung.

Die Gemeinschuldnerin unterhielt bei der Beklagten mehrere Konten und hatte dort auch mehrere Kredite, die zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung wie folgt aushafteten:

Abstattungskreditvertrag vom

4.11.1980, KontoNr 16.296              3,049.702,-- S

Abstattungskreditvertrag

KontoNr 1-00.016.295                   1,263.695,50 S

Kreditvertrag vom 16.9.1982,

KontoNr 62.646                           907.864,50 S

Kreditvertrag vom 10.3.1980,

KontoNr 10-00.062.646                    271.679,98 S

Kreditvertrag vom 10.3.1980,

KontoNr 90-00.062.646                  1,277.657,03 S

Kreditvertrag vom 10.3.1980,

KontoNr 63.214                           449.765,44 S

Kreditvertrag vom 27.9.1979,

KontoNr 1-00.063.214                      26.735,30 S

Wechselforderung zu

KontoNr 70.063.219                        78.622,-- S

Summe                                  7,325.721,75 S

Am 29. Juli 1976 richtete die Gemeinschuldnerin an die Beklagte ein Schreiben mit folgendem Inhalt:

"Auf ihre Anfrage teilen wir Ihnen verbindlich mit, daß sämtliche bei Ihnen auf unseren Namen geführten und in Hinkunft noch zu führenden Konten gegenseitig aufgerechnet werden können. Derzeit bestehen folgende verrechenbare Konten: 63.210; 63.640; 62.641; 58.840".

Mit Kreditvertrag vom 16. September 1982 wurde der Gemeinschuldnerin von der Beklagten zu KontoNr 62.646 ein Kredit bis zum Höchstbetrag von 1,500.000 S bewilligt, wobei die Laufzeit dieses Kredites mit dem 31. August 1987 befristet war. Laut den Kreditbedingungen war der Kreditgeber berechtigt, den gesamten Kredit sofort fällig und klagbar zu stellen, wenn in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers Verschlechterungen oder Änderungen eintreten, dies insbesondere dann, wenn der Kreditnehmer Zahlungen einstellt oder zahlungsunfähig wird. Dem Kreditvertrag wurden außerdem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen zugrunde gelegt. Nach Punkt 7 dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann die Kreditunternehmung, falls der Kunde mehrere Konten bei ihr unterhält, Forderungen gegen Verbindlichkeiten aufrechnen. Der Kredit KontoNr 62.646 wurde durch die Beklagte vor der Konkurseröffnung nicht fällig gestellt, ausgenommen Überziehungen von insgesamt ca. 577.000 S, die sich auf alle Kreditkonten erstreckten. Am 20. Jänner 1986 teilte nämlich die Beklagte der Gemeinschuldnerin mit, daß auf Grund der letzten Kreditprüfungen die Überziehungen auf den Konten der Gemeinschuldnerin ca. 577.000 S betragen würden. Diese Überziehungen seien bis zum 31. März 1986 abzudecken, ansonsten die Sicherheiten realisiert würden. Mit Schreiben vom 4. März 1986 wurde die Gemeinschuldnerin noch einmal eindringlich ersucht, für eine Abdeckung der Gesamtüberziehungen in Höhe von 615.000 S bis zum 31. März 1986 zu sorgen. Im Schreiben vom 25. April 1986 wurde von der Beklagten festgehalten, daß die Überziehungen lediglich zu einem Teilbetrag von 250.000 S abgedeckt worden seien. Für die Abdeckung der restlichen überzogenen Kredite werde noch eine Frist bis zum 15. Mai 1986 gewährt. Auf dieses Schreiben teilte die Gemeinschuldnerin der Beklagten am 14. Mai 1986 mit, daß die restliche Überziehung, beginnend mit 10. Juni 1986, in drei Raten a 150.000 S abgedeckt werde. Mit Schreiben vom 20. Mai 1986 erklärte sich die Beklagte gegenüber der Gemeinschuldnerin bereit, daß zur Abdeckung der Überziehung die Zahlung einer Rate von 150.000 S bis 10. Juni 1986 sowie des restlichen Betrages von 300.000 S zu drei Teilen am 10.Juli 1986, 10.August 1986 und am 10. September 1986 bewilligt werde.

Per 30.Mai 1986 betrug der Debetsaldo des Kreditkontos Nr 62. 6461, 688.882 S.Durch die später zu Punkt 2 und 4 dargestellten Umbuchungen reduzierte sich der Debetsaldo dieses Kreditkontos auf 1,343.828 S (Punkt2) und zuletzt auf 843.828 S (Punkt4).

Beim Kredit zu Konto Nr 63.214 handelte es sich ebenfalls um einen Höchstbetragskredit bis zu 2,500.000 S mit einer Laufzeit bis 28. Februar 1985. Auch diesbezüglich wurden die gleichen Kreditbedingungen wie zum Kredit KontoNr 62.646 vereinbart. Das Kreditkonto Nr 63.214 war bis zum 17. September 1985 im Soll. Durch eine Überweisung von 636.000 S zum Wert 17. September 1985 war das Konto in der Folge im Haben und stieg auf einen Habenstand bis 725.320,14 S am 3. Dezember 1985 an. Dann wurden von diesem Konto wieder Überweisungen und Abhebungen getätigt, sodaß das Konto zum 5. Februar 1986 noch einen Habensaldo von 110.922,09 S aufwies, der sich bis zum 12. März 1986 auf den bis zu den Kompensationen tiefsten Habenstand von 101.926,45 S entwickelte und dann durch Überweisungen wieder zunahm, bis die im folgenden noch anzuführenden Umbuchungen auf Grund der Kompensationsermächtigung vom 29. Juli 1976 bzw. die Wechselteilzahlung und die Abbuchung für Warenlieferungen erfolgten und das genannte Konto bis zur Konkurseröffnung wieder in das Soll geriet. Alle Eingänge auf dem Kreditkonto 63.214 ab 17. September 1985 resultierten aus Forderungen der Gemeinschuldnerin.

Am 26. Juni 1984 kam es wegen der finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinschuldnerin zu einer Besprechung der leitenden Herren der Beklagten und dem Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin. Dabei wurde festgehalten, daß die Lage des Unternehmens katastrophal sei. Bei dieser Besprechung wurden auch Vereinbarungen über die Teilabdeckung von offenen Krediten getroffen.

Die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung der Gemeinschuldnerin waren spätestens seit 5. August 1985 gegeben und auch der Beklagten bekannt.

Die Gemeinschuldnerin bzw. die Beklagte nahmen die nachstehend angeführten Rechtshandlungen vor, die Gegenstand dieses Rechtsstreites sind:

1) Am 13. Mai 1986 hat die Beklagte das Guthaben der Gemeinschuldnerin auf KontoNr 63.214 mit der Forderung der Beklagten von 5.685,60 S aufgerechnet und in dieser Höhe das genannte Konto belastet. Die Forderung der Beklagten resultierte aus Warenlieferungen an die Gemeinschuldnerin zwischen Mai und November 1985.

2) Am 30. Mai 1986 hat die Beklagte das Guthaben der Gemeinschuldnerin auf KontoNr 63.214 mit ihrer Kreditforderung aus dem Kredit KontoNr 62.646 in Höhe von 345.000 S aufgerechnet. Hiebei hat die Beklagte einen Betrag von 345.000 S vom KontoNr 63.214 auf das Kreditkonto Nr 62.646 überwiesen. Das Kreditkonto Nr 62.646 wies per 30. Mai 1986 - vor dieser Umbuchung - einen Minusstand von 1,688.828 S auf, der sich durch diese Umbuchung auf 1,343.828 S reduzierte.

3) Die Wechselforderung der Beklagten zu KontoNr 70.063.219 resultierte aus einem im Jahr 1983 von der Gemeinschuldnerin ausgestellten Wechsel über 800.000 S, dessen Betrag seinerzeit der Gemeinschuldnerin zur Verfügung gestellt wurde. Dieser Wechsel wurde in der Folge mehrmals, zuletzt am 25. April 1986 bis zum 16. Juli 1986, prolongiert. Der zuletzt aushaftende Wechselbetrag betrug 158.622 S.

Am 3. Juni 1986 überwies die Gemeinschuldnerin von ihrem KontoNr 63.214 80.000 S auf das Wechselkonto Nr 70.063.219. Das Kreditkonto Nr 63.214 wies zum 3. Juni 1986 noch ein Guthaben von 78.357,66 S auf, das sich nach der Überweisung der 80.000 S auf das Wechselkonto in ein Debetsaldo von 1.642,34 S verwandelte. Bezogene des Wechsels waren die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin Kurt D*** und Oskar Z***, wobei die Beklagte bei Nichtannahme der Wechselteilzahlung keinen Wechselanspruch gegen andere Wechselschuldner verloren hätte.

4) Am 24. Juni 1986 betrug das Guthaben der Gemeinschuldnerin auf dem Kreditkonto Nr 63.214 noch 54.758,86 S. Die Beklagte führte an diesem Tag vom Konto Nr 63.214 auf das KontoNr 62.646 eine Umbuchung in Höhe von 500.000 S durch, sodaß auf dem KontoNr 63.214 ein Debetsaldo von 445.241,14 S entstand. Durch diese Umbuchung reduzierte sich der Debetsaldo der Gemeinschuldnerin auf dem Kreditkonto Nr 62.646 von 1,343.828 S auf

843.828 S.

Durch diese Aufrechnungen, Umbuchungen bzw. die Wechselteilrückzahlung hat die Beklagte zur Befriedigung ihrer Forderungen insgesamt folgende Beträge erhalten:

Zu Punkt 1                             5.685,60 S

Zu Punkt 2                           345.000,-- S

Zu Punkt 3                            78.357,66 S

Zu Punkt 4                            54.758,86 S

insgesamt                            483.802,12 S

Mit Schreiben vom 19. August 1986 hat der Kläger die Anfechtung der Aufrechnung hinsichtlich des Betrages von 345.000 S und mit Schreiben vom 4. November 1986 die Anfechtung der übrigen klagsgegenständlichen Rechtshandlungen geltend gemacht. Im vorliegenden Rechtsstreit (die Klage wurde am 12. Dezember 1986 eingebracht) stellte der Kläger zuletzt (ON 4 S 23 f) das Begehren, die unter den Punkten 1, 2 und 4 genannten Aufrechnungen (5.685,60 S, 345.000 S, 60.000 S) sowie die unter Punkt 3 angeführte Zahlung von 80.000 S gegenüber den Konkursgläubigern der Gemeinschuldnerin für unwirksam zu erklären und die Beklagte schuldig zu erkennen, ihm den Betrag von 490.658,60 S sA zu bezahlen. Er brachte dazu im wesentlichen vor, daß die angeführten Rechtshandlungen wegen Begünstigung und Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin durch die Beklagte anfechtbar seien. Per 7. März 1986 habe das KontoNr 63.214 einen Habensaldo von 101.926,45 S aufgewiesen. Die über diesen Betrag hinausgehende Aufrechnungslage sei innerhalb der letzten 6 Monate vor der Konkurseröffnung eingetreten. Hinsichtlich des Betrages von 101.926,45 S sei die Aufrechnungslage am 16. September 1985 eingetreten. Zu beiden Zeitpunkten seien der Beklagten die Überschuldung und die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin bekannt gewesen.

Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, sie sei mit dem Schreiben der Gemeinschuldnerin vom 29. Juli 1976 ermächtigt worden, sämtliche bei ihr auf den Namen der Gemeinschuldnerin bestehende Konten gegenseitig aufzurechnen. Sie habe daher einen Rechtsanspruch darauf gehabt den Habensaldo des Kontos Nr 63.214 mit bestehenden Debetsalden anderer Konten zu verrechnen. Hiezu sei die Beklagte auch auf Grund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen berechtigt gewesen. Es liege somit keine Benachteiligung anderer Gläubiger vor. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 29. Juli 1976 sei die Gemeinschuldnerin weder überschuldet noch zahlungsunfähig gewesen. Die Aufrechnung beruhe somit auf einer Vereinbarung, die bezogen auf die Konkurseröffnung 10 Jahre zurückliege. Die Beklagte habe deshalb keine inkongruente Deckung erlangt. Die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung sei auch deshalb zulässig gewesen, weil die Beklagte ihre Forderung gegenüber der Gemeinschuldnerin im Sinne des § 20 Abs 2 KO früher als 6 Monate vor der Konkurseröffnung erworben habe.

Das Erstgericht entschied, daß die Aufrechnung der Beklagten vom 13. Mai 1986 hinsichtlich des Betrages von 5.658,60 S, vom 30. Mai 1986 hinsichtlich des Betrages von 243.073,55 S, vom 24. Juni 1986 hinsichtlich des Betrages von 60.000 S gegen die Forderungen der Gemeinschuldnerin und die am 3. Juni 1986 erfolgte Zahlung der Gemeinschuldnerin im Betrag von 80.000 S an die Beklagte den Gläubigern gegenüber für unwirksam erklärt wird. Es erkannte die Beklagte schuldig, dem Kläger den Betrag von 388.732,15 S sA zu bezahlen. Das Mehrbegehren des Klägers wies es ab.

Das Erstgericht ging davon aus, daß nicht festgestellt werden könne, ob die Gemeinschuldnerin zum Zeitpunkt der Kompensationen bzw. des Eintrittes des Aufrechnungstatbestandes eine Begünstigungsabsicht hatte und ob dies der Beklagten bekannt gewesen sei. Im übrigen beurteilte es den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich im wesentlichen dahin, der Einwand der Beklagten, daß die Aufrechnung gemäß § 20 Abs 2 KO zulässig gewesen sei und deshalb einer Anfechtung standhalte, sei nicht begründet. Das konkursrechtliche Aufrechnungsverbot und die Konkursanfechtung stünden selbständig nebeneinander, was bedeute, daß auch eine nach § 19 KO zulässige Aufrechnung angefochten werden könne. Da die Aufrechnungserklärung aber immer auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage zurückwirke, sei für die Einhaltung der Fristen nicht die Aufrechnungserklärung, sondern das erstmalige Gegenübertreten von Forderung und Gegenforderung maßgebend. Nach diesem Zeitpunkt hätten sich sohin Kenntnis von der Insolvenz oder Begünstigungsabsicht und deren Kenntnis oder das Vorliegen der Inkongruenz zu richten.

Daraus ergebe sich hinsichtlich der drei angefochtenen Aufrechnungen, daß diese zufolge der Vereinbarung aus dem Jahre 1976 an sich der Beklagten rechtlich zugestanden und deshalb kongruent gewesen seien. Eine Anfechtung gemäß § 30 Abs 1 Z 1 KO scheide daher aus.

In Frage komme sohin nur eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 bzw. § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO. Für die Anfechtung wegen Begünstigung sei jedenfalls erforderlich, daß dem Anfechtungsgegner die Absicht des Gemeinschuldners, ihn vor den anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt gewesen sei oder sein mußte. Da diesbezügliche Feststellungen nicht möglich gewesen seien, scheide auch eine Anfechtung aus diesem Tatbestand (§ 30 Abs 1 Z 3 KO) aus. Letztlich sei zu überprüfen, ob eine Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO) durchschlage. Gemäß § 31 Abs 4 KO gelte dies allerdings nur für Rechtshandlungen die nicht früher als 6 Monate vor der Konkurseröffnung, im vorliegenden Fall sohin nicht vor dem 5. Februar 1986, vorgenommen worden seien.

Die drei in Frage stehenden Aufrechnungserklärungen seien alle in der kritischen Zeit abgegeben worden, doch bestimme sich die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Kompensation nicht nach der Aufrechnungserklärung, sondern nach dem Eintreten des Aufrechnungstatbestandes. Innerhalb der kritischen Frist habe der niedrigste Habenkontostand auf dem KontoNr 63.214 101.926,45 S betragen. Also sei eine Forderung der Gemeinschuldnerin gegenüber der Beklagten in dieser Höhe den Forderungen der Beklagten gegenüber der Gemeinschuldnerin schon vor der kritischen Frist aufrechenbar gegenübergestanden, sodaß insoweit die späteren Aufrechnungserklärungen zurückwirkten und die Aufrechnung daher nicht in die kritische Frist falle. Darüber hinaus fielen aber die drei angefochtenen Aufrechnungen über 345.000 S (abzüglich des Betrages von 101.926,45 S), von 60.000 S und von 5.658,60 S in die kritische Zeit. Sie stellten damit jedenfalls anfechtbare Rechtshandlungen dar, da die Beklagte Befriedigung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin erlangt habe. Dasselbe gelte für die angefochtene Wechsel-Teilzahlung über 80.000 S, die von der Gemeinschuldnerin an die Beklagte geleistet worden sei.

Die Beklagte habe diese Zahlung im Wissen über die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin entgegen genommen. Daß es sich um eine Zahlung Zug um Zug für eine Leistung gehandelt habe, sei nicht behauptet worden und hätten sich diesbezüglich auch keine Anhaltspunkte ergeben.

Somit sei dem Klagebegehren abzüglich eines Betrages von 101.926,45 S Folge zu geben.

Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.

Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung des Klägers keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die Aufrechnungen der Beklagten vom 13. Mai 1986 mit ihrer Forderung von 5.658,60 S aus Warenlieferungen, vom 30. Mai 1986 mit ihrer Forderung von 234.077,91 S und vom 24. Juni 1986 mit ihrer Forderung von 54.758,86 S je aus dem Kreditkonto Nr 62.646 gegen das Guthaben der Gemeinschuldnerin aus dem Kreditkonto Nr 63.214 und die am 3. Juni 1986 erfolgte Zahlung der Gemeinschuldnerin von 78.357,66 S auf das Wechselkonto bei der Beklagten Nr 70.063.219 den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin gegenüber für unwirksam erklärte und die Beklagte zur Zahlung von 372.853,03 S sA verurteilte; das Mehrbegehren des Klägers, die bezeichneten Rechtshandlungen hinsichtlich eines weiteren Betrages von insgesamt 117.832,57 S gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin für unwirksam zu erklären und die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Betrages von 117.832,57 S sA zu verurteilen, wies es ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, hinsichtlich der Ansprüche aus den angefochtenen Rechtshandlungen vom 30. Mai, 24. Juni und 3. Juni 1986 jeweils nicht 15.000 S übersteigt und daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, hinsichtlich der Ansprüche des Klägers aus den angefochtenen Rechtshandlungen vom 13. Mai und 24. Juni 1986 nicht 60.000 S übersteigt, daß aber der bestätigende Teil des Berufungsurteiles hinsichtlich der Ansprüche aus den angefochtenen Rechtshandlungen vom 30. Mai und 3. Juni 1986 je 60.000 S, hinsichtlich des ersteren auch 300.000 S übersteigt und daß in bezug auf die angefochtene Rechtshandlung vom 3. Juni 1986 die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte rechtlich im wesentlichen aus, daß die Schuldner der Gemeinschuldnerin, die zwischen 17. September 1985 und 24. Juni 1986 bzw. der Konkurseröffnung Beträge auf das Kreditkonto Nr 63.214 überwiesen hätten, dadurch ihre Schulden gegenüber der Gemeinschuldnerin getilgt hätten. Die Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen ihre Schuldner seien erloschen, als die Beklagte der Gemeinschuldnerin auf dem KontoNr 63.214 Gutschriften in Höhe der überwiesenen Beträge erteilt habe. Nach den getroffenen Feststellungen sei der Gegenwert der Forderungen der Gemeinschuldnerin im Betrag von insgesamt 483.802,12 S der Beklagten zugutegekommen, indem sie ihre Kaufpreisforderung aus Warenlieferungen zwischen Mai und November 1985 mit dem Guthaben der Gemeinschuldnerin auf dem KontoNr 63.214 aufgerechnet habe, Umbuchungen vom Kreditkonto Nr 63.214 auf das passive Kreditkonto Nr 62.646 vorgenommen und damit das Debet auf dem letztgenannten Konto verringert habe und schließlich durch die Überweisung vom Konto Nr 63.214 auf das Wechselkonto Nr. 70.063.219 ihre Forderung gegen die Gemeinschuldnerin aus dem im Jahr 1983 hingegebenen Wechsel entsprechend reduziert habe. In der Summe habe die Beklagte während des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschulnderin, als ihr deren Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bereits bekannt gewesen sei, somit eine Befriedigung ihrer Forderung im Gesamtbetrag von 483.802,12 S erlangt. Diese Vorgänge seien wirtschaftlich gesehen nicht anders zu beurteilen, als wenn die Gemeinschuldnerin, nachdem die Beklagte von ihrer Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Kenntnis erlangt hätte, dieser ihre Forderungen gegen ihre Schuldner zur Einziehung überwiesen und die Beklagte die Forderungen tatsächlich eingezogen hätte.

Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebende Frage gehe dahin, ob die auf die festgestellte Weise erfolgte Befriedigung der Beklagten nach den vom Kläger geltend gemachten Anfechtungstatbeständen nach § 30 Abs 1 Z 1 bzw. § 31 Abs 1 Z 2 KO anfechtbar sei.

Das Berufungsgericht teile den vom Erstgericht eingenommenen Standpunkt, wonach das konkursrechtliche Aufrechnungsverbot der §§ 19 f KO und die Konkursanfechtung selbständig nebeneinander stünden.

Bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit einer Aufrechnungserklärung sei allerdings zu berücksichtigen, daß eine solche, wann immer sie abgegeben werde, auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage, also auf jenen Zeitpunkt zurückwirke, in dem sich die betreffenden Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden. Nach diesem Zeitpunkt richte sich unter anderem das Vorliegen der Kongruenz sowie die Kenntnis der Insolvenz.

Gemäß § 31 Abs 1 Z 2 KO seien unter anderem Rechtshandlungen anfechtbar, durch die ein Konkursgläubiger Sicherstellung oder Befriedigung erlange, wenn ihm die Zahlungsunfähigkeit bekannt war oder sein mußte. Nach dem Abs 4 dieser Gesetzesstelle sei die Anfechtung ausgeschlossen, wenn die anfechtbaren Rechtshandlungen früher als 6 Monate vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden seien. Dieser Anfechtungstatbestand diene dem Grundsatz der par condicio creditorum. Ob die Deckung kongruent sei oder nicht, sei hiebei unerheblich. Es bedürfe auch nicht eines aktiven Tätigwerdens oder Unterlassens des späteren Gemeinschuldners, das zur Deckung bzw. Befriedigung des Gläubigers führe. Vielmehr genüge, daß die Rechtshandlung auf Kosten der nachmaligen Konkursmasse erfolge. Der Anfechtungserfolg nach § 31 Abs 1 Z 2 KO solle die Konkursmasse so stellen, als ob der Konkurs schon bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit eröffnet worden wäre.

Bei Anlegung dieser Maßstäbe seien alle den Gegenstand dieses Rechtsstreites bildenden Rechtshandlungen mit Ausnahme des zum Beginn der Frist des § 31 Abs 4 KO, das ist der 5. Februar 1986, bestandenen Guthabens der Gemeinschuldnerin auf dem Kreditkonto Nr 63.214 in der Höhe von 110.922,09 S, anfechtbar. Nach der dargestellten Zielsetzung der Vorschrift des § 31 Abs 1 Z 2 KO sei die Beklagte nach dem 5. Februar 1986 nicht mehr berechtigt gewesen, sich aus Einkünften aus dem Kreditkonto Nr 63.214 zu befriedigen. Hiebei stelle sich gar nicht die Frage nach der rechtlichen Qualifikation der Aufrechnungsvereinbarung vom 29. Juli 1976, da auch eine innerhalb der Frist des § 31 Abs 4 KO vorgenommene kongruente Befriedigung des Gläubigers bei Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle anfechtbar sei. Die Aufrechnungslage sei hinsichtlich des Guthabens der Gemeinschuldnerin in der Höhe von 110.922,09 S allerdings außerhalb der Frist des § 31 Abs 4 KO eingetreten und damit anfechtungsfest. Insoweit seien also die angefochtenen Rechtshandlungen rechtswirksam. Der Anfechtungsanspruch des Klägers sei allerdings nur insoweit berechtigt, als die Beklagte durch die den Gegenstand dieses Rechtsstreites bildenden Rechtshandlungen tatsächlich Befriedigung erlangt habe, insoweit also, als das Kreditkonto der Gemeinschuldnerin Nr 63.214 zum Zeitpunkt der Überweisung zu Punkt 3 sowie der Umbuchung zu Punkt 4 der eingangs wiedergegebenen Feststellungen einen Aktivstand aufgewiesen habe. Dementsprechend sei in teilweiser Stattgebung der Berufung der Beklagten dem Klagebegehren hinsichtlich der zu Punkt 3 angefochtenen Rechtshandlung nur mit einem Betrag von 78.357,66 S und der zu Punkt 4 angefochtenen Rechtshandlung nur mit einem Betrag von 54.758,86 S, insgesamt sohin hinsichtlich eines Betrages von 372.853,03 S, Folge zu geben.

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen seien auch die zu Punkt 2 und 4 der eingangs wiedergegebenen Feststellungen angeführten Umbuchungen vom KontoNr 63.214 auf das KontoNr 62.646 nach § 30 Abs 1 Z 1 KO insoweit anfechtbar und unwirksam, als sie zu einer Unterschreitung der Kreditlinie von 1,5 Millionen Schilling geführt hätten, somit hinsichtlich eines Betrages von 210.930,86 S (345.000 S plus 54.758,86 S minus 188.828 S = Kontoüberziehung auf KontoNr 62.646).

Nach § 30 Abs 1 Z 1 KO sei nämlich unter anderem eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommene Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn der Gläubiger eine Befriedigung erlange, die er nicht "in der Zeit zu beanspruchen hatte", es sei denn, daß er durch diese Rechtshandlung vor den anderen Gläubigern nicht begünstigt worden sei. Ob die Beklagte die erlangte Befriedigung "in der Zeit zu beanspruchen hatte", sei danach zu beurteilen, ob ihr im Zeitpunkt der Erlangung ein klagbarer materiellrechtlicher Anspruch zugestanden sei. Nun sei unbestritten, daß der Kredit zu KontoNr 62.646 bis zum Höchstbetrag von 1,5 Millionen Schilling bis zum 31. August 1987 bewilligt gewesen sei und die Beklagte einen klagbaren materiellrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung nur insoweit gehabt habe, als das Limit von 1,5 Millionen Schilling überschritten worden sei. Dabei sei auch unerheblich, daß die Beklagte nach den Kreditbedingungen berechtigt gewesen sei, unter bestimmten Voraussetzungen den aushaftenden Kreditbetrag ohne Rücksicht auf die vereinbarte Laufzeit mit sofortiger Wirkung fällig zu stellen und einzutreiben. Einerseits habe nämlich die Beklagte von diesem Recht nicht Gebrauch gemacht. Andererseits läge in einer solchen Fälligstellung in Verbindung mit der Leistung eine Begünstigung. Maßgebend sei der Zeitpunkt, zu dem der Anspruch auf Deckung erworben worden sei.

Aus all diesen Erwägungen sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Gegenstand der Anfechtung im vorliegenden Rechtsstreit seien selbständige, voneinander unabhängige, nach § 55 Abs 1 JN nicht zusammenrechenbare Rechtshandlungen. Demnach sei auch die Zulässigkeit der Anfechtung nach den §§ 500 ff ZPO hinsichtlich jeder einzelnen angefochtenen Rechtshandlung gesondert zu beurteilen. Die nach § 500 Abs 2 ZPO vorgenommene Bewertung orientiere sich an den jeweiligen Leistungsbegehren. Hinsichtlich des Teilanspruches aus der Wechselzahlung vom 3. Juni 1986 seien die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO gegeben.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Streitteile. Der Kläger bekämpft sie insoweit, als die Aufrechnung der Beklagten vom 30. Mai 1986 nicht auch hinsichtlich eines weiteren Betrages von 110.922,09 S für unwirksam erklärt und sein Leistungsbegehren hinsichtlich eines Betrages von 110.922,09 S sA abgewiesen wurde, aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Die Beklagte bekämpft die Entscheidung des Berufungsgerichtes insoweit, als ihre Aufrechnungen vom 30. Mai 1986 hinsichtlich des Betrages von 234.077,91 S und vom 24. Juni 1986 hinsichtlich des Betrages von 54.758,86 S und die Zahlung der Gemeinschuldnerin von 78.357,66 S am 3. Juni 1986 für unwirksam erklärt und dem Leistungsbegehren des Klägers mit einem Betrag von 366.414,95 S stattgegeben wurde, aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in diesem Umfang im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Beide Streitteile haben Revisionsbeantwortungen mit dem Antrag erstattet, der Revision des Gegners keine Folge zu geben. Der Kläger wies in seiner Revisionsbeantwortung auf die im folgenden behandelte teilweise Unzulässigkeit der Revision der Beklagten hin.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes über den Anspruch des Klägers aus der angefochtenen Rechtshandlung der Beklagten vom 24. Juni 1986 richtet, gemäß § 502 Abs 3 ZPO unzulässig.

Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die

vom Kläger aus den einzelnen angefochtenen Rechtshandlungen

abgeleiteten Ansprüche in keinem tatsächlichen oder rechtlichen

Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs  1 Z 1 ZPO stehen und daher die

Rechtsmittelzulässigkeit nach § 502 ZPO hinsichtlich jedes einzelnen

Anspruches gesondert zu beurteilen ist (7 Ob 697/80; JBl. 1982,

380 ua). Diese Beurteilung führt zu dem Ergebnis, daß die Revision

der Beklagten insoweit, als sie die Unwirksamerklärung ihrer

Aufrechnung vom 24. Juni 1986 hinsichtlich des Betrages von

54.758,86 S und die Stattgebung des Leistungsbegehrens des Klägers

mit diesem Betrag bekämpft, gemäß § 502 Abs  3 ZPO unzulässig, weil

es sich insoweit um ein bestätigendes Urteil des Berufungsgerichtes

handelt, wobei der von der Bestätigung betroffene Wert des

Streitgegenstandes 60.000 S nicht übersteigt. In diesem Zusammenhang

ist darauf hinzuweisen, daß die Bewertungsaussprüche des

Berufungsgerichtes nicht erforderlich waren, weil dann, wenn der

Anfechtungskläger sowohl die Unwirksamerklärung einer Rechtshandlung

begehrt als auch einen aus dieser Rechtsgestaltung abgeleiteten

Leistungsanspruch erhebt, das Leistungsbegehren den Wert des

Streitgegenstandes bestimmt (5 Ob 575/81; 1 Ob 635/84; 7 Ob 715/87).

Dei Revision der Beklagten war somit, soweit sie sich gegen die

Entscheidung des Berufungsgerichtes über den Anspruch des Klägers

aus der angefochtenen Rechtshandlung der Beklagten vom 24. Juni 1986

ichtet, als unzulässig zurückzuweisen.

Im übrigen sind die vorliegenden Revisionen beider Streitteile

zulässig; sachlich kommt aber nur der Revision der Beklagten

teilweise Berechtigung zu.

Der in der Revision der Beklagten geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichtes hinsichtlich der angefochtenen Rechtshandlung der Beklagten vom 13. Mai 1986 (Aufrechnung mit ihrer Forderung von 5.658,60 S aus Warenlieferungen gegen das Guthaben der Gemeinschuldnerin) ist in Rechtskraft erwachsen.

Die Beklagte bekämpft zwar nach ihrer Rechtsmittelerklärung und ihrem Rechtsmittelantrag die Entscheidung des Berufungsgerichtes auch hinsichtlich der Unwirksamerklärung der am 3. Juni 1986 erfolgten Zahlung der Gemeinschuldnerin von 78.357,66 S an die Beklagte auf deren Wechselkonto Nr 70.063.219. Ihrer Rechtsrüge, die sich inhaltlich ausschließlich mit der Anfechtbarkeit ihrer am 30. Mai und 24. Juni 1986 vorgenommenen Aufrechnungen befaßt, ist aber nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen sie die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes in diesem Belang bekämpft. Wenn die Gemeinschuldnerin zur Abdeckung ihrer Wechselverbindlichkeit nach den Feststellungen der Vorinstanzen am 3. Juni 1986 durch Überweisung auf das bei der Beklagten geführte Wechselkonto einen Betrag von 78.357,66 S zahlte und die Beklagte diese Zahlung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin entgegennahm, sind die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 KO jedenfalls gegeben. Eine dem Berufungsgericht unterlaufene unrichtige rechtliche Beurteilung ist in diesem Belang nicht zu erkennen.

Zu prüfen bleibt die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung der Beklagten vom 30. Mai 1986 (Aufrechnung ihrer Kreditforderung gegen das Guthaben der Gemeinschuldnerin auf dem KontoNr 63.214 im Betrag von 345.000 S durch Umbuchung dieses Betrages auf das Kreditkonto Nr 62.646). Diesbezüglich vertritt die Beklagte in ihrer Rechtsrüge den Standpunkt, daß sie auf Grund ihres Rechtsverhältnisses zur Gemeinschuldnerin zu dieser Vorgangsweise berechtigt gewesen sei und daß diese Aufrechnung nicht der Anfechtung nach den Bestimmungen der §§ 30 und 31 KO unterliege, während der Kläger in seiner Rechtsrüge darzutun versucht, daß die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 31 Abs 1 Z 2 KO hinsichtlich des gesamten von der Beklagten aufgerechneten Betrages von 345.000 S gegeben seien. Wegen des engen sachlichen Zusammenhanges kann hier zu beiden Rechtsmitteln gleichzeitig Stellung genommen werden. Der erkennende Senat vermag in diesem Umfang der rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes nicht beizutreten. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt entschieden, daß der Vollzug einer Aufrechnung vor Konkurseröffnung, die auch im Konkurs zulässig wäre, mangels Gläubigerbenachteiligung nicht nach den Bestimmungen der Konkursordnung angefochten werden kann; wohl aber kann in solchen Fällen in der Herstellung der Aufrechnungslage ein anfechtbarer Vorgang liegen (SZ 54/39 mwN; EvBl 1982/46 ua). Der gleiche Standpunkt wird auch in der Lehre vertreten (Bartsch-Pollak I 114; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht2 47; vgl. auch Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 76; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 328). Der davon abweichenden Rechtsmeinung von König (Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 354, 355), nach der auch Aufrechnungen, die im Konkurs zulässig wären, nach den Bestimmungen der Konkursordnung angefochten werden können, wenn sie vor Konkurseröffnung vorgenommen wurden, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Gibt das Gesetz in den Vorschriften der §§ 19 und 20 KO einer Person, die sowohl Gläubiger als auch Schuldner des Gemeinschuldners ist, aus der Erwägung, daß es in den dort normierten Fällen verhindert werden soll, daß der Gläubiger des Gemeinschuldners die eigene Leistung voll erbringen muß, während er mit seiner Forderung auf die Konkursquote verwiesen wird, die Möglichkeit, unter den in diesen Gesetzesstellen aufgestellten Voraussetzungen auch noch im Konkurs aufzurechnen, dann ist nicht ersichtlich, worin eine als allgemeine Anfechtungsvoraussetzung erforderliche Gläubigerbenachteiligung (siehe dazu König aaO Rz 102 ff) liegen könnte, wenn diese Person die Aufrechnung vor Konkurseröffnung erklärt. Es trifft sicher zu, daß die §§ 19 f KO zu den Anfechtungsbestimmungen der §§ 27 ff KO nicht im Verhältnis einander ausschließender Konkurrenz, sondern im Verhältnis gegenseitiger Ergänzung stehen und daß diese Vorschriften verschiedene Zwecke verfolgen (König aaO Rz 351); dies ändert aber nichts am dargestellten Fehlen der Gläubigerbenachteiligung bei Vollzug einer im Konkurs zulässigen Aufrechnung vor Konkurseröffnung. Daraus folgt die Richtigkeit der in EvBl 1982/46 vertretenen Rechtsansicht (so auch Bartsch-Pollak I 114), daß - abgesehen von der Herbeiführung der Aufrechnungslage - nur eine Aufrechnung vor Konkurseröffnung, die im Konkurs nach den Vorschriften der §§ 19, 20 KO unzulässig wäre, nach den Bestimmungen der Konkursordnung angefochten werden kann, nicht aber eine Aufrechnung vor Konkurseröffnung, die nach den Bestimmungen der §§ 19, 20 KO auch im Konkurs zulässig wäre.

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, daß der Anfechtung der Rechtshandlung der Beklagten vom 30. Mai 1986 durch den Kläger ein Erfolg versagt bleiben muß. Anhaltspunkte für eine anfechtbare Herbeiführung der Aufrechnungslage durch die Beklagte oder die Gemeinschuldnerin bestehen nicht. Die Beklagte wäre im Sinne der Vorschriften der §§ 19, 20 KO auch zur Aufrechnung nach Konkurseröffnung berechtigt gewesen. Die im § 20 Abs 1 KO normierten Voraussetzungen für die Unzulässigkeit der Aufrechnung im Konkurs lagen nicht vor. Daß die Beklagte ihre Forderung, die sie zur Kompensation mit der Forderung der Gemeinschuldnerin verwendete, in den letzten 6 Monaten vor Konkurseröffnung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin erworben hätte, wurde nicht einmal behauptet. Daß der Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin seit 5. August 1985 bekannt war, ist im Hinblick auf die Zulässigkeit der Kompensation im Konkurs nicht von ausschlaggebender Bedeutung (EvBl 1982/46).

Damit erweist sich die Rechtsrüge der Beklagten in Ansehung ihrer angefochtenen Rechtshandlung vom 30. Mai 1986 als berechtigt. Bezüglich dieser Rechtshandlung ist das Klagebegehren aus den dargestellten Gründen abzuweisen.

Es war daher der Revision des Klägers ein Erfolg zu versagen und in teilweiser Stattgebung der Revision der Beklagten - soweit sie nicht zurückzuweisen war - wie im Spruch zu entscheiden. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz beruht auf § 43 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf den §§ 41, 43 Abs 1 und 50 ZPO.

Anmerkung

E14476

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00646.87.0614.000

Dokumentnummer

JJT_19880614_OGH0002_0080OB00646_8700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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