TE OGH 1988/6/15 1Ob577/88

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Veröffentlicht am 15.06.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Katharina F***, geboren 3. April 1981, infolge Revisionsrekurses des Vaters Heinz F***, Chefredakteur, Wien 10., Troststraße 45/7/14, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26. Februar 1988, GZ 44 R 3041/88-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 29. Oktober 1987, GZ 1 P 344/86-18, für nichtig erklärt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neue Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung:

Katharina F***, geboren am 3. April 1981, ist das eheliche Kind des Heinz und der Gerlinde F***. Der Vater stellte am 16. Dezember 1986 beim Erstgericht den Antrag, ihm die Elternrechte in Ansehung der mj. Katharina vorläufig allein zu übertragen, in eventu der Mutter zu untersagen, mit der Minderjährigen Österreich zu verlassen, und ihr aufzutragen, die Eintragung des Kindes in ihrem Reisepaß streichen zu lassen bzw. einen in ihrem Besitz befindlichen Reisepaß des Kindes bei Gericht zu erlegen. Der Vater brachte zur Begründung vor, die Mutter habe im Juli 1986 zu 55 Cg 105/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien eine Scheidungsklage eingebracht. Wie sich aus einem von ihm vorgefundenen, an die Mutter gerichteten Schreiben ergebe, unterhalte sie ehewidrige Beziehungen zu einem Mann; es bestehe auch die Gefahr, daß sie mit dem Kind zu diesem Mann nach München ziehen werde.

Die Mutter sprach sich gegen diesen Antrag aus. Nicht sie, sondern der Vater verhalte sich ehewidrig. Sie beabsichtige nicht, Österreich mit der Tochter zu verlassen. In der Tagsatzung vom 13. Jänner 1987 wurde die Erledigung der Anträge des Vaters einstweilen zurückgestellt, weil derzeit noch ein gemeinsamer Wohnsitz der Eltern bestehe.

Mit Schriftsatz vom 26. März 1987 brachte die Mutter vor, der Vater habe sie bedroht und beschimpft, so daß sie genötigt gewesen sei, die eheliche Wohnung unter Mitnahme der Tochter zu verlassen; sie sei zu ihrer Mutter Rosa E***, Wien 10., Absberggasse 25, gezogen. Da sie nunmehr von ihrem Ehegatten getrennt lebe, beantrage sie, ihr das Recht zur Pflege, Erziehung und Vermögensverwaltung in Ansehung der mj. Katharina zu übertragen.

Der Vater stellte mit Schriftsatz vom 3. April 1987 den Antrag, ihm die Elternrechte zu übertragen. Die Mutter treffe weiterhin zielstrebig Vorbereitungen, Österreich unter Mitnahme der Tochter zu verlassen. Sie habe bereits die Ausstellung eines Reisepasses für die Tochter beantragt.

Im Schriftsatz vom 4. Mai 1987 trat die Mutter diesem Vorbringen entgegen; sie habe nur aus Gründen der Erholung einen Besuch in München gemacht und ihre Tochter mitgenommen. Es könne keine Rede davon sein, daß sie die Absicht habe, mit der Tochter in das Ausland zu übersiedeln. Die Ausstellung eines Reisepasses für die Tochter habe sie beantragt, weil ein solcher notwendig sei, um mit dem Kind über das deutsche Eck von Salzburg nach Tirol fahren zu können. Mit Bericht vom 20. Juli 1987 teilte das Bezirksjugendamt für den 10. Bezirk mit, die Mutter sei mit der Tochter nach München übersiedelt.

Der Vater stellte am 2. September 1987 den Antrag, ihm die Elternrechte vorläufig zuzuteilen, in eventu die Mutter zu verhalten, das Kind unverzüglich nach Wien zu bringen. Das Wohl des Kindes sei bei der Mutter in München gefährdet, zumal die Mutter beabsichtige, eine Berufstätigkeit aufzunehmen.

Die Mutter beantragte im Schriftsatz vom 7. Oktober 1987, diesen Antrag abzuweisen; die mj. Katharina besuche in München die Schule und sei demnach dort voll integriert.

Der Erstrichter sprach aus, daß alle aus den familienrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten (Pflege und Erziehung, Vermögensverwaltung und Vertretung) in Ansehung der mj. Katharina der Mutter Gertrude F*** allein zustehen. Der Erstrichter stellte fest: Der Vater sei als Redakteur bzw. Chefredakteur von Tageszeitungen beruflich sehr in Anspruch genommen gewesen; seine karge Freizeit habe er als Schiedsrichter auf Fußballplätzen verbracht. Die Ehegatten hätten sich entfremdet, jeder sei seine eigenen Wege gegangen. Das Kind sei hauptsächlich von der Mutter betreut worden. Die Mutter sei im Juli 1987 mit dem Kind nach München gezogen und lebe seither mit einem Lebensgefährten in einer aus vier Zimmern bestehenden Wohnung. Das Kind besuche in München die Schule. Es werde um 15 Uhr 30 von der Mutter abgeholt und nach Hause gebracht. Katharina sei ein aufgeschlossenes, fröhliches und lebhaftes Kind; sie habe in München bereits Freunde zum Spielen gefunden; auch der Kontakt zum Lebensgefährten der Mutter sei gut, das Mutter-Kind-Verhältnis sei in Ordnung. Die emotionale Beziehung des Kindes sei zu beiden Elternteilen gut, im Hinblick auf die bisherige Betreuungssituation sei aber der Verbleib des Kindes bei der Mutter wünschenswert. Katharina habe die Übersiedlung nach München vorerst als Erleichterung erlebt, sie scheine weniger durch die Trennung als durch die Auseinandersetzungen über ihre Person irritiert zu sein. Der Vater lebe in Wien in der Ehewohnung mit Dr. Silvia L***, die ledig sei und keine Kinder habe. Die Lebensgefährtin des Vaters kenne Katharina von Wochenendbesuchen und zwei gemeinsamen Urlauben. Sie habe zum Kind einen guten Kontakt gefunden und könnte sich ein Zusammenleben mit Katharina vorstellen. In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht gemäß § 177 ABGB die Zuteilung der Elternrechte an die Mutter, insbesondere im Hinblick darauf, daß das Kind bereits in München die Schule besuche, als dem Wohl des Kindes entsprechend. Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses des Vaters den Beschluß des Erstgerichtes sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Anträge der Eltern auf Zuteilung der Elternrechte in Ansehung der mj. Katharina zurück.

Auf den vorliegenden Fall sei das Haager Minderjährigenschutzabkommen anzuwenden. Selbst wenn die Mutter einseitig das Kind in die Bundesrepublik Deutschland verbracht habe, sei dennoch dort ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden. Das Haager Minderjährigenschutzabkommen habe eine Verteilung der Zuständigkeiten für Schutzmaßnahmen auf den Staat des gewöhnlichen Aufenthaltes und den Heimatstaat geschaffen; beide Zuständigkeiten bestünden nebeneinander. Die internationale Zuständigkeit des österreichischen Gerichtes müsse im Zeitpunkt der Erlassung der Schutzmaßnahmen gegeben sein; eine perpetuatio fori trete nicht ein; der nachträgliche Wegfall der Voraussetzungen der inländischen Gerichtsbarkeit habe rückwirkend die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens zur Folge. Da die Minderjährige bereits mehrere Monate in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft sei und dort auch die Schule besuche, sei ein gewöhnlicher Aufenthaltsort des Kindes in der Bundesrepublik Deutschland begründet, so daß die internationale Zuständigkeit des österreichischen Gerichtes nicht mehr gegeben sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist gerechtfertigt.

Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß auf den vorliegenden Rechtsfall die Bestimmungen des Übereinkommens vom 5. Oktober 1961, BGBl. 1975/446, über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiete des Schutzes von Minderjährigen (Haager Minderjährigenschutzabkommen, MSA), zu dessen Vertragsstaaten auch die Bundesrepublik Deutschland zählt, anzuwenden sind. Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (IPrax 1984, 159 = JBl. 1984, 153 Anm. Schwimann) umfaßt der Anwendungsbereich des Haager Minderjährigenschutzabkommens alle Maßnahmen zum Schutze der Person und des Vermögens des Minderjährigen. Dazu gehört auch die Regelung der Obsorge für Kinder bei Getrenntleben der Eltern (BGHZ 78, 293, 301; Schwimann, Das Haager Minderjährigenschutzabkommen und seine Anwendung in Österreich, JBl. 1976, 233, 239; Staudinger-Kropholler, BGB12 Rz 285 der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB mwN). Das Übereinkommen hat, wie das Rekursgericht gleichfalls zutreffend erkannte, eine Verteilung der Zuständigkeiten für Schutzmaßnahmen auf den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts (Art. 1 und 2) und auf den Heimatstaat (Art. 4) geschaffen, welche Zuständigkeiten nebeneinander bestehen (1210 BlgNR 13.GP, 10; JBl. 1984, 153; EvBl. 1978/128). Diese Zuständigkeitsregelung hat zur Folge, daß bei einem Mangel der internationalen Zuständigkeit der österreichischen Gerichte nach dem Haager Minderjährigenschutzabkommen - in welcher Lage des Verfahrens auch immer er eintreten mag - der Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit begründet würde (JBl. 1984, 153; EvBl. 1978/128). Nach Rechtsprechung und Lehre muß die internationale Zuständigkeit gemäß den Bestimmungen des Haager Minderjährigenschutzabkommens im Zeitpunkt der Erlassung der Schutzmaßnahmen gegeben sein; eine perpetuatio fori tritt nicht ein (IPrax 1986, 385; EvBl. 1984/131; JBl. 1984, 153 m. Anm. Schwimann).

Das Haager Minderjährigenschutzabkommen geht vom regelmäßigen Einsatz der räumlich nächsten Behörden aus. Deshalb sind nach Art. I MSA für Schutzmaßnahmen grundsätzlich die Behörden des Staates (international) zuständig, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (IPrax 1986, 385; JBl. 1984, 153 m. Anm. Schwimann; Kropholler a.a.O. Rz 341 der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB). Zur Wahrnehmung dieser Zuständigkeit sind die betroffenen Behörden nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Die allgemeine Zuständigkeit der Behörden am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes des Minderjährigen besteht jedoch ausdrücklich nur vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 3, 4 und 5 Abs. 3, ist also sowohl durch gesetzliche Gewaltverhältnisse des Heimatrechtes (Art. 3 MSA) als auch durch Schutzmaßnahmen der Heimatbehörden (Art. 4 und 5 Abs. 3 MSA) eingeschränkt. Soweit ihre alleinige Zuständigkeit danach nicht besteht, haben die Behörden am Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes nur eine Notzuständigkeit zur Behebung einer ernsten Gefährdung von Person oder Vermögen des Minderjährigen (Schwimann a. a.O. 242). Gemäß Art. 4 Abs. 1 MSA können die Behörden des Heimatstaates des Minderjährigen nach vorheriger Verständigung der Behörden des Staates, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, auf Grund ihres eigenen innerstaatlichen Rechtes Schutzmaßnahmen anordnen, sofern dies ihrer Auffassung nach das Wohl des Minderjährigen erfordert.

Das Haager Minderjährigenschutzabkommen enthält keine besondere Regelung für Fälle eines unrechtmäßigen (fraudulösen) Aufenthaltswechsels, insbesondere in Form der Kindesentführung durch einen Elternteil (Kropholler a.a.O. Rz 593 der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB; Schwimann a.a.O. 236). Der von einer Spezialkommission ausgearbeitete Vorentwurf des Übereinkommens enthielt zwar in Art. 6 eine Bestimmung, welche dem "deplacement frauduleux" den Devolutiveffekt der Zuständigkeit absprach. In der endgültigen Fassung des Übereinkommens unterblieb jedoch eine solche Regelung, weil über die Abgrenzung des Tatbestandes, der eine Zuständigkeitsverlagerung ausschließen sollte, keine Einigung zu erzielen war (Ferid, RabelsZ 1962, 411, 434 f; Kropholler a.a.O. Rz 594 ff der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB). Die Auffassung, daß in solchen Fällen ein Zuständigkeitswechsel nicht eintreten sollte, hat in die endgültige Fassung des Übereinkommens nicht einmal im Grundsatz Aufnahme gefunden. Wo der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist daher grundsätzlich auch in dem hier in Frage stehenden Fall nach den Kriterien zu beurteilen, die für diesen Begriff in dem Abkommen allgemein gelten. Danach kann ein gewöhnlicher Aufenthalt auch gegen den Willen eines Sorgeberechtigten begründet werden, da es auf den tatsächlichen Daseinsmittelpunkt des Minderjährigen ankommt. Wenn ein Minderjähriger von einem nicht (allein) sorgeberechtigten Elternteil ins Ausland verbracht wird, wird sich allerdings der entgegenstehende Wille des anderen (sorgeberechtigten) Elternteils regelmäßig rein tatsächlich dahin auswirken, daß der Aufenthalt des Minderjährigen in dem anderen Staat noch nicht als auf Dauer angelegt angesehen werden kann, so daß ein Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes noch nicht eintritt. Der Wille des nicht (allein) sorgeberechtigten Elternteiles und gegebenenfalls auch derjenige des Minderjährigen selbst, im neuen Aufenthaltsstaat zu verbleiben, können diesen Aufenthalt objektiv auf Dauer noch nicht festlegen, so lange die Möglichkeit besteht, daß der (Mit-)Sorgeberechtigte die Rückführung des Minderjährigen durchsetzt, ehe es zu dessen sozialer Eingliederung in seine neue Umwelt gekommen ist. Auch in Fällen, in denen eindeutig von einer Entführung zu sprechen ist, weil sowohl die objektiven als auch die subjektiven Momente geradezu fraudulösen Handelns gegeben sind, was im vorliegenden Fall angenommen werden kann, darf das Bestehen eines gewöhnlichen Aufenthaltes nicht mehr verneint werden, wenn der Aufenthalt über einen längeren Zeitraum gewährt hat und eine soziale Integration des Kindes erfolgt ist (BGHZ 78, 293, 298; Kropholler a.a.O. Rz 604, 605 der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB; Schwimann a.a.O. 236).

Dieses aus dem - im Minderjährigenschutzabkommen einheitlich verwendeten - Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes gewonnene Ergebnis steht mit dem Sinn und Zweck des Übereinkommens in Einklang. Das Abkommen ist auf den Schutz des Minderjährigen und nicht auf die Wahrung der Elternrechte ausgerichtet. Es will gewährleisten, daß Schutzmaßnahmen im Interesse des Minderjährigen jedenfalls auch im Aufenthaltsstaat möglich sind, weil sie dort in erster Linie erforderlich werden, die Gerichte des Aufenthaltsstaates wegen der bestehenden Sachnähe in aller Regel zu einer sachgerechten Beurteilung der Verhältnisse in der Lage sind und darüber hinaus Entscheidungen der Gerichte des Aufenthaltsstaates die Gewähr für eine rasche Durchsetzbarkeit der getroffenen Maßnahmen bieten (BGHZ 78, 293, 298).

Im vorliegenden Fall könnte demnach im Hinblick auf die Dauer des Aufenthaltes des Kindes in München und die Tatsache, daß es dort bereits die Schule besucht, angenommen werden, daß die Minderjährige in München ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Damit wird aber die Zuständigkeit der Gerichte des Heimatstaates nicht beseitigt. Ist der in einen Vertragsstaat entführte Minderjährige Inländer, bleiben die inländischen Gerichte gemäß Art. 4 Abs. 1 MSA international zuständig, wenn das Wohl des Minderjährigen Schutzmaßnahmen erfordert. Art. 4 Abs. 1 MSA stellt ein Eingreifen der Heimatbehörden damit in deren pflichtgebundenes Ermessen, nur sind Maßnahmen erst nach Verständigung der Behörden des Staates zu treffen, in dem der Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Heimatbehörde muß sich dabei vom Gesichtspunkt des Kindeswohles leiten lassen (Kropholler a.a.O. Rz 549, 551, 559, 560 der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB). Maßnahmen des österreichischen Gerichtes werden insbesondere dann in Betracht kommen, wenn das Kind während eines anhängigen Scheidungsverfahrens in einen ausländischen Vertragsstaat gebracht wird und eine Sorgerechtsregelung zu treffen ist (Kropholler a.a.O. Rz 557 der Vorbem. zu Art. 18 EGBGB; vgl. Siehr in Münchener Kommentar Rz 26 zu Art. 19 EGBGB Anh. II). Da Gerichte der Bundesrepublik Deutschland, anders als im Falle der Entscheidung JBl. 1984, 153, nach der Aktenlage bisher nicht tätig geworden sind und die Mutter offenbar dort eine Sorgerechtsregelung nicht anstrebt, erfordert es das Wohl des Kindes, den Streit zwischen den Eltern darüber, wem das Sorgerecht zukommt, möglichst rasch zu beenden, zumal dann, wenn eine Veränderung des Aufenthaltsortes erforderlich sein sollte, damit nicht zu lange zugewartet werden darf. Das schon vor der eigenmächtigen Verlegung des Aufenthaltes des Kindes in das Ausland beim Erstgericht eingeleitete und möglicherweise entscheidungsreife Verfahren ist daher nach Verständigung der Münchner Behörde fortzusetzen.

Demzufolge ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E14126

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00577.88.0615.000

Dokumentnummer

JJT_19880615_OGH0002_0010OB00577_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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