TE OGH 1988/6/23 8Ob573/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.06.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christine I***, geb. F***, geboren am 2.November 1943 in Frankenmarkt, Hausfrau, Worathweg 4, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Ing. Alois I***, geboren am 14.Jänner 1929 in Villach, Bauleiter, Leonfeldnerstraße 72/1/9, vertreten durch Dr. Christian Slana und Dr. Günther Tews, Rechtsanwälte in Linz, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 1.Juli 1987, GZ 3 R 99/87-103, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15.Dezember 1986, GZ 3 Cg 81/83-94, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.637,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 240,-- und die Umsatzsteuer von S 308,15) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 3.9.1966 vor dem Standesamt Bad Ischl die Ehe geschlossen. Dieser entstammen die Kinder Cornelia, geboren am 13.2.1967, und Jörg, geboren am 17.6.1968.

Die Klägerin begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten wegen verschiedener Eheverfehlungen. Im einzelnen warf sie ihm interesseloses Verhalten, tätliche Mißhandlungen, Bosheitsakte, Lieblosigkeit, Verletzung der Unterhaltspflicht und ehewidrige Beziehungen zu einer anderen Frau vor.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, hilfsweise die Feststellung des überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin. Er begründete diesen Antrag mit schweren Eheverfehlungen der Klägerin, und zwar hysterischen Schreianfällen, Beschimpfungen, Tätlichkeiten, Bosheitsakten, Aufwiegelung der Kinder gegen ihn, Vernachlässigung des Haushalts, unwirtschaftlicher Haushaltsführung und ehebrecherischen, zumindest aber ehewidrigen Beziehungen der Klägerin zu anderen Männern.

Das Erstgericht schied die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden des Beklagten und sprach aus, daß die Klägerin ein Mitverschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe. Es stellte - zusammengefaßt dargestellt - folgenden Sachverhalt fest:

Die Ehe der Streitteile war bis etwa 1974 im wesentlichen gut. Zu größeren Schwierigkeiten kam es erstmals, als der Beklagte von 1974 bis 1976 beruflich in Innsbruck tätig war und nur die Wochenenden bei seiner Familie in Linz verbringen konnte. Die Klägerin litt unter dieser Trennung, weil es dadurch auch im Intimleben der Streitteile zu Unstimmigkeiten kam. Sie nahm insbesondere auch daran Anstoß, daß ihr der Beklagte die Existenz seiner aus einer vorehelichen Beziehung entstammenden außerehelichen Tochter verschwiegen hatte, worauf die Klägerin erst durch ein Schreiben des Pflegschaftsgerichtes aufmerksam wurde. Es kam in der Folge zwischen den Streitteilen vermehrt zu Streitigkeiten, die ihre Wurzel darin in Schwierigkeiten im sexuellen Bereich hatten. Die Klägerin nahm daran Anstoß, daß der Beklagte, offenbar aus sexuellen Motiven, aus Katalogen nur mit Unterwäsche bekleidete Frauen ausschnitt. Weiters fand es die Klägerin schockierend, daß der Beklagte in ihre Wäsche onanierte. Die Klägerin war nach Streitereien nicht sofort bereit, mit dem Beklagten geschlechtlich zu verkehren, während sich dieser sozusagen im Bett wiederum versöhnen wollte. Der von ihr zurückgewiesene Beklagte bezeichnete die Klägerin als frigide, wodurch deren Bereitschaft, mit ihm zu verkehren, verringert wurde, sodaß es zu Unterbrechungen in der sexuellen Beziehung der Streitteile kam. Dies veranlaßte den Beklagten, seine finanziellen Zuwendungen bzw. Unterhaltsleistungen der Klägerin gegenüber einzuschränken. Der Beklagte äußerte in diesem Zusammenhang, wenn man nichts gebe, könne man auch nichts fordern. Diese Einstellung des Beklagten änderte sich auch bis zu diesem Prozeß nicht. Dieser Umstand stellte neben den erwähnten Unstimmigkeiten auf sexuellem Gebiet eine der ab nun immer mehr in den Vordergrund tretenden Hauptschwierigkeiten in der Ehe der Streitteile dar. Zwar war der Beklagte schließlich in der Regel doch bereit, die Ausgaben der Klägerin oder auch der Kinder zu begleichen; es kam aber in diesem Zusammenhang immer häufiger zu verbalen Auseinandersetzungen und sogar zu Tätlichkeiten. Beide Streitteile beschimpften dabei einander auf gröblichste Weise, wobei sie sich nicht scheuten, auch sehr ordinäre Ausdrücke zu gebrauchen. Am 3.4.1977 versetzte der Beklagte der Klägerin im Zuge einer Meinungsverschiedenheit auf der Fahrt von einem Kinobesuch nach Hause im PKW einen Faustschlag gegen das rechte Auge, wodurch die Klägerin leicht verletzt wurde. Die Klägerin zeigte diesen Vorfall bei der Polizei an, entschlug sich aber im Strafverfahren gegen den Beklagten der Aussage, sodaß es zu einem Freispruch kam. Im Jahre 1978 gab der Beklagte der Klägerin, als sich diese weigerte, geschlechtlich mit ihm zu verkehren, wiederholt Ohrfeigen und warf sie auf das Bett. Schließlich ließ der Beklagte aber von der Klägerin ab, ohne daß es zu einem Geschlechtsverkehr kam. Am 2.3.1981 gab der Beklagte der Klägerin neuerlich Faustschläge, sodaß sie aus dem Mund blutete und den Arzt aufsuchen mußte. Im Zuge von Auseinandersetzungen ging die Klägerin, ein impulsiver Mensch und zu hysterischen Ausbrüchen neigend, einige Male auf den Beklagten los. Der Beklagte, der Klägerin körperlich überlegen, konnte sich dieser Angriffe mühelos erwehren. Zu einem weiteren Streit zwischen den Parteien kam es im Februar 1982. Die Klägerin ließ sich ihre Zähne sanieren und zeigte dem Beklagten einen Kostenvoranschlag von S 9.000. Da sich die Klägerin aber mehrere Zähne reparieren ließ, betrug die Rechnung schließlich ca. S 30.000. Der Beklagte war weniger über die Höhe der Rechnung erbost, als darüber, daß er vor die vollendete Tatsache gestellt worden war.

Der Beklagte bemängelte wiederholt das Essen, das ihm von der Klägerin zubereitet wurde. So kam es am 27.5.1982 wegen des Essens zu einer Auseinandersetzung, im Zuge derer der Beklagte der Klägerin eine Ohrfeige versetzte. Es kam allerdings auch vor, daß der Beklagte die Klägerin wegen ihrer Haushaltsführung lobte. Am 30.5.1982 kam es neuerlich zu einer Auseinandersetzung, als die Klägerin, die sich auf die Bilanzbuchhalterprüfung vorbereitete, vom Sohn Jörg informiert wurde, daß der Beklagte ihre Skripten verbrenne. Bereits einige Tage zuvor hatte die Klägerin ein Skriptum vermißt und mit den beiden Kindern danach gesucht. Es wurde im Keller gefunden, wo es der Beklagte versteckt hatte. Die Klägerin stellte am 30.5.1982 fest, daß zwar der Heizofen lichterloh brannte, daß allerdings Zeitungen und nicht Skripten verbrannt wurden. Der Beklagte behauptete aber dessen ungeachtet, die Skripten verbrannt zu haben. Schließlich wurden die Skripten von der Klägerin im PKW des Beklagten entdeckt und daraufhin von ihr in einem Schließfach am Bahnhof deponiert. Schon am nächsten Morgen kam es zwischen den Streitteilen zu einer lautstarken Auseinandersetzung, als der Beklagte Schecks vermißte und die Klägerin bezichtigte, sie aus einer Lade genommen zu haben. Dies war der Klägerin deshalb besonders peinlich, weil die Vorwürfe vor den Kindern derart lautstark erhoben wurden, daß sie von den Nachbarn gehört werden konnten. Der Beklagte ließ die Schecks bei seiner Bank sperren. Zwei Monate später stellte er fest, daß sich die Schecks wiederum in der Lade befanden. Ob sie tatsächlich von der Klägerin daraus entnommen worden waren, konnte nicht festgestellte werden.

Schon seit 1980 wurden von den Streitteilen immer wieder kleinere und größere Bosheitsakte gesetzt, um den Ehepartner zu ärgern. So warf die Klägerin Pflanzen, die der Beklagte aus dem Urlaub in Ibiza mitgebracht hatte, im Winter aus dem ersten Stock.

Der Beklagte wiederum setzte verschiedene Handlungen, die den Zweck verfolgten, die Klägerin zu verunsichern und insbesondere ihre psychische Gesundheit in Frage zu stellen. So machte er der Klägerin Vorhaltungen, die Fernbedienung für den Fersehapparat oder die Hundeleine nicht finden zu können, und behauptete dann, diese Gegenstände im Auto der Klägerin gefunden zu haben. Auch wurde die Klägerin dadurch verunsichert, daß der Beklagte ständig Groschenhefte las, in deren Titel von Mord die Rede war, und diese Groschenhefte auf seinem Nachtkästchen deponierte. Die Klägerin nahm diese Vorfälle zum Anlaß, sich einer psychiatrischen Behandlung zu unterziehen. Der Beklagte hatte wiederholt Äußerungen gemacht, er werde die Klägerin noch dort hinbringen, wo sie hingehöre, wobei für die Klägerin kein Zweifel bestand, daß damit eine Nervenheilanstalt gemeint war. Der Beklagte bezeichnete die Klägerin im Zuge von Auseinandersetzungen wiederholt als "nicht normal"; dies insbesondere auch anläßlich eines Vorfall, als die Klägerin im Zuge einer Streitigkeit Anzüge des Beklagten aus dem Kasten riß und darauf herumtrampelte. Um die Klägerin zu ärgern, versteckte der Beklagte unter anderem auch ein Armband der Klägerin. Am 25.6.1982 wurde von der Klägerin die Scheidungsklage eingebracht. Bei der Verhandlung am 14.9.1982 kam es zu einer Versöhnung. Die Streitteile erklärten, sie wollten versuchen, die Ehe fortzusetzen, wobei sie verschiedene finanzielle Absprachen trafen und sich darüber einigten, gemeinsam eine fachmännische Eheberatung aufzusuchen.

Zufolge dieser Versöhnung entschloß sich der Beklagte, das erwähnte Armband, das er versteckt hatte, der Klägerin wieder zurückzugeben; er legte es ihr auf den Kopfpolster. Auf Befragen der Klägerin, warum er ihr den Schmuck weggenommen habe, erklärte er, er sei böse auf sie gewesen und habe es deshalb getan, damit sie lange an ihn denke.

Die Beziehung der Streitteile besserte sich jedoch nur kurzfristig. Um Weihnachten 1982 kam es nochmals zu einem Geschlechtsverkehr; seither haben die Streitteile nicht mehr miteinander geschlechtlich verkehrt.

Am 30.9.1982 suchten die Streitteile den Eheberater Dr. K*** auf. Dies konnte jedoch nicht verhindern, daß das Verhältnis der Streitteile neuerlich und zunehmend schlechter wurde. Der Streit entzündete sich insbesondere an den entgegengesetzten Vorstellungen der Parteien über finanzielle Dinge. Der Beklagte nahm daran Anstoß, daß nur die Klägerin im Grundbuch als Eigentümer des ehelichen Wohnhauses eingetragen war. Anfang 1983 wurden die Bosheitsakte und Feindseligkeiten vom Beklagten dadurch wiederum aufgenommen, daß er zwei psychiatrische Atteste, von denen das eine schon aus dem Jahre 1961 stammte, so hinlegte, daß die Klägerin sie finden mußte. Die Klägerin stellte den Beklagten bezüglich der beiden Atteste zur Rede. Dieser erklärte, er habe von den Attesten mehrere Ablichtungen im Büro, damit er die Klägerin in der Hand habe.

Die Klägerin entschloß sich am 16.2.1983 das Scheidungsverfahren fortzusetzen. Sie sah nun die Ehe endgültig als gescheitert an. Im Februar 1983 gab es deshalb Streit, weil der Beklagte nicht bereit war, dem Sohn Jörg eine neue Schiausrüstung zu kaufen. Ebenfalls im Februar 1983 kam es zu einer Auseinandersetzung, weil der Beklagte darüber erbost war, daß die Tochter Cornelia, der vom Schularzt eine stärkere Brille verordnet worden war, Brillengläser aus färbigem (teuerem) Glas bestellt hatte, ohne ihn vorher um Erlaubnis zu fragen. Der Beklagte der ohne weiteres aufgefordert wurde, die Brille abzuholen und zu bezahlen, ärgerte sich über diesen Umstand, derart, daß er seiner Tochter eine Ohrfeige versetzte. Die Klägerin nahm zugunsten der Tochter Stellung, wie sie auch verschiedene weitere Wünsche der Kinder eher unkritisch gegenüber dem Beklagten zu unterstützen pflegte.

Zwischen den beiden ehelichen Kindern und dem Beklagten war es schon seit 1981 zu einer immer mehr fortschreitenden Entfremdung gekommen. Diese Entwicklung war darauf zurückzuführen, daß die Kinder den Beklagten zu autoritär empfanden und uneinsichtig waren, wenn sich der Beklagte ihren Forderungen nach verschiedenen Anschaffungen gegenüber nicht geneigt zeigt. Insbesondere sahen es die Kinder nicht ein, daß der Beklagte wegen verschiedener Anschaffungen vorher um Erlaubnis gefragt werden wollte. Es kam in diesem Zusammenhang wiederholt zu Auseinandersetzungen, wobei besonders der Sohn Jörg, dem der Beklagte den Besuch einer Privatschule ermöglichte, wofür monatlich S 2.000 zu bezahlen waren, den Beklagten außerordentlich frech und respektlos behandelte und sich dazu hinreißen ließ, ihn gröblich zu beschimpfen. So nannte Jörg seinen Vater "Schnapsflasche" und forderte ihn auf, ihn nicht mehr anzusprechen. Darüber kränkte sich der Beklagte derart, daß er seinem Sohn sagte, er wolle unter diesen Umständen nicht mehr mit ihm reden. Ab diesem Zeitpunkt sprachen Vater und Sohn nicht mehr miteinander. Der Beklagte wurde von seinem Sohn nicht einmal mehr gegrüßt. Zufolge dieser Entwicklung war der Beklagte nicht bereit, sein den Kindern zu Weihnachten gegebenes Versprechen, ein Surfbrett zu kaufen, einzuhalten. Diese Bestrafung wurde von den Kindern als unverhältnismäßig hart empfunden; diese Meinung wurde auch von der Klägerin gegenüber dem Beklagten vertreten. Zufolge der Vorfälle im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung über die Schiausrüstung meldete der Beklagte seinen Sohn Jörg wenig später bei einem Fitneßclub ab, worüber nicht nur der Sohn, sondern auch die Klägerin, die erst später davon erfuhr, empört waren. Die Klägerin hatte die Kinder zwar schon einige Male darauf hingewiesen, daß sie ihrem Vater netter und freundlicher entgegenkommen sollten, sie stellte sich aber in der Regel bei Auseinandersetzungen stets auf die Seite der Kinder und verband ihre Ermahnungen, zum Vater freundlicher zu sein und ihn wenigstens zu grüßen, mit dem Hinweis, die Kinder sollten dies "schon aus finanziellen Erwägungen" tun. Sie meinte damit, daß der Beklagte eher bereit sein würde, den finanziellen Forderungen seiner Familie entgegenzukommen, wenn ihn die Kinder nicht derart frech und ablehnend behandelten.

Im Herbst 1982 hatte sich die negative Haltung der Kinder gegenüber dem Beklagten derart verstärkt, daß sie die Bereitschaft der Klägerin, sich mit dem Beklagten zu versöhnen, nicht begrüßten. Sie äußerten zur Klägerin, diese sei doch dem Beklagten in keiner Weise gewachsen, und bezeichneten sie in diesem Zusammenhang als "Würstchen". Die Kinder stellten sich auch in weiterer Folge vorbehaltlos auf die Seite der Klägerin, die schon in den Jahren zuvor häufig Anordnungen des Beklagten den Kindern gegenüber widerrufen und so erzieherische Versuche des Beklagten untergraben hatte. Als der Beklagte im Jahre 1982 seine Tochter mit einem Fernsehverbot belegte, weil diese frech zu ihm gewesen war, ließ die Klägerin dies nicht zu und äußerte in diesem Zusammenhang, ihre Kinder erziehe sie selbst. Ähnliche Vorfälle führten schon vor Jahren dazu, daß die Kinder dem Beklagten gegenüber äußerten: "Du kannst bei uns nichts bestimmen, uns sagt alles die Mutti". Dem Beklagten erschienen die Forderungen seiner Tochter nach neuen Kleidern überhöht, weil Cornelia seiner Meinung nach ohnehin genug Kleider hatte. Der Beklagte machte seiner Tochter Vorwürfe, daß sie sich im Alter von 13 oder 14 Jahren, ohne ihn zu fragen eine Dauerwelle legen ließ. Er war auch damit nicht einverstanden, daß die Klägerin und die beiden Kinder Tennis spielten, weil die diesbezüglichen Ausgaben, die im Jahre 1981 S 20.000 betrugen, seiner Meinung nach die finanziellen Möglichkeiten überstiegen, zumal er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Ausland arbeitete und daher ein entsprechend geringeres Einkommen hatte. Streit gab es auch, weil dem Beklagten die Aufwendungen für Nachhilfestunden der beiden Kinder im Verhältnis zu seinem verringerten Einkommen zu hoch erschienen.

Im Jänner 1983 kam es zu einer Auseinandersetzung, weil die Tochter Cornelia vom Beklagten Geld für ein Ballkleid forderte und dieser darauf hinwies, er habe bereits der Klägerin zu diesem Zweck im November 1982 einen Betrag von S 4.000 oder S 5.000 übergeben. Die Tochter Cornelia erklärte ihrem Vater, sie würde auch in diesem Punkte nicht ihm, sondern der Mutter glauben, und sprach in weiterer Folge mit ihrem Vater nicht mehr.

Seit Mitte März 1983 verbrachte der Beklagte die Wochenenden nicht mehr bei seiner Familie. Schon zuvor hatte es Auseinandersetzungen gegeben, weil sich der Beklagte geweigert hatte, seine Familie an den Wochenenden nach Frankenmarkt zu begleiten, wo die Mutter der Klägerin wohnt. Der Kontakt des Beklagten zur Klägerin bzw. zu den Kindern wurde im Laufe des Jahres 1983 immer mehr eingeschränkt. Abgesehen davon, daß die Streitteile einander nicht mehr grüßten, sahen sie einander kaum noch, weil der Beklagte an den Arbeitstagen, nachdem er um ca. 16 Uhr nach Hause gekommen war, das Haus wieder verließ und häufig erst spät, nur um zu nächtigen, wiederum zurückkehrte. Die Klägerin zog 1983 aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus und nächtigte in der Folge in einem ursprünglich als Gästezimmer geplanten Raum.

Der Beklagte erzielte im Jahre 1982 ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von ca. S 30.700. 1983 verringerte sich sein Einkommen zufolge der geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse bei seinem Arbeitgeber V***-A*** AG auf ca. S 22.700. Während der Beklagte nach der Versöhnung im September 1982 bis März 1983, offenbar im Bestreben, die Ehe zu retten, Unterhalt sogar über das im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse bzw. die Bedürfnisse der Klägerin und der beiden ehelichen Kinder notwendige Maß hinaus leistete, kam er in der Folge seiner Unterhaltsverpflichtung nur mehr unzureichend nach. Auf Antrag der Klägerin wurde er mit einstweiliger Verfügung vom 1.6.1983 verhalten, ihr einen monatlichen Unterhalt von S 6.500 und für die beiden Kinder monatliche Unterhaltsbeträge von S 2.500 bzw. S 2.000 zu leisten. Der Beklagte war auch im Jahre 1985 nicht bereit, seine Unterhaltsleistungen für seine Familie ohne entsprechenden, auf Antrag der Klägerin ergangenen gerichtlichen Auftrag den geänderten Verhältnissen gemäß zu erhöhen. Dem gegenüber mußte auch der Beklagte gegen die Klägerin gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen, um im Jahre 1986 eine den neuerlich geänderten Verhältnissen entsprechende Unterhaltsherabsetzung zu erreichen.

Die Klägerin war seit der Eheschließung im Jahre 1966 ständig Hausfrau und hatte kein eigenes Einkommen, so daß der Beklagte zur Gänze den Unterhalt der Familie zu bestreiten hatte. Die Klägerin hatte kein eigenes Konto und war auf dem Konto des Beklagten nicht zeichnungsberechtigt. Ursprünglich wurde jedoch das gesamte Gehalt des Beklagten auf ein Sparbuch überwiesen, über das die Klägerin jederzeit verfügen konnte. Die Verwaltung und Entscheidung in finanziellen Dingen lag jedoch stets beim Beklagten. Wenn die Klägerin Kleider kaufen oder sonstige Anschaffungen tätigen wollte, mußte sie ihre Wünsche dem Beklagten unterbreiten, der darüber entschied, ob etwas gekauft werden durfte oder nicht. Da der Beklagte der Meinung war, daß die Klägerin manchmal etwas leichtsinnig mit Geld umging, verfügte er im Jahre 1984, daß die Klägerin "nicht mehr auf das Sparbuch greifen konnte". Der Beklagte informierte die Klägerin über die exakte Höhe seines Einkommens nicht; sie hatte daher vor dem Scheidungsverfahren keine Kenntnis darüber, wieviel der Beklagte monatlich verdiente. Die Klägerin wußte aber schon, daß der Beklagte, als er in den Jahren 1981 und 1982 in der DDR beschäftigt war, entsprechende Auslandszulagen erhielt. Die genaue Höhe war ihr jedoch nicht bekannt. Tatsächlich betrug das monatliche Nettoeinkommen des Beklagten in dieser Zeit bis zu S 75.000. Als der Beklagte im August 1981 in die DDR fuhr, übergab er der Klägerin eine Reihe von Schecks, mit denen sie im Zeitraum 4.9.1981 bis 26.11.1981 insgesamt S 75.000 behob. Der Beklagte, der einige Male nach Linz kam, behob im Zeitraum 2.9.1981 bis 21.12.1981 mit Schecks insgesamt S 61.500. Die erwähnten Scheckeinlösungen bildeten einen weiteren Anlaß zu Streitigkeiten zwischen den Parteien, weil der Beklagte behauptete, die Klägerin habe ca. S 130.000 im obigen Zeitraum verbraucht, und die Klägerin aufforderte, ihm über den S 60.000 übersteigenden Betrag Rechenschaft zu geben. Die Klägerin blieb dem gegenüber bis zuletzt bei ihrer Behauptung, sie habe damals Schecks lediglich im Betrage von insgesamt ca. S 60.000 eingelöst.

Schon vor dem Einbringen der Scheidungsklage machte die Klägerin die Entdeckung, daß der Beklagte Heiratsannoncen ausschnitt und im Keller aufhob. Sie hegte daher den Verdacht, daß er auf solche Inserate auch antwortete. Auf Anraten des von ihr eingeschalteten Detektivs P*** gab die Klägerin ein Lockinserat auf. In dieser Annonce bezeichnete sie sich als 40jährige, verwitwete Geschäftsfrau im Baugewerbe. Der Beklagte antwortete tatsächlich auf dieses Inserat, wobei er eine Kopie eines von ihm handschriftlich verfaßten Schreibens verwendete. Kopien dieses Schreibens versendete der Beklagte im Jahre 1983 und auch später einige Male. In diesem Schreiben führte der Beklagte unter anderem aus:

"Ich verbinde mit einer Partnerschaft keine materiellen Interessen, ich wünsche mir durchaus eine eventuell emanzipierte Frau, die sich selbst und kritisch ein Urteil über Menschen und Meinungen bilden kann. Wenn es Sie bisher gestört hat, daß ich Ihnen eine Fotokopie zumute, schätze ich, daß Sie so tolerant sind und diese Form für gut heißen, es kann sein, daß Sie sich schon entschieden haben, eben dann würde ich den Stil eines neuerlichen Briefes beibehalten und nicht aufgeben, den richtigen Partner fürs Leben zu finden. Meine Zeilen sind ehrlich geschrieben und es liegt mir sehr viel daran, daß ich wieder für einen Menschen da sein kann, wenn beide Partner neben Liebe und Leidenschaft Begriffe wie Pflicht und Treue einen Inhalt haben: dann bitte melden Sie sich." Mit einer weiteren Kopie dieses Schreibens versuchte der Beklagte mit einer Bekannten der Klägerin 1985 in Kontakt zu treten.

Diese hatte in einer Tageszeitung eine Heiratsannonce erscheinen lassen. Sie teilte der Klägerin mit, daß der Beklagte ihr mit dem obigen Schreiben geantwortet hatte. Schon im Jahre 1983 hatte der Beklagte aufgrund der Inserate bzw. seiner Antwortschreiben Kontakt zu ca. 6 Frauen hergestellt und diese Frauen auch getroffen. Ob es dabei zu intimen Kontakten gekommen war oder diese Begegnungen lediglich dazu geführt hatten, sich gegenseitig auszusprechen und insbesondere Partnerschaftsprobleme zu erörtern, konnte nicht festgestellt werden.

Der Beklagte antwortete im Sommer 1984 neuerlich auf verschiedene Heiratsannoncen und gab auch selbst ein Inserat auf. Er traf sich wiederum mit Frauen. Näheres konnte nicht festgestellt werden. Ende September 1983 lernte der Beklagte Barbara S*** kennen, deren Ehe etwa 1 Jahr zuvor geschieden worden war. Der Beklagte lud sie zu einem Kaffee ein. Es entwickelte sich ein freundschaftliches Verhältnis. Sie kamen schon relativ kurze Zeit, nachdem sie einander kennengelernt hatten, überein, sich zu duzen. Der Beklagte besuchte S*** zuerst nur fallweise an den Wochenenden. Seit ca. Mitte November 1983 nächtigte er an den Wochenenden bei ihr, wobei es vorkam, daß er mit ihr alleine im Haus war. Die Klägerin hatte die Detektei P*** mit der Überwachung des Beklagten beauftragt. Der Mitarbeiter dieser Detektei K*** beobachtete den Beklagten und S***, als sie am 28.9.1983 einen Spaziergang auf den Bauernberg machten und anschließend so zurückgingen, daß der Beklagte Barbara S*** umfaßt hielt und sie ihrerseits den Beklagten an der Hüfte hielt. Beim Abschied strichen sich die beiden gegenseitig über das Haar. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Beziehung zwischen dem Beklagten und Barbara S*** eine platonische war, oder ob es zwischen den beiden auch zu sexuellen Kontakten kam.

Das Verhältnis zwischen den Streitteilen war im Laufe des Jahres 1983 weiter schlechter geworden. Die Klägerin bereitete dem Beklagten vorerst noch das Abendessen. Dieser war aber damit unzufrieden, weil das Essen nicht seiner Vorstellung entsprach, weil es mitunter nur etwa aus einem Brot mit Radieschen oder Brot und Suppe bestand. Der Beklagte teilte der Klägerin am 22.9.1983 schriftlich mit, er nehme ihren Vorschlag an, gegen entsprechende Verminderung des Unterhaltes überhaupt keine Mahlzeiten im eigenen Haushalt mehr einzunehmen. Mit eingeschriebenem Brief vom 27.9.1983 antwortete die Klägerin, sie serviere jedesmal, wenn der Beklagte anwesend sei, das Essen im Wohnzimmer, es schmecke ihm aber so oft nicht, und er lasse es unberührt. Sie halte es nicht für sinnvoll und tragbar, das Essen auf den Müll zu werfen. Falls der Beklagte häufiger als zweimal pro Woche zu Hause essen wolle, werde sie natürlich für ihn kochen, doch würde sie um etwas Beistellung von Nahrungsmitteln ersuchen. Sie bitte den Beklagten, ihr seine Wünsche in puncto Essen mitzuteilen. Auch ersuche sie um eine kurze Mitteilung für den Fall, daß er abwesend sei oder später nach Hause komme. Sie müsse insbesondere im Hinblick auf die gestiegenen Bedürfnisse der Kinder mit dem Unterhalt sparsam umgehen. Darauf schrieb der Beklagte mit Seife auf den Spiegel im Bad: "Bitte, kein Essen in Zukunft". Danach bereitete die Klägerin für den Beklagten kein Essen mehr.

Im Dezember 1983 kam es zwischen dem Beklagten und der Tochter Cornelia zu einer Auseinandersetzung, als der Beklagte sie aufforderte, den Fernseher abzudrehen. Cornelia antwortete darauf, der Beklagte solle aus dem Haus verschwinden und zu seiner "Wildsaufrau" gehen. Mit "Wildsaufrau" war Barbara S*** gemeint. Der Beklagte versetzte daraufhin seiner Tochter eine Ohrfeige. Das Verhalten der Streitteile zueinander wurde immer unleidlicher. Der Beklagte verbrachte eine Reihe von Gegenständen (ua Teppiche, gestickte Bilder, ein Spinnrad etc.), die zum Teil von ihm vor der Ehe angeschafft, zum Teil aber auch während der Ehe gekauft worden waren und zum Hausrat gehörten, heimlich aus dem Haus. Als die Klägerin einmal bemerkte, daß der Beklagte Gefrierfleisch aus der Tiefkühltruhe entnahm, vermutete sie, daß er auch dieses Fleisch aus dem Hause bringen wollte. Es kam zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf die Klägerin dem Beklagten das Gefrierfleisch in den Garten nachwarf, dabei aber den Hund traf, der dadurch verletzt wurde.

Auch von der Klägerin wurden verschiedene Gegenstände, ua ein 12- teiliges Silberbesteck, diverses Werkzeug etc., vor dem Beklagten versteckt bzw. aus dem Hause verbracht. So machte der Beklagte am 10.12.1983 die Wahrnehmung, daß die Klägerin ihren PKW mit Hausrat vollgepackt hatte, worunter sich auch die Schi des Beklagten befanden. Aus Ärger darüber schrieb der Beklagte mit Seife auf den PKW der Klägerin das Wort "Diebstahl". In den Jahren 1983 und 1984 kam es auch vor, daß die Klägerin Post des Beklagten verschiedentlich nicht an ihn weitergab.

Das Weihnachtsfest 1983 verbrachte der Beklagte erstmals nicht bei seiner Familie, sondern hielt sich über die Feiertage bei Barbara S*** auf.

Am 23.1.1984 schrieb der Beklagte mit Seife auf den Spiegel im Bad:

"Hier schaut es aus wie in einem Saustall". Der Beklagte vertrat die Ansicht, daß das Bad zu wenig aufgeräumt und außerdem von zwei Meerschweinchen, die von den Streiteilen gehalten und fallweise im Bad freigelassen wurden, verschmutzt worden sei.

Im März 1984 kam es zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen, als die Tochter Cornelia dem Beklagten ihren Freund vorstellte. Der Beklagte wußte zu diesem Zeitpunkt bereits, daß der junge Mann im Hause sozusagen aus- und einging, und war darüber verärgert, daß man ihm den Freund bisher nicht vorgestellt hatte. Er äußerte zu ihm: "Nehmen Sie Abstand von diesem Mädchen, es hat keine Erziehung und keine Manieren". Er teilte dem Freund auch mit, daß ihn die Tochter seit Jänner 1983 nicht mehr gegrüßt hatte. Die Klägerin beschimpfte den Beklagten daraufhin in Gegenwart des Freundes und äußerte, der Beklagte solle verschwinden. Auch im Jahre 1984 setzten sich die gegenseitigen Bosheitsakte fort. Im Dezember entdeckte der Beklagte 7 ca. 3 cm lange Stecknadeln in seiner Bettdecke, die offenbar zu dem Zweck dort placiert worden waren, daß er sich daran stechen sollte; dies geschah dann auch tatsächlich. Einige Zeit später stellte der Beklagte fest, daß ihm eine weitere, ca. 4 cm lange Stecknadel in seine Hosentasche gesteckt worden war. Er beobachtete auch, daß die Klägerin, die im Schlafzimmer, in dem zu diesem Zeitpunkt nur mehr er nächtigte, zusammengekehrt hatte, den Kehricht in einen Kasten gab. Der Beklagte wurde in der Zeit zwischen 1983 und 1985 von seiner Familie mehrmals dadurch in seiner Nachtruhe gestört, daß Türen zugeschlagen und laut Radio gespielt bzw. Nägel eingeschlagen wurden etc. Die Klägerin antwortete auf entsprechende Vorhaltungen des Beklagten, er habe im Haus ohnehin nichts zu suchen und solle verschwinden.

Am 29.6.1984 suchte die Klägerin mit dem bei der Detektei P*** beschäftigten Sachbearbeiter K*** den Ursulinenhof in Linz auf, wohin er sie zum Abendessen eingeladen hatte. Er bestellte eine kalte Platte, die von den beiden gemeinsam gegessen wurde. K*** gab der Klägerin Informationen über seine Nachforschungen. Sie verließen den Ursulinenhof gegen 21,30 Uhr gemeinsam und kauften sich ein Eis. Anschließend gingen sie zum Parkplatz vor dem Ursulinenhof, wo sie ihre beiden PKW abgestellt hatten. Dort verabschiedete sich K*** von der Klägerin mit einem Handkuß. Der Finanzbuchhalter Josef T*** wurde der Klägerin, die 1984 im Wirtschaftsförderungsinstitut einen Vorbereitungskurs für die Buchhaltungsprüfung besuchte, als Nachhilfelehrer empfohlen. Er gab ihr im August und September 1984 einige Nachhilfestunden, die von ihrer Mutter finanziert wurden. Zu diesem Zweck suchte T*** die Klägerin mehrmals im Hause der Streitteile auf. Die Klägerin legte Mitte September 1984 die schriftliche Buchhaltungsprüfung und im November 1984 die mündliche Buchhaltungsprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg ab. Über diese rein geschäftliche Beziehung mit T*** hinaus entwickelten sich in weiterer Folge auch persönliche Kontakte. Josef T*** besuchte mit seiner Frau und seinen Kindern die Klägerin, die ihrerseits diese Besuche bei der Familie T*** erwiderte. Eine ehewidrige Beziehung bestand nicht. Im August 1984 war der Kontakt zwischen den Streitteilen bereits weiter eingeschränkt. Die Parteien sprachen nur mehr das Notwendigste und verkehrten hauptsächlich schriftlich miteinander. Am 12.12.1984 erlitt die Klägerin während einer mündlichen Streitverhandlung einen nervösen Zusammenbruch und mußte sich bis 14.1.1985 einer stationären Behandlung in einem Krankenhaus unterziehen. Sie wurde ca. 3 Wochen lang auf der neurologischen Station behandelt und dann noch eine weitere Woche gynäkologisch betreut. Während der Zeit ihres Spitalsaufenthaltes wurden die Kinder von der Mutter der Klägerin betreut, die seit Mitte Dezember 1984 im Haus der Streitteile in Linz wohnte. Nach ihrer Spitalsentlassung am 14.1.1985 hielt sich die Klägerin bis 20.2.1985 im Wohnhaus der Streitteile in Linz auf, entschloß sich jedoch im Hinblick auf ihren sehr schlechten nervlichen Zustand, ab 20.2.1985 vorerst im Hause ihrer Mutter in Frankenmarkt Wohnung zu nehmen. Diese Erholung hatte die Klägerin insbesondere deshalb nötig, weil es nach ihrem Spitalsaufenthalt zu verschiedenen Vorfällen gekommen war, durch die die Nerven der Klägerin und ihr Gesundheitszustand angegriffen wurden. Der Klägerin war das Zusammenleben mit dem Beklagten unerträglich geworden, weil dieser neuerlich verschiedene Bosheitsakte gesetzt und der Klägerin dadurch den Aufenthalt in der ehelichen Wohnung weiter verleidet hatte. Unter anderem hatte der Beklagte absichtlich in der Küche Kaffeesud ausgeschüttet und die Fliesen des Bades mit Rasierschaum bespritzt. Neuerlich hatte der Beklagte die Klägerin auch dadurch verunsichert, daß er Zweifel an ihrer psychischen Gesundheit äußerte. Der nervliche Zustand der Klägerin wurde auch noch dadurch angegriffen, daß der Sohn Jörg Anfang Februar 1985 einige Zeit unbekannten Aufenthaltes war und, sich später herausstellte, mit einer Freundin eine Reise nach Italien unternommen hatte.

Am 9.2.1985, einen Tag, bevor die Klägerin feststellte, daß ihr Sohn abgängig war, erstattete der Beklagte bei der Polizeidirektion Linz die Anzeige, sie habe seinen PKW so vorschriftswidrig abgestellt, daß andere Fahrzeuglenker behindert worden seien. Neben der Sorge um ihren Sohn hatte die Klägerin daher auch noch die Unannehmlichkeiten einer polizeilichen Untersuchung zu ertragen, was sich auf ihren Gesundheitszustand ebenfalls negativ auswirkte. Die Anzeige hatte der Beklagte aus Ärger erstattet. Er hatte am Vorabend seine Garagenzufahrt durch den PKW des Freundes der Tochter Cornelia blockiert vorgefunden. Er hatte daraufhin seinen PKW so geparkt, daß er seinerseits den PKW des Freundes blockierte. Als der Beklagte in der Nacht auf den 10.2.1985 feststellte, daß man seinen PKW, offenbar, um dem Freund das Wegfahren zu ermöglichen, schräg verschoben hatte, erstattete er die Anzeige. Das gegen die Klägerin eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wurde am 25.3.1985 eingestellt.

Auf Antrag der Klägerin wurde dem Beklagten wegen all dieser Vorfälle, um weitere gesundheitliche Schäden bei der Klägerin zu verhindern, mit Beschluß vom 10.4.1985 aufgetragen, das eheliche Wohnhaus in 4020 Linz, Worathweg 4, zu verlassen und bis zur Erledigung des Ehescheidungsstreites nicht mehr zu betreten. Der Beklagte zog demzufolge am 31.5.1985 aus dem ehelichen Wohnhaus aus und lebt seither von seiner Familie getrennt. Er leidet unter Depressionen und befindet sich seit 1983 beim Psychologen Dr. R*** in ärztlicher Behandlung. Weiters wird der Beklagte aufgrund von sexuellen Schwierigkeiten seit 1982 vom Urologen Dr. N*** behandelt. Ob diese sexuellen Schwierigkeiten darauf zurückzuführen sind, daß der Beklagte, wie er behauptet, von der Klägerin im Bett sexuell gedemütigt wurde, konnte nicht festgestellt werden. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, daß beide Ehegatten an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe ein Verschulden treffe, jenes des Beklagten jedoch erheblich schwerer wiege als das der Klägerin. Das Berufungsgericht gab der Berufung beider Parteien in der Hauptsache nicht Folge. Es vertrat ebenfalls die Auffassung, daß das Verschulden der Klägerin am Scheitern der Ehe gegenüber dem überwiegenden Verschulden des Beklagten fast völlig in den Hintergrund tritt, und stützte diese Ansicht vor allem darauf, daß das Verhalten des Beklagten die zur Zerrüttung der Ehe führende Entwicklung eingeleitet habe.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin geschieden werde.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach Ansicht des Beklagten treten seine Eheverfehlungen im Vergleich zu jenen der Klägerin so sehr in den Hintergrund, daß von deren überwiegendem Verschulden an der Zerrüttung der Ehe ausgegangen werden müsse. Dabei stützt er sich vor allem darauf, daß sich die Klägerin "jedes Mal auf die Seite der Kinder schlug, wenn der Vater erzieherische Mittel einsetzen wollte". Im übrigen seien seine Eheverfehlungen nicht derart gravierend, zumal die Klägerin solche geradezu provozierte, indem sie ihn zB mit seinen Heiratsannoncen "in die Falle lockte".

Seinen Ausführungen kann jedoch nicht gefolgt werden. Nach § 60 Abs 2 EheG (siehe § 60 Abs 3 letzter Satz EheG) ist das überwiegende Verschulden eines Teiles dann auszusprechen, wenn sein Verschulden erheblich schwerer wiegt als das des anderen. Der Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile muß augenscheinlich hervortreten (EFSlg 48.834, 46.243, 43.691 uva), so daß es subtiler Abwägungen nicht bedarf (Schwind, Eherecht2 251); das Verschulden des anderen Ehegatten muß fast völlig in den Hintergrund treten (EFSlg 48.832, 46.242, 43.692 uva; Pichler in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 60 EheG). Für die beiderseitige Verschuldensabwägung ist das Gesamtverhalten beider Ehegatten maßgebend (EFSlg 48.815, 46.230, 46.231, 43.684); zu berücksichtigen ist, wer den entscheidenden Beitrag zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geleistet hat (EFSlg 48.821, 46.234, 43.679); die Ursächlichkeit der Verfehlungen für den Eintritt der unheilbaren Zerrüttung ist von ausschlaggebender Bedeutung (EFSlg 43.680, 43.677, 41.271, insbes. auch 1 Ob 678/87 ua).

Die Annahme des vom Beklagten primär angestrebten überwiegenden Verschuldens der Klägerin an der Zerrüttung der Ehe scheidet aufgrund der getroffenen Feststellungen von vornherein aus. Fraglich könnte nur sein, ob sein Verschulden gegenüber jenem der Klägerin so augenscheinlich hervortritt, daß die Annahme der Vorinstanzen, es überwiege im Sinne der dargestellten Judikatur, berechtigt ist. Die zusammenfassende Gegenüberstellung der wesentlichen Fehlverhaltensweisen beider Ehegatten zeigt dies jedoch klar auf. Der gravierende Ausgangspunkt der Ehekrise war die Tatsache, daß der Beklagte der Klägerin die Existenz seiner vorehelichen Tochter verschwiegen hatte. In der Folge wurde der Beklagte gegenüber der Klägerin auf sexuellem Gebiet zunehmend aggressiver. Er gab ihr Faustschläge ins Gesicht und Ohrfeigen und versuchte, den ehelichen Verkehr mit Gewalt zu erzwingen. Später setzte er eine Vielzahl von Bosheitsakten, bezichtigte die Klägerin lautstark vor anderen Leuten des Diebstahles, las provozierend Groschenhefte mit Mordmotiven und suchte die Klägerin psychisch zu alterieren, indem er ihre geistige Normalität ständig in Frage stellte. Der Beklagte gebärdete sich finanziell kleinlich und war teilweise den Kindern gegenüber auch zu autoritär. Als er sah, daß ihn die Familie zunehmend mehr ablehnte, leistete er ohne gerichtliche Hilfe keinen Unterhalt mehr. Er verfaßte mehrere Heiratsannoncen und nahm Kontakt mit anderen Frauen auf. Sein Verhältnis zu Barbara S*** führte dazu, daß er zumindest an den Wochenenden bei ihr nächtigte. Er verkehrte schließlich mit der Klägerin fast nur mehr schriftlich und schrieb mehrmals seine Wünsche mit Seife auf den Spiegel im Bad. Seine destruktive Verhaltensweise führte schließlich zu einem nervösen Zusammenbruch der Klägerin; sie mußte sich 3 Wochen lang auf einer neurologischen Station behandeln lassen. Als letzten Bosheitsakt erstattete der Beklagte die unbegründete Strafanzeige gegen die Klägerin, daß sie ihren PKW verkehrsbehindernd geparkt habe.

Hingegen sind die im wesentlichen als Reaktion einer gedemütigten Frau zu wertenden Eheverstöße der Klägerin nicht als gravierend zu werten. Lediglich ihr erzieherisches Fehlverhalten gegenüber den Kindern erfordert eingehendere Beachtung: Im Gegensatz zu den Ausführungen des Beklagten war das Verhalten der Klägerin von diesbezüglicher Passivität gekennzeichnet. Ihre Worte, die Kinder sollten dem Vater schon wegen seiner finanziellen Leistungen anständig begegnen, vermögen ihre Einflußlosigkeit auf deren Verhalten nicht in Frage zu stellen. Sie war so wenig mit der Psyche der Kinder vertraut, daß sie von dem spurlosen Verschwinden ihres damals erst 14 Jahre alten Sohnes Jörg gänzlich überrascht und in tiefe Sorge gestürzt wurde. Daß sie sich aber in der Zuneigung und Hilfe ihrer Kinder gegenüber dem oben geschilderten Verhalten des Beklagten bestätigt finden wollte, kann ihr nicht als gravierender Verstoß gegen die eheliche Gesinnung angelastet werden. Ihr Fehlverhalten tritt im Vergleich zu den oben zusammengefaßt dargestellten schweren Eheverstößen des Beklagten derart in den Hintergrund, daß die Vorinstanzen mit Recht das überwiegende Verschulden des Mannes an der Zerrüttung der Ehe aussprachen. Seiner Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E14914

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00573.88.0623.000

Dokumentnummer

JJT_19880623_OGH0002_0080OB00573_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten