TE OGH 1988/6/29 14Os77/88

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Veröffentlicht am 29.06.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Juni 1988 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Forsthuber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johannes F*** und einen anderen wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Elmar P***, ferner die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Elmar P*** sowie die Berufung des Angeklagten Johannes F*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 28. Dezember 1987, GZ 35 Vr 3503/87-54, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Elmar P*** wird zurückgewiesen.

2. Aus deren Anlaß wird jedoch gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Elmar P*** in dem im Schuldspruch zu Punkt III enthaltenen Ausspruch gewerbsmäßiger Tatbegehung und in der rechtlichen Beurteilung nach § 12 Abs 2 SGG nF, ferner gemäß § 289 StPO im Schuldspruch wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (Punkt VI) sowie demgemäß auch in den den Angeklagten Elmar P*** betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) jedoch unter Aufrechterhaltung der Einziehungserkenntnisse aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

3. Die Staatsanwaltschaft mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde wie auch der Angeklagte Elmar P*** mit seiner Berufung werden auf die zu 2. getroffene Entscheidung verwiesen.

4. Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten Johannes F*** werden die Akten gemäß § 285 i StPO nF dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten P*** die Kosten des Verfahrens über seine Rechtsmittel zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Johannes F*** (zu I) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und (zu II) des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG sowie Elmar P*** (zu III) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG, (zu IV) des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG "in Form der Beteiligung nach § 12 StGB" (richtig: "zu III und IV des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG (nF - vgl. US 22), teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB"), ferner der Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG (Punkt VII) und nach § 36 Abs 1 Z 2 WaffenG (Punkt V) sowie des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (Punkt VI) schuldig erkannt. Die beiden Angeklagten wurden hiefür nach dem Suchtgiftgesetz zu Freiheitsstrafen, der Angeklagte P*** außerdem noch gemäß § 38 Abs 1 FinStrG zu einer Geldstrafe verurteilt. Ferner wurden die beim Angeklagten P*** sichergestellte verbotene Waffe ("Hasentöter") gemäß § 26 StGB und die bei beiden Angeklagten sichergestellten Suchtgifte gemäß §§ 13 Abs 1, 16 Abs 3 SGG eingezogen.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil wird vom Angeklagten P*** - der Sache nach nur hinsichtlich der Schuldsprüche laut Punkte III, IV und VI des Urteilssatzes - mit einer auf die Z 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung, vom Angeklagten F*** mit Berufung und von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten P*** mit einer auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft.

Das Verbrechen nach dem Suchtgiftgesetz und das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei liegen dem Angeklagten Elmar P*** zur Last, weil er

(zu III) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge gewerbsmäßig in Verkehr setzte, indem er in der Zeit von März bis August 1985 in Schwaz Johannes F*** wiederholt insgesamt ca. 1.000 Gramm Cannabisharz zum kommissionsweisen Weiterverkauf überlassen hat;

(zu IV) zu der unter Punkt I/3 des Urteilssatzes angeführten strafbaren Handlung des Johannes F***, nämlich der Einfuhr von insgesamt ca. 1.500 Gramm Cannabisharz von Spanien nach Österreich, dadurch beigetragen hat, daß er dem Genannten die Reise und den Ankauf des Suchtgiftes in Spanien finanzierte;

(zu VI) durch die unter Punkt III des Schuldspruchs angeführte - zuvor wiedergegebene - strafbare Handlung "vorsätzlich und gewerbsmäßig handelnd eine Menge von 1.000 Gramm Cannabisharz ausländischer Herkunft im Wert von 75.000 S, auf das Eingangsabgaben von insgesamt 27.225 S entfallen und hinsichtlich dessen von Unbekannten ein Schmuggel begangen worden war, von unbekannten Personen im Zollgebiet erworben und an Johannes F*** weiterveräußert" hat.

Das Erstgericht stützte die von der Beschwerde bekämpften Urteilsfeststellungen im wesentlichen auf die Angaben des Mitangeklagten Johannes F***, und zwar nicht nur auf jene vor der Gendarmerie vom 20. und 21. November 1985 (vgl. insbesondere S 25, 27, 35, 41 bis 53/I), sondern auch - was die Beschwerde übergeht - auf die Verantwortung des Genannten vor dem Untersuchungsrichter, wo F*** die den Beschwerdeführer belastenden Angaben ausdrücklich aufrecht erhalten hat (S 49, 51/I); dabei hat es eingehend begründet, warum es diesen Angaben Glauben schenkte und nicht der (nach dem am 5. Dezember 1985 vor dem Untersuchungsrichter erfolgten Widerruf) im weiteren Verfahrensverlauf aufrecht erhaltenen geänderten Darstellung des Mitangeklagten F*** sowie der von Anfang an leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers (vgl. US 15 ff). Den ursprünglichen, den Beschwerdeführer belastenden Bekundungen des Angeklagten F*** aber konnte das Schöffengericht gemäß § 258 Abs 2 StPO sehr wohl eine für die bekämpften Schuldsprüche tragfähige größere Beweiskraft beimessen, als deren späterem Widerruf.

Den dagegen erhobenen Beschwerdeeinwendungen, wonach sämtliche für die Richtigkeit des "ursprünglichen Geständnisses des F***" herangezogenen Indizien einer näheren Betrachtung nicht stand hielten, ist zunächst zu erwidern, daß der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit einer Person auf Grund der von dieser in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang als solcher einer Anfechtung (auch) aus dem relevierten Nichtigkeitsgrund (Z 5 a) entzogen ist. Den bezüglichen Einwänden sind aber auch keine konkreten aktenkundigen Umstände zu entnehmen, aus welchen sich für den Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der für die angefochtenen Schuldsprüche entscheidenden Tatsachen ergeben könnten. Alle jene Schlußfolgerungen der Beschwerde, mit denen - teils unter Behauptung von nicht spezifizierten Widersprüchen in den Aussagen der Gendarmeriebeamten, welche die seinerzeitigen Vernehmungen durchgeführt hatten - versucht wird, die Glaubwürdigkeit der Verantwortung des Beschwerdeführers und des Widerrufes der ursprünglichen Angaben des Mitangeklagten F*** darzulegen, stellen eine Urteilsanfechtung nach Art einer Schuldberufung dar, die gegen Urteile von Kollegialgerichten auch nach dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987 unzulässig ist. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten P*** war daher gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Aus deren Anlaß hat sich der Oberste Gerichtshof allerdings davon überzeugt, daß das Urteil (in Ansehung des Angeklagten Elmar P***) im Schuldspruch zu Punkt III des Urteilssatzes wegen des (angeblich) gewerbsmäßigen Inverkehrsetzens von Suchtgift - dieses Inverkehrsetzen bildet mit der dem Angeklagten P*** im Schuldspruch laut Punkt IV des Urteilssatzes außerdem zur Last liegenden Beteiligung an der vom Mitangeklagten F*** nach dem Schuldspruch Punkt I/3 begangenen Suchtgifteinfuhr im Hinblick auf die für den Tatbestand nach § 12 SGG bergiffswesentliche Quantifizierung rechtlich eine Einheit, sodaß auch eine gemeinsame strafrechtliche Zurechnung dieser Taten einheitlich als Verbrechen im Sinn des in Betracht kommenden Tatbestandes nach § 12 SGG zu erfolgen hat - sowie im Schuldspruch wegen des damit eintätig zusammentreffenden Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei keine tragfähigen Feststellungen über eine gewerbsmäßige Tatbegehung enthält. Die bloße Feststellung einer Wiederholungsabsicht (vgl. US 10 und 19) reicht für die bei Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung (§ 70 StGB; § 38 Abs 1 lit a FinStrG) notwendige Tendenz des Täters, wonach es ihm darauf ankommen muß (§ 5 Abs 2 StGB; § 38 Abs 1 lit a FinStrG), sich durch die wiederkehrende Begehung (auch) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nicht aus (Leukauf-Steininger Komm.2 RN 3; Mayerhofer-Rieder StGB2 ENr. 2, 4, 5 je zu § 70 ua). Die dem Urteil mangelnden Feststellungen hindern eine verläßliche Beurteilung, ob der Angeklagte P*** die in Rede stehenden Tathandlungen in der Absicht setzte, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Feststellungsmangel ist hinsichtlich des Verbrechens nach § 12 SGG nF für den vom Erstgericht angewendeten Strafsatz nach dessen Absatz 2 und in weiterer Folge, nämlich in Ansehung des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG, für die Frage von Bedeutung, ob hier überhaupt gerichtliche Zuständigkeit gegeben ist (§ 53 Abs 1 lit a FinStrG). Der Wegfall gewerbsmäßiger Begehung des Suchtgiftdelikts würde zum Entfall der Strafbarkeit des in Rede stehenden Finanzvergehens führen (§ 24 a SGG). Demzufolge war die Aufhebung auch des Schuldspruchs wegen des Finanzdelikts erforderlich (§ 289 StPO).

Es war daher der dem Urteil im aufgezeigten Umfang anhaftende Feststellungsmangel, demzufolge dem Obersten Gerichtshof eine Entscheidung in der Sache verwehrt ist, von Amts wegen gemäß § 290 Abs 1 StPO wahrzunehmen und spruchgemäß (laut Punkt 2) zu erkennen. Wegen der hiedurch erforderlichen Aufhebung auch der den Angeklagten P*** betreffenden Strafaussprüche ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, die aus dem Grund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO hinsichtlich der den Gegenstand der Schuldsprüche laut Punkt III und VI des Urteilssatzes bildenden Suchtgiftmenge das Unterbleiben des Ausspruchs von Wertersatzstrafen nach § 19 (Abs 1 lit a) FinStrG und "§ 13 Abs 2 nF bzw. § 12 Abs 4 SGG aF" reklamiert, nicht einzugehen. Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, daß die Staatsanwaltschaft in ihrer Rüge übersieht, daß seit dem Inkrafttreten der Suchtgiftgesetznovelle 1985 die Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes über den Wertersatz in ihrem Überschneidungsbereich mit dem Suchtgiftgesetz nicht mehr anwendbar sind, weshalb diesfalls eine Wertersatzstrafe ausschließlich unter den Voraussetzungen des § 13 Abs 2 SGG nF verhängt werden könnte (vgl. RZ 1987/49).

Der Angeklagte P*** war mit seiner Berufung auf die den ihn betreffenden Strafausspruch erfassende kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten F*** sind hingegen die Akten gemäß § 285 i zweiter Satz StPO nF dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzumitteln. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E14556

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0140OS00077.88.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19880629_OGH0002_0140OS00077_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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