TE OGH 1988/7/12 4Ob60/88

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Veröffentlicht am 12.07.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maschinen L*** Gesellschaft m.b.H. & Co KG, Import und Großhandel, Graz, Münzgrabenstraße 81, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und Dr. Klaus Kollmann, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei F*** UND S*** Gesellschaft m.b.H, Motorgeräte und Service, Graz, Rösselmühlgasse 15, vertreten durch Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 310.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 22. März 1988, GZ 1 R 45/88-11, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Dezember 1987, GZ 7 Cg 332/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Untergerichte werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren

a) die Beklagte sei schuldig, es zu unterlassen, mit reduzierten Preisangaben zu vorhergehenden "statt"-Preisen zu werben, ohne das Käuferpublikum deutlich darauf hinzuweisen, auf welche Preise sich dieser Preisvergleich bezieht,

b) die Klägerin werde ermächtigt, den Spruch des über diese Klage ergehenden Urteils auf Kosten der Beklagten binnen 6 Monaten nach Rechtskraft im Textteil der "Kleinen Zeitung", Ausgabe für Steiermark, in Normallettern mit Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien veröffentlichen zu lassen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 14.348,40 bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz (davon S 1.304,40 Umsatzsteuer), die mit S 25.402,-- bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (davon S 1.582,-- Umsatzsteuer und S 8.000,-- Barauslagen) sowie die mit S 20.765,75 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 978,75 Umsatzsteuer und S 10.000,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte verbreitete auf der Grazer Herbstmesse 1987 - in der ersten Oktoberwoche - ein Flugblatt, in dem sie eine "Frühbezugsaktion" für Schneefräsen mit dem Slogan "So haben Sie den Winter sicher im Griff" ankündigte. Sie stellte dabei für vier Schneefräsen zwei Vergleichspreise wie folgt gegenüber:

"Mod. 4021-4 PS    Mod. 5210-5 PS      Mod. 824

statt 15.000,--   statt 22.680,--     statt 29.700,--

nur                nur                  nur

12900,--          16900,--            21900,--

Mod. 1026-10 PS

statt 35.700,--

nur

27900,--"

Die Worte "Frühbezugsaktion" und "So haben Sie den Winter sicher im Griff" sowie die günstigeren "statt"-Preise waren auffallend in großen roten Buchstaben und Ziffern gedruckt.

Die Klägerin behauptet, die beanstandete Ankündigung lasse nicht erkennen, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen werde. Sie begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, mit reduzierten Preisangaben zu vorhergehenden "statt"-Preisen zu werben, ohne das Käuferpublikum deutlich darauf hinzuweisen, auf welche Preise sich dieser Preisvergleich beziehe. Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die im Flugblatt angegebenen "statt"-Preise seien nicht irreführend; die Worte "Frühbezugsaktion" und "So haben Sie den Winter sicher im Griff" ließen vielmehr klar erkennen, daß es sich um Aktionspreise für den Frühbezug vor dem Beginn der Saison und damit um eine zweifelsfrei erkennbare befristete Preissenkung handle. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Aus dem Gesamteindruck der beanstandeten Werbung gehe nicht ausreichend deutlich hervor, für welchen Zeitraum die "Frühbezugsaktion" gelte; insbesondere komme nicht zum Ausdruck, daß außerhalb dieses Zeitraumes die Waren zu den jeweils angeführten "statt"-Preisen angeboten würden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Eine Werbung mit "statt"-Preisen sei nicht zu beanstanden, wenn bei der Ankündigung eines zeitlich begrenzten "Sonderangebotes" klar zum Ausdruck komme, daß außerhalb des Zeitraums, für den die Waren zu herabgesetzten Preisen angeboten würden, die jeweils angeführten "statt"-Preise gelten. Die beanstandete Werbung lasse jedoch eine klare zeitliche Begrenzung des Sonderangebotes vermissen. Die Dauer der von der Beklagten angekündigten Verbilligungsaktion sei - insbesondere wenn man den Schneemangel im Gebiet von Graz im Winter 1987/88 berücksichtigt - gänzlich dem Zufall anheimgestellt und praktisch unbestimmbar. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß der Ankündigung von einem nicht ganz unerheblichen Teil des angesprochenen Publikums in der Eile des Geschäftsverkehrs etwas Unrichtiges entnommen werde. Der Ankündigende müsse die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen.

Die Beklagte erhebt Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise stellt sie Aufhebungsanträge.

Die Klägerin beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Vorinstanzen haben die Rechtsprechung des Obersten

Gerichtshofes zur Werbung mit Preisgegenüberstellungen zutreffend

wiedergegeben; nach ihr wird ein Verstoß gegen § 2 UWG angenommen,

wenn mangels näherer Erläuterung, wessen Preise zum Vergleich

herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich

ist. Dabei ist wegen der suggestiven Wirkung einer solchen

Werbemethode ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der

angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut und

dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung

ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu

Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl 1984, 99 mwN; ferner

ÖBl 1984, 17, 77 und 156; ÖBl 1986, 66 ua; auch ÖBl 1987, 127).

Eine Werbung mit "statt"-Preisen ist insbesondere dann nicht zu beanstanden, wenn bei der Ankündigung eines zeitlich begrenzten "Sonderangebotes" klar zum Ausdruck kommt, daß außerhalb des Zeitraumes, für den die Waren zu herabgesetzten Preisen angeboten werden, die jeweils angeführten "statt"-Preise gelten, nach dem Gesamteindruck der Ankündigung also nur ein Vergleich zwischen den für die Zeit des Sonderangebotes herabgesetzten Preisen und den sonst vom Ankündigenden allgemein geforderten Preisen in Betracht kommt (ÖBl 1984, 99 mwN; ÖBl 1986, 66).

Die Begriffe "Aktion", "Aktionspreis", "Aktionswochen" etc. haben sich im Handel zur Bezeichnung zeitlich begrenzter Preissenkungen allgemein eingebürgert; solche "Aktionen" werden aus den verschiedensten Anlässen angekündigt und veranstaltet. Diese Begriffe sind daher dem Publikum weitgehend geläufig. Die Gegenüberstellung eines "Aktionspreises" mit einem höheren Vergleichspreis wird daher von den angesprochenen Verkehrskreisen in der Regel dahin verstanden werden, daß der höhere Preis der sonst vom Ankündigenden allgemein geforderte Preis ist. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte Anfang Oktober 1987 unter Ankündigung einer "Frühbezugsaktion" für einen vom Publikum regelmäßig nur im Winter ab dem Einsetzen der Schneefälle benötigten Saisonartikel mit Preisgegenüberstellungen geworben und damit hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, daß der höhere Preis der von ihr während der Verkaufssaison von Schneefräsen verlangte Normalpreis ist. Das Berufungsgericht vermag nicht aufzuzeigen, welchen davon abweichenden Sinn noch erhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise der Ankündigung entnehmen könnten. Daß die beanstandete Ankündigung nicht deutlich erkennen läßt, wie lange die Frühbezugsaktion laufen und der günstigere Vorsaisonpreis gelten sollte und wann die Beklagte wieder zum Normalpreis zurückkehren werde, ist für die Frage, was das Publikum unter dem angekündigten höheren "statt"-Preis verstehen konnte, bedeutungslos; unabhängig von der Dauer der angekündigten "Frühbezugsaktion" war vielmehr der höhere "statt"-Preis nur als der vom Ankündigenden außerhalb der "Aktion" allgemein geforderte Preis zu verstehen. Zur Irreführung geeignete Angaben über die Dauer der - als solche deutlich angekündigten - vorübergehenden Preissenkungsaktion sind aber nicht Gegenstand des erhobenen Unterlassungsbegehrens; dieses richtet sich nicht gegen die Undeutlichkeit in Bezug auf die Dauer der Preisherabsetzung, sondern gegen die vermeintliche Unklarheit der als "statt"-Preis herangezogenen Vergleichsbasis. Das ist aber inhaltlich etwas anderes als die Undeutlichkeit bezüglich der Dauer der Preissenkungsaktion, so daß auch eine an sich zulässige, nicht gegen § 405 ZPO verstoßende Neufassung des Spruches hier nicht in Betracht kommt (vgl. ÖBl 1986, 66).

Der Revision ist daher Folge zu geben und das Klagebegehren abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15011

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00060.88.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19880712_OGH0002_0040OB00060_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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