TE Vwgh Erkenntnis 2005/9/27 2005/18/0088

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Veröffentlicht am 27.09.2005
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §107 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A (auch: Y) in Wien, geboren 1968, vertreten durch Dr. Christoph Gottesmann, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Burggasse 20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Dezember 2004, Zl. SD 1642/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Dezember 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 und Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität bzw. Nationalität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei nach eigenen Angaben am 11. Juni 1999 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt. Bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 12. Juni 1999 sei gegen den Beschwerdeführer auf Grund der bestehenden Mittellosigkeit ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren rechtskräftig erlassen worden. Am 14. Juni 1999 habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag eingebracht, welcher mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 14. Juni 2000 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Gleichzeitig sei festgestellt worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei. Ein vom Beschwerdeführer in der Folge (am 3. September 2001) eingebrachter weiterer Asylantrag sei rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe von 14. Jänner 2000 bis 12. Juli 2000 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. In der Folge sei er unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Mit den Straferkenntnissen der Bundespolizeidirektion Wien vom 26. Februar 2002 (rechtskräftig seit 11. März 2002) und vom 23. August 2004 (rechtskräftig seit 11. September 2004) sei der Beschwerdeführer wegen des unrechtmäßigen Aufenthalts nach den Bestimmungen des FrG bestraft worden.

Am 25. Oktober 2004 sei der Beschwerdeführer festgenommen worden. Dabei habe er angegeben, über keine Barmittel zu verfügen und seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf einer Zeitschrift zu bestreiten. Bei der ergänzenden Einvernahme am 28. Oktober 2004 habe der Beschwerdeführer neuerlich angegeben "hin und wieder auf der Straße Zeitungen" zu verkaufen. Dabei habe er erstmals angeführt, nicht Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, sondern Staatsangehöriger der Elfenbeinküste zu sein. Die falsche Nationalität hätte er bei den Asylanträgen angegeben, weil er gewusst hätte, dass es in der Demokratischen Republik Kongo Probleme gegeben hätte. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bereits unter dem Namen "Dos Santos Pedro" im August 1994 in Dortmund einen Asylantrag gestellt habe, welcher rechtskräftig negativ erledigt worden sei. In der Stellungnahme vom 25. November 2004 habe sich der Beschwerdeführer wieder als Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo bezeichnet. Weiters habe er ausdrücklich deponiert, nicht versichert zu sein. Auch in der Berufung habe der Beschwerdeführer seine Mittellosigkeit nicht bestritten. Er habe jedoch geltend gemacht, dass es ihm auf Grund seines Aufenthaltsstatus nicht möglich wäre, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Zuletzt hätte er versucht, durch den Verkauf einer Zeitschrift "über die Runden zu kommen".

Da der Beschwerdeführer unstrittig keine Barmittel besitze und über kein regelmäßiges Einkommen aus erlaubter Erwerbstätigkeit verfüge, sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt.

Auf Grund der zweimaligen rechtskräftigen Bestrafungen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts sei auch der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt.

Im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit resultierende Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung der Republik Österreich und den Umstand, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei, sei die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer sei nach eigenen Angaben ledig und für niemanden sorgepflichtig. Familiäre Bindungen in Österreich habe er nicht geltend gemacht. Selbst wenn man auf Grund des etwa fünfjährigen, fast zur Gänze illegalen Aufenthalts von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben ausginge, wäre die Maßnahme zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Der Beschwerdeführer habe durch sein bisheriges Verhalten augenscheinlich dokumentiert, keine Bedenken zu haben, sich über die für ihn maßgebenden fremdenrechtlichen Bestimmungen hinwegzusetzen. Aus seiner Mittellosigkeit resultiere die Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung.

Die - im Fall der Annahme eines Eingriffs - nach § 37 Abs. 2 FrG gebotene Interessenabwägung müsse ebenfalls zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen. Auf Grund des fast zur Gänze illegalen Aufenthalts könne kaum von einer nennenswerten Integration gesprochen werden. Den nicht besonders ausgeprägten privaten Interessen stehe das hoch zu veranschlagende maßgebliche öffentliche Interesse gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangtre Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Nach § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 2) mehr als einmal (u.a.) wegen einer schwerwiegenden Übertretung dieses Bundesgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist oder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

1.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, zweimal rechtskräftig wegen unrechtmäßigen Aufenthalts bestraft worden zu sein. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich dabei schon auf Grund der dafür in § 107 Abs. 1 FrG vorgesehenen Strafdrohung um schwerwiegende Übertretungen im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0095).

Von daher geht das Beschwerdevorbringen ins Leere, die belangte Behörde habe keine ausreichenden Feststellungen für die Beurteilung des Vorliegens schwerwiegender Übertretungen getroffen und dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit eingeräumt aufzuzeigen, dass die Übertretungen nicht schwerwiegend seien.

Die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 2 FrG sei erfüllt, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

1.3. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint, wobei Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2001, Zl. 2001/18/0175).

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich im Verwaltungsverfahren zur Dartuung seiner Unterhaltsmittel nur darauf berufen zu haben, fallweise auf der Straße eine Zeitschrift zu verkaufen. Nach Ausweis der Verwaltungsakten hat er sein daraus erzieltes Einkommen weder konkretisiert noch belegt. Mit dem - im Übrigen als Neuerung unbeachtlichen (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) - Beschwerdevorbringen, von seiner Verlobten und von Freunden unterstützt zu werden, zeigt der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch auf ausreichende Unterhaltsmittel auf.

Damit ist er der Verpflichtung zum Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel im Sinn der dargestellten hg. Judikatur nicht nachgekommen.

Es kann daher auch die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

1.4. Im Hinblick auf die gravierende Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens durch den illegalen Aufenthalt des Beschwerdeführers sowie die aus der Mittellosigkeit resultierende Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung der Republik Österreich begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

2. Bei der für den Fall eines mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs in das Privatleben durchgeführten Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers seit 11. Juni 1999, also seit etwa fünfeinhalb Jahren, berücksichtigt. Die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration wird in ihrem Gewicht dadurch ganz entscheidend gemindert, dass der Aufenthalt bisher nur etwa sechs Monate auf Grund eines unberechtigten Asylantrages vorläufig berechtigt war und der Beschwerdeführer trotz eines bereits im Juni 1999 für die Dauer von fünf Jahren erlassenen Aufenthaltsverbots illegal im Bundesgebiet verblieben ist. Das in der Berufung - ohne jede Konkretisierung - behauptete "Netzwerk an sozialen Beziehungen" führt zu keiner relevanten Verstärkung der persönlichen Interessen. Beim Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe eine österreichische Verlobte, handelt es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet sind insgesamt nur sehr schwach ausgeprägt.

Auf Grund der großen Beeinträchtigung der maßgeblichen öffentlichen Interessen durch den illegalen Aufenthalt und die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), keinem Einwand.

3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. September 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005180088.X00

Im RIS seit

21.10.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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