TE OGH 1988/8/22 7Nd506/88

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.08.1988
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Magnus Emanuel R***, geboren am 16.9.1975, infolge Vorlage der Akten 4 P 389/81 durch das Bezirksgericht Innsbruck zur Entscheidung nach § 111 Abs2 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Übertragung der Zuständigkeit für die Pflegschaftssache des mj. Magnus Emanuel R***, geboren am 16.9.1975, durch das Bezirksgericht Innsbruck an das Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz wird genehmigt.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zur Besorgung der Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Rechte zwischen Eltern und minderjährigen Kindern sowie über die Vormundschaft dem Gericht obliegen, ist gemäß § 109 Abs1 JN in erster Linie das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Pflegebefohlene seinen gewÄhnlichen Aufenthalt hat. Erscheint diese Zuweisung nach den Umständen des Einzelfalles unzweckmäßig, sieht § 111 JN die Anpassung an die besondere Fallgestaltung vor (RZ 1981, 252; ÖAV 1986, 79). Dann kann das zur Besorgung der kuratelsbehördlichen Geschäfte zuständige Gericht von Amts wegen oder auf Antrag seine Zuständigkeit zur Gänze oder die Vornahme einzelner Geschäfte einem anderen Gericht übertragen, wenn dies im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen erscheint und wenn dadurch der ihm zugedachte kuratelsbehördliche Schutz gefördert wird. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Pflegebefohlene nach Einleitung des Verfahrens seinen gewÄhnlichen Aufenthalt an einen anderen Ort verlegt, weil dann das bisherige Gericht, daß nach dem Grundsatz des § 29 JN ungeachtet der nach Einleitung des Verfahrens eingetretenen Änderung zuständig bleibt, seinen Aufgaben nicht mehr in der vom Gesetz für Pflegebefohlene geforderten Weise nachkommen kann, wie jenes Gericht, in dessen Sprengel sich der Pflegebefohlene nunmehr gewÄhnlich aufhält.

Nach dem Inhalt des Aktes befindet sich der Minderjährige - mit Zustimmung des Vaters, dem allein die elterlichen Rechte zustehen - seit 20.10.1987 bei der mütterlichen Großmutter Josefa L***, Graz, Neudorferstraße 12, in Pflege. Der Vater ist derzeit nicht in der Lage, den Minderjährigen bei sich aufzunehmen. Der Minderjährige hat daher seinen gewÄhnlichen Aufenthalt, welcher nur durch die körperliche Anwesenheit, nicht aber durch ein Willenselement bestimmt wird, und dauerhafte, nicht nur vorübergehende Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt voraussetzt, die sich in einer bestimmten längeren Dauer und Beständigkeit des Aufenthaltes äußern und sich auf objektiv überprüfbare Umstände persönlicher (oder beruflicher) Art gründen (Fasching ZPR Rz 274; EFSlg49.197), in Graz. Das Bezirksgericht für ZRS Graz ist somit am besten geeignet, Maßnahmen im Interesse des Kindeswohles zu treffen. Daher war die vorgenommene amtswegige Übertragung der Zuständigkeit zu genehmigen.

Anmerkung

E14908

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0070ND00506.88.0822.000

Dokumentnummer

JJT_19880822_OGH0002_0070ND00506_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten