TE OGH 1988/9/6 6Ob659/88

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Veröffentlicht am 06.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als Richter in der Rechtssache über die in der beim Bezirksgericht Schärding zu C 30/88 anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Wilhelm P***, Bad Goisern, Bahnhofstraße 218, wider die beklagte Partei Mag. Werner H***, Richter, Schärding, Adalbert Stifter-Straße 605, wegen Feststellung von der klagenden Partei in ihrer Rekursschrift abgegebene Erklärung auf Ablehnung sämtlicher Richter aller im Sprengel des Oberlandesgerichtes Linz gelegenen Gerichte, infolge Rekurses des Ablehnungswerbers, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 14.Juli 1988, GZ Nc 159/88-2, mit welchem die Ablehnungserklärungen des Ablehnungswerbers zurückgewiesen wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Über das Vermögen des Klägers ist das Konkursverfahren anhängig. Der Beklagte ist in diesem Verfahren als Richter tätig. Der Kläger erachtet sich durch die Amtsführung des Beklagten in seiner Stellung als Rechtsträger der konkursverfangenen Vermögensteile in mehrfacher Hinsicht verletzt. Darauf stützt er das gegen den Richter "als Privatperson" klageweise erhobene Feststellungsbegehren. Dieses Begehren hat der Kläger in seiner beim Bezirksgericht angebrachten Klage entgegen der Regelung des § 56 Abs.2 ZPO nicht bewertet. Mit seiner Klage verband der Kläger einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe "gem. ZPO § 64 Z 1 und 2".

Das Prozeßgericht erster Instanz hat die Klage (sowie den mit der Klage verbundenen Sicherungsantrag) mangels Geltendmachung eines der Feststellung zugänglichen Rechtes zurückgewiesen und gleichzeitig den Verfahrenshilfeantrag wegen offensichtlicher Mutwilligkeit und Aussichtslosigkeit der Prozeßführung abgewiesen. Der Kläger erhob gegen beide in eine gemeinsame Ausfertigung aufgenommenen Entscheidungen in einem einheitlichen Schriftsatz Rekurs. Dieser Rekursschriftsatz entbehrt hinsichtlich der Anfechtung der Klagszurückweisung (und der Abweisung des Sicherungsantrages) einer Anwaltsunterschrift. Der Kläger stellte aber in seinem Rechtsmittelschriftsatz den "Antrag auf Verfahrenshilfe für Rekurs...". In seine Rechtsmittelschrift nahm der Kläger auch einen Delegierungsantrag und eine Ablehnungserklärung auf.

Die Ablehnungserklärung richtet sich gegen alle Richter des Rekursgerichtes, alle Richter des Oberlandesgerichtes, in dessen Sprengel das Rekursgericht liegt, sowie gegen alle Richter sämtlicher Gerichte im Sprengel des erwähnten Oberlandesgerichtes. Zur Begründung dieser Ablehnungserklärung führte der Kläger aus, der Beklagte sei einige Jahre beim Rekursgericht tätig gewesen, "so daß dort ihm gegenüber auf alle Fälle Befangenheit herrscht". Diese liege jedoch auch ihm gegenüber vor. Zur Ablehnung der übrigen Richter brachte der Kläger sonst nichts vor.

Das nach § 23 JN zuständige Oberlandesgericht wies die gegen alle Richter des Rekursgerichtes gerichtete Ablehnungserklärung des Klägers zurück.

Zur Begründung dieser Entscheidung führte das Oberlandesgericht aus, dem Kläger sei bereits wiederholt mitgeteilt worden, daß die Ablehnung eines ganzen Gerichtes nur durch Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe auf ihn bezogener detaillierter und konkreter Ablehnungsgründe möglich wäre. Die Ablehnungserklärungen des Klägers entsprächen diesem Erfordernis nicht. Seine immer wieder in Kenntnis dieser Unzulässigkeit gestellten Pauschalablehnungserklärungen bedürften im Sinne der vom Obersten Gerichtshof zu 8 Nd 1/88 und 8 N 11/88 dargelegten Erwägungen keiner beschlußmäßigen Erledigung mehr und seien nicht weiter zu behandeln. Aus dieser Erwägung erachtete sich auch der Senat des Oberlandesgerichtes ohne vorhergehende Entscheidung über die gegen sämtliche Richter des Oberlandesgerichtes gerichtete Ablehnungserklärung zur Entscheidung befugt.

Der Ablehnungswerber erhebt gegen die Zurückweisung seiner gegen sämtliche Richter des Rekursgerichtes gerichteten Ablehnungserklärung schriftlich Rekurs. Auch dieser Rekursschriftsatz entbehrt der Unterschrift eines Rechtsanwaltes. Der Ablehnungswerber beantragt aber "bei jenen...Rekursen, bei denen die Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt notwendig ist,...die Gewährung von Verfahrenshilfe".

Der Ablehnungswerber beantragt die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse wegen Nichtigkeit und die Stattgebung seiner Ablehnungserklärung. Die sich auf die angefochtene Entscheidung des Oberlandesgerichtes beziehenden Rechtsmittelausführungen im Punkt 9 des auch andere Verfahren betreffenden Schriftsatzes beschränken sich auf den Vorwurf, daß die als befangen bezeichneten Mitglieder des obergerichtlichen Senates den als befangen bezeichneten Richtern des Rekursgerichtes und dem ebenfalls als befangen bezeichneten Prozeßrichter erster Instanz Unbefangenheit bescheinigten, obwohl der Prozeßgegner des Ablehnungswerbers ein Richter sei, "der mit allen diesen Richtern eng befreundet ist". Darüber hinaus macht der Ablehnungswerber die Unzuständigkeit des Prozeßgerichtes (wegen vermeintlicher Verletzung des § 79 JN) geltend und bemängelt, daß die als befangen abgelehnten Richter (bei ihrer Entscheidung über seinen Ablehnungsantrag) darauf nicht Bedacht genommen hätten.

Rechtliche Beurteilung

Ablehnungserklärungen richten sich gegen bestimmte Personen als Organträger in einem bestimmten Verfahren. Soweit in einer bürgerlichen Rechtssache gegen eine im Ablehnungsverfahren ergangene Entscheidung ein Rechtsmittel nicht nach der Regelung des § 24 Abs.2 JN ausgeschlossen ist, richten sich Zulässigkeit und Formgebundenheit des Rekurses nach den für das Anlaßverfahren geltenden Bestimmungen. Im Rechtsstreit (und nach den Verweisungsnormen der §§ 78 und 402 Abs.2 EO auch im Sicherungsverfahren) müssen schriftliche Rekurse gemäß § 520 Abs.1 letzter Halbsatz ZPO mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Im Verfahren über Verfahrenshilfeanträge gilt diese Formvorschrift nach der Regelung des § 72 Abs.3 ZPO nicht. Die vom Rekurswerber als Kläger in eine Rechtsmittelschrift aufgenommenen Ablehnungserklärungen betreffen nicht bloß das Verfahren über den Verfahrenshilfeantrag, sondern alle zufolge der Klagserhebung notwendig werdenden gerichtlichen Amtshandlungen. Wegen des vom Ablehnungswerber gestellten Verfahrenshilfeantrages und dessen Erweiterung in seinen Rechtsmittelschriften bedarf es aber vorweg einer Entscheidung in dem vom Anwaltszwang ausgenommenen Verfahren über die Verfahrenshilfeanträge. Das wirkt auch für den Rekurs im anhängigen Ablehnungsverfahren, wenn auch die Rechtsmittelentscheidung Bindungswirkung nicht nur für das Ablehnungsverfahren, sondern auch für den dieses Ablehnungsverfahren auslösenden Rechtsstreit haben wird. Der vorgelegte schriftliche Rekurs unterliegt daher nicht dem Gebot der Anwaltsunterfertigung. Der Rechtsmittelwerber bezeichnet in seiner Rekursschrift alle von seinen Ablehnungserklärungen betroffenen Richter als befangen, das kann aber nur im Sinne von "als befangen abgelehnt" verstanden werden.

Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist ausschließlich die gegen die Richter des Rekursgerichtes gerichtete Ablehnungserklärung. Über die im Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung behauptete Befangenheit des Prozeßrichters erster Instanz hatte das Oberlandesgericht nicht zu befinden und hat darüber auch nicht abgesprochen. Gleiches gilt für die Erklärung, sämtliche Richter des Oberlandesgerichtes wegen Befangenheit abzulehnen. Eine wirksame Ablehnungserklärung wäre von den Mitgliedern des über die Ablehnungserklärung erkennenden Senates im Sinne des § 25 JN zu beachten gewesen. Das Oberlandesgericht hat die Pauschalablehnung aller seiner Richter aber als unwirksame Verfahrenserklärung behandelt. Diese vom Obersten Gerichtshof wiederholt in Verfahren, an denen der Ablehnungswerber beteiligt war, ausgesprochene Ansicht ließ der Rekurswerber in seiner Rechtsmittelschrift unwidersprochen.

Zu dem in der Rechtssache selbst erhobenen Rekurs, insbesondere zur Stichhältigkeit des vom Kläger als Rekurswerber geltend gemachten Anfechtungsgrundes der Unzuständigkeit des Prozeßgerichtes, war bei der Entscheidung über die Ablehnungserklärungen nicht Stellung zu nehmen. Mit der diesbezüglich gerügten Unterlassung kann daher keine Befangenheit dargelegt werden.

Die Rekursbehauptung, an der Fällung der angefochtenen Ablehnungsentscheidung habe ein Senatsmitglied teilgenommen, das sich selbst in einem vor drei Jahren anhängig gewesenen Verfahren für befangen erklärt habe, erweist sich schon deshalb als nicht stichhältig, weil aus den im Rekurs (ohne Bezeichnung des Gerichtes) genannten Akten hervorgeht, daß der betroffene Richter in einem gegen den nunmehrigen Rechtsmittelwerber und einen Rechtsanwalt wegen §§ 146 ff StGB anhängig gewesenen Strafverfahren sich wegen langjähriger beruflicher und auch persönlicher Kontakte zum mitbeschuldigten Rechtsanwalt als befangen erklärte, in Ansehung der Person des nunmehrigen Ablehnungswerbers aber selbst keine Befangenheitserklärung abgab noch Befangenheitsumstände als gegeben angenommen wurden.

Dem Rekurs war aus diesen Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E15224

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0060OB00659.88.0906.000

Dokumentnummer

JJT_19880906_OGH0002_0060OB00659_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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