TE OGH 1988/9/7 1Ob611/88

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Veröffentlicht am 07.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gilda P***, Diplomkosmetikerin, Graz, Dr. Robert Graf-Straße 15, vertreten durch Dr. Robert Obermann, Rechtsanwalt in Kapfenberg, wider die beklagten Parteien 1.) Friedrich F***, 2.) Annemarie F***, beide Fleischhauermeister, Mitterdorf, Bahnhofplatz 4, beide vertreten durch Dr. Ursula Schwarz, Rechtsanwalt in Bruck/Mur, wegen S 374.121,82 samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 17. März 1988, GZ 3 R 36/88-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 27. November 1987, GZ 8 Cg 349/87-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 13.715,95 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.246,90 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war Mieterin von vier im Erdgeschoß des den Beklagten gehörenden Hauses Mitterdorf Nr. 50 gelegenen Geschäftsräumlichkeiten. Im Jahre 1980 brachte die Klägerin ihr Unternehmen in die neu gegründete Firma P*** Handelsgesellschaft mbH (im folgenden kurz: Fa. P***) deren Geschäftsführerin sie war, ein; die Firma P*** benützte die von der Klägerin gemieteten Geschäftsräumlichkeiten weiter. Ein Mietvertrag zwischen der Firma P*** und den Beklagten wurde nicht abgeschlossen. Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Kindberg vom 21. November 1983, C 128/83-10, wurde die Klägerin wegen Mietzinsrückständen schuldig erkannt, diese Räumlichkeiten den Beklagten geräumt zu übergeben. Eine Exszindierungsklage der Firma P*** blieb erfolglos. Bereits im Sommer 1984 hatten die Beklagten drei der seinerzeit von der Klägerin gemieteten Räumlichkeiten erneut vermietet. Gegenstände und Einrichtungsgegenstände, die sich in den Mieträumlichkeiten befunden hatten, wurden in dem hofseitig gelegenen vierten Raum gelagert. Über das Vermögen der Firma P*** wurde am 12. Juli 1985 der Konkurs eröffnet. Die im Hofraum gelagerten Gegenstände wurden von der Masseverwalterin verkauft; auch dieser Raum war Anfang September 1986 endgültig geräumt. Die Klägerin begehrt mit der am 11. September 1987 eingebrachten Klage den Zuspruch des Betrages von S 374.121,82 s.A. Sie habe erhebliche Investitionen getätigt, die den objektiven Wert des Hauses erheblich gesteigert hätten.

Die Beklagten wendeten ein, die gemieteten Räumlichkeiten seien nach Rechtskraft des Räumungsbegehrens von der Masseverwalterin im Konkurs der Firma P*** im August 1986 geräumt worden. Allfällige, dem Grund und der Höhe nach bestrittene Aufwandersatzforderungen der Klägerin seien gemäß § 1097 ABGB verfristet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verfristung ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.

Die Ansprüche des Bestandnehmers auf Aufwandersatz regelnde Bestimmung des § 1097 ABGB, die durch das Mietrechtsgesetz nicht berüht wurde (2 Ob 625/85; Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1097), stellt eine Sondernorm zu den Vorschriften der §§ 1035 ff dar (MietSlg 8.635; Würth aaO Rz 7). Macht der Mieter einen solchen Aufwandersatz geltend, gilt daher nicht die allgemeine Verjährungsfrist, sondern die sechsmonatige Präklusionsfrist (MietSlg 37.144; SZ 56/103) des § 1097 ABGB. Diese Frist läuft nach dem Gesetzeswortlaut nicht ab dem Ende des Bestandverhältnisses, sondern von der Zurückstellung der Bestandsache an. Der Bestandvertrag zwischen den Streitteilen war bereits durch die Vertragsaufhebungserklärung, die zur Stattgebung der Räumungsklage führte, beendet. Die Zurückstellung der Bestandsache setzt aber entgegen den Revisionsausführungen keine aktive Mitwirkung der bisherigen Bestandnehmerin voraus. Die Sechsmonatsfrist beginnt etwa auch dann zu laufen, wenn nach Beendigung des Bestandverhältnisses der frühere Bestandnehmer endgültig ausgesperrt wurde (MietSlg 27.170) oder die geräumte Bestandsache direkt an einen neuen Bestandnehmer übergeben wurde (JBl 1960, 48; Würth aaO). Eine Rückstellung der Bestandsache im Sinne des Gesetzes lag daher auch vor, als die Firma P***, in die das Einzelunternehmen der Klägerin eingebracht worden war, die Bestandsache endgültig geräumt hatte und den Eigentümern dadurch die freie Verfügbarkeit über die seinerzeitigen Bestandräumlichkeiten ermöglicht wurde. Die Frist begann daher spätestens mit September 1986 zu laufen. Die rund ein Jahr später eingebrachte Klage war daher verfristet. Eine Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin, gegen die sie einen rechtskräftigen Räumungstitel besaßen, die Bestandräumlichkeiten nach Räumung durch die Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der Firma P*** rückzustellen, bestand nicht. Ob die Masseverwalterin zu Unrecht Sachen veräußerte, die im Eigentum der Klägerin gestanden waren, ist für dieses Verfahren ohne Belang. Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte (§ 510 Abs 3 ZPO), nicht vor.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E15156

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00611.88.0907.000

Dokumentnummer

JJT_19880907_OGH0002_0010OB00611_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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