TE OGH 1988/9/13 4Ob91/88

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Veröffentlicht am 13.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Angst, Dr. Kodek und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F*** I***, Rosa C***

Gesellschaft mbH, Linz, Rainerstraße 23, vertreten durch Dr. Günther Quass, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Walter B***, Kaufmann, Linz, Kaarstraße 7, vertreten durch Dr. Walter Rinner, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert S 300.000,--), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 6. Mai 1988, GZ 5 R 50/88-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 4. März 1988, GZ 4 Cg 74/88-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Die Revisionsrekursbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin, die mit 1. Mai 1987 in das Handelsregister des Landesgerichtes Linz eingetragen wurde, betreibt unter dem Namen "F*** I*** Rosa C*** Gesellschaft mbH" ein Schlankheitsinstitut, das ihren Kundinnen die Abnahme von Übergewicht an "Problemstellen (Hüfte, Taille, Oberschenkel)" unter Verwendung der patentierten "TPM-Methode" anbietet. Der Beklagte hat am 15. Februar 1988 in Linz ein Institut für Gewichtsabnahme und Figurkorrektur unter der Bezeichnung "F*** A***" in Betrieb genommen und dafür in einem Zeitungsinserat geworben. Am 19. Februar 1988 hat er mit Gabriele B*** die "B***-F*** Institut für Gewichtsabnahme und Figurkorrektur Gesellschaft mbH" gegründet. Seither tritt er im geschäftlichen Verkehr nicht mehr unter dem Namen "F***" auf und hat sämtliche Bezeichnungen auf die Firma der neuen Gesellschaft mbH umgestellt.

Mit der Behauptung, daß die Unternehmensbezeichnung "F***" mit ihrem Firmenschlagwort "F***" verwechselt werden könne, begehrt die Klägerin - soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung - zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, dem Beklagten zu verbieten, im gewerblichen Verkehr die Verwendung der Unternehmensbezeichnung "F*** A***" oder eines ähnlichen (zur) Verwechslung mit der Firma der Klägerin Anlaß gebenden Zusatzes, zu verwenden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Die von ihm ursprünglich gewählte Bezeichnung "F***" stamme aus dem Italienischen und heiße nichts anderes als "schöne Figur". Bestandteile einer Fremdsprache - noch dazu solche, die weiten Bevölkerungskreisen bekannt seien -, würden als Freizeichen durch bloße Registrierung im Rahmen eines Firmenwortlauts nicht schutzfähig. Daß die Klägerin mit der Bezeichnung "F***" Verkehrsgeltung - und damit auch einen Schutzanspruch - erlangt habe, sei nicht einmal behauptet worden. Ihr stehe daher der geltend gemachte Anspruch nach § 9 UWG nicht zu. Überdies bestehe im Hinblick darauf, daß der Beklagte nicht mehr persönlich im geschäftlichen Verkehr auftrete und die Bezeichnung "F***" nicht mehr verwende, auch keine Wiederholungsgefahr. Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Sowohl "F***" als auch "F***" seien auf die italienische Wortgruppe "F*** B***" (= schöne Figur) zurückzuführen. Der Firmenbestandteil der Klägerin "F***" sei als fremdsprachige Wortgruppe, deren Bedeutung weiten Bevölkerungskreisen bekannt sei, mangels Verkehrsgeltung nicht schützbar. Die beiderseitigen Bezeichnungen seien auch wegen der verwendeten Zusätze "I***" bzw. "AUSTRIA" nicht zur Irreführung geeignet.

Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht jedoch S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Den Schutz des § 9 Abs 1 UWG genieße - und zwar ohne besondere

Verkehrsgeltung - nicht nur "die Firma", also der volle Firmenwortlaut, sondern auch ein Firmenbestandteil, der für sich allein oder im Zusammenhang mit Zusätzen geeignet sei, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden. Wenngleich für Ausdrücke einer Fremdsprache ebenso wie für Wörter der Umgangssprache und allgemein gebräuchliche Ausdrücke ein Freihaltebedürfnis bestehe, treffe dies doch auf den Ausdruck "F***" nicht zu. Daß die Wortendung "-ella" vom italienischen Wort "bella" herrühre, sei nicht schlüssig; es handle sich vielmehr um eine auch bei Eigennamen vorkommende Wortendung, die in Verbindung mit dem Wort "Figur" eine eigenartige sprachliche Neubildung sei und damit dem schutzunwürdigen Wort "Figur" Unterscheidungskraft verleihe. Der Firmenbestandteil "F***" sei demnach grundsätzlich auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig. Im vorliegenden Fall sei auch schon die Verwechslungsgefahr im engerem Sinn zu bejahen, weil Wortklang und Wortbild der Bezeichnungen "F***" und "F***" einander ganz

außerordentlich nahekämen, würden doch beide Wörter von den übereinstimmenden Anfangssilben "Figur" und den identischen Endbuchstaben "ella" beherrscht, während der dazwischen liegende Buchstabe "b" bei der vom Beklagten gewählten Bezeichnung demgegenüber völlig in den Hintergrund trete. Die Verwendung der Zusätze "I***" bzw. "AUSTRIA" vermöge die Verwechslungsfähigkeit nicht zu beseitigen; sie begründe vielmehr auch Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, weil hiedurch für den flüchtigen Leser der Eindruck entstehen könne, daß zwischen den branchengleichen Unternehmen der Streitteile besondere geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Beziehungen bestünden, etwa in dem Sinn, daß es sich bei "F*** A***" um eine inländische Niederlassung oder Tochterfirma eines international tätigen Unternehmens handle.

Daß der Beklagte seit der Gründung der "B*** F*** Institut für Gewichtsabnahme und Figurkorrektur Gesellschaft mbH" im geschäftlichen Verkehr nicht mehr unter dem Namen "F***" auftrete, und sämtliche Bezeichnungen entsprechend umgestellt habe, könne die auf Grund des begangenen Verstoßes zu vermutende Wiederholungsgefahr nicht beseitigen, da er in keiner Weise einen Sinneswandel zu erkennen gegeben habe, sondern daran festhalte, daß er zur Verwendung der beanstandeten Bezeichnung berechtigt sei. Die Gründung einer Gesellschaft hindere ihn nicht, auch persönlich geschäftlich und werbend tätig zu sein und dabei die bisher gebrauchte Bezeichnung wiederum zu verwenden.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß des Erstrichters wiederherzustellen.

Die Klägerin hat eine Beantwortung des ihr am 18. Juli 1988 zugestelllten Revisionsrekurses erst am 8. August 1988, sohin nach Ablauf der Frist von 14 Tagen (§ 402 Abs 1, letzter Satz, EO), zur Post gegeben. Ihre Revisionsrekursbeantwortung mußte daher als verspätet zurückgewiesen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen der Meinung des Rekursgerichtes zulässig, wenngleich die Frage der Schutzfähigkeit von Firmenbestandteilen fremdsprachiger Herkunft in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes schon öfters behandelt wurde: Im Bereich des Wettbewerbsrechtes kann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auch dann vorliegen, wenn zu einem unbestimmten Gesetzesbegriff zwar bereits allgemeine, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des Falles sich aber daraus noch nicht ohne weiteres ergibt, sondern wegen Fehlens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichartigem Sachverhalt ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen notwendig ist. Der Oberste Gerichtshof kann daher auf diesem Rechtsgebiet seiner Leitfunktion nur dann gerecht werden, wenn er nicht nur die richtige Wiedergabe der Leitsätze der Judikatur, sondern überall dort, wo es nach Lage des Falles die Rechtssicherheit, die Rechtseinheit oder die Rechtsentwicklung erfordert, auch die richtige Konkretisierung der unbestimmten Gesetzesbegriffe prüft (ÖBl. 1984, 48; ÖBl. 1988, 75 u.v.a.).

Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Daß der Firmenbestandteil der Klägerin "F***" auch ohne Verkehrsgeltung den Schutz des § 9 Abs 1 UWG genießt, kann nicht bezweifelt werden: Hier handelt es sich um eine durchaus originelle Wortschöpfung, die Unterscheidungskraft besitzt. Sie besteht - entgegen der Meinung des Beklagten - nicht aus zwei "Freizeichen", weil das Wort "ella" für sich allein keinen Sinn ergibt. Im übrigen ist aber auch eine Kombination an sich nicht unterscheidungskräftiger Wörter schutzfähig, wenn und soweit die Verbindung als Ganzes nicht der Umgangssprache angehört, sondern im Verkehr als eigenartige sprachliche Neubildung aufgefaßt wird, in welcher die sonst gebräuchliche Bedeutung der einzelnen Wörter so in den Hintergrund tritt, daß die Wortverbindung geeignet ist, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden (ÖBl. 1981, 104; ÖBl. 1986, 72 und 127; MuR 1988, 59 u.v.a.).

Aber auch die (früher) vom Beklagten verwendete Geschäftsbezeichnung "F***" ist eine neuartige Wortschöpfung. Daß sie sowohl an das (im Deutschen verwendete) Wort "Figur" als auch an das (italienische) Wort "bella" anklingt, ändert nichts daran, daß die Zusammensetzung in dieser Form weder im Deutschen noch im Italienischen vorkommt. (Daß das Wort einer anderen Sprache entstamme, behauptet der Beklagte nicht). Es kann daher keine Rede davon sein, daß es sich dabei um einen allgemein gebräuchlichen Ausdruck handle, dessen Verwendung für niemanden monopolisiert (vgl. SZ 54/1 u.v.a.) und niemandem verboten werden dürfe. Der vom Beklagten angestellte Vergleich mit einer "S*** GmbH" und einer "S***-Vertriebsgesellschaft mbH" ist somit verfehlt. Die Verwendung des Wortes "Seife" für das entsprechende Reinigungsmittel kann gewiß nicht untersagt werden, wohl aber eine Phantasiebezeichnung wie "F***", wenn sie geeignet ist, Verwechslungen mit einem solchen Namen hervorzurufen, dem - wie hier der Firma der Klägerin - der Zeitvorrang zukommt.

Die Ähnlichkeit zwischen den Bezeichnungen "F***" und "F***" in Wortbild und Wortklang liegt auf der Hand und wird offenbar auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Ob die Zusätze "I***" und "A***" eine zusätzliche Verwechslungsgefahr herbeiführen, ist rechtlich ohne Bedeutung.

Das Rekursgericht hat im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die Wiederholungsgefahr bejaht. Bei der Frage, ob es ausgeschlossen oder doch höchst unwahrscheinlich ist, daß der Beklagte abermals die Bezeichnung "F***" verwenden werde, handelt es sich aber um keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO, weil hiebei nur auf die Besonderheiten des einzelnen Falles abzustellen ist.

Der Revisionsrekurs mußte mithin erfolglos bleiben. Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten des Beklagten gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E15204

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0040OB00091.88.0913.000

Dokumentnummer

JJT_19880913_OGH0002_0040OB00091_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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