TE OGH 1988/9/14 9ObA207/88

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Veröffentlicht am 14.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erich W***, Angestellter, Wien 22, Bernoullistraße 4/11/5, vertreten durch Dr. Alfred Pribik, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Georg K*** & S***, Gesellschaft für reprographische Automation, Wien 4, Favoritenstraße 16, 2.) Richard K*** Gesellschaft m.b.H. ebendort, beide vertreten durch Dr. Karl Preslmayr und Dr. Florian Gehmacher, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 134.777,93 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. April 1988, GZ 32 Ra 18/88-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. September 1987, GZ 5 Cga 1243/86-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 6.223,63 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 565,78 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da der Kläger schon in erster Instanz durch eine qualifizierte Person (§ 40 Abs 1 Z 1 ASGG) vertreten war, hatte das Berufungsgericht die Bestimmungen über das Neuerungsverbot nach § 482 ZPO im Berufungsverfahren anzuwenden (§ 63 Abs 1 ASGG). Es hatte auf die vom Kläger erst in der Berufungsschrift gestellten Beweisanträge auch nicht etwa auf Grund der Bestimmung des § 482 Abs 2 ZPO einzugehen. Neuerungen können nach stRsp nur zur Dartuung oder Widerlegung der Berufungsgründe der Nichtigkeit oder der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, nicht aber zur Unterstützung oder Bekämpfung anderer Berufungsgründe (hier: des Berufungsgrundes der unrichtigen Beweiswürdigung) vorgebracht werden (JBl 1957, 20 u 648; JBl 1968, 86); dies ergibt sich auch aus dem Zusammenhang mit den §§ 530 Abs 2, 545 ZPO.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Mitwirkung des Klägers an den umfangreichen Warendiebstählen des Peter S*** zum Nachteil von dessen Dienstgeber (Fa Z***) trotz des Umstandes, daß diese strafbaren Handlungen außerhalb der betrieblichen Sphäre der Streitteile verübt wurden (vgl dazu Kuderna, Entlassungsrecht 88; Arb. 9091; 9631), wegen der damit verbundenen Vertrauensverwirkung insbesondere im Hinblick auf die (gehobene) Stellung des Klägers im Außendienst und die Gefährdung des Rufes des Dienstgebers eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machten und daher der Entlassungsgrund des § 27 Z 1 letzter Fall AngG vorliegt, ist zutreffend; der Kläger hat Diebsgut im Wert von über S 30.000,-- erworben bzw an sich gebracht, gestohlene Sachen mit dem Firmen-PKW befördert und Mitbediensteten zum Kauf angeboten. Diese Tatsachenhandlungen reichten daher auch in den Betrieb seines Arbeitgebers. Es reicht somit aus, auf die (weitere) Begründung der angefochtenen Entscheidung zur Berechtigung der Entlassung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Die Revision kommt auf diese Frage auch nicht mehr zurück, doch behauptet der Kläger, die Entlassung sei verspätet ausgesprochen worden.

Dies trifft aber nicht zu, weil der Geschäftsführer der Zweitbeklagten (Komplementärgesellschaft der Erstbeklagten) am 1. Dezember 1981 von der Verhaftung des Klägers erfahren und nach entsprechenden Rückfragen bei der Polizei am 3. Dezember 1981 die Entlassung ausgesprochen hat. Da ihm der Haftort nicht bekannt war - der Kläger behauptete nicht einmal, diesen dem Dienstgeber bei der Mitteilung seiner Verhaftung bekanntgegeben zu haben (vgl DRdA 1984/4, 40) - durfte der Dienstgeber die Entlassungserklärung an die ständige Anschrift des Klägers richten. Da sich dort auch die Mutter des Klägers aufhielt, konnte der Dienstgeber erwarten, daß der Empfänger von der Entlassung unter gewöhnlichen Verhältnissen Kenntnis erlangen werde, was letztlich auch eintrat. Die Entlassung ist ihm daher mit dieser Zustellung zugegangen (vgl Kuderna, Entlassungsrecht, 10 f). Auf die Frage, wie lange der Dienstgeber in dieser Situation mit dem Ausspruch der Entlassung zuwarten hätte dürfen, kommt es sohin nicht an. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E15526

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00207.88.0914.000

Dokumentnummer

JJT_19880914_OGH0002_009OBA00207_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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