TE OGH 1988/9/14 9ObA213/88

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Veröffentlicht am 14.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Elmar A. Peterlunger und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing. Gottfried F***, technischer Angestellter, Mining, Raiffeisenstraße 21 a, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei A*** M*** AG, Ranshofen, vertreten durch Dr. Emmerich J. Fodor, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 5.431,32 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Juni 1988, GZ 13 Ra 28/88-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 15. Jänner 1988, GZ 4 Cga 1004/87-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.812,80 (darin S 164,80 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der bei der Beklagten angestellte Kläger leistete im Jahr 1985 119,09 und im Jahre 1986 38,8 Überstunden, wovon 111,47 mit einem 50 %igen Zuschlag, 39,42 mit einem 100 %igen Zuschlag und 7 mit einem 150 %igen Zuschlag zu entlohnen gewesen wären. Die Beklagte stellt es ihren Angestellten grundsätzlich frei, ob sie ihre Überstundenarbeit entlohnt haben oder dafür Zeitausgleich in Anspruch nehmen wollen. Der Zeitausgleich wird bei Überstunden im Verhältnis des Zuschlags, also bei Überstunden mit 50 %igem Zuschlag im Verhältnis 1 : 1,5 und bei 100 %igem Zuschlag im Verhältnis 1 : 2 gewährt. Läßt sich ein Arbeitnehmer seine Überstunden bar abgelten, werden die Entgelte für regelmäßig geleistete Überstunden bei der Ermittlung des Urlaubsentgelts voll berücksichtigt. Hingegen finden durch Zeitausgleich abgegoltene Überstunden bei der Berechnung des Urlaubsentgelts keine weitere Berücksichtigung.

Der Kläger hat für den maßgeblichen Zeitraum auf eine Entlohnung der Mehrarbeit verzichtet und sich für die regelmäßig geleistete Überstundenarbeit Zeitausgleich genommen. Wären diese Überstunden (fiktiv) berücksichtigt worden, hätte der Kläger ein um S 5.431,32 höheres Urlaubsentgelt erhalten.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger dieses restliche Urlaubsentgelt. Nach den Bestimmungen des Urlaubsrechts und des Generalkollektivvertrages zum Urlaubsrecht sei auch die Abgeltung der Überstunden durch Zeitausgleich als Entgelt zu werten und bei der Ermittlung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe für die geleisteten Überstunden Zeitausgleich in Anspruch genommen. Er habe damit seine Wahl getroffen und habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung bei der Berechnung des Überstundenentgelts. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsansicht, daß die Gewährung einer auf die Normalarbeitszeit anzurechnenden Ersatzruhezeit kein Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft sei. Es komme dadurch nur zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit. Demgemäß falle der Zeitausgleich nicht unter den Entgeltbegriff des Generalkollektivvertrags zum Urlaubsrecht. Es ergebe sich vielmehr schon aus der Natur des Zeitausgleiches, daß diesen Überstunden der Überstundencharakter weitgehend genommen und eine verschiedene Behandlung dieser Abgeltung im Vergleich zur Barentlohnung gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß die Bemessung des Urlaubsentgelts auf Grund des fiktiven Arbeitsverlaufes so zu erfolgen habe, als hätte der Arbeitnehmer während des Urlaubs gearbeitet. Da es aber unbestritten sei, daß sich der Kläger die Überstunden nie bar auszahlen ließ, könne er nie mehr verdient haben, als es seinem Normaleinkommen entsprochen habe. Es treffe auch nicht zu, daß der Kläger durch den Zeitausgleich ungünstiger gestellt sei als durch die Entlohnung der Überstunden. Er habe den Zeitausgleich so erhalten, daß dieser dem Ausmaß der für Überstunden zu leistenden Mehrentlohnung entsprochen habe, so daß dadurch dem Schutzzweck des § 10 AZG (im vermehrten Umfang) Genüge getan worden sei. Der Kläger habe durch die andere Verteilung der Arbeitszeit insgesamt keine Mehrarbeit geleistet. Ein bloß fiktives Einkommen könne aber zur Berechnung des Urlaubsentgelts nicht herangezogen werden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne des Klagebegehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Dem Einwand des Revisionswerbers, daß zufolge des in § 10 AZG zwingend vorgeschriebenen Anspruches des Arbeitnehmers auf eine bar zu zahlende Überstundenvergütung auch ein Freizeitausgleich Entgelt sein müsse, da sonst diese Art der Abgeltung von Überstunden vom Gesetz ausgeschlossen wäre, ist entgegenzuhalten, daß das Arbeitszeitgesetz diesbezüglich keine Regelung enthält und es andererseits nach Lehre und Rechtsprechung zulässig ist, anstelle der gesetzlich vorgesehenen Überstundenvergütung in Geld (Normallohn und Zuschlag) einvernehmlich einen Zeitausgleich in Anspruch zu nehmen (Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser Arbeitsrecht3 I 141; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht 246; Grillberger, AZG § 10 Erl. 5; Klein in FS Strasser (1983) 126 f; Arb. 8.012, 9.144, 9.406; DRdA 1985/8 = ZAS 1985/3; RdW 1986, 314 ua). Der Zeitausgleich diente gerade im vorliegenden Fall den Zielsetzungen des Arbeitszeitschutzes (Abgeltung der Mehrbelastung des Arbeitnehmers - Erhöhung der Kosten der Arbeit) ebenso wie eine Geldvergütung (Grillberger aaO; Kopler in DRdA 1985, 137), zumal die Freizeitgewährung durch die Beklagte stets im Verhältnis des andernfalls zu zahlenden Zuschlags erfolgte und der Kläger für seine zeitliche Mehrarbeit eine wesentlich längere Freizeit beanspruchen konnte. Insoferne blieb im vorliegenden Fall jedenfalls keine Mehrleistung des Klägers übrig. Es kam vielmehr, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, im Wege des Zeitausgleiches lediglich zu einer anderen Verteilung der Arbeitszeit, wodurch der Kläger vor Antritt der Urlaube jeweils nie mehr verdient hatte, als es seinem Normalentgelt entsprach.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausführte, kann einer Ersatzruhezeit (Freizeitausgleich) daher kein Entgeltcharakter beigelegt werden. "Entgelt" ist jede Leistung, die der Arbeitnehmer dafür bekommt, daß er dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Daraus folgt, daß die Gewährung eines auf die Normalarbeitszeit anzurechnenden Freizeitausgleiches, der ähnliche Zwecke wie ein Erholungsurlaub verfolgt (Grillberger aaO Erl. 5.1; RdW 1986, 314), kein (zusätzliches) Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft ist (Arb. 10.543 mwH). Da der Kläger sein ihm grundsätzlich eingeräumtes Wahlrecht zwischen Überstundenvergütung und Zeitausgleich stets durch Inanspruchnahme des Zeitausgleiches ausgeübt hat, ist er insoweit an die getroffene Wahl gebunden. Es steht ihm daher keine für die Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigende (fiktive) Überstundenvergütung zu (ZAS 1985/8; 14 Ob 211, 212/86).

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.

Anmerkung

E15271

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:009OBA00213.88.0914.000

Dokumentnummer

JJT_19880914_OGH0002_009OBA00213_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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