TE OGH 1988/9/15 8Ob626/88

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Veröffentlicht am 15.09.1988
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Maximilian Z***, geboren am 4. September 1987, vertreten durch die Vormünderin Brigitte Z***, Angestellte, 2721 Bad Fischau-Brunn, Klühufgasse 1, diese vertreten druch Dr. Margarethe Spitzer-Reinelt, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses des Vaters Walter R***, Angestellter, 1130 Wien, Hietzinger Hauptstraße 82-84/1/12, vertreten durch Dr. Anton Pokorny, Dr. Franz Withoff und Dr. Stefan Petrofsky, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 4. Juli 1988, GZ R 236/88-18, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 28. April 1988, GZ P 562/87-14, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird, soweit er sich gegen die Unterhaltsfestsetzung für die Zeit ab 15. Februar 1988 richtet, zurückgewiesen. Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben, als sie das S 3.750,-- pro Monat nicht übersteigende Unterhaltsbegehren des mj. Maximilian Z*** für die Zeit vom 4. September 1987 bis 14. Februar 1988 betreffen.

Der ersten Instanz wird insoweit eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Antrag des Revisionsrekurswerbers auf Zuspruch von Kosten seines Revisionsrekurses wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der mj. Maximilian Z*** wurde am 4. September 1987 außer der Ehe von Brigitte Z*** geboren, welche mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 11. Jänner 1988 zur Vormünderin dieses Kindes bestellt wurde. Walter R*** anerkannte die Vaterschaft zu diesem Kind am 3. Februar 1988.

Mit dem am 15. Februar 1988 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte die Vormünderin des Kindes, den Vater ab 4. September 1987 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 4.400,-- zu verhalten. Der Vater Walter R*** erklärte sich bereit, ab Antragstag monatlich S 2.000,-- an Unterhalt zu zahlen, und beantragte die Abweisung des Mehrbegehrens.

Das Erstgericht setzte - ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen des Vaters von S 27.577,53 und keinen sonstigen Sorgepflichten desselben - die monatliche Unterhaltsleistung ab 15. Februar 1988 mit S 3.750,-- fest und wies das Mehrbegehren ab. Der Zuspruch von Unterhaltsleistungen für die Vergangenheit widerspreche der Bestimmung des § 1418 ABGB und der überwiegenden Rechtsprechung.

Diesen Beschluß bekämpfte die Vormünderin insoweit, als nicht auch ein monatlicher Unterhaltsbetrag von S 3.750,-- für die Zeit vom 4. September 1987 bis 14. Februar 1988 festgesetzt wurde, und der Vater insoweit, als der Unterhalt nicht nur mit monatlich S 2.000,-- bemessen wurde.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge, wohl aber demjenigen der Vormünderin und setzte demgemäß die monatliche Unterhaltsleistung mit S 3.750,-- ab 4. September 1987 fest. Es erachtete den mit monatlich S 3.750,-- ausgemessenen Unterhaltsbetrag als nicht zu hoch, wenn man das unterhaltsberechtigte Kind angemessen an den Lebensverhältnissen der Eltern, das heißt auch des ein überdurchschnittliches Einkommen beziehenden Vaters, beteiligen wolle. Unter Hinweis auf die Literatur (Pichler, ÖJZ 1964, 60; Koziol, Juristische Blätter 1978, 626 und Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 1418) sowie einen Teil der neueren Rechtsprechung zweiter Instanz (EFSlg 51.530/12) vertrat das Rekursgericht die Ansicht, daß Unterhalt innerhalb der Verjährungszeit auch für die Vergangenheit begehrt werden könne. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisonsrekurs des Vaters dieses Kindes insoweit, als der Unterhalt nicht nur mit S 2.000,-- pro Monat ab 15. Februar 1988 ausgemessen wurde, mit dem Antrag, den Beschluß des Rekursgerichtes in diesem Sinne abzuändern. Der Rechtsmittelwerber verzeichnete überdies Kosten für den Revisionsrekurs.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise unzulässig, teilweise berechtigt. Antrag auf Zuspruch von Rechtsmittelkosten ist nicht berechtigt.

1.) Zum Unterhaltsbegehren für die Zeit ab 15. Februar 1988:

Der Rechtsmittelwerber bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes betreffend den Unterhaltsanspruch des mj. Maximilian Z*** für diesen Zeitraum ausschließlich mit der Begründung, für ein Kind in diesem Alter sei die Liebe der Eltern maßgeblich und nicht ein zugesprochener Unterhalt in der Höhe von S 3.750,--. Es sei daher nicht einzusehen, daß ein einjähriges Kind für seinen Lebensunterhalt einen Betrag in dieser Höhe verbrauchen könne. Es sei daher nur ein Unterhaltsbeitrag von S 2.000,-- gerechtfertigt. Der Rechtsmittelwerber wendet sich also nur gegen die Bemessung des Unterhaltes für die genannte Zeit, sodaß sein Rekurs gegen die Entscheidung der zweiten Instanz gemäß § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig ist.

Der Revisionsrekurs war daher in diesem Umfang zurückzuweisen.

2.) Zum Unterhaltsanspruch für die Zeit vom 4. September 1987 bis 14. Februar 1988:

Mit der Entscheidung des verstärkten 6. Senates vom 9. Juni 1988, 6 Ob 544/87, ging der Oberste Gerichtshof von der bis dorthin herrschenden Rechtsprechung ab, wonach Unterhalt für die Vergangenheit nicht geltend gemacht werden könne. Der Oberste Gerichthof trug dabei den Argumenten eines Teiles der Rechtsprechung zweiter Instanz und der kritischen Literatur, wie sie oben bei Wiedergabe der Argumentation des Rekursgerichtes in dieser Sache angeführt wurde, Rechnung. Demnach können Unterhaltsansprüche grundsätzlich auch für die Vergangenheit geltend gemacht werden. Sie unterliegen nur der Verjährung nach § 1480 ABGB (§ 72 Ehegesetz ist nicht analog anzuwenden).

Es ist allerdings zu beachten, daß dann, wenn ein Dritter den gesetzlichen Unterhalt in der Erwartung des Ersatzes vom Unterhaltsschuldner leistet, die Unterhaltsverpflichtung im Umfang der erbrachten Leistung erloschen ist. Dem Leistenden steht - außer bei Schenkungsabsicht - der Anspruch nach § 1042 ABGB gegen den Unterhaltspflichtigen zu. Dieser Problemkreis wurde im Verfahren vor den Unterinstanzen mit den Parteien bisher nicht erörtert. Sie hatten daher auch keine Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen und Beweise anzubieten. Es bedarf daher einer Ergänzung des Verfahrens erster Instanz darüber, ob und in welchem Ausmaß der Unterhaltsanspruch des mj. Maximilian Z*** deswegen erloschen ist, weil eine dritte Person (hier naheliegender Weise die Mutter) in Erwartung des Ersatzes vom Unterhaltsschuldner und damit als nunmehr Anspruchsberechtigte nach § 1042 ABGB Unterhaltsleistungen erbrachte. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher, soweit sie sich auf ein S 3.750,-- pro Monat nicht übersteigendes Unterhaltsbegehren für die Zeit vom 4. September 1987 bis 15. Februar 1988 beziehen, aufzuheben.

Das durch Verzeichnung von Kosten gestellte Kostenersatzbegehren des Revisionsrekurswerbers war abzuweisen, weil im Verfahren Außerstreitsachen - sofern nicht für das Verfahren in bestimmten Angelegenheiten eine besondere Regelung getroffen ist - ein Kostenersatz nicht stattfindet.

Anmerkung

E15489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0080OB00626.88.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19880915_OGH0002_0080OB00626_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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